Des Nikolaus Makbiavelli Florentiniſche Geſchichten. — —— Aus dem Italieniſchen uͤberſezt von Wilhelm Neumann. —— ö— —— — — — nn Eerft er Sheikh Bert: Dei Sohbann -Friedrih Wet. 1809 —8 BERN ae. En Vorrede des Verfaſſers. Ai⸗ ich zuerſt den Entſchluß faßte, die inneren und auswaͤrtigen Begebenheiten des florentiniſchen Volks zu beſchreiben, war es meine Abſicht, die Erzaͤhlung mit dem Jahre 1434 der chriſtlichen Zeitrechnung anzufan— gen, zu welcher Zeit die Familie der Medici, durch die Verdienſte des Cosmus und ſeines Vaters Johann, in Florenz mehr Anſehn, als irgend eine andre ge— wann; denn ich war der Meinung, daß Meffer Lio— nardo d'Arezzo und Meffer Poggio, zwei vorfreffliche Gefchichtfehreiber, die Begebenheiten, welche bis zu jener Zeit erfolgt waren, mit Genauigfeit erzählt hät - ten, Als ich aber hernach ihre Schriften forgfältig durchlas, um zu fehen, nac) welchem Grundfazen und auf welche Weife fie bei ihrer Arbeit verfahren haben, auf daß ich durch Nachahmung derfelben meiner Ges - fchichte den Beifall der LKefer erwerben möchte, fand ich, daß fie zwar in der Befchreibung der Siriege, welche die Florentiner gegen auswärtige Fürften und A2 N Voͤlker geführt haben, aͤußerſt forgfältig geweſen find, die bürgerlichen Zwiftigfeiten aber, und die Feindfelig- feiten im Innern, nebft den daraus entftandenen Fol— gen, theild gänzlich verfehwiegen, theild in fo großer Kürze dargeftelt haben, daß es dem Lefer nicht den mindeffen Nuzen noch Vergnügen gewähren fann. Gie haben dies, wie ich glaube, gethan, entweder, weil ihnen jene Vorfälle fo unbedeutend erfchienen, daß fie folche für unwürdig hielten, fchriftlih dem Andenken aufbehalten zu werden, oder, meil fie fich ſcheuten, die Nachfommen derjenigen zu beleidigen, die durch die Erzählung derfelben hätten angeklagt werden müffen. Allein beide Urfachen, mit ihrer Erlaubniß fei es ge fagt, fcheinen mir großer Männer ganz unwuͤrdig. Denn, wenn in der Gefchichte nichts ift, was vergnü- gen oder belehren Fan, fo kann es dasjenige, was man mit Genauigfeit darftelt; wenn Feine Lehre den Bürgern, welche die Nepublifen Ienfen, nüzlich ift, fo ift e8 diejenige, die ihnen die Urfachen der Feindfchaf- ten und der Zwietracht in den Staaten zeigt, auf daß fie, durch fremde Gefahr weiſe, fich einig verhalten mögen; wenn aller Republifen Beifpiel da8 Gemüth an- regt, fo regen es die, die von der eigenen man lieft, bei weitem am meiften an, nd bei weitem größer ift ihr Nuzen; und wenn Feiner Nepublif Spaltungen jemals denkwuͤrdig waren, fo find die der florentifchen höchft denfwärdig; denn der größte Theil der übrigen Nez — — publiken, von denen man einige Kenntniß hat, ließ es bei Einer Spaltung bewenden, durch welche ſie, nach Maaßgabe der Umſtaͤnde, ihren Staat, bald zur Größe, bald zum Untergange geführt haben: Florenz aber, nicht zufrieden mit einer, ift in mehrere zerfallen. In Kom entfland, wie jeder weiß, nachdem die Könige vertrieben worden, die Uneinigfeit zwifchen Adel und Volk, und in diefer blieb es bis zu feinem Untergange, Daffelbe that Athen, daffelbe ale die übrigen Republi—⸗ fen, die in jenen Zeiten geblüht haben. In Florenz aber frennten fich zuerft die Adlichen von einander, hierauf der Adel von dem Volfe, und zulezt dag Volk von dem Poͤbel; ja es begab ſich vielmals, daß die eine von diefen Partheien, nachdem fie die Dberhand behalten, fich im zwei theilte; und aus diefen Tren- nungen entffanden fo viele Ermordungen, fo viele Ver⸗ weifungen, fo vieler Familien Verderben, als niemals in irgend einem Staate, deffen Andenfen uns übrig ift, erfolge find, And wirklich fcheint eg, nach) meinem Urtheil, feinen Eräftigern Beweis zu geben für bie Macht unferer Stadt, als denjenigen, der aus diefen Spaltungen hervorgeht, welche flarf genug gewefen fein würden, auch die größte und mächkigfte Stadt zu Grunde zu richten, Nichtsdeftomweniger fchien die un— frige fortdauernd größer zu werden 5; fo groß war bie Tugend ihrer Bürger, und die Macht der Klugheit und des Muths, die fie anwandten, fich und ihr Da- a ferland empor zu heben, daß die wenigen, die befreit blieben von fo großen Lebeln, fie durch ihre Tugend mehr zu erheben im Stande waren, als die Feindfez ligfeit der Ereigniffe, durch die fie vermindert. worden waren, fie hatte niederdrücken fönnen. Und ohne Zwei— fel, wein Florenz das Glück gehabt hätte, nachdem es fi) von der Herrfchaft des Kaiſers befreit, eine Regierungsform anzunehmen, die e8 in Einigfeit erz halten hatte; fo weiß ich nicht, welche Nepublif, fei es neuer oder alter Zeit, ihm hätte überlegen fein möz gen; ſo große Waffenftärke und Betriebſamkeit würde e8 erfüllt haben, Den Beweis giebt folgendes: nach— dem die Ghibellinen in fo großer Anzahl daraus verz trieben waren, daß ganz Toskana und die Lombardei von ihnen anaefült war, zogen die Guelfen, nebft des nen, die in der Stadt zurückblieben, in dem Kriege gegen Arezzo, ein Jahr vor der Schlaht von Cam— paldino, an eignen Bürgern Ein Taufend Zweihundert Keuter und Zwölftaufend Fußfnechte aus der Stadt. Hierauf, in dem Kriege gegen Philipp Visconti, Herz zog von Mailand, da es auf DBetriebfamfeit und nicht auf felbft geführte Waffen anfam, denn diefe waren in jenen Zeiten ſchon verfchtwunden, ſah man, daß in fünf Jahren, welche der Krieg waͤhrte, die Florentiner drei Millionen und fünf mal hundert taufend Golds gulden aufwandfen; und als der Krieg beender war, giengen fie, nicht an dem Frieden fich erfreuend, um — 7 — die Macht ihrer Stadt noch deutlicher zu zeigen, gegen Lukka zu Felde ). Ich kann alſo nicht einſehen, wa⸗ rum dieſe Spaltungen nicht wuͤrdig ſein ſollten genau beſchrieben zu werden. Wenn aber jene vortrefflichen Schriftſteller ſich davon abhalten ließen, um nicht das Andenken derer zu beleidigen, von denen ſie zu reden hatten, ſo haben ſie darin geirrt, und bewieſen, daß ſie nur wenig mit dem Ehrgeiz der Menſchen bekannt ſind, und mit dem Verlangen, das ſie tragen, ihren eignen und ihrer Vorfahren Namen zu verewigen. Auch haben fie vergeffen, daß viele, denen es an Gelegens heit fehlte, durch irgend eine lobenswuͤrdige That fich Ruhm zu erwerben, durch tadelnswerthe Handlungen ihn zu erlangen fich bemüht haben, Sie haben auch nicht bedacht, daß Handlungen, die ein hohes Anfes ben mit fich führen, wie das Herrfchen und die Staats: verwaltung, wie man fie auch augüben mag, und welz ches Ende fie immer nehmen mögen, ſtets auf gleiche Weiſe den Menfchen mehr Ehre ald Tadel bringen. Die Erwägung diefer Umftände Fieß mich meinen Vor—⸗ ſaz andern, und ich befchloß, meine Gefchichte mit dem Vrfprunge unferer Stadt anzuheben. Weil es aber nicht meine Abficht ift, fremdes Gebiet einzunehmen, ſo werde ich bis zum Jahre 1454 blos die inneren Angelegenhei- *) Dies gefhah im Jahr 1429 und die Erzählung davon fiehe _ im vierten Buche diefer Geſchichten Anmerk. d. Weberf. — 8 — ten ber Stadt genau befchreiben, und von den aus— waͤrtigen weiter nicht fagen, als was zum Verftänd- niſſe der inneren noͤthig ſein wird. Von dem Jahre 1434 an aber werde ich den einen, wie den andern Theil genau darſtellen. Ueberdies werde ich, damit dieſe Geſchichte um ſo deutlicher und auf jedem Zeit— punkte verſtanden werde, bevor ich von Florenz handle, zeigen, durch welche Umſtaͤnde Italien denjenigen Mächs ten zufiel, die zu der Zeit es beherrſchten. Alle dieſe Angelegenheiten, ſowohl italieniſche als florentiniſche, werden in vier Buͤchern vollendet ſein. Das erſte wird kuͤrzlich ale Begebenheiten Italiens von der Ab⸗ nahme des römifchen Reichs an bis zu dem Jahre 1454 erzählen... Daß, zweite wird mit feiner Erzählung von dem Urfprunge der Stade Florenz bis zu dem Kriege sehen, der nad) des Herzogs von Athen Vertreibung gegen den. Pabft geführte ward, Das dritfe wird im Jahre 1414 mit dem Tode des Königs Ladislaug von Neapel endigen. Und mit dem Vierten werden wir bis zu dem Jahr 1434 gelangen, von welcher Zeit an die in Florenz und außerhalb erfolgten Begebenheiten bi8 auf unfere gegenwärtige Zeiten genau befchrieben werden follen. Beet 8 BB ud. Die Voͤlker, welche in den nördlichen - Ländern jenfeit der Fluͤſſe Rhein und Donau wohnen, wachen, weil fie in einer der Zeugung günftigen und gefunden Gegend geboren find, oftmals zu einer fo großen Menge an, daß ein Theil von ihnen gezwungen wird, das vaterländifche Gebiet zu verlaffen und fich neue Länder zur Wohnung aufzufuchen. Die Drdnung, welche fie beobachten, wenn eine jener Provinzen fih von Bewohnern erleichtern will, ift die, daß fie in drei Theile fich vertheilen, jeden derjelben alfo zufams menfezend, daß er aus Adlichen und Nichtadlichen, aus Reichen und "Armen in gleicher Anzahl beſtehe. Darauf geht derjenige Iheil, fein Gluͤck zu fuchen, welchen das 2008 dazu beftimmt, und die andern beiden Theile, des dritten entlediget, bleiben zurück im Genuſſe der väterlichen Güter. Diefe Volfsmaflen waren es, welche das römifche Reich zerfiörten, und die Gelegenheit dazu ward ihnen von den römischen Kaifern gegeben, die Nom, des Neiches. alten Siz, verlaffend, und in Conftantinopel ihren Wohnſiz neh⸗ mend, den abendländifchen Theil des Meiches gefchwächt hatten, indem er weniger von ihnen beobachtet, und mehr den Ränbereien ihrer Minifter und ihrer Feinde ausgefert ward. And wahrlich, zur Zerftörung eines fo großen, auf dem Blute fo vieler tugendhaften Männer gegründeten Rei: des war es erforderlich, daß nicht weniger Feigheit in den Fuͤrſten, nicht weniger Untreue in den Miniftern, nicht weniger Macht oder geringere Hartnädigfeit in denen wäre, die es angriffen; daher war es nicht Ein Volksſtamm, fon: dern viele, welche zu feinem Umſturze fi) verfchworen. Die erftien, welche nach den Eimbern, die von dem roͤmi— Shen Bürger Marius überwunden wurden, aus jenen nörd: fihen Gegenden gegen das Reich andrangen, waren bie Viſigothen, deren Name in ihrer Sprache eben das be: deutet, was in der unfrigen Weſtgothen. Diefe behielten, nach einigen an den Gränzen des Reichs vorgefallenen Ger fehten, auf Erlaubniß der Kaifer, lange Zeit hindurch ihren Siz oberhalb dem Fluffe Donau; und wenn gleich fie auf mancherlei Beranlaffung und zu verfchiedenen Zeiten mehr: mals die römischen Provinzen angriffen, fo wurden fie den- noch durch die Macht der Kaifer fiets gezügelt. Der Iezte, der rühmlichermweife fie befiegte, war Theodoſius; fo daß fie, ihm zu geborchen gezwungen, feinen König wieder bei fich einfezten, fondern, zufrieden mit dem ihnen zugeftandenen Solde, unter feiner Führung und jeinen Fahnen lebten und Kriegsdienfte thaten. Aber als Iheodofius geftorben war, und Arcadius und Honorius, feine Söhne, hinterblieben als Erben feines Reichs, micht aber feiner Tugend und feines Gluͤcks, veränderten fih auch mit dem Herrfcher die Zeiten. Es waren von Theodofius über die drei Theile des Neiches drei Statthalter gefezt, Nufinus über den morgenländi: fhen, ‚über den abendländifchen Stilifo, und Gildo über den Afrikanifchen 5; welche fammtlih nah dem Tode des Fürften darauf dachten, nicht fie zu verwalten, fondern als Herrfcher zu beſizen. Gildo und Rufinus wurden ſchon in ihrem erften Beginnen unterdruͤckt; Stilifo aber, der es beffer verftand feine Gefinnung zu verbergen, fuchte fich das Zutrauen der neuen Kaifer zu erwerben, von der ans dern Seite aber ihren Staat fo zu verwirren, daß es hers nach ihm leichter würde, ihn an fich zu reißen, Und um die Weftgothen ihnen zu Feinden zu machen, vieth er ihnen, jenen nicht mehr die gewöhnliche Beſoldung zu geben; aus Berdem aber, da er nicht glaubte, daß diefe Feinde das Reich zu beunruhigen binreichen würden, reizte er die Burz gunden , Franken, Bandalen und Alanen, gleichfalls nörd- liche Voͤlker, die fich bereits neue Wohnſize zu fuchen in Dewegung gefezt hatten, daß fie die römischen Provinzen angriffen. Die Weftgoihen alfo, ihres Soldes beraubt, er: wählten, um die erlittne Beleidigung beffer rächen zu koͤn—⸗ nen, Alavich zu ihrem Könige, griffen das Reich an, ver: mwüfteten nach mancherlei Vorfällen Sstalien, eroberten und plünderten Rom. Mad) diefem Siege farb Alarich, und es folgte ihm Adolph, welcher Placidia die Schwefter der Kaijer zur Gemahlin nahm, und durch diefe Verwandtfchaft gewonnen, fich bereitwillig finden ließ, Gallien und His: panien zu Hülfe zu kommen, welche Provinzen von den DBandalen, Burgunden, Alanen und Franken auf die oben erwähnten VBeranlaffungen angegriffen worden waren, Die Holge davon war, daß die Bandalen, welche den Theil von Hifpanien in Beſiz genommen hatten, der Bätica hieß, da fie mächtig von den Weſtgothen befämpft wurden, und nicht widerftehen Eonnten, von Bonifacius, der Afrika im Namen des Neichs verwaltete, diefe Provinz einzunehmen berufen wurden: denn diefer, da er fi empört hatte, befürchtete, dag feine Verirrung von dem Kaifer erfannt werden möchte, Es griffen die Bandalen, aus den erwähnten Urfachen, gern zu diefer Unternehmung und bemächtigten fich Afrifas unter ihrem Könige Genferih. Während diefer Zeit war Theodo— fius, des Arfadius Sohn, in der Regierung gefolgt, wel— her, durch feine geringe Aufmerkſamkeit auf die Angelegen: — 14 — heiten des Occidents bewirkte, daß dieſe Volksſtaͤmme die erworbenen Länder behalten zu dürfen dachten. So herrſch— ten aljo die Bandalen in Afrika, die Alanen und Weſtgo— then in Hiſpanien, und die Franken und Burgunden nah— men nicht nur Gallien ein, jondern die von ihnen in Beſiz genommenen Gegenden wurden auch nach ihrem Namen be: nannt, ein Theil nehmlich wurde Frankreich, der andere Durgund geheigen. Die glücklichen Erfolge diefer Völker reisten neue Stämme zur Zerfisrung des Reichs, und eis ner derfelben, die Hunnen genannt, befezte Pannonien, eine auf dem diesfeitigen Ufer der Donau gelegene Provinz, welche ihren. Namen von jenen Hunnen angenommen hat und heutzutage Hungarn heißt. Zu diefen Unordnungen kam hinzu, daß der Kaifer, da er ſich von fo vielen Seiten angenriffen fab, um feine Feinde zu vermindern, bald mit den Bandalen bald mit den Franken Verträge zu machen anfing, welche Umjtande das Anfehn und die Macht der Barbaren vermehrten und die des Neichs verringerten, Auch nicht die Britannifche Inſel, welche jezt England genannt wird, blieb gefchüßge vor diefer großen Zerftörung; denn die Dritannen, in Furcht vor den Völkern, welche Frankreich eingenommen hatten, und nicht einfehend, wie der Kaijer fie vertheidigen koͤnne, riefen die Angeln, Voͤlker Germaz: niens, zu Hälfe. Die Angeln unterzogen fich diefer Unter: nehmung unter ihrem Könine VBortigern, und vertheidigten fie anfangs, hernach aber jagten fie die Britannen aus der Inſel, blieben darin zurück, fie felbft zu bewohnen, und nannten fie nach ihrem Namen England: Die Bewohner derfelben aber, ihres "Vaterlandes beraubt, wurden kriege— tisch aus Noth, und meinten, obſchon fie ihr Land nicht zu vertheidigen vermochte, würden fie doch fremdes erobern koͤn— nen. Sie fchifften daher mit ihren Familien über das Meer, nahmen diejenigen Orte, welche fie der Meereskuͤſte zunächft — 13 — fanden, ein, und nannten dies Land nach ihrem Namen Bretagne. Die Hunnen, welche, wie wir oben erzählt, Pannonien in Beſiz genommen hatten, vereinigten fih mit anderen Völkern, Gepiden, Heruler, Ihüringer und Oft: gothen genannt, und fezten fich in Bewegung, um neue Länder zu fuchen; und, nicht vermögend in Frankreich ein- zudeingen, das von der Macht der Barbaren vertheidigt wurde, kamen fie unter ihrem Könige Attila nach Italien. Diefer hatte kurz vorher, um allein das Reich zu befizen, feinen Bruder Bleda umgebracht; wodurch er äußerft mächs tig ward, und Andarih, König der Gepiden, und Velamir, König der Oftgothen mußten gleichfam als Untergebene ihm folgen. Als Attila nach Sstalien kam, belagerte er Aquileja, vor weldhem er ohne irgend ein anderes Hinderniß zwei Ssahre fand, bei der Belagerung das ganze umliegende Land verwäftete, und die Bewohner deffelben zerftreute, wel: ches, wie mir an feinem Ort erzählen werden, der Stadt Venedig ihren Urfprung gab. Nach der Einnahme und Zerz ſtoͤrung von Aguileja und mehreren andern Städten wandte er fich gegen Nom, welches er, abgehalten durch des Pabftes Bitten, zu zerftören fich enthielt, und die Ehrfurcht vor die: fem vermochte fo viel über Attila, daß er fih aus Stalien entfernte und nach Defterreich zurüczog, wofelbft er farb. Nach feinem Tode ergriffen Velamir, König der Dftgothen, und die anderen Häupter der übrigen Voͤlker die Waffen gegen Erich und Eurich, feine Söhne, tödteten den einen, und zwangen den andern mit den Hunnen über die Donau, und in fein Vaterland zurück zu kehren; worauf die Oſtgo— then und Gepiden fich in Pannonien niederließen, und die Heruler und Thüringer auf dem jenfeitigen Ufer der Donau blieben, Nachdem Attila Stalien verlaffen, dachte Valen— tinianus, der abendländifche Kaifer darauf, dem Lande wier der aufzubelfen, und um beffer im Stande zu fein, es vor — 16 — den Barbaren zu vertheidigen, verließ er Rom und nahm in Ravenna ſeinen Siz. Dieſe Widerwaͤrtigkeiten, welche das abendlaͤndiſche Reich erduldete, waren Urſach geweſen, daß der Kaiſer, der in Conſtantinopel wohnte, oftmals an— deren den Beſiz jenes Reiches, als eine gefahrvolle und koſtſpielige Sache, uͤberlaſſen hatte; vielmals hatten auch ohne ſeine Erlaubniß die Roͤmer, da ſie ſich verlaſſen ſahen, zu ihrer Vertheidigung ſelbſt einen Kaiſer gewaͤhlt, oder ir— gend jemand riß durch fein Anſehn das Reich an ſich. So geichah es in diefen Zeiten, daß Marimus, ein Römer, nach dem Tode des Balentinianus fich daffelbe anmaßte, und defjen Gattin Eudoria, ihn zum Gemahl zu nehmen zwang, Diefe, voll Begierde eine folhe Beleidigung zu rächen, und da fie, aus Eaiferlihem Blut entfproffen, die Ehe mit einem Bürger zu ertragen nicht vermochte, reizte insgeheim Genferich den König der Vandalen und Herrn von Afrika, nad Sstalien zu fommen, indem fie ihn die Leichtigkeit und den Nuzen diefer Eroberung zeigte. Diefer, angelocft von der Beute, eilte herbei, plünderte Nom, das er verlaffen fand ; und verweilte vierzehn Tage dafelbft. Hierauf nahm er noch mehrere Länder Italiens ein, plüns derte fie, und kehrte eudlih, er felbft und fein Heer mit Deute beladen, nach Afrika zuräf. Die Nömer erwählten, als fie wieder nah Nom kamen, da Marimus geftorben war, den Römer Avitus zu ihrem Kaifer. Hierauf, nach vielerlei Begebenheiten in Sstalien und außerhalb, und nach dem Tode vieler Kaifer, Fam das Neich von Conftantinopel an Zeno, und das von Nom an Dreftes und deffen Sohn Auguftulus, welche duch Trug die Herrfchaft an fich viffen. Während fie fih anſchickten, diefelbe durch Gewalt fich zu erhalten, Eamen die Heruler und Thüringer, die, wie oben gejagt, nach Attila's Tode auf dem jenfeitigen Ufer der Donau fich niedergelaffen hatten, unter DOdoafer, ihrem — 17 — Heerfuͤhrer vereint, nach Italien. In die von ihnen ver—⸗ laſſenen Gegenden drangen die Longobarden, ein ebenfalls noͤrdliches Volk, unter Anfuͤhrung feines Königs: Gothold ein, und dieſes Volk war, wie wir an feinem Orte erzaͤh— len werden, Italiens lezte Peſt. Odoaker alſo, da er in Italien eindrang, beſiegte und toͤdtete den Oreſtes in der ‚Gegend von Pavia, Auguſtulus aber entfloh. Nach dieſem Siege ließ ſich Odoaker, damit Rom mit ſeiner Macht auch ſeinen Titel veraͤndere, den Kaiſertitel ausſchlagend, Koͤnig von Nom nennen, und er war unter den Haͤuptern der Bölker, die damals im der Welt umbherftrihen, der erfte, der fich entſchloß, Italien zu bewohnen; . denn. alle anderen hatten, entweder aus, Furcht, daß ſie das Land nicht würden behaupten koͤnnen, weil die morgenländifchen Kaifer ihm. leicht zu Hülfe, kommen konnten, oder aus irgend einer an: _ dern verborgenen Urſache es nur beraubt und alsdann andere Länder gefucht, ihren Siz darin aufzufchlagen. Es war "demnach in. diefen "Zeiten das alte: vömifche Reich unter: folgende, Herrfcher gekommen: Zeno, in Con: ftantinopel vegierend, gebot dem ganzen «morgenländifchen Kaiſerthume; die Oſtgothen beherrfchten Möften und Pan: nonien; die Wefigochen,. Sueven und Alanen befaßen Gas— cogne und Hiſpanien; die Vandalen Afrika; die Franfen und Durgunden Frankreich ;.und die. Heruler und Ihäringer Stalin. Das Reich der Oſtgothen war ‚auf, Theodorich, den Neffen Belamirs, gefommen, welcher Freundſchaft hal— tend mit dem morgenländifchen Kaiſer Zeno, ihm fchrieb, wie es feinen Oſtgothen unbillig jcheine, daß fie, an Tapfer- keit allen andern Völkern überlegen, an Umfang des Neichs ihnen nachftchen follten, und wie es ihm unmöglich fei, - fie innerhalb Pannoniens Graͤnzen eingejchloffen zuräd zw hal ten; daher er, einfehend, daß er genoͤthigt fei, fie die Waf- fen ergreifen und andere Länder aufſuchen zu laffen, ihn Erfter Theil. B — 18 — vorher davon benachrichtigen wolle, damit er Vorkehrungen treffen Eönne, indem er ihnen irgend ein Land einväumte, wo fie, mit feiner Zuftimmung, ſchicklicher und mit größerer Bequemlichkeit leben Fönnten. Zeno, theils aus Furcht, theils aus. Begierde, den Odoaker aus Stalien zu verjagen, geftattete. dem Iheodorich ‚gegen diefen zu: ziehen, und ‚von Sstalien Befiz zu. nehmen. Theodorich verließ eilig Panno— nien, worin er die: Gepiden, ein ihm befreundetes Volk zu: rück ließ, kam in Stalien am, tödtete den Odoaker nebft fei- nem. Sohne, und nahm, mach deffen DBeifpiel, den Titel, eines Königs von Stalien am. Darauf verlegte er feinen Siz nach . Ravenna, durch diefelben Lrfachen bewogen, die ſchon Balentinianus dort zu wohnen veranlaßten. Theodo— rich war ein Mann, vortrefflih im Kriege, wie im Frie— den; daher war er in jenem immer "Sieger, und fliftete in diefem feinen Städten und feinem Volke den größten Nuzen. Er vertheilte die Oſtgothen mit ihren Anführern durd) die Länder, damit diefe Anführer im Kriege fie befehligen, im Fries den fie bilden möchten; er vergrößerte Ravenna; er ffellte Rom wieder her, und gab den Römern, außer der Kriegsverfaf fung, jede Beehrung wieder; er hielt, ohne die mindefte Kriegsunenhe, einzig durch. fein Anfehen, alle barbarijchen Könige, Befiznehmer des Reichs, innerhalb ihren Gränzen zurück; er erbaute Städte und Feſtungen zwifchen der Auf ferfien Spize Staliens und den Alpen, um neue Barbaren, die Stalien anzugreifen fimen, um fo leichter am Durch— bruch zu hindern. Und wären fo große Tugenden niche noch am Ende feines Lebens befleckt worden durch einige Grau— fam£eiten, bewirkt durch DBeforgniß für feine Herrſchaft, wie des Symmachus und des Boethius, höchft edler Men— fchen, Tod beweiſt; fo würde fein Andenken durchaus von allen Seiten jediweder Verehrung würdig fein, denn durch feine Tapferkeit und Güte erhoben fih von neuem nicht Kom allein und Stalien, fordern auch alle anderen Theile des abendländifchen Reichs, befreit von fo vielen Mißhands lungen, die fie fo viele Jahre lang durch fo viele Weber; ſchwemmungen der Barbaren erduldet hatten, und fahen fich zurücgeführt zu einer guten Ordnung und zu einem glücklis chen Looſe. Und wahrlih, wenn jemals irgend eine Zeit bejammernswärdig war in Sstalien und in jenen von den Barbaren durchftrichenen Provinzen, fo war es die, welche von Arkadius und Honorius an bis zu ihm verfloffen war. Denn, wenn man betrachtet, wie großes VBerderben es einem Sreiftaate oder einem Reiche bringe, feinen Fürften oder jeine Regierung, nicht durch irgend eine auswärtige Gewalt, fondern nur durch bürgerliche Zwietracht zu verändern, wo man fieht, daß felbft wenige Veränderungen jeden Freiftaat und jedes Neich, wie mächtig es auch fei, zerftören: fo wird man hiernach leicht fich vorftellen koͤnnen, wie viel in jenen Zeiten Stalien und die anderen römifchen Provinzen gelitten haben, welche nicht allein die Regierung und den Fürften wechfelten, fondern die Gefeze, die Sitten, die Lebensart, die Neligion, die Sprache, die Kleidung, die Namen; wel: he Dinge, ein jedes für fich, gejchweige denn alle vereint, jedes fefte und ftandhafte Gemüth, wenn es fie nur denke, gejchweige denn, wenn es fie fieht und erdulder, in Schre— den fezen Fünnten, Hieraus entftand die Zerfiörung, die Gründung, die Vergrößerung vieler Städte. Unter denen, die zerfiöre wurden, waren Aquileja, Luni, Ehiufi, Popo— lonia, Fieſole und viele andere; unter denen, die neu er— baut wurden, waren Venedig, Siena, Ferrara, Aquila, und fehr viele andere Städte und Schlöffer, die wir der Kürze wegen weglaffen; folche, die aus unbedeutenden groß wurden, waren Slorenz, Genua, Piſa, Mailand, Neapel und Bologna; zu welchen allen noch die Zerftörung und Wiederherftellung von Kom hinzukommt, und viele, die ver Bd. — 20 — fchiedentlich zu Grunde ‚gerichtet und wieder erbaut wurden. Unter diefen Zerfiörungen und diefen neuen Bälfern erhoben fih neue Sprachen, wie es in der Rede fich zeigt, die in Frankreich, in. Spanien und in Stalien üblich ift, welche, gemifcht aus den Mutterfprachen jener neuen Völker und aus der alten. römifchen, eine ganz nene Gattung. von Spra— chen bildet. Es haben überdiefes nicht nur die Provinzen den Tamen verändert, fondern auch die Seen, die Flüffe, die Meere und die Menſchen; daher Frankreich, Italien und Spanien voll find von neuen Namen, die von den alten durchaus verjchieden find; fo find, viele andere nicht zu er: wähnen, der Po, Garda und Ardhipelagus mit Namen, den alten ganz unähnlih, benannt worden; die Menfchen aber find aus Cäfaren und Pompejen, Peter, Sohann und Matthias geworden. Unter jo vielen Veränderungen aber war von nicht geringerer Wichtigkeit die Aenderung der Re ligion; denn aus dem Kampfe der Gewohnheit des alten Glaubens mit den Wundern des neuen erzeugten fich die größten VBerwirrungen und Zwiftigfeiten unter den Men: fhen. Und wäre nur nod) die chriftliche Kirche in fich felbft einig geweſen, fo würden weniger Unordnungen daraus ent: ftanden fein; aber indem die griechifche, römische und ra: vennatifche Kirchen untereinander kaͤmpften, und überdies noch die beretifchen Sekten mit den Fatholifchen, fezten fie auf vielfache Weife die Welt in Trauer. Ein Zeugnif davon giebt uns Afrika, welches viel mehr ITrübfale erdut; dete durch die arianische Sekte, zu der fih die VBandalen befannten, als durch deren Habjucht oder natürliche Grau: famkeit. Indem alfo die Menfchen unter jo großen Ber; folgungen lebten, trugen fie auch in ihren Augen die Furcht ihres Gemuͤthes abgebildet; denn zu den endlofen Uebeln, ‚ die fie erduldeten, Fam noch, dag ein großer Theil von ihnen auch des Troftes ermangelte, ihre Zuflucht zum Deiftande Gottes nehmen zu können, auf welchen alle Elende zu hoffen pfle— gen; denn, da der größte Theil von ihnen ungewiß war, zu welchem Gott er fich wenden follte, fo mußten fie, jedes Beiſtandes und jeder Hoffnung beraubt, elend dahinfterben. Es verdiente demnach Theodorich nicht geringes Lob, als der erfte, der fo viel Uebel heilte; fo daß er in den acht und dreißig Sahren feiner Herrſchaft über Stalien es zu einer ſolchen Größe zurück führte, daß die alten Wunden nicht mehr an ihm zu erkennen waren. Da aber diefer ger ſtorben war, und feiner Tochter Amalafuntha Sohn, Atala: vich, zur Regierung Fam, fo fiel diefes Land in Furzer Zeit, da der Zorn des Schickfals noch nicht befänftigt war, in feine alten Truͤbſale zurück; denn Atalarich farb bald nach feinem Großvater, und die Mutter, der die Regierung zufiel, ward von Theodatus verrathen, den fie herbei gerufen hatte, fie in der Verwaltung des Reichs zu unterflüzen.. Diefer, indem er fie tödtete und fich zum Könige machte, ward da; durch den Dftgothen verhaßt, und diefes gab dem SKaifer Suftinianus den Muth und die Hoffnung, ihn aus Italien verjagen zu können; er fandte daher als Feldherrn diejes Kriegeszuges den Belifarius ab, der ſchon Afrika bezwun— gen, und dafjelbe, nachdem er die Vandalen daraus verjagt, unter die Herrfchaft des Neichs zurückgebracht hatte. Beli— farius nahm alfo Sizilien ein, fezte von dort aus nach Ita— lien über, und eroberte: Neapel und Nom. . Die Gothen, da fie diefen Verluſt inne wurden, tödteten ihren König TIheodatus, als die Veranlaffung defielben, und wählten in feine Stelle Vitiges, welcher nad) einigen Gefechten von DBelifarius in Ravenna belagert und gefangen ward; noch war aber der Sieg nicht gänzlich vollendet, als ſchon Beli— farius von Juſtinian zurückberufen und Johannes und Bi: talis an feine Stelle geſezt wurden, an Tapferkeit und Sitte jenem ganz unaͤhnlich; fo daß die Gothen wieder Much fhöpften, und Hildibald, Befehlshaber in Verona, zu ihrem Könige machten. Nach diefem kam, da er getödtet ward, die Regierung an Zotila, der die Völker des Kailers ſchlug, Toskana und Neapel wieder gewann, und des Kair ſers Generale faft aller der Länder wieder beraubte, die Be: lifarius erobert hatte. Juſtinianus hielt es daher für gut, ihn wieder nach Sztalien zu fenden, wohin er mit wenigen Truppen zurückehrte, eher aber den Ruhm feiner vorigen Ihaten verlor, als daß er neuen fich erworben hätte, Denn Totila eroberte, da ſich Belifarius mit feinen Truppen bei Oſtia befand, unter feinen Augen Nom, und, weil er ein: ſah, daß er weder es hinter fich zurüclaffen, noch es ver: theidigen dürfe, fo zerfidrte er den größten Theil davon, jagte das Volk hinaus und führte die Senatoren mit fich; worauf er, wenig des DBelifarius achtend, mit feinem Heere nah Kalabrien aing, den Truppen zu begeynen,. die jenem von Sriechenlend aus zu Hülfe kamen. Da Belifarius nun Nom verlaffen fahe, wandte er fich zu einer ehrenvollen Un: ternehmung; er ging nebmlich hinein in die römifchen Nut: nen, ftellte mit fo großer Geſchwindigkeit, als er Fonnte, die Mauern diefer Stadt wieder her, und rief die Bewoh— ner dahin zurück. Doch, diefem feinen löblichen Unterneh- men widerjezte ſich das Gluͤck; denn Juſtinianus ward zu jener Zeit von den Parthern angegriffen, und rief den Be— liſarius zurüd. Dieſer, um feinem Herrn zu gehorchen, verließ Italien, und uͤberließ dieſe Provinz der Gnade To— tila’s, welcher Nom von neuem einnahm. Doc ward es jezt nicht mit derjelben Grauſamkeit behandelt, wie das erfte Mal; denn auf des Benediktus Bitten, welcher in jenen Zeiten den höchften Auf der Heiligkeit hatte, wandte er fich vielmehr zur Miederherfichung Noms. Suftinianus hatte indeſſen einen DBergleich mir den Parthern geſchloſſen, und als er ſchon darauf dachte, neue Truppen zur Hülfe Ita— tens abzufenden, ward er durch die Slaven davon abgehal: ten, einem neuen nordifchen Volke, das über die Donau ger ſezt war, und Syrien und Thrazien angegriffen hatte; fo dag Totila Sstalien jeze faft ganz einnahm. Als aber Su: ftintanus die Slaven befiegt hatte, ſandte er ein Heer nach Sstalien unter Narfes, dem Eunuchen, einem im Stiege außerft geübten Manne, der, fobald er in: Stalien anfam, den Totila fchlug und tödtete. Die übrig gebliebenen Gothen zogen fich) nach diefer Niederlage nah Pavia zuruͤck, und erwählten Teja zu ihrem Könige. Narſes andererfeits be; fezte nach diefem Stege Rom, fchlug fich zulezt mit Teja nahe bei Nocera, befiegte und tödtere ihn. Diefer Sieg vertilgte den Namen der Gothen in: Stalien gänzlich, wos felbft fie von ihrem Könige Theodorich an: bis zum Teja, fiebenzig Jahre vegiert hatten. Als aber eben Sstalien von den Gothen befreit war, ftarb Suftinianus, und hinterließ als Nachfolger feinen Sohn Juſtinus, der auf den Nach feiner Gattin: Sophia den Narſes aus Sztaliem zurück berief, und ihn durch Lon— ginus ablöfen ließ. Longinus nahm nach feiner Vorgänger Beifpiel in Ravenna feinen Siz, und gab Stalien überdies eine neue Form; er fezte nehmlich nicht Statthalter der Provinzen ein, wie. die Gothen gethan hatten, fondern er— nannte in allen Städten und Flecken von einiger Bedeutung Dberhäupter, welche er Herzöge nannte. Auch Rom ehrte er um nichts mehr bei diefer Vertheilung als die anderen Städte, indem er den Conful und Senat, welche Namen bis zu diefer Zeit fi) erhalten hatten, aufhob, und es unter einen Herzog brachte, der jährlid, von Navenna aus dahin. gefandt und von welchen es das roͤmiſche Herzogthum ger nannt ward; demjenigen aber, der im Namen des Kaifers zu Ravenna wohnte, und: ganz Stalien verwaltete, gab er den Namen Exarch. Diefe Eintheilung: erleichterte den Ruin Italiens, und gab den Longobarden früher Gelegenheit, es einzunehmen. Narſes war heftig aufgebracht gegen den Kais fer, weil ihm die Verwaltung diefer Provinz genommen worden, die er durch feine Tapferkeit und mit feinem Blute gewonnen hatte; auch war. es der Sophia noch nicht genug, ihn. durch feine Zuruͤckberufung zu beleidigen, fondern fie fügte noch befchimpfungsvolle Worte hinzu, fagend, fie wolle ihn mit den andern Eunuchen zur Spindel zurück fenden. Narſes alfo, von Wuth erfuͤllt, überredete Alboin den Kö: nig der Longobarden, der damals in Pannonien berrjchte, zur Eroberung Staliens herbei zu Fommen. Es waren, wie ‚ oben gezeigt worden, die Longobarden in diejenigen Gegens den an der Donau eingerückt, welche von den Herulern und Ihäringern verlaffen worden waren, als fie von ihrem Koͤ— nige Odoaker nach Stalien geführr wurden. Die Longobarden, nachdem fie ſich einige Zeit hier aufgehalten hatten, und ihre tegierung an Alboin, einem wilden und Eühnen Manne, gekommen’ war, ſezten über die Donau, fchlugen fich mit Comundus, dem “Könige der Gepiden, welcher Pannonien inne hatte, und beſiegten ihn. Und da fich unter den. Ge— fangenen Roſamunda, des Comundus Tochter, befand, ſo nahm Alboin fie zur Gemahlin, und bemaͤchtigte ſich Pan— noniens; von feiner wilden Natur getrieben, ließ er aus des Comundus Schädel fich eine Schale bereiten und trank daraus zum Andenken jenes Sieges. Jezt aber, von Nar— fes nach Italien berufen, mit dem er in dem Kriege gegen die Gothen Freundichaft gehalten hatte, überließ er Panno— nien dem Hunnen, die, wie wir gejagt, nach Attila’s Tode in ihr Vaterland zurückgekehrt waren; Fam nach Stalien, und eroberte, da er es in fo viele Theile zerfchnitten fand, in einem Zuge Pavia, Mailand, Verona, Virenza, ganz Tosfana, und den: größten Theil von | Flaminia, das jegt Romagna genannt ' wird. , So große und schnelle n u “ —— 25 Eroberungen machten ihn glauben, er habe Italien fchon befiegt. Er feierte feine Siege in Verona duch ein Gaftmal, und durch: vieles Trinken in Laune gebracht, ließ er ben Schädel des Comundus, mit Wein gefüllt, der Kö: nigin Roſamunda, die ihm gegenüber ſpeiſte, reichen, indem er mit lauter. Stimme, daß fie es hören’ konnte, ſprach, er wolle, daß bei fo hoher Feier fie mit ihrem Vater tränfe, Diefes Wort war ein Dolchftich in den Buſen der Dame; fie beſchloß, fich zu rächen, und va. fie wußte, dag Alma⸗ child, ein edler Lombarde, jung und verwegen, eine ihrer Dienerinnen liebte, jo überredete fie diefe, zu bewirfen, daß Almachild, fratt-bei ihr, bei der Königin fchliefe. Almachild alfo, der auf Veranftaltung jener gekommen war fie an einem dunfeln Drte zu finden, schlief, indem er. bei ver Dienerin zu feyn glaubte, bei Kojamunden. Nach der Ihat entdeckte fie fih ihm und deutete ihm an, wie es in feiner Wahl ftünde, entweder Alboin zu tödten und immer: fort ihrer und des Königreiches zu genießen, oder von jenem als der Schänder feiner Gattin getödter zu werden. Alma: child willigte ein, den Alboin zu toͤdten; aber nachdem fie ihn umgebracht hatten, jahen fie ein, daß es ihnen nicht gelingen würde, fich der Regierung zu bemächtigen, ja viel mehr bejorgten fie, von den Longobarden, vermöge der Liebe, die fie. gegen Alboin hegten, getödtet zu werden; fie entfio: ben daher mit dem Eöniglihen Schaze nach Ravenna zum Longinus, der fie ehrenvoll ‚aufnahm. Während viefer Unruhen war der Kaiſer Suftinus geftorben und Tiberius in feine Stelle gefezt, ‚der, durch die Kriege befchäftigt, mit den Parthern Italien Feine Hülfe leiften Eonnte. Es fhien ‚daher dem Longinus jezt eine fchickliche Zeit, mit Hülfe der Roſamunda und ihres Schazes König der Longo- barder und ganz Staliens werden zu können, Er theilte ihre diefen Plan mit, überredete fie, den Almachild zu tödten und ihn felbft zum Gemahl zu nehmen. "Ste nahm diefes an und bereitete einen Becher mit vergiftetem Mein, welchen fie mit eigner Hand dem Almachild veichte, als er durftig aus dem Bade Fam. Diefer, als er ihn zur Hälfte geleert, fühlte feine Eingeweide fich bewegen und merfend was es fei, zwang er Nofamunden, den Weberreft zu trinken; fo farben beide in wenigen Stunden, und Longinus war der Hoffnung, König zu werden, beraubt. Die Longobarden indeffen ver: fammelten fih in Pavia, welches fie zum Hauptfize ihres Reichs gemacht hatten, und machten Elefi zu ihrem Könige, welcher das von Narſes zerſtoͤrte Imola wieder aufbaute, Rimini und faft jeden Drt bis nach) Kom, einnahm, aber im Laufe feiner Siege ftarb. Diefer Elefi war in foldem Maaße graufam, nicht bloß gegen die Fremden, fondern auch gegen feine Longobarden, daß diefe, zuruͤckſchreckend vor der Föniglihen Macht, Eeinen König wieder einfezen wollten, fondern dreißig Herzöge aus ihrer Mitte erwählten, welche über die andern herrſchen ſollten. Diefer Beſchluß verurfachte, daß die Longobarden niemals ganz Italien ero— berten, daß ihr Neich fich nicht über Benevent hinaus er: ftrecfte, und dag Nom, Ravenna, Cremona, Mantua, Pa: dua, Monfelice, Parma, Bologna, Faenza, Furli, Ceſena, theils fich eine Zeit lang vertheidigten, theils niemals von ihnen eingenommen wurden. Denn, daß fie Eeinen König hatten, machte fie weniger fertig zum Kriege, und als fie wieder einen König erwählten, waren fie durch die genofjene Freiheit eine Zeit lang weniger gehorfam und mehr geneigt zu Zwiftigkeiten unter fih; welches anfangs ihren Sieg auf: hielt, nachher aber fie ganz aus Stalien vertrieb. Als demz nad) die Longobarden auf diefem Punkte fanden, machten die Römer und Longinus einen Vertrag mit ihnen, daß je: der die Waffen miederlegen, und was er befaß, genießen folfe. — 27 — In dieſen Zeiten fingen die Paͤbſte an, zu groͤßerem Anſehen zu gelangen, als ſie vorher gehabt hatten: die er— ſten nehmlich nach dem heiligen Petrus waren wegen der Heiligkeit ihres Lebens und wegen der Wunder von den Menſchen verehrt worden, und ihr Beiſpiel erhob ſo ſehr die chriſtliche Religion, daß die Fuͤrſten genoͤthigt waren, um der großen Verwirrung abzuhelfen, welche die Welt be— herrſchte, ſich zu ihr zu bekennen. Als demnach der Kaiſer ein Chriſt geworden war, und, Nom verlaffend, ſich in Con— ſtantinopel niedergelaſſen hatte, ſo erfolgte daraus, wie wir im Anfange geſagt haben, der Untergang des roͤmiſchen Reichs und der ſchnellere Wachsthum der chriſtlichen Kirche. Nichtsdeſtoweniger gaben ſich die Paͤbſte bis zu der Ankunft der Longobarden, da Italien ganz den Kaiſern oder den Koͤ— nigen unterworfen war, in jenen Zeiten niemals mehr Anz fehen, als ihnen die Ehrfurcht vor ihren Sitten und ihrer Lehre gab. Sn den übrigen Dingen gehorchten fie entweder den Kaifern oder den Königen und mwurden von diefen zu: weilen getödtee, und als Beamte in ihren Gefchäften ger braucht. Derjenige aber, welcher bewirkte, daß fie ein groͤ— Beres Gewicht befamen in den Angelegenheiten Sstaliens, war Theodorih, König der Gothen, und zwar dadurch, daß er feinen Siz nah Ravenna verlegte; denn da Nom ohne Oberhaupt blieb, fo waren die Roͤmer veranlaßt, zu ihrer Sicherheit dem Pabfte größeren Gehorfam zu leiften; dennoch wuchs fein Anfehen hierdurch nicht um vieles, und gewann nur diefes, daß die Kirche von Nom der von Ra— venna vorgefezt ward. Als aber die Longobarden ankamen, und Italien in mehrere Theile zerfiel, erhielt der Pabſt Ger legenheit, fich wirkfamer zu zeigen. Denn da er gleichfam das Haupt in Kom war, fo hatte fowohl der Kaifer zu Konftantinopel, als die Longobarden Ehrfurcht vor ihm, fo daß die Nömer durch den Pabft, nicht als Lnterthanen, fondern als Genoffen mit den Longobarden und mit Longls nus fich vereinten. Auf diefe Weife erhöhten die Päbfte ihr Anfeben, indem fie fortfuhren, bald der Longobarden, bald der Griechen Freunde zu fein. Als aber hierauf der Ver: fall des morgenländifchen Reichs erfolgte, welches unter dem Kaifer Heraklius in jenen Zeiten gefchah , da die Slaviſchen Bölfer, deren wir oben Erwähnung gethan, von neuem Illyrien angriffen, und nachdem fie daffelbe erobert hatten, es nach ihrem Namen Slavonien nannten; als ferner die andern Theile jenes Neichs zuerft von den Perfern ange: griffen wurden, dann von den Sarazenen, die unter Maho— met von Arabien ausgingen, und endlich von den Türfen, wodurch ihm Syrien, Afrika und Aegypten entriffen ward; . fo blieb dem Pabft wegen der Ohnmacht jenes Reichs nicht mehr das Hälfsmittel, zu dem Kaifer in feinen Bedraͤng— niſſen Zuflucht zu nehmen; und da von der andern Seite die Macht der Longobarden fi vergrößerte, fo glaubte er fih neue Gönner fuhen zu müffen, und wandte fich des: halb an die Könige von Frankreich, Auf diefe Weiſe wur: den die ſeit jenen Zeiten von Barbaren in Sstalien geführten Kriege größtentheils von den Paͤbſten veranlaßt; und alle Barbaren, die dies Land überfchwemmten, waren meiltens von ihnen berbeigerufen., Diefe Berfahrungsweife, welche noch in unfern Zeiten fortdauert, hielt und erhält Italien uneinig und Eraftlos. Deshalb wird die Erzählung der Ber gebenheiten, welche feit jenen Zeiten bis zu den unfrigen er: foige find, nicht mehr den Verfall des Neichs darftellen, welches gänzlich verfehwunden ift, fondern die Vergrößerung der Paͤbſte und der andern Mächte, welche hiernähft Sta. lien bis zu der Ankunft Karls des achten beherrſchten. Man wird daraus fehen, wie die Paͤbſte zuerft durch die Kirchen: firafen, dann durch diefe vereint mit den Waffen, zu. denen fie den Ablaß noch gefellten, Furcht und Ehrerbietung ein flößten, und wie fie durch den übeln Gebrauch, den fie von beiden machten, jene gänzlich verloren haben, diefe von an— dern muͤſſen abhängen laſſen. Doch wir Fehren zu unferer Erzählung zurück. Es war zur päbftlihen Mürde Gregor der dritte, zur Negierung der Longobarden Aiftulf gelangt, welcher gegen die eingegangenen Berträge Navenna nahm, und den Pabſt befriegte. Deswegen nahm Gregorius, der aus den angeführten Gründen auf: den Kaifer zu Konftanz tinopel feiner Schwäche wegen fich nicht verließ, noch der Treue der Lougobarden, die fie fo oft gebrochen hatten, vertrauen wollte, feine Zuflucht nach Frankreich zu Pipin dem zweiten, der aus einem Herrn von Auftrafien und Drabant König von Franfreich geworden war, weniger durch eigne Tapferkeit, als duch die feines Vaters Karl Martell, und Pipins, feines Großvaters. Denn Karl Martell, als Verweſer des Reichs, brachte den Sarazenen jene denkwuͤrdige Niederlage bei Tours am Fluffe Loire bei, wo mehr als zwei mal hundert taufend von ihnen getödter wurden; und daher ward fein Sohn Pipin durch den Ruf feines Vaters und fine Tapferkeit, nachmals diefes Reiches König. An diefen wandte fi) Pabft Gregorius, wie ge jagt, um Hülfe gegen die Longobarden, und Pipin verfprach ihm diefelbe, doch wünfchte er vorher ihn zu fehen und in Perſon ihm feine Verehrung zu bezeigen, Gregor ging des: halb mach Frankreich und veifte durch die Länder feiner Feinde, der Longobarden, ohne daß fie ihn verhindert hätz ten; jo groß war die Ehrfurcht, die man vor der Religion hatte. Als Gregor nad) Frankreich Fam, ward er von je nem Könige hoch geehrt, und mit deffen Heeren nad) Ita— lien zurück gefandt, welche die Longobarden in Pavia bela⸗ gerten. Aiſtulph verglich ſich nothgedrungen mit den Fran— zoſen und dieſe giengen den Vergleich auf Bitten des Pabſtes ein, der nicht den Tod ſeines Feindes wollte, ſondern daß er lebe und fich befehre,. In diefem Vertrage verfprach Aftulf, der Kirche alle Länder zurück zu geben, die er ihr enteiffen hatte. Als aber Pipins Völker nah Frankreich zurückgekehrt waren, beobachtete Aiſtulf den Vertrag nicht, und der Pabft nahm von neuem feine Zuflucht zu Pipin, der ein neues Heer nach Italien jandte, die Longobarden befiegte, Ravenna einnahm, und diejes gegen des griechi- ſchen Katfers Willen, nebft allen den andern Ländereien, die zu diefem Erarchat gehörten, dem Pabfte gab, wozu er noch das Land Urbino und die Mark hinzufügte. Während der Weberlieferung diefer Länder aber ſtarb Aiſtulph, und der Lombarde Defiderius, der Herzog von Toskana war, er: griff die Waffen, um fich des Neiches zu bemeiftern. Hierzu erbat er fich den Beiftand des Pabftes, indem er feine Freund: fchafe ihm verſprach. Diefer bewilligte es ihm, und bewirkte dadurch, daß die andern Fürften nachgaben. Defiderius hielt im Anfange die Treue und fuhr fort dem Pabfte die Länder reien zufolge den mit Pipin eingegangenen Verträgen zu überliefern; auch Fam ferner kein Exarch von Konftantino- pel nach Ravenna, fondern es wurde nach des Pabftes Willen verwaltee. Darauf ftarb Pipin und ihm folgte in der Regierung fein Sohn Karl, der wegen der Größe der von ihm vollbradyten Ihaten der große genannt ward. Auf dem päbftlihen Stuhl war indeffen Theodor der erfte ge: folgt. Diefer gerieth in Streit mit Defiderius und ward in Nom von ihm belagert, fo daB der Pabft fih an Karl um Hülfe wandte, der, nachdem er die Alpen überfliegen, Defiderius in Pavia belagerte, ihn und feine Söhne gefan: gen nahm, und fie nach Frankreich ſandte; worauf er den Pabſt zu befuhen nad) Nom ging. Hier fezte er feft, daß der Pabſt, der Statthalter Gottes, feinem menfchlichen Urtheil unterworfen fein koͤnne; und der Pabft und das römische Volk machten ihn zum Kaifer. So fing Rom wie der an, einen abendländifhen Kaifer zu haben, und flatt daß ſonſt der Pabft von dem Kaiſer beftätige zu werden pflegte, begann nun diefer, bei feiner Erwählung des Pabz fies zu bedürfen; das Kaiferthum ſank nach und nad) von den Stufen feines Anſehns herab; die Kirche erftieg fie, and durch diefe Mittel vermehrte fid) immer ihr Ueberge— wicht über die weltlichen Fürften. Die Longobarden waren zwei hundert zwei und dreißig Sabre in Stalien geweſen; ſchon hatten fie nichts fremdes mehr an fih als den Namen, und Karl, deſſen Abficht es war, Italien die Ordnung wieder zu fchenfen, geftattete ihnen zur Zeit des Pabftes Leo des dritten, diejenigen Ders ter zu bewohnen, mo fie aufgewachjen waren, und daß diefe Provinz nach ihrem Namen die Lombardei genannt wurde, Damit. fie aber Ehrfurcht haben möchten vor dem römischen Namen, wollte er daß jener ganze in ihrer Nähe gelegene Theil Staliens, der dem Exarchat von Ravenna unterworfen war, Nomagna genannt würde. Ferner er— nannte er feinen Sohn Pipin zum Könige von Stalien, deſſen Herrfchaft fich bis nach Benevent erſtreckte; den ganz zen Ueberreſt bejaß der greichifche Kaifer, mit welchem Karl einen Vertrag gefchloffen hatte. Zu diefer Zeit gelangte Paskal der erfte zur Pabftwirde und die Pfarrer der roͤmi— fchen Kirchen, weil fie dem Pabſte näher ftanden und bei feiner Wahl mit wirkten, fingen an, um ihre Macht mit einem, glänzenden Zitel zu fhmücen, fi) Kardinäle zu nens nen, und maßten fih, bejonders nachdem fie das römifche Volk von der Pabftwahl ausgefchloffen hatten, ein folches Anfehn an, daß nur felten ein Pabft gewählt ward, der nicht aus ihrer Mitte gewefen wäre; wie denn nad) Pas: fals Tode Eugenius der zweite, Pfarrer von Santa Sa: bina, erwähle ward. Italien veränderte, nachdem es in den Händen der Franzoſen war, zum Theil feine Geftalt — 2 — 32 und Einrichtung, weil det Pabſt in weltliche Angelegenhei— ten fich mehr Einfluß verfchaftte, und jene den Namen der Grafen und Markgrafen darin einführten,. fo wie zuerft von Longinus, dem Erarchen von Ravenna, der ‚Titel der Herzöge eingeführt worden war. Nachher gelangte ein ger wiffer Priefter DOsporfus, ein Nömer, auf den päbflichen Stuhl, der wegen der Häßlichkeit feines Namens fih Ser: gius nennen ließ und dadurch der Namensveränderung den Urjprung gab, welche die Päbfte bei ihrer Ermählung vornehmen, Kaifer Karl war indeffen geftorbenz fein Sohn Ludwig folgte ihm, und nad) deffen Tode entſtanden unter feinen drei Söhnen jo große Zwiftigfeiten, daß zur Zeit feiner Enkel dem Haufe Frankreich die Kaiferwiärde genommen und auf Deutfchland übertragen wurde, Der erfte deutjche Katz fer hieß Arnulph. Die Familie Karls verlor durch diefe Zwiftigfeiten nicht nur das Kaiſerthum, fondern auch die Herrjchaft Italiens; denn die Longobarden gewannen neue Kräfte, und verlezten: den Pabſt und die Nömer, fo daß jener, da er nicht wußte, zu wen er feine Zuflucht nehmen follte, aus Noch den DBerengar, Herzog in Sriaul, zum Könige von Stalien ernannte, Dieſe Begebenheiten gaben den Hunnen, die in Pannonien wohnten den Muth, Sta: lien anzugreifen, da fie aber mit Berengar handgemein wur⸗ den, zwang er fie, zurüczufehren nach Pannonien oder Ungarn, denn fo ward jene Provinz nad) ihnen benannt. Romanus war zu diefer Zeit Kaifer in Griechenland; er hatte das Reich dem Konftantinus entriffen, deſſen Armee er befehligte, und weil auf diefe Neuigkeit Appulien und Kalabrien fich wider ihn empörten, die feiner Herrjchaft, wie oben gejagt, unterworfen waren, fo erlaubte er, über diefe Empsdrung entruͤſtet, den Sarazenen, in jene Länder über zu ſezen. Sie kamen allo, und nachdem fie diefe Pro: vinzen eingenommen hatten, verfuchten fie auh Nom zu ev; obern. Die Römer aber machten, weil Berengar. fich gegen die Hunnen zu vertheidigen befchäftigt war, Alberich, Her: 309 von Toskana, zu ihrem Anführer und bewahrten Nom durch feine Tapferkeit vor den Sarazenen, die, von jener Delagerung abftehend, ein Fort auf dem Berge Garganus erbauten, von wo aus fie Appulien und Kalabrien beherrſch— ten und das übrige Stalien bedrängten. So Fam Sitalien zu. diefer Zeit in außerordentliche Noth, gegen die Alpen zu von den Hunnen, gegen Neapel von den Sarazenen be kämpft. In diefen Drangfalen blieb es viele Jahre, unter drei Berengaren, die einer dem andern folgten; Pabſt und Kirche waren in diefem Zeitraum in fortdauernder Verlegen; heit, jeder Zuflucht beraubt durch die Uneinigfeit der abendlän; difchen Sürften, und durch der morgenländiichen Ohnmacht. Die Stadt Genua mit allen ihren Ufern ward damals von den Sarazenen zerftört, welches die Größe der Stadt Pifa begruͤndete, wohin viele aus ihrem Vaterlande verjagte Voͤl— ker fich flüchteten. Alle diefe Dinge erfolgten ungefähr ums Jahr 931 der hriftlichen Kirche. Als aber Otto, Herzog von Sachen, Sohn Heinrichs und der Mathilde, ein Elu: ger und hochgerühmter Mann, Kaifer ward, jo wandte fich der Pabft Agapet an ihn, mir Bitten, daß er nach Stalien fomme, es der Tyrannei der Berengaren zu entziehn. Die Staaten Staliens waren damals aljo geordnet: die Lombardei fand unter Berengar dem dritten und fei: nem Sohne Albert; Toskana und Romagna wurden von einem Minifter des abendländiichen Kaiſers verwalter; Ap- pulien und Kalabrien gehorchten theils dem griechifchen Kai; fer, theils den Sarazenen; in Nom wurden jährlich zwei Konfuln aus dem Adel erwählt, die es nach der alten Sitte regierten; hierzu Fam ein Präfekt, der dem Volke Rechen— . Schaft ablegte; fie hatten eine Verſammlung von zwölf Maͤn— Erfier Theil, C nern, welche jährlich die Vorgeſezten über die ihnen unter: gebenen Ländereien vertheilten. Der Dabft hatte in Nom und in ganz Stalien mehr oder wtniger Anfehen, je nach dem er die Gunft des Kaifers oder derer, die die mächtig: ften darin waren, befaß. Kaifer Otto Fam alfo nach Sta; lien, nahm das Reich den Berengaren, welche fünf und funfzig Sabre darin regiert hatten und gab dem Pabfte feine Würde wieder. Kaifer Dtto hatte einen Sohn und einen Enfel, gleichfalls Dttonen genannt, welche einer nach dem andern ihm In der Negierung folgten. Zur Zeit Dtto des dritten. ward Pabft Gregor der fünfte von den Roͤmern verjagt, weshalb Deto nach Stalien fam, und ihn in Nom wieder einjezte, worauf der Pabft, um fih an den Römern zu rächen, ihnen das Necht entzog, den Kaifer zu ernennen, und es fechs Fürften Deutfchlands ertheilte, nehmlich dreien Biſchoͤfen, Mainz, Trier und Köln und dreien Fürften, Brandenburg, Pfalz und Sachſen; dies gefchah im Jahre 1002. Nach Dtto des dritten Tode ward von diefen Kur: fürfen Heinrich, Herzog von Baiern zum Kaifer erwählt, der nach zwölf Sahren von Stephan dem achten gekrönt ward, Heinrich und Sigismunda, feine Gattin, führten ein äußerft frommes Leben, welches viele Kirchen beweifen die von ihnen erbaut und ausgeftattet wurden, unter andern auch des H. Miniatus Kirche nahe bei der Stadt Florenz. Heinrich farb im Sahre 1024, ihm folgte Conrad von Schwaben und diefem Heinrich der zweite, Derfelbe Fam nach Rom und da eine Spaltung von drei Päbften in der ‚Kirche war, fo entjezte er fie alle, und ließ Klemens den zweiten erwählen, von dem er zum: Kaifer gefrönt ward. Sstalien ward damals theils won den Voͤlkern, theils von den Fuͤrſten, theils von des Kaifers Abgeordneten ver giert. Unter den leztern ward der vornehmfte und dem die andern, Bericht. erftatteten, „Kanzler genannt, Unter den Fürften war der mächtigfte Gottfried und die Gräfin Ma thilde, feine Gemahlin, die eine Tochter von Beatrix, der Schwefter Kaijer Heinrichs des zweiten war. Sie und ihr Gemahl befaßen Luffa, Parma, Reggio und Mantua nebft allem dem, mas heut zu Tage das Patrimonium genannt wird. Die Päbfte hatten damals heftig zu Fämpfen gegen die Ehrſucht des römischen Volks, welches zuerft fich ihres Anfehens bedient hatte, um fih von den Kaijern zu bes freien; nachdem es aber die Regierung der Stadt fich zuges eignet, und folche nach feinem Gefallen eingerichtet hatte, fogleich den Päbften feind ward; und weit mehr Miihand: lungen hatten fie von diefem Volke, als von irgend einem chriſtlichen Fürften zu ertragen. Ja zu den Zeiten, als die Päbfte mir dem Kirchenbann das ganze Abendland erzittern machten, war das römische Volk gegen fie empört, und bei: der Partheien einzige Abficht war die, einander Anfehn und Ehre zu entreißen. Nikolaus der zweite gelangte demnach auf den päbftlihen Stuhl, und, fo wie Gregor der fünfte den Römern das Necht der Kaiferwahl genommen hatte, fo beraubte fie Nikolaus des Nechts an der Wahl des Pabs fies Antheil zu nehmen, und wollte, daß die Erwählung deffelben den Kardinälen allein zufomme Hiermit noch) nicht zufrieden, zwang er in Uebereinfunft mit den Fürften, welche damals, durch die Umſtände die wir fogleich angeben werden, Kalabrien und Appulien beherrfchten, alle Beamte, welche die Römer bei ihrer Staatsverwaltung angeftellt hat: ten, dem Pabſte Gehorfam zu leiften, ja einige beraubte er ihres Amts. Nah Nikolaus Tode entftand eine Spaltung in der Kirche; denn die Geiftlichfeit der Lombardei wollte dem zu Rom ermwählten Alerander dem zweiten nicht Ges horfam leiften, nnd ernannte Kadolo von Parma zum Ge genpabft. Heinrich, dem die Macht der Päbfte verhaßt war, ließ dem Pabſt Alerander andenten, daß er der päbft- € a lichen Würde entfagen, und den Kardinälen, daß fie nad Deutfchland gehen follten, einen neuen Pabſt zu wählen. Hierdurch ward er der erfte Fürft, der zu fühlen begann, wie gefährlich die geiftlichen Wunden find; denn der Pabft ver; fammelte ein Konzilium zu Nom, und beraubte Heinrich fo: wohl der Kaiferwürde, als des Koͤnigthums. Einige Völker Sstaliens folgten dem Pabfte, andre Heinrich; und diefes war der Keim zu den Partheien der Guelfen und Ghibelli- nen, auf daß Sstalien, befreit von den Ueberfchwemmungen der Barbaren, von innerlihen Kriegen zerriffen - werde, Heinrich alfo, in den Kirchenbann gethan, ward von feinen Völkern gezwungen nach Stalien zu gehen, barfuß vor dem Pabſte das Knie zu beugen, und ihn um Verzeihung zu bitten; welches im Sjahre 1080 geſchah. Dennoch entftand bald darauf neuer Zwift zwifchen dem Pabft und Heinrich; daher der Pabft von neuem ihn in den Bann that, und der Kaifer feinen Sohn, gleichfalls Heinrich genannt, mit einem Heere nach Rom fandte, der, mit Hülfe der Römer, die den Pabft haften, ihm in der Feftung belagerte, Hier— auf Fam Robert Guisfard ihm aus Appulien zu Hülfe: Heinrich aber erwartete diefen nicht, ſondern kehrte nad) Deutfchland zuruͤck. Mur die Nömer beharrten in ihrer Hartnäcigfeit, fo daß Nom von Robert neuerdings geplün: dert und in den alten Ruin zuruͤckgeworfen ward, nad) dem es vorher von mehreren Päbften wiederhergeftellt wor— den war. Da nun von diefem Robert die Errichtung des Königreichs Neapel ausging, fo ſcheint es mir nicht über: fläffig, feine Ihaten und Abftemmung befonders zu ev; zählen. Als Uneinigkeit entftand unter den Erben Karls des Großen, wie wir oben gezeigt haben, gab dies neuen nor— difchen Völkern, unter dem Namen Normänner vereint, Gelegenheit, einen Angriff auf Frankreich zu machen, und u A fie nahmen das Land in Beſiz, welches heutzutage nach ih: nen die Normandie genannt wird. Bon diefen Völkern kam ein Theil nach Sstalien, zur Zeit als diefes Land von den Derengaren, den Sarazenen und den Hunnen beunrubigt ward, und bemächtigte fich einiger Ländereien in Romagna, wo fie während jener Kriege fich mit Tapferkeit behaupteten, Don Tanfred, einem jener normannifchen Fürften wurden mehrere Söhne erzeugt, unter welchen Wilhelm, genannt Serabaf und Robert, mit dem Zunamen Guisfard waren, Die DOberherrfchaft war an Wilhelm gekommen und die Un: ruhen in Stalien waren zum Theil geſtillt. Dennoch be: haupteten die Sarazenen Sizilien und berannten jeden Tag die Ufer Italiens; daher Wilhelm mit den Fürften von Kapua und von Salerno und mit dem Griechen Melor£us, der in des griechifchen Kaifers Namen Appulien und Kala: brien verwaltete, übereinkfam, Sizilien anzugreifen. Auf den Fall des Sieges verabredeten fie, dag ein jeder von ihnen von der Beute und von dem Lande ein Viertel zum An: theil haben ſolle. Die Unternehmung war glüdlich; fie ver: jagten die Sarazenen, nahmen Sizilien ein; Melorkus aber ließ nach dieſem Siege heimlich Truppen aus Griechenland kommen, nahm die Inſel im Namen des Kaiſers in Beſiz, und theilte nur die Beute. Wilhelm war hieruͤber ſehr un— zufrieden; aber er verſparte ſich auf eine gelegenere Zeit, es zu zeigen, und verließ Sizilien mit den Fuͤrſten von Sa— lerno und Kapua. Als dieſe ſich von ihm getrennt hatten, um nach Hauſe zu gehen, kehrte Wilhelm nicht nach Ro— magna zuruͤck, ſondern wandte ſich mit ſeinen Truppen ge— gen Appulien, und nahm ploͤzlich Melfi ein, von wo aus er in kurzer Zeit gegen die Macht des griechiſchen Kaiſers faft ganz Appuliens und Kalabriens fich bemeifterte. Dieſe Provinzen beherrfchte zu Nikolaus IL Zeit Wilhelms Bru: der, Robert Guisfard, und weil er viele Streitigkeiten mit \ feinen Neffen über die Erbfolge in diefen Staaten hatte, fo bediente er fich des Anfehns des Pabftes, um fie beizule gen; welches diefer fehr gern ausführte, weil er Robert für fi) zu gewinnen wuͤnſchte, auf daß er gegen die deutfchen Kaifer, und gegen die Anmaßung des römischen Volkes ihn vertheidigen möchte; wie denn auch, mac dem was wir oben gezeigt haben, die Folge davon war, daß er auf Gre— gor des fiebenten Anliegen, Heinrich von Nom verjagte, und das Volf bändigte. Noberts Nachfolger waren Roger und Wilhelm, feine Söhne, zu deren Neid Neapel hinzu: gefügt ward, nebſt allen Ländern von Neapel bis Nom, hernach auch Sizilien, deſſen ſich Roger bemächtigte, Als aber Wilhelm hierauf nach Konſtantinopel ging, um des Kaifers Tochter zur Gemahlin zu nehmen, ward er von Noger angegriffen und ihm das Neich entriffen. Aufgebla— fen durch diefen Befiz ließ Noger zuerft fih König von Stalien nennen, hernach aber, mit dem Titel eines Köniz ges von Appulien und Sizilien fih begnügend, war er der erfte der jenem Neihe Namen und Einrichtung gab, wel ches noch heut zu Tage innerhalb feinen alten Gränzen fic) erhält, obgleich es nicht allein das Geſchlecht, fondern fogar die Nazion feiner Könige mehrmals gewechfelt hat. Denn nachdem der Stamm der Normannen untergegangen, ging dies Königreich auf die Deutfchen über, von diefen auf die Franzofen, von diefen auf die Aragonier, und jezt wird es von den Flamaͤndern beherrjcht. Urban IL war jezt anf den päbftlichen Stuhl gelangt; diefer war in Nom verhaßt, daher er, in der Meinung, daß er der Zwiftigkeiten wegen in Stalien nicht mehr mit Sicher: heit wiirde bleiben koͤnnen, ſich zu einer erhabnen Unterneh: mung wandte, indem er mit feiner ganzen Geiftlichfeit nach Frankreich ging, nnd in Antwerpen eine große Volksmenge verjammelte, vor welcher er eine Rede gegen die Unglaͤubi— gen hielt, und ihr Gemüth dadurch fo fehr entzündete, daß alfe befchloffen, den Kriegszug nach Afien gegen die” Sara: jenen zu unternehmen. Dieje Unternehmung und die übri: gen Ähnlichen wurden nachmals Kreuzzüge genannt, weil alle diejenigen, welche daran Theil nahmen auf ihren Waf— fen und Kleidungen mit einem vothen Kreuze bezeichnet wa— ren. Die Anführer dieſes Zuges waren Gottfried, Euſta— chius und Balduin von Bouillon, Grafen von Bologna und Peter, ein Eremit, durch Froͤmmigkeit und Weisheit beruͤhmt; worauf dann viele Koͤnige und viele Voͤlker mit ihren Schaͤzen zuſammen kamen, und viele einzelne ohne den geringſten Lohn Kriegsdienſte thaten. So viel ver— mochte damals die Religion uͤber die Gemuͤther der Men— ſchen, angefeuert von dem Beiſpiel der Haͤupter! Anfangs war die Unternehmung ruhmvoll, denn ganz Kleinaſien, Syrien und ein Theil Aegyptens fiel in der Chriſten Haͤnde. Durch ſie veranlaßt entſtand der Orden der Ritter von Je— ruſalem, der noch heut zu Tage die Inſel Rhodus beſizt und beherrſcht, welche als Hinderniß der mahomedaniſchen Macht einzig noch uͤbrig iſt. Auch der Orden der Tempel: vitter entjtand, der aber nach Eurzer Zeit feiner fchlechten Sitten wegen unterging. Verſchiedene Begebenheiten er— folgten zu verfchiedner Zeit, wobei viele Nationen und ein: zelne Männer ſich Ruhm erwarben. Den Zug zu unter: fiizen trat Frankreichs König, Englands König hinzu; und die Völker von Pifa, Venedig, Genua erlangten hohen Auf und fämpften mit wechjelndem Gluͤcke bis zu Saladins des Sarazenen Zeiten, deſſen Tapferkeit, vereint mit der Ehriften Zwietracht, ihnen endlich allen den Ruhm entriß, den fie im Anfang fich erworben hatten, und nad) neunzig Sahren wurden fie aus dem Orte vertrieben, den fie mit ſo hoher Ehre glücklich erobert hatten, Nach Urbans Tode ward Paskal der zweite zum Pabft — 40 — gewaͤhlt, und auf den Kaiſerthron war Heinrich der vierte gelangt. Dieſer kam nach Rom und ſtellte ſich als wolle er Freundſchaft mit dem Pabſte halten; hernach aber ſezte er den Pabſt und die ganze Geiſtlichkeit ins Gefaͤngniß, und befreite ſie nicht eher, bis ihm zugeſtanden ward, uͤber die Kirchen Deutſchlands nach eigenem Gefallen beſtimmen zu koͤnnen. In dieſen Zeiten ſtarb die Graͤfin Mathilde, und hinterließ ihren ganzen Staat der Kirche zur Erbſchaft. Nach dem Tode Paskals und Heinrich des vierten folgten mehrere Paͤbſte und Kaiſer, bis endlich das Pabſtthum an Alexander den dritten, das Kaiſerthum an Friedrich von Schwaben, genannt Barbaroſſa, kam. Es hatten die Paͤbſte in jenen Zeiten mit dem roͤmiſchen Volke und mit den Kai— fern viele Schwierigkeiten gehabt, welche zu Barbaroſſas zeit fich fehr vermehrten. Friedrich war ein vortrefflicher Kriegsmann, aber von fo großem Stolze erfüllt, daß cr es nicht ertragen Eonnte, dem Pabfte zu weichen. Dennoch fam er bei feiner Erwählung nach Rom, die Krone zu em: pfangen, und Eehrte dann friedlich nach Deutfchland zuruͤck. Doch nicht lange blieb er in diefer Gefinnung, denn bald fam er von neuem nad) Stalien, um einige Derter in der Lombardei zu bandigen, die ihm ungehorfam waren, und zu gleicher Zeit geſchah es, daß der Kardinal von San Kler mente, ein Römer von Geburt, von dem Pabſte Alerander abfiel und von einigen Kardinälen zum Pabft ernannt wurde, Kaifer Friedrich befand fich damals im Lager zu Crema, und als fich Aierander bei ihm über den Gegenpabft bejchwerte, antwortete er ihm, es folle einer wie der andere vor ihm erjcheinen, und dann werde er entfcheiden, wer von ihnen Pabſt fei. Diefe Antwort mißfiel dem Alexander und weil er ihn geneigt ſah, den Gegenpabft zu begünftigen, that er ihn in den Dann, und entflob zum Könige Philipp von Frankreich. Friedrich indeffen, feinen Krieg in der Lombar— — 41 — dei fortjezend, nahm und zerfisrte Mailand, wodurch Be: rona, Padua und Vicenza veranlagt wurden, fich zu ger meinjchaftlicher Vertheidigung gegen ihn zu verbinden. In der Zwilchenzeit war der Gegenpabft geftorben, daher Fries drih den Guido von Kremona an deffen Statt ernannte. Die Römer hatten in dielen ‚Zeiten durch die Abwefenheit des Pabftes und durch die Hinderniffe, die der Kaifer in der Lombardei fand, wieder einige Macht in Nom gewon: nen und prüften den Gehorfam der Drtfchaften, welche ihs nen unterworfen zu fein-pflegten. Und weil die Tuskulaner ihrer Herrſchaft fih nicht fügen wollten, fo giengen fie in Maffe anf diefelben los; dieſe aber, von Friedrich unter: ſtuͤzt, fchlugen das Heer der Römer mit einer fo großen Niederlage, daß Nom nachher nie wieder weder bevölkert, noch veich ward. Indeſſen war Pabft Alerander nach Rom zurückgekehrt, in der Meinung, er werde dort, geſchuͤzt durch die Feindfchafe zwifchen den Roͤmern und Friedrich, und durch die Feinde, welche diefer in der Lombardei hatte, ficher bleiben Eönnen. Friedrich aber, jede Nücdficht bei Seite fezend, zog gegen Nom zu Felde, wo Alerander ihn nicht erwartete, fondern zum Könige Wilhelm von Appus fien entfloh, der nach Rogers Tode der Erbe diefes Neiches geblieben war. Doch, von der Peft verjagt, hob Friedrich die Belagerung auf und Eehrte nach Deutfchland zuruͤck; worauf die gegen ihn verbündeten Städte der Lombardei, um Pavia und Tortona angreifen zu Eönnen, welche der £arferlihen Parthei ergeben waren, eine Stadt erbauten, die der Siz diefes Krieges fein follte, nnd welche fie, dem Pabſte Alerander zu Ehren und Friedrich zum Schimpf, Alerandria nannte. Auch der Gegenpabft Guido ftarb, und in jeine Stelle ward Johann von Fermo gefezt, der durch Degünftigung der £aijerlichen Parthei zu Montefiascone ſich eufhielt. Pabſt Alerander war indeffen.nac Tuskulum ge sangen, von diefem Volke berufen, daß er mit feinem Anz ſehn es vor den Römern vertheidigen möchte. Hier kamen Sefandte zu ihm vom Könige Heinvih von England, ihm anzuzeigen, daß diefer König nicht die mindefte Schuld habe an dem Tode des H. Ihomas, Biſchofes von Canterbury, wie man im Volke verläumderifh ihm zur Laft lege. Des: wegen fandte der Pabft die Wahrheit der Sache zu unter; ſuchen, zwei Kardinäle nach England, welche, obſchon fie den König nicht in offenbarer Schuld fanden, dennoch, we: gen der Schändlichfeit des Verbrechens, nnd weil er den Biſchof nicht nad) Verdienft geehrt hatte, zur Buße ihm auferlegten, daß er alle Barone des Reichs zufammenberu: fen, und dann in ihrer Gegenwart mit einem Eide fich reis nigen folfe: ferner, daß er fogleich zweihundert Soldaten, mit einjähriger Löhnung verfehen, nach Serufalem fende; daß er verpflichtet fei, mit einem Heere, fo groß als er es nur verfammeln koͤnne, noch che drei Jahre vergiengen, perfönli dahin abzugeben; und endlich, daß er alles das: jenige für ungültig erkläre, was in feinem Neiche zum Nachtheile der Eirchlihen Freiheit gefchehen fei, und jedem feiner Anterthanen das Recht zugeftiehe, wenn er wolle, rah Nom zu appelliven. Alle diefe Dinge wurden von Heinrich angenommen, und ein jo großer König unterwarf fich diefem Urtheil, dem heut zu Tage ein Privarmann fich zu unterwerfen fih fchämen würde. Nichtsdeſtoweniger fonnte der Pabft, während er eine fo große Gewalt über die entfernten Fürften ausübte, fih Feinen Gehorfam von den Römern verfchaffen, von denen er nicht einmal das er: langen Eonnte, daß er in Kom fih aufhalten durfte, obs ſchon er verfprah, mit andern Dingen, als mit den kirch— lichen fih nicht zu befchäftigen: um jo viel werden die Dinge, die einen Schein haben, mehr in der Ferne, als in der Nähe gefürchter. Friedrich war zu diefer Zeit nach Stalien zurückgekehrt, und während ev fich bereitete, mit dem Pabjte einen neuen Krieg zu beginnen, gaben ihm alle feine Prälaten und Bas rone zu verftehen, daß fie ihn verlaffen würden, wenn er nicht mit der Kirche fich verjähnte; er war daher gezwuns gen, nach Venedig zu gehen, um fich vor dem Pabſte nie; derzuwerfen, worauf fie Frieden mit einander fehloffen, und der Pabft in dem darüber abgefchloffenen Vertrage den Kais fer aller Macht, die er über Nom haben möchte, beraubte, und Wilhelm, König von Appulien und Sizilien, zu feinem Bundesgenoſſen ernannte. Friedrich, der nicht leben Eonnte, ohne Krieg zu führen, unternahm einen Zug nad) Afien, um gegen Mahomed diefe Ehrſucht zu flillen, die er gegen die Statthalter Chriſti nicht hatte füllen koͤnnen; aber als er an den Flug Cidnus Fam, lockte ihn die Klarheit des Waſ— fers, daß er fich darin badete, und diefe Unregelmäßigfeit brachte ihm den Tod. So erzeigten die Fluthen den Ma: homedanern größere Gunft, als die Bannftrahlen den Ehriz fien, denn diefe zügelten feinen Hochmuth, jene aber loͤſch— ten ihn aus. Nach Friedrihs Tode blieb dem Pabfte nur noch der Nömer Widerfpenftigkeit zu bändigen, und nad vielen Zwiftigfeiten über die Ernennung der Konfuln kamen fie überein, daß die Römer, dem Herkommen gemäß, fie erwählen follten; doc, follten fie nicht eher ihr Amt antre— ten, bis fie geſchworen hätten, der Kirche Gehorfam zu leiz fien. Diefer Vertrag bewog den Gegenpabft Johann, fich auf Monte Alban zu flüchten, wo er bald darauf ftarb. zu diejer Zeit war Wilhelm, König von Neapel, geftorben, und der Dabft beabfichtigte, dieſes Neich in Beſiz zu neh: men, weil der König Feine Söhne binterlaffen hatte, außer Tankred, feinen natuͤrlichen Sohn; die Baronen aber ſtimmten dem Pabſte nicht bei, ſondern wollten, daß Tan— kred Koͤnig werde. Coͤleſtin der dritte war damals Pabſt, und begierig, dies Reich aus Tankreds Händen zu rveiffen, bewirkte er, daß Heinrich, der Sohn Friedrichs, zum Kaiz fer ernannt wurde, und verfprach ihm das Königreich Nea: pel unter der Bedingung, daß er der Kirche die Länder, welche ihr gehörten, wieder erftatte. Und um die Sache zu erleichtern, nahm er Conftanza, eine fchon alte Tochter Wil: helms, aus dem Klofter, und gab ſie ihm zur Gemahlin. So ging das Königreich Neapel von den Normannen, die die Gründer deſſelben gewefen waren, auf die Deutfchen über. Kaifer Heinrich kam, fobald er Deutfchlands Angeles genheiten geordnet, mit feiner Gemahlin Eonftanza, und einem vierjährigen Sohne Namens Friedrich nach Sstalien, und nahm das Königreich ohne alle Schwierigkeit in Beſiz, weil Tankred ſchon gefiorben war, und nur ein Eleines Soͤhnchen Namens Noger hinterlaffen hatte. Nach einiger Zeit ftarb Heinrih in Sizilien, und es folgte ihm im Kö: nigreiche Neapel Friedrich, und im Kaifertbume Dtto, Herz zog von Sachen, ernannt durch die Begünftigung Pabft Innocenz des dritten. Aber fobald er die Krone aufgeſezt hatte, ward Dtto, gegen alle Erwartung, des Pabftes Feind; befezte Romagna, und fihickte fi) an, Neapel ans zugreifen. Der Pabft belegte ihn deshalb mit dem Dann, fo daß er von Jedermann verlaffen ward, und die Ehurs fürften Friedrich, König von Neapel, zum Kaifer wählten. Friedrich Fam zur Krönung nad Nom, der Pabft aber wollte ihn nicht Erönen, weil er jeine Macht fürchtete, und fuchte ihn aus Stalien zu entfernen, wie er Otto daraus entfernt hatte. Friedrich, hierüber erzürnt, zog nach Deutjch- land, und überwand dafelbft Otto nach mehreren Feldzügen. Indeſſen farb Innoeenz, welcher außer andern vortrefflihen Werfen auch das Spital des H. Geiftes zu Nom erbauete. Sein Nachfolger war Honorius der dritte, zu deflen Zeit die Orden des H. Dominitus und des H. Franz im Sabre uber 5 — 1218 entftanden. Diefer Pabjt Erönte Friedrih, und So: hann, Balduins Sohn, König von Jeruſalem, der mit den Weberreften der Chriften in Afien war, und dieſen Titel noch führte, gab ihm eine feiner Töchter zur Fran, und bewilligte in der Mitgift ihm den Titel jenes Königreiches; daher kommt es, daß, wer immer König von Neapel ift, fich auch König von Serufalem nennt. Die Verhältniffe Staliens waren damals folgende; die Roͤmer ernannten nicht mehr Konfuln, fondern ſtatt deren bald einen, bald mehrere Senatoren, mit gleicher Macht befleidet. Der Bund, welchen die lombardifchen Städte ger gen Friedrich Barbaroſſa gefchloffen hatten, beftand noch; dies waren nehmlich Mailand, Brefeia, Mantua, nebft dem größten Theile dev Städte in Romagna, und außerdem noch Berona, Vicenza, Padua und Trevigi. Auf Seiten des Kaifers waren Eremona, Bergamo, Parma, Modena nnd Trient. Die anderen Städte und Feften in der Lombardei, in Romagna und in der Trevigianer Mark begünftigten, nach ihrem Bedürfniß, bald diefe, bald jene Parthei. Zur Zeit Dtto des dritten war ein gewiſſer Ezelin nach Sstalien gefommen, der im Lande blieb und einen Sohn erzeugte, welcher wiederum einen Sohn, Namens Ezelin, hinterließ. Diefer, der reich und mächtig war, ſchloß fih an Friedrich den zweiten, welcher, wie gejagt, ein Feind des Pabſtes geroorden war, und jezt, nach Italien kommend, dur) Ezelin’s Mitwirken und Begünftigung, Verona und Mans tua einnahm, Vicenza zerftörte, Padua eroberte, das Heer der verbündeten Städte ſchlug, und endlich gegen Toskana vordrang. Ezelin hatte indeffen die ganze Trevigianer Mark unterworfen, doch konnte er Ferrara nicht erobern, weil: es von Azzo von Efte und von den Truppen, die der Pabft in der Lombardei hatte, vertheidige ward; daher denn nach Aufhebung der Belagerung der Pabft diefe Stadt dem Azzo — 46 — von Eſte zur Lehn gab, und von dieſem ſtammen diejenigen ab, welche noch heut zu Tage es beherrſchen. Friedrich machte zu Piſa Halt, voll Verlangen, ſich Toskanas zu bemaͤchtigen, und indem er die Freunde und Feinde in dieſer Provinz auskundſchaftete, ſaͤete er ſo viel Zwieſpalt aus, daß er den Ruin von ganz Italien veranlaßte; denn die Partheien der Guelfen und Ghibellinen vervielfäl- tigten fih; die Anhänger der Kirche nannten ſich Guelfen, und GShibellinen die, welche dem Kaifer folgten; zu Piftoja hörte man diefe Namen zuerſt. Nachdem er Pifa verlaffen, berannte Friedrih und verwüftete auf vielfahe Weiſe die Befizungen der Kirche; jo daß der Pabft, jedes andern Hälfsmittels beraubt, einen Kreuzzug gegen ihn ausjchrieb, wie feine Vorgänger gegen die Sarazenen gethan hatten. Friedrich, um nicht mit einem Schlage von allen feinen Truppen verlaffen zu werden, wie es Friedrich Barbaroffa und feine anderen Vorgänger wurden, nahm viele Sarazes nen in Sold, und, um diefelben fih zu verbinden und in Sstalien ein feftftiehendes Hinderniß gegen die Kirche aufzus ftellen, welches die päbftlichen Slüche nicht zu fürchten hätte, fehenfte er ihnen Nocera im Königreiche Neapel, auf dag fie, mit einem eignen Zufluchtsort verfehen, mit größerer Si— cherheit ihm dienen könnten. Innocenz der vierte, der auf den päbftlihen Stuhl gelangt war, ging aus Furcht vor Friedrich, nach Genua und von da nad Frankreich, woſelbſt er eine Kirchenverfammlung nach Lion veranftaltete, bei wel: cher auch Friedrich fich einzufinden beſchloß. Allein die Em— pörung von Parma hielt ihn zurück, und da fein Angriff gegen diefe Stadt zurückgefchlagen ward, ging er nad) Tos— fana und von da nach Sizilien, wo er flarb, Er hinterließ in Schwaben feinen Sohn Konrad und in Appnlien Man: fred, den er mit einer Beifchläferin erzeugt und zum Her— zoge von Benevent gemacht hatte, Konrad Fam, um von dem Königreihe Beſiz zu nehmen, farb aber, als er zu Neapel anfam, und hinterließ einen noch kleinen Sohn, Konradin, der fih in Deutfihland befand. Manfred nahm deshalb, anfangs als Konradins Vormund, das Reich in Defiz, hernach aber machte er fih, ausfprengend, daß Kon— radin geftorben fei, zum Könige, gegen den Willen des Pabſtes und der Neapolitaner, die ev mit Gewalt zur Zus ſtimmung zwang. Während diefe Begebenheiten im Meapolitanifchen vors fielen, erfolgten in der Lombardei viele Bewegungen zivis fchen den Partheien der Guelfen und Ghibellinen. Für die Guelfen war ein Legat des Pabftes, für die Ghibellinen Ezelin, der faft die ganze Lombardei jenfeit des Po beſaß. Und weil fih, während ihn der Krieg befihäftigte, Padua gegen ihn empört hatte, ließ er zwölftaufend Paduaner tödz ten, ftarb aber jelbft noch vor Beendigung des Krieges in einem Alter von achtzig Sahren, und nach feinem Tode wurden alle die Städte frei, die er bejeffen hatte. Manfred, König von Neapel, feste feine Feindfeligkeiten gegen die Kirche fort, nach dem Beifpiele feiner Vorfahren, und er: hielt den Pabft, der fih Urban der vierte nannte, in im: merwährender Verlegenheit; fo daß diefer, um ihn zu bän- digen, einen Kreuzzug gegen ihn berief, und um die Trup: pen zu erwarten, nach Perngia ging. Da es ihm aber fchien, dag nur wenige, ſchwache und langjame Voͤlker her: anzögen, Jo glaubte er zum Siege über Manfred fichrerer Hülfsmittel zu bedürfen; er fuchte deshalb in Franfreic) Degünftigung; ernannte Karl von Anjou, den Bruder Koͤ— nig Ludwigs von Frankreich, zum König von Sizilien und Neapel, und trieb ihn an, nad) Stalien zu fommen, um jenes Reich in Befiz zu nehmen. Ehe aber Karl nah Rom fam, ftarb der Pabft, und in feine Stelle ward Clemens ber vierte erwählt, zu deflen Zeit Karl mit dreißig Galeren nach) DOftia kam; er befahl, daß feine übrigen Truppen zu Lande kommen follten, und während feines Aufenthaltes zu Nom ernannten ihn die Nömer, um ihn fi günftig zu ma— chen, zum Senator, und der Pabſt bekleidete ihn mit dem Königreihe Neapel, unter der VBerpflichtung, daß er der Kirche jährlich funfzigtauſend Gulden bezahlen ſolle, auch machte er ein Geſez, daß in Zukunft weder Karl, noch die anderen, die dieſes Reich beſizen wuͤrden, Kaiſer ſein koͤnn— ten. Karl ging darauf gegen Manfred, ſchlug und toͤdtete ihn nahe bei Benevent und bemächtigte fih Siziliens und des Königreichs Neapel. Konradin aber, dem durch das Vermaͤchtniß feines Vaters diefes Neich gehörte, verJammelte viele Truppen in Deutfchland und zon gegen Karl nach Sta: lien, fchlug fich) mit ibm bei Tagliacozzo, und ward befiegt, worauf er unerkannt entfloh, hernach aber gefangen und hin: gerichtet ward. Sstalien blieb jezt ruhig, bis Adrian der fünfte auf den päbftlichen Stuhl gelangte. Da nun Karl fih in Nom auf: hielt und es vermöge feines Amtes als Senator verwaltete, fo konnte der Pabft feine Mache nicht ertragen, ging, feine Wohnung in Viterbo zu nehmen, und forderte den Kaifer Rudolph auf, gegen Karl nach Italien zu kommen. So hoͤrten die Paͤbſte niemals auf, bald aus Liebe zur Religion, bald aus perſoͤnlicher Ehrſucht, fremde Maͤnner nach Italien zu rufen und neue Kriege zu erregen; wenn ſie dann einen Fuͤrſten mächtig gemacht hatten, jo bereuten fie es und ſuch— ten feinen Untergang, auch gaben fie nicht zu, daß diejeni- gen Provinzen, welche fie aus Schwäche nicht befizen konn— ten, ein anderer befäße. Die Fürften zitterten vor ihnen, weil fie immer, fei es kaͤmpfend, fei es fliehend, fiegten, wenn fie nicht etwa duch irgend einen Betrug unterdrückt wurden, wie bonifacius der achte und einige andere, die unter der Maike der Freundfchaft von den Kaijern gefangen wurden. Rudolf Fam nicht nach Sstalien, zurückgehalten durch feinen Krieg mit dem Könige von Böhmen. In die: fer Zeit ftarb Adrian, und Nikolaus der dritte aus dem Haufe Drfino ward zum Pabft gewählt, ein verwegener und ehrfüchtiger Mann, welcher die Macht Karls auf alle Weiſe zu vermindern trachtete. Auf fein Anftiften befchwerte fih Kaifer Rudolf, daß Karl von Seiten der Guelfifchen Par: thei, die er nach Manfreds Tode in Tosfana wieder eingefezt hatte, in diefer Provinz einen Statthalter hielt. Karl gab dem Kaiſer nach, 309 feine Statthalter heraus, und der Pabſt fandte einen feiner Nepoten, einen Kardinal, als Statthalter von Seiten des römischen Reichs hin: fo daß der Kaifer, für diefe ihm erzeigte Ehre, der Kirche Romagna zurückgab, welches feine Vorgänger ihr genommen hatten, worauf denn der Pabft den Berthold Drfino zum Herzoge von Romagna ernannte. Da er fich nun mächtig genug glaubte, um Karln die Stirn zeigen zu Eönnen, beraubte er ihn fei- nes Amtes als Senator, und machte ein Geſez, daß nie mand aus Eöniglihem Geblüt ferner Senator in Nom fein koͤnne. Außerdem hatte er im Sinne, Karln Sizilien zu ents reißen, und fchmiedete zu diefem Ende heimlichermweife Raͤnke mit Peter, König von Aragonien, welche aber erjt nachher zu feines Nachfolgers Zeit ihre Wirkung hatten, Er beab: fihtete ferner aus feinem Haufe zwei Könige zu ernennen, einen in der Lombardei, den andern in Toskana, deren Macht die Kirche gegen die Deutfchen vertheidigen follte, die etwa nach Stalien kommen wollten, und gegen die Franzojen, welhe in Neapel waren; allein er ftarb mitten in diefen Plänen, Er war unter den Paͤbſten der erfte, der öffentlich feine perfönliche Ehrfucht zeigte, und der den Zweck hatte, unter dem Scheine, die Kirche zu erheben, die Seinigen zu beehren und zu bereichern. Und fo wie bis zu feiner Zeit hinauf niemals von Nepoten oder Verwandten irgend eines Erſter Theil, Do Pabftes die Nede war, fo wird in Zukunft die Gefchichte voll davon werden, jo daß wir fogar auf ihre Söhne wer: den kommen muͤſſen; und nichts bleibe den Päbften noch zu verſuchen übrig, als daß, fo wie fie bis zu unfern Zeis ten ihre. Kinder als Fürften zu hinterlaffen geftrebt haben, fie eben fo in Zukunft darauf denken mögen, ihnen das Pabſt— thum erblich zu binterlaffen. Doch ift es wahr, daß bis jezt die von ihnen geftifteten Fürftenthümer nur ein kurzes Leben geführt haben; denn weil die Päbfte meiftens nur Eurze Zeit leben, fo vollenden fie entweder das Pflanzen ih: ver Gewächje gar nicht, oder wenn fie diejelben auch ge: pflanzt haben, fo hinterlaffen fie folche doch mit fo wenigen und fehwahen Wurzeln, daß fie vom erften Winde dahin gerafft werden, fobald jene Kraft, die fie erhielt, geſchwun— den ift. Martin der vierte, fein Nachfolger, begünftigte, als ein geborner Franzofe, Karls Parthei. Diefer fandte daher zu des Pabſtes Vortheil ſeine Truppen nach Romagna, das ſich gegen ihn empoͤrt hatte. Als er nun im Lager zu Furli ſtand, bewirkte Guido Boratti, ein Aſtrologe, daß, auf ein von ihm gegebenes Zeichen, das Volk die Franzoſen angriff, ſo daß dieſe dort ſaͤmmtlich gefangen und getoͤdtet wurden. Zu gleicher Zeit ward auch die vom Pabſte Nikolaus mit Peter, Koͤnig von Arragonien verabredete Liſt ausgefuͤhrt, vermoͤge welcher die Sizilianer alle Franzoſen niederhieben, die ſich auf ihrer Inſel fanden. Peter bemaͤchtigte ſich dar— auf der Inſel, behauptend, daß ſie ihm gehoͤre, weil er danfreds Tochter, Konſtanze, zur Gemahlin habe. Karl aber ftarb, da er eben, um fie wieder zu erobern, fich zum neuen Kriege vüftete, und hinterließ als Nachfolger Karl den zweiten, der in diefem Kriege als Gefangener in Sizi— lien zuräckgeblieben war, und, um fich zu befreien, ver fprach, er wolle auch als folcher wieder zuruͤck kehren, wenn — 51 — er innerhalb drei Jahren nicht beim Pabſte bewirkt haͤtte, daß das koͤnigliche Haus von Arragon mit dem. Königreich Sizilien befleidet würde. Kaifer Rudolf, anſtatt nach Stalten zu fommen, um des vömilchen Reichs Anfehen: dafelbft wieder herzuftellen, lieg einen Gefandten dahin abgehen, mit der Vollmacht, allen denjenigen Städten die Freiheit zu geben, die fie er: faufen würden; . daher denn viele Städte fich loskauften, und mit der erlangten Freiheit auch ihre innere Einrichtung änderten. Adolf von Sachjen folgte auf dem Kaiferthrone, und auf dem päbftlihen Stuhle Peter von Murone, wel; cher Pabſt Eöleftin genannt ward. Diefer, da er ein Ere— mit und von hoher Frömmigkeit war, entfagte nach ſechs Monaten der paͤbſtlichen Wuͤrde, und es ward Bonifacius der achte erwaͤhlt. Die Vorſicht, wohl wiſſend, daß eine Zeit kommen wuͤrde, wo Franzoſen und Deutſche ſich aus Italien entfernen, und wo dieſes Land ganz in der Italie— ner Haͤnden bleiben wuͤrde, ließ, damit der Pabſt, wenn er einſt frei waͤre von den Hinderniſſen, die jenſeits der Alpen ſich ihm entgegenſtellten, weder ſeine Macht zu befeſtigen, noch ihrer zu genießen im Stande ſein moͤchte, zwei ſehr maͤchtige Familien ſich in Rom erheben, die Colonna und Orſini, auf daß fie durch ihre Mache und Nähe dem Pabſt— thum Schranken fezten. Pabſt Bonifacius alfo, der dies erkannte, befchloß, die Colonna zu unterdrücken, und fchrieb, nicht zufrieden, fie mit dem Bann belegt zu haben, einen Kreuzzug gegen fie aus; welches, obſchon es ihnen einiger: maßen jchadete, der Kirche doch noch viel nachtheiliger war; denn dieſe Waffen, melche fie aus Anhänglichkeit an deu Glauben tapfer gebraucht hatte, begannen, da fie folche aus perjönlichem Ehrgeiz gegen die Chriften wandte, nicht mehr zu verwunden. So gefchah es, daß die Päbfte, durch den allzugrogen Hang, ihre Begierden zu befriedigen, fich all; | 2 — 52 — maͤhlich entwaffneten. — Ueberdieſes beraubte er zwei Glie— der dieſer Familie, die Kardinaͤle waren, ihrer Kardinals— würde. Sciarra, das Haupt der Familie, ward, als er vor ihm floh, unerkannt von Fatalonifchen Seeräubern ge: fangen, und an die Auderbanf gefchmiedet, hierauf in Mar: feille erkannt und zu dem -Könige Philipp von Frankreich gefandt, der von Bonifacius in den Dann gethan und feiz nes Neiches beraubt worden war. Philipp, welcher erwog, wie er im offenen Kriege gegen die Pädfte entweder der Ver— lievende bleiben, oder doch große Gefahr laufen muͤſſe, wandte fih zur Lift; und ſich ftellend, als wolle er einen Vergleich mit dem Pabſte eingehen, fandte er Sciarra insgeheim nad Sstalien, welcher bei feiner Ankunft zu Anagnia, wo der Pabft war, feine Freunde Nachts verfammelte, und ihn ge; fangen nahm. Obſchon er bald darauf von dem Volke von Anagnia befreit ward, fo flarb er doch vor Schmerz über diefe Deleidigung in Naferei. Bonifacius war der Stifter des Jubilaͤums im Jahr 1300, und verordnete, daß es alle hundert Jahre gefeiert werde. Zu diefer Zeit erfolgten viele Unruhen zwiichen den Guelfen und Ghibellinen, und weil Sstalien von den Kaifern verlafien war, fo wurden viele Städte frei und viele von Tyrannen in Beſitz genommen. Pabſt Benedikt gab den Colonnefifchen Kardinälen den Kar— dinalshut zurück, und dem Könige Philipp von Frankreich gab er den Segen wieder. Ihm folgte Clemens der fünfte, welcher, da er ein Franzoſe war, den päbftlihen Hof im Jahr 1306 nach Frankreich führte. Sn der Zwiichenzeit farb Karl der zweite, König von Neapel, dem Robert, fein Sohn, folgte; und auf den Kaiferthron war Heinrich von Luremburg gelangt, der nach Nom ging, um fih zu Erönen, obgleich der Pabſt nicht dort war, Durch feine Ankunft entftanden viele Bewegungen im der Lombardei, denn alle Ansgewanderte, ob fie Guelfen oder Ghibellinen waren, wurden wieder in ihre Länder ein: gefezt. Die Folge davon war, daß, indem einer den an: dern verjagte, die ganze Provinz fich mit Krieg ‚erfüllte, dem der Kaifer mit aller feiner Macht nicht fteuern konnte. Er verließ die Lombardei und ging über Genua nah Pia, wo er fih bemühte, dem Könige Nobert Toskana wegzu— nehmen; da er aber nicht den mindeften Erfolg fand, ging er nah Nom, wo er nur wenige Tage blieb, indem er von den Drfinis unter Begünftigung des Königs Nobert daraus verjagt ward, und nad Pifa zurück Eehrte; um nun mit größerer Sicherheit gegen Toskana Krieg zu führen, und es der Herrfchaft des Königs Nobert zu entziehn, ließ er es durch Friedrich, König von Sicilien, angreifen. Als er aber mit einem Male fih Tosfanas zu bemeiftern und dem Kr nige Robert fein Reich zu nehmen hoffte, farb er; und ihm folgte Ludwig von Baiern auf dem Kaiferthrone. Inzwi— ſchen gelangte Johann XXII auf den paͤbſtlichen Stuhl, zu deſſen Zeit der Kaiſer nicht nachließ, die Guelfen und die Kirche zu verfolgen, welche vornehmlich von dem Koͤnige Robert und den Florentinern vertheidigt wurde. Hieraus entſtanden viele Kriege, in der Lombardei von den Visconti gegen die Guelfen, und in Toscana von Caſtruceio von Lucca gegen die Florentiner geführe: Weil aber die Familie der Visconti diejenige war, welche dem Herzogthume Mais land, einer der fünf Hauptmächte, welche nachher Sstalien beherrfchten, den Urfprung gab, fo wird es gut fein, ihre Umftände von früherer Zeit her bier nachzuholen. Als in der Lombardei der Bund jener. Städte entfland, die, wie wir oben erwähnt haben, fich gegen Friedrich Barbaroſſa vertheidigen wollten, trat, aus feinem Ruin wieder herge: fielle, Mailand um die erlittenen Beleidigungen zu rächen, dem Bunde bei, der dem Barbaroffa Einhalt that, und eine Zeit lang die Parthei der Kirche in der Lombardei: aufrecht erhielt. In den Unruhen der Kriege, die damals erfolgten, ward in diefer Stadt die Familie derer della Torre fehr mächtig, und ihr Anfehen war beftändig im Steigen, wäh: vend die Kaifer nur wenig Macht in diefer Provinz befaßen, Als aber Friedrich der zweite nach Stalien kam, und die Shibellinifhe Parchei durch Ezelins Hülfe mächtig geworden war, entftanden in allen Städten Ghibellinifche Bewegun— gen; wie denn auch in Mailand zu denen, welche die Par— thei der Shibellinen hielten, die Familie der Visconti ges hörte, welche die della Torre aus der Stadt verjagten. Dod nur kurze Zeit waren diefe auswärts gewefen, als fie durch die zwifchen dem Kaifer und Pabſt gefchloffenen Vers träge wieder in ihr Vaterland eingefezgt wurden. Als aber der Pabft mit feinem Hofe nad) Frankreich gegangen war, und Heinrid von Luxemburg nach Stalien Fam, um fi in Nom die Krone aufzufezen, ward er in Mailand von Maf— feo Bisconti und Guido della Torre empfangen, melde da; mals die Häupter diefer Samilien waren. Maffeo nun, in der Abficht fich. des Kaifers zu bedienen, um Guido zu ver: jagen, welches Unternehmen er, weil diefer von der der kat⸗ ferlichen entgegengefezten Parthei war, für leicht hielt, nahm von den Beſchwerden des Volks gegen das üble Ber tragen der Deutihen Gelegenheit, vorfichtig bei allen Buͤr— gern umberzugehen, jedem Muth einflößend und ihn übers redend, die Waffen zu ergreifen und fih die Knechtſchaft diefer Barbaren vom Nacken zu ſchaffen. Als er nun glaubte, die Sache zu feinem Vorhaben wohl eingeleitet zu haben, lieg er duch einen feiner Vertrauten einen Auflauf erregen, in welchem das ganze Volk gegen den deutfchen Namen die Waffen ergriff. Nicht fobald war der Aufruhr erregt, als Maffeo mit feinen Söhnen und allen feinen Anhängern be waffnet zu Heinrich eilte, ihm anzuzeigen, daß diefer Tumult von denen della Torre herruͤhre, welche unzufrieden, in Mailand als Bürger zu leben, Gelegenheit genommen hät: ten, ihm zu fehaden, um fih die Guelfen Staliens günftig zu machen, und Fürften diefer Stadt zu werden; aber er folle nur gutes Muths fein, denn fie und ihre Parthei wä- ven, wenn er fich vertheidigen wolle, ihn auf alle Weiſe zu fchüzen bereit. Heinrich hielt alles, was Maffeo fagte, für wahr, vereinigte feine Truppen mit denen der Viscontl, und griff die della Torre an, welche in mehrere Theile der Stadt geeilt waren, um die Unruhen zu dämpfen. Die, welche man fand, wurden getödter, und die übrigen, ihres - Vermögens beraubt, ins Eril gefandt. Auf Maffeo Vis— conti, der alfo gleichſam als Fürft in Mailand geblieben war, folgten Galeazzo und Azzo; und nad diefen Luchino und Johann. Johann ward Erzbifchof der Stadt, und Luchino, welcher vor ihm farb, hinterließ Bernabo und Galeazzo; aber auch Galeazzo ftarb bald darauf und hinterließ Johann Galeazzo, genannt Graf von Virtu. Dieſer ermordete nad) - des Erzbifchofs Tode durch Hinterlift feinen Onfel Bernabo und blieb allein Färft von Mailand; er war der erfte, der den Titel eines Herzogs führte. Er hinterließ Philipp und Sohann Maria Angelo; der leztere ward von dem mailän: difchen Volke umgebracht, worauf die Regierung dem Philipp zufiel, welcher feine männliche Nachkommen hinterließ; da; her denn diefer Staat von dem Haufe der Visconti auf das der Sforza überging auf die Weije und Veranlaffung, die an ihrem Drte erzählt werden foll. Doch ich Eehre zurück, von mo ich ausgieng. Kaiſer Ludwig kam, um feiner Parthei Gewicht zu geben und die Krone fih aufzufezen, nach Stalien, und gab fih, um bei diefer Gelegenheit von den Mailändern Geld zu ziehen, das Anſehen, als wolle er fie in Freiheit fezgen. Er verhaftere daher die Visconti; hernach aber befreite er fie auf Ver: wenden des Caftruccio von Lukka, und ernannte bei feiner — 56 — Ankunft in Rom, um Italien deſto leichter zu beunruhigen, den Peter von Corvara zum Gegenpabſt, in der Abſicht, durch das Anſehen deſſelben und durch die Macht der Vis— conti ſeine Gegenparthei in Toskana und der Lombardei in Ohnmacht zu erhalten. Caſtruccio aber ſtarb, und ſein Tod gab die erſte Veranlaſſung zu Ludwigs Mißgeſchick; denn Piſa und Lukka empoͤrten ſich gegen ihn, und die Piſaner ſandten den Gegenpabſt gefangen zu dem Pabſte nach Frank— reich, ſo daß der Kaiſer, an den Angelegenheiten Italiens verzweifelnd, nach Deutſchland zuruͤckkehrte. Nicht ſobald hatte ſich dieſer entfernt, als Koͤnig Johann von Boͤhmen, von den Ghibellinen zu Brescia berufen, nach Italien kam, und ſich der Staͤdte Brescia und Bergamo bemeiſterte. Und weil dieſer Kriegszug mit Genehmigung des Pabſtes geſchah, obſchon er das Gegentheil vorgab, ſo beguͤnſtigte ihn deſſen Legat zu Bologna, in der Meinung, daß dieſes ein gutes Mittel ſei, der Ruͤckkehr des Kaiſers nach Italien vorzubeugen. Dieſe Maaßregel änderte den Zuſtand Ita— liens, denn die Florentiner und der Koͤnig Robert, da ſie ſahen, daß der Legat die Unternehmungen der Ghibellinen beguͤnſtigte, wurden Feinde aller derer, welchen der Legat und der Koͤnig von Boͤhmen freund war, und ohne Ruͤck— ſicht auf die Guelfiſchen oder Ghibelliniſchen Partheien zu nehmen, traten viele Fuͤrſten ihnen bei, unter denen die Visconti, die della Scala, Philipp Gonzaga der Man— tuaner, die von Carrara und die von Eſte waren. Der Pabſt belegte fie deshalb alle mit dem Bann, und der Kö nig ging vor Furcht vor diefem Bunde, nah Haufe, um eine größere Macht zu fammeln. Als er hierauf mit grös ßerm Heere nach Italien zuruͤckkam, ward ihm die Unter: nehmung dennoch ſo ſchwierig, daß er, abgeſchreckt dadurch, zu des Legaten Verdruß nach Boͤhmen zuruͤck kehrte, nur Reggio und Modena beſezt ließ, und Parma dem Marſi— lius und Peter de Roſſi uͤbertrug, welche in diefer Stadt äußerft mächtig waren. Als ei-fich entfernt hatte, trat Bologna dem Bunde bei, und die Verbündeten theilten vier Städte unter fih, welche bei der Parthei der Kirche vers harrten. Sie famen nehmlich überein, daß Parma denen della Scala, Reggio denen Gonzaga, Modena denen von Eite und Lukka den Florentinern zufallen follte. Bei der Beſiznahme diefer Städte aber erfolgten viele Kriege, welche größtentheils von den Venezianern beigelegt wurden. Pick: leichte wird es jemand nicht paffend finden, daß wir es fo lange aufgefchoben haben, bei fo vielen in Italien erfolgten Degebenheiten von den Venezianern zu veden, da ihr Freis fiaat ein folcher ift, der, dem Range fowohl als der Macht nad, vor jedem andern Staat Staliens geruͤhmt zu werden verdient. Um aber die VBerwunderung darüber durch Anz gabe der Urfach aufzuheben, werde ich auf eine fehr frühe Zeit zuruͤckkehren, damit ein jeder erfahre, welches ihr Urs fprung war, und weshalb fie fo lange zögerten, fich in die Angelegenheiten Italiens zu mifchen, Als Attila, König der Hunnen, Aquileja belagerte, flüchteten fich die Bewohner deffelben, nachdem fie fich lange Zeit vertheidigt, an ihrer Nettung verzweifelnd, fo gut fie fonnten, mit ihrem beweglichen Eigentbum auf die vielen Selfen, welche dort bei der Erdzunge im Adriatifchen Meere find. Auch die Paduaner, da fie das Feuer ſich fo nahe ſahen, und fürcdhteten, daß nad) Aquileja’s Fall Attila auch zu ihnen kommen möchte, brachten, was fie unter ihrer be; weglihen Habe vom meiften Werth befaßen, auf einen von demfelben Meere eingejchloffenen Drt, Rivoalto genannt, wohin fie auch ihre Weiber, Kinder und Greije fandten; die junge Mannfihaft behielten fie in Padua zu deffen Ver— theidigung zuruͤck. Außer dieſen giengen auch die Bürger von Monfelice, nebft den Bewohnern der umliegenden Hu: gel, vom gleigen Schrecken getrieben, auf die Felfen deffel: bigen Meeres. Nachdem aber Aquileja erobert worden, und Attila Padua, Monfelice, Bicenza und Verona zer: ftört hatte, blieben die von Padua und die mächtigften zu: rück um die fumpfigten Gegenden rings um Rivo alto zu, bewohnen; auf gleiche Weiſe zog fich das nanze Volk in der Nunde aus jener Provinz, melche vor Alters Venezia ge: nannte worden, durch die nehmlichen Vorfälle verjagt, in diefe Sümpfe zuruͤck. So verließen fie, gedrängt von der Noth, fehr anmuthige und fruchtbare Gegenden, und nah: men in unfruchtbaren, rauhen und jeder Bequemlichkeit be: raubten ihren Wohnſiz. Weil nun hierdurch eine aroße Volksmenge mit einem Male zufammengeführt wurde, fo machten fie diefe Gegenden in ſehr kurzer Zeit nicht blos bewohnbar, fondern auch angenehm; durch Geſez und Ord— nung, die fie bei fich einführten, fühlten fie fich, mitten in Sstaliens fchreeklicher Verwuͤſtung ficher, und wuchſen bald an Anfehen und Macht; denn außer den erwähnten Be: wohnern flüchteren fi noch viele aus den lombardifihen Städten dorthin, größtentheils durch Elefis des Königs der Longobarden Graufamfeit verjagt, und dies verfchaffte der Stadt nicht geringen Zuwachs; fo daß zur Zeit Pipin’s, Königs von Frankreich, als er auf des Pabftes Bitten die Longobarden aus Sstalien zu verjagen kam, in den Verträ- gen, die zwifchen ihm und diefem Volke gefchloffen wurden, fefigefezt ward, daß der Herzog von Denevent und die Ver nezianer weder dem einen noch dem andern Theil gehorchen, jondern als neutrale ihrer Freiheit genießen follten. Hierzu fam, daß die Noch, welche fie dahin gebracht hatte, umge: ben vom Waffer zu wohnen, auch darauf fie zu denfen zwang, wie fie ohne Huͤlfe des Erdreichs anftändig leben fönnten; daher fie, die ganze Welt mit ihren Schiffen durch: fegelnd, mit mannigfaltigen Waaren ihre Stadt anfüllten, fo daß die andern Menfchen, deren bedärftig, an diefem Drte häufig fich einfinden mußten. Auch dachten fie viele Sabre hindurch auf Feine andere Herrfchaft, als auf diejes nige, welche die Betreibung ihres Handels erleichterte. Sie verfchafften fich daher viele Häfen in Griechenland und in Syrien; und bei den Weberfahrten, welche die Franzofen nach Afien machten, wurde ihnen, weil diejelben häufig ihrer Schiffe fich bedienten, zur Belohnung die Inſel Candia eins geräumt. So lange fie auf diefe Weife lebten, war ihr Name furchtbar auf der See, und in Stalien jo hoch ge: achtet, daß fie bei allen Zwiftigfeiten, welche entftanden, meiftentheils Schiedsrichter waren; wie es denn auch ge: ſchah, daß, bei den Uneinigfeiten, welche unter den Verbuͤn— deten über die Städte entſtanden waren, die fie unter fich getheilt hatten, die Entjcheidung den Venezianern übertras gen ward, der zufolge den Visconti Bergamo und Brescia zufielen. Als fie aber mit der Zeit Padua, Vicenza, Tre: vigi, und hernach auch Berona, Bergamo und Brescia, nebft vielen Städten im Königreich Neapel und in Nomagna, gereizt von Herrſchſucht, an ſich geriffen hatten, ward der Ruf ihrer Macht jo groß, daß nicht blos Staliens Fürften, fondern auch die Könige jenfeit der Alpen fie fürchteten. Sie verbündeten fich daher gegen fie, entriffen ihnen an einem Tage die Herrfchaft, die fie in vielen Jahren mit un: endlihem Aufwande erworben hatten; und obfchon fie in diefen legten Zeiten einen Iheil davon wieder erlangt haben, fo muͤſſen fie dennoch, da- fie Anfehen und Macht nicht wieder erlangt, gleich) allen andern Fürften Staliens von fremder Macht abhangen. Denedict der zwölfte war auf den päbftlichen Stuhl ge: langt, und da er glaubte, die Herrichaft über Italien ganz lich verloren zu haben, und zugleich fürchtete, Kaifer Lud— mwig werde fich zum Herrn davon aufwerfen, fo beichloß er, | 5 6 oO — ſich alle diejenigen darin zu Freunden zu machen, welche die fonft dem Kaifer unterworfenen DBefizungen fich angemaßt hatten, damit, weil fie vom deutfchen Reiche zu fürchten hatten, fie mit ihm fich zu Staliens Vertheidigung vereinen möchten. Er erklärte aljo durch eine Verordnung, daß alle Tyrannen der Lombardei die DBefizungen, die fie fich ange maßt, mit vollem Recht befäßen. Nach dieſer Befizerthei: lung farb der Pabſt, und Clemens der fechfte ward erwählt; der Kaifer aber, da er fabe, mit wie großer Freigebigkeit der Pabſt die Ländereien des Neichs verfchenft hatte, wollte nicht weniger freigebig mit fremdem Eigenthum fein, als diefer gewefen war, und ſchenkte allen denen, welche in den Ländereien der Kirche Herrfcher waren, ihre Befizungen, auf daß fie folche mit Eaiferlicher Genehmigung befäßen. Auf diefe Weije wurden Galeotto Malatefti und feine Brüder Herren von Rimini, von Pefaro und von Fano, Antonio da Meontefeltro von der Mark und Urbino, Gentile da Va— rano von Camerino, Guido da Polenta von Ravenna, Si: nibaldo Drdelaffi von Furli und Cefena, Johann Manfredt von Faenza, Ludwig Alidofi von Smola, und außer diefen noch viele andere von anderen Städten, fo daß von allen Städten der Kirche nur wenige ohne Herren blieben. Die fer Umftand erhielt die Kirche ſchwach bis auf Alerander den jechften, der in unferen Zeiten, durch den Untergang der Nachkommen jener Männer, der Kirche ihre Macht wies der gab. Der Kaifer befand fich, als er jene Befizertheilung ausgehen ließ, zu Trient und ließ verlauten, daß er nach Sstalien Eommen wolle, woraus viele Fehden in der Lombarz dei entfianden, durch welche die Visconti fih Parmas be; mächtigten. Zu diefer Zeit ftarb König Robert von Neapel und hinterließ nur zwei Enfelinnen, Nachkommen feines Sohnes Karl, der längere Zeit vorher gefiorben war, Er verordnete, das die ältere, Sohanna genannt, Erbin des == 61 use Seiches fein und den Andreas, Sohn des Königs von Un— garn, feinen Enfel, zum Gemahl nehmen folle. Nicht lange hatte Andreas mit ihr gelebt, als fie ihn tödten ließ, und fih mit einem andern ihrer Vetter, dem Prinzen von Ta: vent, Namens Ludwig, vermählte. Aber Ludwia, König von Ungarn, des Andreas Bruder, fam, um deflen Tod zu rächen, mit Truppen nach Stalien und verjagte die Kö: nigin Johanna und ihren Gemahl aus dem Reiche. In diefer Zeit erfolgte in Nom eine merkwuͤrdige Be: gebenheit, Ein gewiffer Nicolaus, Lorenzo’s Sohn, Kanz— lev des Kapitols, verjagte die Senatoren aus Nom, machte fih) unter dem Titel eines Tribunen zum Haupte der roͤmi— jchen Republik, und brachte diejelbe in ihre alte Form zu: ruͤck, mit einem fo großen Auf von Gerechtigkeit und Tu— gend, dag nicht allein die benachbarten Länder, fondern ganz Sstalien ihm Gefandten ſchickte; fo daß die alten Provinzen, da fie fahen, daß Nom wieder auferfianden war, ihr Haupt erhoben, und, dieje von Furcht, jene von Hoffnung bewo— gen, ihm Verehrung erzeigten,. Nicolaus aber ließ, troy feinem großen Rufe, fchon im erftien Beginn fich felbft wie: der finfen; denn, zaghaft unter feiner mächtigen Laft, ent- floh er, ohne daß jemand ihn trieb, heimlicherweiſe zum Könige Karl von Böhmen, der auf des Pabſtes Verwen— dung, und Ludwig von Baiern zum Troz, zum Kaifer er⸗ wähle worden war. Diefer, fich den Pabſt geneigt zu mas chen, fandte ihm Nicolaus gefangen zu. Mach einiger Zeit gefhah es, daß, jenen nachahmend, ein gewiffer Franz Bar roncegli das Tribunat zu Kom an fich viß, und die Sena— toren daraus verjagte; fo daß der Pabſt, als das ficherfte Mittel ihn zu unterdrücken, Nicolaus aus der Haft nahm, ihn nach Rom fandte, und ihm das Amt eines Tribunen wieder gab, daher er die Regierung wieder übernahm und Stanz tödten ließ, Da ihm die Eolonna aber Feind gewor; — 62 OR den waren, fo ward auch er kurze Zeit darauf getödtet, und den Senatoren ihr Amt wiedergegeben. Inzwiſchen Eehrte der König von Ungarn, nachdem er die Königin Johanna verjagt, in fein Neih zurück. Der Pabft aber, der viel lieber die Königin in Roms Nahbarfchaft fehen wollte, als jenen König, brachte es dahin, daß er einwilligte, fie in das Neich wieder einzufezen, dafern nur Ludwig, ihr Ges mahl, mit dem Titel eines Fürften von Tarent zufrieden, nicht König genannt werde. Das Jahr 1350 war gekom— men, und dem Pabfte ſchien es, man Eönne das Jubilaͤum, welches vom Pabſte Bonifacius dem achten auf alle hundert Jahre feſtgeſezt war, auf funfzig zurückführen; er that es durch eine Verordnung, und für diefe Gunft ließen Die Ns mer fich gefallen, daß er vier Cardinäle nach) Nom fandte, welche die Staatsverfaffung diefer Stadt verbeflern, und die Senatoren nach ihrem Gutbefinden einfezen follten. Der Pabft erklärte ferner Ludwig von Tarent zum Könige von Neapel, für welche Begünftigung die Königin Johanna der Kirche Avignon ſchenkte, weiches ihr Erbtheil war. Zu die fer Zeit war Luchino Visconti geftorben, wodurd der Erz: biſchof Johann einziger Here von Mailand blieb. Er führte viele Kriege gegen Toscana und gegen feine Nachbarn, und ward dadurch Außerft mächtig. Mach feinem Tode binters blieben Bernabo und Galeazzo, feine Neffen, Galeazzo aber ftard bald darauf und hinterließ Johann Galeazzo, der ſich init Dernabo diefes Land theilte. König Karl von Böhmen war damals Kaifer, und Innocenz der fechfte Pabſt; diefer fandte den Kardinal Egidius, einen gebornen Spanier, nad) Stalien, welcher durc feine Tugend nicht allein in Romagna und in Kom, fondern durd) ganz Italien das Anfehen der Kirche wieder bergeftelft Harte: er gewann Bologna wieder, welches der Erzbifchof von Mailand in Beſiz genommen hatte; er nörhigte die Römer, einen ausländifchen Senator anzunehmen, welcher jährlih von dem Pabfte dahin gefandt werden ſollte; er fchloß ehrenvolle Verträge mit den Vis— fonti; und den Johann Aguto, einen Engländer, welcher in Toskana mit viertaufend Dritten für die Sache der Shi: bellinen focht, fchlug und nahm er gefangen: als daher Urban der fünfte, der auf dem päbftlichen Stuhle folgte, fo große Siege vernahm, bejchloß er, Stalien und Nom zu befuchen. Auch Kaifer Karl Fam dorthin, und nach einigen Monaten Fehrte diefer in das Reich, der Pabft nach Avianon zurück. Mac) Urbans Tode ward Gregor der zwölfte ev: wählt, und da auch der Cardinal Egidius geflorben war, fo fiel Stalien zuruͤck in feine alte Zwietracht, veranlaße durch die gegen die Bisconti verbündeten Voͤlker. Der Pabft fandte -alfo zuerft einen Legaten mit fechstaufend Bretonen nach Sstalien, hierauf Fam er in Perſon, und führte den Hof im Zahı 1376 nad Rom zurück, nachdem.er 71 Sjahre in Franfreich gewefen war. Ws aber fein Tod erfolgte, ward Urban der fechfte erwählt, und bald darauf ernannten zu Fondi zehn Gardinäle, welche „behaupteten, daß Urban nicht rechtmäßig erwählt fei, Clemens den fiebenten zum Pabſt. Die Genuefer, welche mehrere Sabre unter der Visconti Regierung gelebt hatten, empörten fich zu dieſer Zeit, und zwifchen ihnen und den Venezianern entftanden wegen der Inſel Tenedos fehr wichtige Kriege, durc) welche garız Italien fich entzweite, In diefem Kriege ſah man zu: ‚erft die Artillerie, ein von den Deutjchen erfundenes neues Kriegsgeräth. Obſchon die Genuefer eine Zeit lang die Ober band hatten, und Venedig mehrere Monate belagert hielten, fo blieben dennoch die DBenezianer am Ende des Krieges Meifter, und fchloffen auf Bermittelung des Pabftes den Frieden im Jahr 1381. Wie wir oben gefagt haben, war eine Spaltung in der Kirche entftanden, und meil die Königin Johanna den — 64 — Gegenpabſt beguͤnſtigte, ſo bewirkte Urban, daß Karl von Durazzo, aus dem koͤniglichen Blute von Neapel entſproſ— fen, einen Kriegszug nad) Neapel gegen fie unternahm; er fam, und entriß ihr das Neich, deſſen er dann fich ſelbſt bemächtigte, fie aber entfloh nach Frankreich. Der König von Frankreich, über diefe Vorfälle entrüfter, fandte Ludwig von Anjou nach Stalien, um der Köntgin ihr Neich wieder zu gewinnen, Urban aus Rom zu verjagen, und den Ge: genpabft einzufezen. Ludwig aber ftarb mitten im diefer Un— ternehbmung, und feine Truppen Eehrten gefchlagen nach Frankreich zurück. Der Pabft ging indeffen nach Neapel, roojeldft er neun Kardinäle ins Gefängniß fezte, weil fie der Parthei Franfreihs und des Gegenpabftes gefolgt waren, Hernach aber erzürnte er fich über den König, weil diejer einen feiner Nepoten nicht zum Prinzen von Capua machen wollte. Indeſſen ftellte er fich als fei es ihm gleichgültig, und bat den König, ihm Nocera zu feinem Aufenthalte zu bewilligen, wofelbft er fich hierauf befeftigte und den König des Neiches zu berauben fich anfchiefte. Der König rückte alfo dorthin in das Feld, und der Pabft entfloh nad) Ger nua, wo er die Kardinäle, die er verhaftet hatte, tödten ließ. Bon bier ging er nach Rom, und um ſich Anſehen zu verfchaffen, ernannte er neun und zwanzig Kardinäle. Zu diejer Zeit ging Karl, König von Neapel, nach Ungarn, wo er zum Könige ernannt und bald darauf getsdter ward. Er hinterließ zu Neapel feine Gattin mit feinen Kindern Ladislaus und Sobanna. Um viejelbe Zeit hatte Johann Galeazzo Visconti feinen Onkel Bernabo ermordet, und den ganzen Staat von Mailand an fich geriffen; nicht zufrieden aber, Herzog der ganzen Lombardei geworden zu jein, wollte er auch noch Toskana in Beſiz nehmen. Doch, als er fhon die Herrfchaft darüber zu erlangen und hierauf fich zum Könige von Stalien zu Erönen gedachte, farb er. Urban dem fechften war Bonifacius der neunte gefolgt. Es ftarb auch zu Avignon der Gegenpabft Elemens der fiebente, und Benedict der dreizehnte wurde in feine Stelle erwählt. Sn Ztalien waren damals viele englifche, deutjche und bre; tonifhe Truppen, theils von den Fürften, die zu verſchie— denen Zeiten nach Stalien gefommen waren, dorthin geführt, theils von den Päbften, als fie noch zu Avignon lebten, gez ſandt. Mit Hülfe aller diefer führten die Mächte Staliens ihre Kriege, bis Ludwig da Cento aus Romagna fich erhob. Diefer errichtete eine Compagnie italienischer Soldaten, St. Georg genannt, entzog durch feine Tapferkeit und Krieges: zucht in Eurzer Zeit den fremden Waffen ihr Anjehen, und übertrug daffelbe auf die italienischen, deren ſich nachher die Mächte Staliens in den Kriegen, die fie unter einander führs ten, bedienten. Der Pabft ging wegen eines mit der Nö: mern gehabten Zwiftes, nah Seefi, und hielt fich bis zu dem Jubilaͤum des Jahres 1400 dort auf, zu welcher Zeit die Roͤmer, auf. daß er zum Nuzen ihrer Stadt nah Rom zuruͤckkehre, fih gefallen ließen, von neuem einen fremden von ihm beftellten Senator anzunehmen, und ihn die En: gelsburg befeftigen ließen. Auf dieſe Bedingungen zuruͤck— gekehrt, verordnete er zur Bereicherung der Kirche, daß je der bei der Erledigung einer Pfruͤnde, eines Jahres Eins kommen an die Kammer bezahlen folle. Nach dem Tode des Herzogs Johann Galeazzo von Mailand trennte fich, obfchon er zwei Söhne, Giovanmariangelo und Philipp, hinterließ, diefer Staat in viele Partheien; und bei den Uns ruhen, die daraus erfolgten, ward Giovanmaria getödtet, und Philipp blieb eine Zeit lang in dem Fort von Pavia eingefchloffen, von wo er durd die Treue und Tapferkeit bes dortigen Befehlshabers fich rettete. Unter den übrigen, welche die von dem Bater diefer Prinzen beſeſſenen Städte an fih viffen, war auch Wilhelm della Scala, der, als ein Erſter Theil, E u Bertriebener, fih in den Händen des Fran, von Carrara, Heren von Padua befand, Durch die Hülfe deffelben er; langte Wilhelm den Befiz von Verona wieder, wo er je: doch nach einem nur Furzen Aufenthalt auf Anftiften des Franz vergiftee, und die Stade ihm entriffen ward. Auf diefe VBeranlaffung unterwarfen fich die Vicentiner, die un: ter dem Schilde der Visconti ficher gelebt hatten, aus Furcht vor der Macht des Herrn von Padua, den Venezianern; und um ihretwillen ergriffen die Venezianer gegen ihn die Waffen, nahmen zuerft ihm Verona und hierauf auch Padua. Inzwiſchen ftarb der Pabſt Bonifacius, und Innocenz der fiebente wurde erwählt, welchen das vömifche Volk er: ſuchte, ihm feine Feſtungen zurück zu geben und es in feine Freiheit wieder einzufezen. Als der Pabſt dies. nicht bewil; ligen wollte, vief das Volk Ladislaus, den König von Nea; pel zu Hülfe. Da hierauf ein Vertrag zwifchen ihnen ge; fchloffen ward, Eehrte der Pabft nah Rom zurück, denn aus Furcht vor dem Volke war er nach Biterbo geflohen, wo er feinen Neffen Ludwig zum Grafen von der Marf ernannt hatte. Er ſtarb hierauf, und Gregor der zwölfte wurde erwählt, unter der Verpflihtung, daß er der päbft- lihen Würde entfagen müffe, fobald als auch der: Gegen: pabft abdanfe. Auf der Kardinäle Antrieb Fam, um eine Bereinigung der Kicche zu verfuchen, der Gegenpabft Bene: dife nach Porto Venere und Gregor nach Lucca, mo fie vieles verhandelten, aber nichts bejchloffen; fo daß die Kars dinäle beider Päbfte fie verließen, und die Päbfte jelbft, Benedift nah Spanien, und Gregor nah Rimini ging. Bon der andern Seite brachten die Kardinäle auf Betreiben des Balthaſar Coffa, Kardinals und Legaten von Bologna, ein Koneilium In Pifa zu Stande, wofelbft fie Alerander den fuͤnften erwaͤhlten, der fogleich den König Ladislaus mit dem Bann belegte, Ludwig von Anjou mit deffen Reich bekleidete, gemeinfchaftlich mit den Florentinern, Genuefern, Benezianern und dem Legaten Balthafar Eoffa den Ladislaus angriff, und ihm Kom wegnahm. Aber in der Hize diefes Krieges ftarb Alerander, und Balthafar Coſſa ward ermwählt, welcher- fih Sohann der drei und zwanzigfte nennen ließ, Er veifte von Bologna, wo er erwählt worden, ab, und ging nad) Rom, wo er Ludwig von Anjou antraf, der mit feiner Armee aus der Provence gefommen war. Sie famen darauf mit dem Ladislaus zum Handgemenge und jihlugen ihn; duch die Schuld der Mierhstruppen aber konnten fie den Sieg nicht verfolgen, Jo daß der König nad) kurzer Zeit neue Kräfte fammelte und Nom wieder einnahm; wor; auf der Pabft nach Bologna, Ludwig nad der Provence entfloh. Der Pabit, darauf bedacht, wie er die Macht des Ladislaus vermindern fönnte, bewirkte, daß Sigismund, König von Ungarn, zum Kaifer gewählt wurde, bevedete ihn, nach Stalien zu kommen, und befprach fich mit ihm zu Mantua, wofelbft fie übereinfamen, eine allgemeine Kirchen: verfammlung zu veranftalten, auf der fich die Kirche vereini: gen möchte, die ja vereint der Mache ihrer Feinde leicht widerſtehen koͤnne. Es waren zu dieſer Zeit drei Paͤbſte, Gregor, Benedikt und Johann, welche die Kirche kraftlos und ohne Anſehen erhielten. Man waͤhlte zum Orte fuͤr die Kirchenverſamm— lung Koſtniz, eine deutſche Stadt, gegen des Pabſtes Jo— hann Abſicht, und obſchon durch des Koͤnigs Ladislaus Tod die Urſach aufgehört hatte, welche den Pabſt zu der Maps vegel einer Kirchenverfammlung hatte fchreiten laffen, fo fonnte ev doch nach der einmal eingegangenen Verbindlichkeit es nicht ausichlagen, dabei zu erfiheinen, Als er wenige Monate darauf nach Koftniz Fam, erkannte er zu Tpät feis nen Irrthum und verfuchte zu entfliehen; er ward daher E 2 ins Gefängniß gefezt und der päbftlihen Würde zu entfagen gezwungen. Gregor, der eine der Gegenpäbfte, dankte ebens falls durch einen Gefandten ab, und Benedikt, der andere Gegenpabft, wurde, da er nicht abdanfen wollte, als ein Kezer verdammt. Zulezt, von feinen Kardinälen verlaffen, ward auch er zur Abdanfung gezwungen, und bas Coneci— lium erwäblte Dddo, aus dem Haufe Colonna, zum Pabft, welcher darauf Pabſt Martin der fünfte genannt ward. So vereinigte fich denn die Kirche nach vierzig Jahren, während welchen fie unter mehreren Päbften getheilt geweſen war. Zu diefer Zeit befand fich, wie wir gejagt haben, Phi— (ipp Visconti in dem Fort von Pavia. Es ftarb aber Fan— tino Cane, welcher bei den Unruhen der Lombardei fich der Städte Vercelli, Alleffandria, Novare und Tortona ber mächtige," und viele Reichthuͤmer aufgehäuft hatte. Da er £eine Kinder hatte, fo hinterließ er Beatrice, feine Gattin, als Erbin feiner Staaten, und trug feinen Freunden auf, es dahin zu bringen, daß fie mie Philipp fich vermähle. Durch diefe Verbindung mächtig geworden, erlangte Philipp Mailand und die ganze Lombardei wieder. Hernach aber, um für fo große Wohlthaten dankbar zu fein, wie es alle Zürften faft immer find, bejchuldigte er feine Gemahlin Beatrice des Ehebruhs und ließ fie tödten. Zu großer Macht durch alles dies erhoben, fing er an auf den Krieg gegen Toskana zu denken, um feines Vaters Johann Gas leazzo Plane zu verfolgen. Ladislaus, König von Neapel, hatte bei feinem Tode feiner Schwerter Johanna, außer dem Reiche, ein großes Heer unter den Befehlen der vorzüglichften Heerführer Star liens hinterlaffen. Unter den erſten diefer Feldherren mar Sforza von Eotignuola berühmt, als Fundig, nach damaliz ger Weiſe den Krieg zu führen. Die Königin, um dem üblen Nufe zu entgehen, den ihr Die Unterhaltung eines gewiſſen Pandolfello gebracht, melchen fie erzogen hatte, nahm Jacob de la Marc, einen Franzofen aus Eöniglichem Geblüte, zum Gemahl, unter der Bedingung, daß er, zu: frieden mit dem Titel eines Prinzen von Tarent, den Titel und die Negierung des Königreiches ihr überlaffe. Die Soldaten aber begrüßten ihn gleich bei feiner Ankunft zu Neapel als Königs fo daß zwifchen dem Gemahl und feiner Gattin große Zwiftigkeiten entfianden, worin fie mehrmals einer den andern Üüberwanden; doch zulezt verblieb die Herr: fchaft der Königin, welche darauf dem Pabſte feind wurde, Hierauf danfte Sforza, um fie in Berlegenheit zu fezen, und ihr die Nothwendigkeit aufzudringen, fich in feine Arme zu werfen, plözlich, ganz gegen ihre Erwartung, aus ihren Dienften ab. Durch diefen Vorfall mit einem Streiche ent: waffnet, und aller andern Mittel beraubt, erjuchte fie Als phons, König von Aragon und Sicilien, um Hülfe. Sie nahm ihn an Sohnes Statt an, und 309g Braccio da Mon: tone in ihre Dienfte, der fo hoch als Sforza in den Waffen berühmt und mit dem Pabfte feind war, weil er demfelben Perugia und einige andere der Kirche gehörine Städte ge: nommen hatte, Es erfolgte hierauf der Friede zwifchen ihr und dem Pabfte; der König Alphons aber, aus Beforgniß, daß fie ihn eben fo wie ihren Gemahl behandeln möchte, fuchte vorfichtig fich der Feſtungen zu bemeiftern; doch fie, die fehr liftig war, Fam ihm zuvor, und befeftigte fich in dem Fort von Neapel. Wie nun auf diefe Weife der Arg— wohn zwifchen beiden fich mehrte, kam es zu den Waffen, und die Königin überwand, mit Sforza’s Hülfe, der in ihre Dienfte zuräcgefehre war, Alphons, verjagte ihn aus Nea— pel, beraubte ihn. der Adoption, und nahm Ludwig von Anjou an Sohnes Statt an; moraus ein neuer Krieg ent: fand zwifchen Draccio, der des Alphons Parthei genommen hatte, und Sforza, der die Königin begünftigte. Als fie diefen Krieg führten, ertrank Sforza, da er ber den Fluß von Pescara ging, und dadurch ward die Königin von neuem entwaffnet, und würde aus dem Reiche vertrieben worden fein, wenn nicht Philipp Visconti, Herzog von Mailand, ihr beigeftanden hätte, welcher Alphons nad Aragon zurück zufehren zwang. Braceio aber, nicht außer Faffung, da er fih von Alphons verlaffen fah, fezte feine Unternehmung gegen die Königin fort. Als er nun Aquila belagerte, nahm der Pabft, der die Macht Braccio’s für die Kirche nicht vortheilhaft fand, Franzesco, den Sohn des Sforza, in feine Dienſte. Diefer ging dem Braccio nad) Aquila entge: gen, fchlug, und tödtete ihn. Von Braccio’s Seite hinter blieb fein Sohn Oddo, mwelhem vom Pabſte Perugia ge: nommen, die Herrſchaft Montone aber gelaffen ward. Er mard bald darauf, da er für die Florentiner in Romagna kämpfte, getödtet; fo daß von denen, die unter Braccio ger fochten hatten, einzig Nicolaus Piecinini von größerem Rufe übrig blieb. Da wir aber mit unferer Erzählung nahe an diejenigen Zeiten gekommen find, auf welche meine Abſicht geht; denn was noch davon zu erzählen übrig ift, betrifft größtentheils nichts weiter, als die Kriege, welche die Florentiner und die Venezianer mit Philipp, Herzog von Mailand, führten, welche dort, wo wir von Florenz insbefondere handeln werden, erzählt werden follen: fo will ich jezt nicht weiter fortgehen, ſondern hier nur kurz bemerfen, in welcher Verfaffung Italien, fo: wohl in Nückficht der Fürften als der Waffen, fich zu der Zeit befand, welche wir mit unferer Erzählung nun erreicht haben. Bon den Hauptfiaaten bejaß die Königin Johanna die zweite das Königreih Neapel, die Marf, das Patrimo— nium und Nomagna. Ein Theil der Städte gehorchte der Kirche, ein Theil war von ihren Statthaltern oder Tyran— nen in DBefiz genommen, fo wie Ferrara, Modena und Reggio von denen von Efte, Faenza von den Manfredi, Smola von den Alidofi, Furli von den Drdelaffi, Rimini und Pefaro von den Malatefti, und Camerino von den von Varano. Bon der Lombardei gehorchte ein Theil dem Her 309 Philipp, ein Theil den Venezianern; denn alle diejeni- gen, welche befondere Staaten dafelbft gebildet hatten, wa— ven untergegangen, außer dem Haufe Gonzaga, weldes in Mantua herrfchte. Bon Toskana befaßen den größten Theil die Florentiner; nur Lucca und Siena lebten nad eignen Gefezen, Lucca unter den Guinigi, und Siena in Freiheit. Die Senuefer, welche bald frei waren, bald Diener entwe: der der Könige von Frankreich oder der Visconti, lebten ungeehre und wurden zu den Fleineren Mächten gezählt. Alle diefe Hauptmächte waren von eigenen Waffen entblöße. Der Herzog Philipp leitete, in feinen Zimmern verfchloffen, und ohne fich fehen zu laffen, durch Bevollmächtigte feine Kriege. Die Venezianer, fobald fie fich zum feften Lande wandten, legten jene Waffen ab, die auf dem Meere fie berühmt gemacht hatten, und vertrauten, der andern Staliener Sitte befolgend, fremder Leitung ihre Deere an. Der Pabft, dem es als ©eiftlihen, und die Königin Johanna, der es als Frau nicht anftand, die Waffen zu führen, thaten noth— gedrungen, mas die andern aus übler Wahl thaten. Auch die Florentiner gehorchten der nehmlichen Nothwendigkeit; denn da durch die häufigen Zwiftigfeiten der Adel erlofchen und der Staat in den Händen in Handelsgefchäften erzoge: ner Männer war, fo folgten fie der Weile und dem Schick: fale der übrigen. So waren denn Staliens Waffen in den Händen Eleinerer Fürften oder vanglofer Männer. Jene legten fie an, nicht von Ehrbegierde getrieben, fondern um entweder reicher oder ficherer zu leben; diefe, weil fie, von ihrer Kindheit an darin auferzogen, Feine andere Kunft zu üben verftanden, und daher mit ihrer Huͤlfe fih zu Reich — 72 — thum oder Macht ſich zu erheben trachteten. Unter diefen waren damals die angefehenften Carmignola, Franz Sforza, Nicolaus Piceinino ein Zögling Braccio’s, Agnolo della Pergola, Lorenzo di Micheletto Attenduli, Tartaglia, Gia— copaccio, Keccolino von Perugia, Niccolo da Tolentino, Guido Torello, Antonio del Ponte ad Era, und viele andre. Hierzu kamen die Herren, von denen ich oben gefprochen, ferner die roͤmiſchen Baronen Drfini und Colonna, nebft anderen Herren und Edelleuten des Königreihs und der Lombardei, melde, wenn fie im Kriege fanden, gleichfam einen Bund und Einverftändnig mit einander errichtet und es auf eine Kunft zuräcgeführt hatten, vermöge welcher fie es alſo einzurichten verftanden, daß in den meiften Fällen die Friegführenden Partheien beiderfeits verlieren mußten; ja endlich brachten fie diefe Kunft zu einer ſolchen Armfelig- feit herab, daß jeder mittelmäßige Feldherr, in dem nur noch ein Schatten jener alten Tapferkeit erwacht wäre, fie zur Bewunderung des ganzen Staliens, das nur aus eigner Thorheit fie verehrte, beſchaͤmt haben würde. Bon diefen müßigen Fürften alfo, und von diefen erbärmlichften Waffen wird meine Gefchichte voll fein, zu welcher ich nicht eher fohreiten Fan, bivor ich, nach meinem im Anfange gegebe; nen Verſprechen, mich wieder zuräcdgewandt habe, um den Urſprung von Florenz zu erzählen, und jeden deutlich erfen: nen zu laffen, welches zu jener Zeit der Zuftand diefer Stadt war, und auf welhe Weife fie unter fo großen Unruhen, die tanfend Jahre hindurch Italien verwirrten, zu demfel ben gelangte. Ser Bu LEN N Ad Unter den übrigen großen und beiwundernswärdigen Ein: vihtungen der Republifen und Monarchien des Alterthums, die in unfern Zeiten verſchwunden find, war auch die, daß zu allen Zeiten und ſtets von neuem zahlreiche Drtfchaften und Städte angebaut wurden ; denn Feine Magaßregel ift eines vortrefflihen Fürften und einer wohl. eingerichteten Republik fo würdig, als der Anbau neuer Derter, wohin fih die Menfchen zur Erleichterung der Vertheidigung oder des Gewerbes begeben mögen. Diefe Maaßregel Eonnten jene leicht ausführen, da es bei ihnen Sitte war, in die befiegten oder entvölferten Länder neue Bewohner zu fenden, deren Gefellfchaft fie Kolonien nannten. Diefe Einrichtung gewährte nicht allein den Vortheil, daß neue Derter ange: baut wurden, fondern fie verficherte auch dem Sieger dei Beſiz des eroberten Landes, erfüllte die entvölferten Gegen: den mit Bewohnern, und erhielt die Menfchen wohl durch die Provinzen vertheilt. Die Folge davon mar, daß die Menfihen, denen die Bewohnung einer Provinz erleichtert war, fich ftärker dafelbft vermehrten, und daß fie beim An: griff Eräftiger, bei Abwehr fiherer waren. Daß diefer Ge; brauch heut zu Tage durch die Vernachläßigung der Repu— bliken und Fürften aufgehoben ift, bewirkt den Verfall und die Schwäche der Provinzen, denn er allein erhöht der Staaten Sicherheit, und erhält den Ländern, wie ſchon ge fagt worden, eine zahlreiche Bevölkerung. Sicherheit ent: fteht daraus, weil die Kolonie, die ein Fürft in fein neu erworbenes Land verpflanzt, gleihfam als eine Fefte, als eine Wache dient, die übrigen in Treupflicht zu erhalten. Man kann überdies ohne diefe Einrichtung eine Provinz weder ganz bevölkert erhalten, noc eine gleichmäßige Ber: theilung der Bewohner darin bewirken; denn nicht alle Ge: genden in derfelben find fruchtbar und gefund; daher kommt es, daß im diefer ein Weberfluß, im jener ein Mangel an kenfchen ift, und wenn man fein Mittel finder, fie aus den überflüffig bevölferten Gegenden dahin zu verjezen, wo ein Mangel daran ift, fo muß die Provinz in kurzer Zeit zu Grunde gehen, weil ein Theil derfelben durch allzufpar: fame Bevölkerung verödet, der andere durch allzureichliche verarmt wird. Da nun die Natur einer ſolchen Verderbniß nicht abhelfen kann, fo ift es nöthig, daß der Kunftfleiß ihr entgegen wirfe; dern ungefunde Länder werden gefund durch eine Menge von Menfchen, die fich zugleich darin anfiedeln, durch den Anbau die Dejchaffenheit des Landes verbeffern und durch Feuer die Luft reinigen, welches die Natur nie— mals würde bewirken Eönnen. Einen Beweis davon giebt die Stadt Venedig; fie ward in einer fumpfigen und un: gefunden Gegend angelegt, diefe ward aber nichtsdefloweni: ger durch zahlreiche Bewohner, die fich zu gleicher Zeit da: felbft verfammelten, in eine gefunde verwandelt. Auch Pifa war wegen feiner verderblichen Luft niemals veih an Be— wohnern, bis Genua mit feinen Geftaden von den Saraze— nen zerftört ward; hierdurch verfammelten fich jene aus dem vaterländifhen Gebiet vertriebene Menſchen vdafelbft mit einem Male in fo großer Anzahl, daß dadurch Piſa volfs veich und mächtig ward. Dadurch aber, daß jene Einrich- u tung der Kolonienverfendung aufgehört hat, werden die bes fiegten Länder mit größerer Schwierigkeit behauptet, die verödeten Gegenden bevölfern fich nie, und die allzuvolkrei— chen finden Feine Erleichterung. Viele Theile der Welt und befonders Sstaliens find dadurch), gegen ältere Zeiten betrach- tet, menfchenleer geworden, und von dem allen war und ift die Urfach, daß die Fürften feinen Trieb nach ächtem Ruhme, und die Republiken auch nicht eine Anftalt haben, die ger lobt zu werden verdiente. In der alten Zeit hingegen find durch die heilfame Wirkung jener Kolonien häufig ſowohl neue Städte entffanden, als auch die ſchon angelegten zu höherem Wachsthum gediehen, Zu diefen gehört die Stadt Slovenz, die ihren Urfprung von Fiefole, ihren Wachsthum von den Kolonien herleitet. Es ift völlig ausgemacht, nach den Bemeifen, die Dante und Johann Billani darüber geführt haben, daß die Stadt Fiefole, auf dem Gipfel des Berges liegend, um ihren Märk: ten ftärferen Zulauf, und denen, die fie mit ihren Waaren befuchen wollten, größere Bequemlichfeit zu verfchaffen,, den Ort zu denfelben nicht auf der Anhöhe, fondern in der Ebne zwifchem dem Fuße des Berges und dem Fluffe Arno ber ffimmt hatten. Dieſe Märkte find nach meiner Meinung die Beranlaffung zu den erften Gebäuden gewefen, die an diefem Drte errichtet wurden, weil die Kaufleute bequeme Niederlagen zur Aufnahme ihrer Waaren haben wollten, woraus dann mit der Zeit ganz fefte Gebäude geworden find, Als hierauf die Römer, nach der Karthaginenfer Beſiegung, Stalien vor auswärtigen Kriegen ficher geftellt hatten, ver: mehrten ſich diefe Gebäude zu einer großen Anzahl. Die Menfchen bleiben niemals in einem befchwerlihen Zuftande, wenn nicht irgend eine Noch fie darin erhält; wenn Furcht vor den Kriegsübeln fie drängt, fuchen fie gern ſich unzu— gängliche und vanbe Derter zus Wohnung auf, iſt aber jene verſchwunden, fo wollen fie, von Bequemlichfeit geloct, lieber in gejelligen und wohlgelegenen Gegenden leben. Die Sicherheit alfo, welche durch die Macht der römifchen Re: publik über Stalien verbreitet ward, Eonnte wohl die Woh: nungen, die man auf die erwähnte Weife anzulegen ange: fangen hatte, zu einer folhen Anzahl vergrößern, daß fie die Seftalt eines Fleckens annahmen, welder im Anfang Dilla Arnina genannt wurde. Hernach entftanden die buͤr— gerlihen Kriege, zuerft zwifhen Marius und Sylla, dann zwifhen Cäfar und Pompejus, und endlich zwifchen Cäfars Mördern und denen, die feinen Tod rächen wollten. Zuerft nun wurden von Sylla und hernach von jenen drei vömiz fhen Bürgern, die, nachdem fie Cäfars Tod gerächt, fich das Neich theilten, Kolonien nach Flefole gefandt, die ent: weder alle, oder doch zum Theil ihren Wohnfiz in der Ebne neben dem ſchon angelegten Flecken auffchlugen. Durch die; fen Zuwachs ward der Ort fo veih an Gebäuden und Men: ihen, fo wie an allen bürgerlihen Einrichtungen, daß er unter den Städten Staliens mit aufgezählt werden Eonnte. Wo aber der Name Florenzia hergeleitet fei, darüber find die Meinungen verfchieden. Einige wollen, daß er von Flo: rinus, einem der Häupter der Kolonien herfomme. Andere meinen, wicht Florenzia, fondern Fluenzia fei es im Anfange genannt worden, weil es nahe am Fluſſe (Auente) Arno liege, und führen des Plinius Zeugniß an, welder jagt, die Fluentiner find des Fluffes Arno Nachbarn. Dies möchte aber wohl falfch fein, denn Plinius ſpricht in feinem Tert von der Page der Florentiner, nicht aber von ihrem Namen, und das Wort Fluentiner muß verfaͤlſcht fein, denn Frontin und Cornelius Tacitus, die faft zu gleicher Zeit mit Plinius fchrieben, führen Florenz und die Florentiner an, denn ſchon zu des Tiberius Zeit wurden fie nach der andern italienis fhen Städte Gebrauch vegiert. Tacitus führe an, daß u floventinifhe Gefandte zum Kaifer Famen, ihn zu ‚bitten, daß das Waffer der ftehenden: Sümpfe nicht nach ihrem J. Ch. Lande ausgeleitet werden möchte; und es iſt nicht denkbar, *7 daß diefe Stadt zu einer und der nehmlichen Zeit zwei Nas men gehabt haben follte. Sch glaube daher, daß fie immer Florenz geheißen habe, woher dieſer Name auch kommen mag; auch iſt ſie, was auch zu ihrem Urſprung mag Anlaß gegeben haben, unter der Roͤmer Herrſchaft entſtanden, und zu der erſten Kaiſer Zeiten fing fie an von den Schrift— ftellern erwähnt, zu werden. Als das römijche Neid von den Barbaren bedrängt ward, wurde auch Florenz von To— tila, König der DOftgothen, zerftört, und 22o Jahre darauf von Karl dem großen wieder aufgebaut. Von diefer, Zeit an bis zum Jahr Chriſti 1215 hatte es gleiches Schickſal mit den andern Machthabern Sztaliens. Syn diefem Zeitz raume nehmlich herrfchten in Italien zuerft die Nachkommen Karls des großen, dann die Berengaren und zulezt die deut; fohen Kaifer, wie wir in unferer allgemeinen Weberficht ge zeigt haben. Auch Eonnten die Floventiner in jenen Zeiten fih nicht erheben, noch irgend etwas der Weberlieferung würdiges vollführen, durch die Macht derer gehindert, ‚deren Herrfchaft fie unterworfen waren. - Dennoch eroberten und zerftörten fie die Stadt Fiefole im Jahr 1010 am Tage des Jahr H. Komulus, der von den Fiefolanern hoc) gefeiert wird; '92° und fie müffen dies entweder mit Zuflimmung der Kaifer gethan haben, oder zu einer Zeit, da von dem Tode des einen Kaifers an. bis zur Erwählung des andern: jedermann einer größeren Freiheit genoß.. Nachdem aber. die Paͤbſte größere Macht in Stalien gewonnen hatten, und der Ein— flug der deutjchen Kaifer gefchwächt worden war, betrugen fih alle Städte diefer Provinz viel weniger unterwuͤrfig ge gen den Fürften.: Sa in dem Jahre 1080 zur Zeit Heinrich des dritten zerfiel Italien in eine offenbare Spaltung zwi— fhen ihm und der Kirche, Troz diefee Spaltung erhielten fih die Sloventiner bis zum Jahr 1215 in Einigkeit, und fuchten, dem Sieger ſich gehorfam zeigend, nicht Herrfchaft, fondern Sicherheit. Wie aber im menfchlihen Körper die Krankheiten, je fpäter fie erfcheinen, um fo viel gefährlicher und tödtlicher find, jo ward auch Florenz, je fpäter cs an— fing den Partheien Staliens zu folgen, um fo heftiger von ihnen zevrüttet. Die Urfach zu der erften Spaltung ift fehr bekannt, da fie von Dante und vielen andern Schriftftellern häufig erwähnt worden iſt; dennoch will ich fie Kürzlich erzählen, Jahr Zu den maͤchtigſten Familien in Florenz gehoͤrten unter 1215. andern die Buondelmonti und die Uberti; ihnen zunaͤchſt -fanden die Amidei und die Donati. Sn der Familie der Donati war eine reiche verwittwete Dame, die eine vorzügs fich Schöne Tochter hatte. Es war die Abficht der Wittwe, ihre Tochter mit Meffer Buondelmonte, einem jungen Kar valier und Haupt der Familie Buondelmonti, zu vermählen. Doch hatte fie diefe ihre Abfiche entweder aus Vernachlaͤßi⸗ gung, oder in der Meinung, daß es immer noch Zeit ge nug fei, noch niemand mitgetheilt, als der Zufall wollte, daß eine Tochter aus dem Haufe Amidei mit Meſſer Buonz delmonte verlobt wurde, Die Dame war hierüber Außerft mifvergmügt, und in der Hoffnung, durch ihrer Tochter Schönheit jene Hochzeit noch, ehe fie gefeiert würde, zu hintertreiben, ſtieg fie einft, da fie Meſſer Buondelmonte allein auf Ihr Haus zukommen fah, hinab, ließ ihre Tochter fich folgen, und fteilte fi) ihm, als ev vorüber ging, mit dieſen Morten entgegen: Sch freue mich in der That fehr, daß ihe eine Frau gewählt habt, obfchon ich diefe meine Tochter für euch aufbehalten hatte; hierbei eröffnete fie die Thuͤr und lieg ihn fie fehen. Bei dem Anblick der wirklich feltnen Schönheit diefes Mädchens und bedenfend, daB fie weder in Hnekfiche auf ihre Abkunft, noch auf den Brautfchaz derje Fahr nigen nachftehe, die er erwählt habe, ward der Kavalier 9 von fo heftiger Begierde nach ihrem Befiz entzündet, daß er weder des gegebenen Wortes, noch der Beleidigung, die er durch deffen Verlezung anthat, noch der Uebel, die feine Mortbrüchigkeit ihm zuziehen Eonnte, achtete, und ſprach: Da ide fie denn für mic, aufbehalten habt, fo würde ich undankbar fein, wen ich fie ausfchlüge, da es noch Zeit ift, fie anzunehmen! Er vollzog hierauf ohne den mindeften Zeitverluft die Hochzeit. Die Nachricht von diefer Begeben heit erfüllte die Familie der Amidei, und die der Liberti, welche durch Blutsverwandtfchaft mit ihnen verbunden wa— ven, mit Wuth; fie verfammelten fich mit vielen andern ih; rer Berwandten und Famen überein, daß fie diefe Beleidi- gung nicht ohne den größten Schimpf ertragen, und durch feine andere Rache, als Meffer Buondelmoutes Tod auslös ſchen fünnten, Als einige die Uebel erwähnten, die diefer Tod nach fich ziehen Könnte, fagte Moſca Lamberti, daß, wer vieles bedenke, nichts befchliege, und führte jenes wohls befannte Sprichwort an: gejchehene Dinge find nicht zu ändern. Sie gaben deshalb den Auftrag zu diefer Ermor— dung dem Mofca, dem Stiatta UÜberti, dem SLambertuccio Amidei, und dem Oderigo Fifanti. Diefe hielten ſich am Dftermorgen in dem Haufe der Amidei, welches zwifchen der alten Brücfe und St. Stephano lag, eingefchloffen, und als Meſſer Buondelmonte auf einem weißen Pferde über den Fluß ritt, vieleicht in der Meinung, daß es eben fo leicht fei, eine erlittene Beleidigung zu vergeffen, als einer Ber; wandfchaft zu entjagen, ward er von ihnen am Fuße der Brücke unter einer Bildſaͤule des Mars angefallen und ge— tödtet, Diefer Mord theilte die ganze Stadt, von der fich ein Theil an die Buondelmonti, der andere an die Uberti anſchloß. Da nun diefe Familien ftarf waren an Häufern, Erſter Theil, 5 — 32 — Jahr an Thuͤrmen und an Menſchen, ſo kaͤmpften ſie viele Jahre Id gegen einander, ohne daß eine die andere vertreiben konnte; ihre Feindfeligkeiten wurden, obſchon fie nicht durch einen Srieden-beendigt werden Fonnten, durch Waffenftillftand bei gelegt, und auf diefe Weife nach Maaßgabe neu eintretender Umftände, bald beruhigt, bald. wieder angefacht. In diefen Unruhen blieb Florenz bis zu den Zeiten Fries drich des zweiten, der, weil er Koͤnig von Neapel war, ſeiner Macht das Uebergewicht uͤber die Kirche verſchaffen zu koͤnnen glaubte. Um ſeine Macht in Toskana zu befeſtigen, beguͤnſtigte er die Uberti und ihre Anhaͤnger; dieſe verjagten vermoͤge ſeiner Gunſt die Buondelmonti; und ſo theilte ſich unſere Stadt, ſo wie ganz Italien lange Zeit hindurch ge— theilt war, in Guelfen und Ghibellinen. Es ſcheint mir nicht uͤberfluͤſſig, die Familien, ſowohl die der einen als die der andern Parthei folgten, anzufuͤhren. Die Anhaͤnger der Guelfiſchen Parthei alſo waren die Buondelmonti, Nerli, Roſſi, Frescobaldi, Mozzi, Bardi, Pulci, Gherardini, Foraboſchi, Bagneſi, Guidalotti, Sacchetti, Manieri, Lu— cardeſi, Chiaramonteſi, Compiobbeſi, Cavalcanti, Giando— nati, Gianfigliazzi, Scali, Gualterotti, Importuni, Bo— ſtichi, Tornaquineci, Vecchietti, Toſinghi, Arrigucci, Agli, Sizi, Adimari, Visdomini, Donati, Pazzi, della Bella, Ardinghi, Tedaldi, Cerchi. Fuͤr die Ghibelliniſche Parthei waren die Uberti, Mannelli, Ubriachi, Fifanti, Amidei, Infangati, Maleſpini, Scolari, Guidi, Galli, Cappiardi, Lamberti, Soldanieri, Cipriani, Toschi, Amieri, Paler— mini, Migliorelli, Pigli, Barucei, Cattani, Agolanti, Brunelleſchi, Caponſacchi, Eliſei, Abati, Tedaldini, Guiochi, Galigai. Es ſchloſſen ſich uͤberdies ſowohl an die eine als an die andere Parthei dieſer edlen Familien noch viele von den buͤrgerlichen an, ſo daß faſt die ganze Stadt von dieſer Trennung angegriffen ward. Die Guelfen alſo zogen ſich, nach ihrer Vertreibung, in die Städte des oberen Arnothals Jahr zurück, wo ſie einen großen Theil ihrer Feften hatten, und ni vertheidigten fich, fo gut fie vermochten, gegen die Macht ihrer Feinde, Als aber Friedrich farb, bedachten diejenigen Einwohner von Florenz, welche das Mittel zwifchen beiden Partheien hielten und Einfluß auf das Volk hatten, daß es viel rathſamer fei, die Stadt zur Einigkeit zurück zu führen, als durch Erhaltung des Zmwiftes fie zu Grunde z8 richten. Sie bewirkten daher, daß die Guelfen, die erlittene Schmach bei Seite ſezend, zurückfehrten, die Ghibellinen, allen Ber; dacht aufgebend, fie aufnahmen, und nad) ihrer Bereinigung ſchien es ihnen Zeit, eine freie VBerfaffung zu wählen, und Vorkehrungen zu ihrer VBertheidigung zu treffen, bevor der neue Kaiſer Kraft gewinne, Sie theilten demnach die Stadt in Sechs Theile und ers wählten zwölf Bürger, für jedes Sechstheil zwei; dieſe foll; ten ihnen vorftehen, Aelteſte (anziani) genannt und alle, Jahre verändert werden, Um die Veranlaffungen zu Feind: feligfeiten binmwegzuräumen, welche durch die Urtheile zu entftehen pflegen, ftellten fie zwei auswärtige Richter an, wovon fie einen Bolkshauptmann, den andern Podeſta nannten, welche die zwifchen den Bürgern vorfallenden Nechtshändel, fowohl in Civil; als Kriminalfachen entfcheis den follten. Weil aber feine Einrichtung beftehen kann, die nicht durch eine Macht vertheidigt wird, fo errichteten fie zwanzig Fahnen in der Stade und fechs und fechzig auf dem Lande, unter welchen fie die junge Mannschaft einfchrieben, und verordneten, daß jeder unter feinen Fahnen bereit und - bewafnet fein follte, jo oft er von dem Hauptmann oder von den Aelteſten aufgefordert würde, Die Zeichen auf diefen Fahnen waren verjchieden nad) den Waffen, denn ein anderes Zeichen trugen die Armbruſtſchuͤzen, ein anderes die Schildträger; und alle Jahr am Pfingſttage übergaben die 5:2 Jahr Bürger in großem Pompe der neuen Mannfchaft ihre Fah— 250 nen und beftimmten neue Häupter für die ganze Verwal; tung. Um ihren Heeren ein wiürdevolles Anfehen zu geben, und einen Berfammlungsort, wohin ein jeder, der beim Handgemenge zurück getrieben worden, ſich vetten, und als; dann von neuem dem Feinde die Spize bieten Eönnte, er— bauten fie einen großen Wagen, der von zwei mit rothem Zeuge bedeckten Ochſen gezogen ward, und auf welchem. eine weiß und rothe Sahne war, Wenn fie nun das Heer aus: fenden wollten, führten fie diefen Wagen auf den neuen Markt, und überlieferten ihn mit feierlihem Pomp den Häuptern des Volks. Ferner hatten fie zur Pracht bei ih: ven Feldzügen eine Glocke Martinelle genannt, welche einen Monat hindurch, ehe fie die Heere aus der Stadt fandten, fortwährend ertönte, damit der Feind zu feiner Vertheidis gung Zeit habe; fo groß war damals noch die Tugend jener Männer, und mit fo großmüthiger Seele betrugen fie fich, daß, flatt daß es heut zu Tage für eine hochherzige und Eluge Handlung gilt, unerwartet feinen Feind zu überfallen, „dies damals für ſchimpflich und beerägerifch gehalten wurde. Auch diefe Glocke führten fie bet ihren Heeven mit, und theilten dadurch den Wachen und andern Kriegsvölfern ihre Befehle mit. Auf diefe Einrichtungen des Friedens und des Krieges gründeten die Florentiner ihre Freiheit, und man follte faum glauben, zu welchem Anfehn und welcher Macht fich Florenz in Furzer Zeit empor ſchwang. Es ward nicht als lein das Haupt von Toskana, fondern man rechnete es auch) unter die erſten Städte Staliens, und die höchfte Größe würde es erreicht haben, wenn häufige und immer neue 1256. Spaltungen es nicht zerrüttet hätten, Die Floventiner leb— ten zehn Jahr in diefer Verfaffung, worauf fie Piftojas, Arezzos und Sienas Bürger zwangen, fich mit ihnen zu verbünden. Als fie mit dem Lager von Siena aufßeachen, Jahr nahmen fie Bolterra, zerfidrten noch einige SKaftelle und führten die Bewohner nah Florenz. Alle diefe Unterneh: mungen gefchaben auf der Guelfen Anvathen, welche viel mehr als die Shibellinen vermochten, fowohl, weil diefe, wegen ihres hochmuͤthigen Betragens als fie zu Friedrichs Zeit die Herrichaft hatten, vom Volke gehaßt wurden, als auch weil die Parthei der Kirche beliebter war als die des Kaiſers; denn durch Hülfe der Kirche hofften fie ihre Frei— heit zu behaupten, und unter den Kaifern fürchteten fie de: ren Verluft. Die Ghibellinen alfo, da fie ihr Anfehn auf diefe Weiſe ſchwinden ſahen, konnten fich nicht ruhig ver: 1257- halten, und warteten nur auf eine Gelegenheit, die Ber: waltung an ſich zu reißen. Sie glaubten diefe Gelegenheit fei gefommen, als fie fahen, daß Manfred, Friedrichs Sohn, fih des Königreichs Neapel bemächtige und die Mache der Kirche fehr gefchmälere hatte. Sie festen fich alfo heimlicherweife mit diefem in ein Einverftändniß, um fih ihe Anfehn wieder zw verschaffen, konnten jedoch ihre Detragen nicht fo einrichten, daß die von ihnen gepflogenen Unterhandlungen nicht den Aelteſten verrathen worden wä- ven. Diefe Iuden alſo die Uberti vor, welche nicht allein nicht gehorchten, fondern auch die Waffen ergriffen und fich in ihren Haäufern befeftigten. Das Volk, hieruͤber aufge: bracht, bewafnete fich und zwang fie mit Hälfe der Guelfen Slorenz zu verlaflen, und mit der ganzen Ghibellinifchen Parthei nad) Siena auszumandern. Von bieraus baten fie den König Manfred von Neapel um Beiftand, und durd) die Betriebfamfeit des Meſſer Farinata von der Familie der UÜberti wurden die Guelfen von den Truppen diejes Königs am Flufie Arbia mit einer fo großen Niederlage gefchlagen, 1260, daß die, welche vom Schlachtfelde entfamen, ihre Stade far verloren achtend, nicht nach Florenz, fondern nach Lukka fih vetteten. Jahr 1260. — 86 — Manfred hatte den Ghibellinen als Anfuͤhrer ſeiner Truppen der Grafen Giardano zu Huͤlfe geſandt, einen Mann in damaliger Zeit in Waffen hoch beruͤhmt. Dieſer ging nach dem Siege mit den Ghibellinen nach Florenz, und brachte dieſe Stadt ganz unter Manfreds Herrſchaft, indem er die Obrigkeiten, und alle andere Einrichtungen, an de— nen die Geſtalt der Freiheit erkennbar war, aufhob. Dieſe mit ſo weniger Klugheit angethane Beleidigung ward von dem Gemeinweſen mit großem Haſſe aufgenommen, und die Feindſchaft gegen die Ghibellinen ſtieg auf den hoͤchſten Punkt; woraus dann mit der Zeit ihr gaͤnzlicher Untergang erfolgte. Als der Graf Giordano wegen der Angelegenhei: ten des Königreihs nach Neapel zurückkehren mußte, ließ er den Grafen Guido Novello Heren von Cafentino als Königlichen Statthalter in Flovenz. Dieſer veranftaltete eine Verfammlung der Shibellinen zu Empoli, worin fie einmütbig befchloffen, daß, um die Macht der Shibellinischen Parthei in Toskana aufrecht zu halten, es nöthig fei, Flo— renz zu zerftören, das doch nur dazu tauge, dem Guelfiſchen Bolfe Mittel in die Hand zu geben, um die Parthei der Kirche zu neuen Kräften gelangen zu laffen. Diefer fo graufamen Verurtheilung, ausgejprochen gegen eine jo edle Stadt, fih zu widerſezen, trat nicht Ein Bürger, nicht Ein Freund jezt auf; nur Meffer Farinata aus dem Haufe Uberti, vertheidigte fie offen und ohne alle Ruͤckſicht, indem ev fagte, fo große Muübhfelinkeiten, fo große Gefahren babe er einzig deswegen übernommen, um in feiner Vaterſtadt wohnen zu koͤnnen; ev wolle jezt nicht fich das verjagen, was er bisher gefucht, nicht das ausfchlagen, was das Gluͤck ihm gewährt habe; vielmehr werde er denjenigen, die an: deren Sinnes wären, nicht weniger feindlich fein, als er den Guelfen gewefen, und wenn einer von ihnen feine Va— terftadt fürchte, fo folle er nur verfuchen, fie zu zerfiören; denn er hoffe mit gleicher Tapferkeit, als er die Guelfen Jahe daraus verjagt, fie zu wertheidigen. Meſſer Farinata mar aa ein Mann von hohem Geifte, trefflih im Kriegsweien, das _ Haupt der Ghibellinen, "und bei Manfred hoch geachtet; | fein Anfehn alfo fezte jener Berathichlagung ein Ziel, und fie dachten auf andere Mittel fich die Herrfchaft zu erhalten, Die Guelfen, die fih nah Lukka geflüchtee hatten, gingen, auf des Grafen Drohungen von den Luffefen ver— abfchieder, nach Bologna. Bon hieraus wurden fie von den Guelfen zu Parma gegen die Shibellinen zu Hülfe gerufen, und erhielten, da fie durch ihre Tapferkeit die Gegner übers wunden hatten, deren fammtliche DBefizungen zum Eigens thum. Hierdurch an Reichthum und Ehre vergrößert, fchick- ten fie, auf die Nachricht, daß Pabft Clemens Karl von Anjou berufen habe, um Manfred des Königreichs zu be: rauben, Gefandte an den Pabft, ihm ihre Kräfte anzubies ten. Der Pabft empfing fie nicht allein als Freunde, ſon— dern gab ihnen auch feine Fahne, welche nachmals immer von den Guelfen im Kriege getragen ward, und dies iſt die nehmliche, die in Florenz noch jezt gebraucht wird. Manfred ward darauf von Karl des Reichs beraubt und ge: tödtet,. und da die Guelfen von Florenz hierbei behülflich gewefen waren, ſo ward ihre Parthei dadurch mächtiger und. die der Ghibellinen fchwäcer; daher denn diejenigen, die mit dem Grafen Guido Novello Florenz vegierten, es für gut hielten, durch irgend eine Wohlthat das Volk für fi) zu gewinnen, das fie vorher mit jeder Schmach belegt hatten. Allein die Mittel, die geholfen haben würden, wenn man fie vor dem Eintreten der Noth angewandt hätte, halfen jezt nicht allein nicht, ſondern befchleunigten auch noch ‚ihren Untergang. Sie hofften nehmlich das Volk zu ihrem Freunde und Anhänger zu machen, wenn fie ihm eis ven Theil der Ehren und des Anfebens wiedergäben, das —— 688 — Jahr ſie ihm entriſſen hatten, und waͤhlten daher ſechs und drei— er 9 Sig dem Volk geneigte Bürger, welche zugleich mit zwei Kavalieren, die man aus Bologna fommen ließ, die Ver— faflung der Stadt verbeſſern follten. Diefe theilten, fobald als fie zufammenfamen, die ganze Stadt in Zünfte, und fezten über jede Zunft einen Dbern, der denen, die zu feir ner Zunft gehörten, Rechnung ablegen follte. Sie über: lieferten überdies jeder Zunft eine Fahne; auf daß unter diefer jedermann bewaffnet fich verfammle, wenn die Stadt deffen bedürfte. Diefer Zünfte waren im Anfang zwölf, fieben gröpere und fünf Eleinere. Hierauf vermehrten fich die Eleineren bis auf vierzehn, fo daß ihrer in allem, wie es auch noch jest ift, ein und zwanzig waren. Die ſechs und dreißig Neformatoren verhandelten aucd noch andere Dinge fürs allgemeine Wohl. Um die Soldaten zu unterhalten, ließ der Graf Guido den Bürgern eine Steuer auflegen, fand aber fo große Schwierigkeiten, daß er es nicht wagte, durch Gewalt fie zu erzwingen: Da es ihm nun fchien, daß er die Herr— fhaft ganz verloren habe, verband er ſich mit den Häup- tern der Shibellinen und fie befchloffen, dem Volke dasjer nige mit Gewalt wieder zu entreißen, was fie aus Mangel an Klugheit ihm zugeftanden hatten. Als fie demnach mit der Bewaffnung in Drdnung zu fein glaubten, ließen fie, als grade die fechs und dreißig verfammelt waren, den Lärz men in der Stadt erheben, daher diefe, erfchroden, ſich in ihre Häufer zuräczogen, und fogleich wurden die Fahnen der Zünfte hinausgetragen, und viele Bewaffnete zogen bins ter ihnen her. Als fie hörten daß der Graf Guido mit feiz ner Parthei bei St. Sohann fei, ftellten fie bei St. Trinis 1266.tat fi) auf, und überteugen den Befehl an Meffer Johann Soldanieri. Der Graf von der andern Seite, da er vers nahm, wo das Bolf fei, fezte fih in Bewegung, ihm zu begegnen. Auch das Volk vermied nicht das Treffen, fon: Jahr dern gieng dem Feinde entgegen; fie trafen fih da, wo jezo Aa die Wohnung der Tornaguinci iſt, und der Graf ward mit Berluft und Tod der meiften von feiner Parthei zurücge: ſchlagen. Hieräber ganz außer Fafjung befürchtete er, daß die Feinde ihn in der Nacht anfallen, und bei der Nieder: lage und Muthloſigkeit der feinigen ermorden möchten, Diefe Einbildung wirkte fo mächtig auf fein Gemüth, daß er, ohne auf irgend ein anderes Hülfsmittel zu denken, fich lie: ber fliehend als fechtend zu retten befchloß, und gegen dem Rath der Anführer feiner Parthei mit allen feinen Leuten nad) Prato eilte. Sobald aber, da er fih in Sicherheit fah, feine Furcht verfchwand, erkannte er auch feinen Feh— ler, und in der Abficht ihn am Morgen wieder gut zu ma— chen, kehrte er bei Tages Anbruch mit allen feinen Leuten nad) Florenz zuruͤck, um mit Gewalt wieder einzudringen in die Stadt, die er aus Feigheit verlafien hatte. Doch er verfehlte feinen Zwei; denn das Volk, das ihn nur mit Mühe würde haben verjagen koͤnnen, konnte fehr leicht ihn außerhalb erhalten. Er gieng alſo voll Betrübniß und Schaam ins Cafentinifche, und die Ghibellinen zogen ſich auf ihre Landgüter zurück, Nachdem alfo das Volk den Sieg davon getragen, beichloß man auf Anrathen derer, die das Wohl der Republik wuͤnſchten, die Einigkeit in der- Stadt wieder herzuftellen, und alle Bürger fowohl Shibel; linen als Guelfen, die ſich außerhalb befanden, zuruͤckzu— rufen, , Die Guelfen kehrten aljo, ſechs Jahr nach ihrer Bertreibung, zuruͤck, und auch den Ghibellinen ward ihre noc) ganz neue Beleidigung verziehen, und fie in ihr Bar terland wieder eingefeztz; doch waren fie dem Volke und den Guelfen ſehr verhaßt, weil dieje die Aechtung aus ihrem Andenken nicht verwilchen Eonnten, und jenes nur allzu lebhaft fih der Tyrannei erinnerte, die es während ihrer > r Herrſchaft erduldet hatte; daher waren weder bei der einen noch bei der andern Parthei die Gemüther ruhig. Während man auf diefe Weife in Florenz lebte, verbreitete fich das Gerücht, das Konvadin, Manfreds Neffe, mit Truppen aus Deurfchland anfomme, um Neapel zu erobern. Hier durch fchöpften die Ghibellinen neue Hoffnung, ihr Anfehn twieder zu gewinnen, und die Guelfen waren bedacht, wie fie fich vor ihren Feinden ficher ftellen möchten; fie erbaten fih alſo Hülfe vom Könige Karl, um fich gegen Konradin bei feinem Durchzuge vertheidigen zu können. Als nun Karls Truppen anruͤckten, wurden die Guelfen dadurch fo übermäthig, und fezten die Shibellinen dergeftale in Schre— den, daß diefe zwei Tage vor der Truppen Ankunft ohne vertrieben zu werden davon flohen. 1267. Nach der Shibellinen Entfernung brachten die Florem: tiner die Berfaffung ihrer Stadt wieder in Ordnung. Sie erwählten zwölf Häaupter, welche zwei Monate in der Raths— verfammlung fizen jollten, diefe nannten fie nicht Neltefte, fondern aute Männer; außer diefen ernannten fie einen tat) von achtzig Bürgern, den fie die Eredenza benannten; ferner hatten fie 180 Bürgerliche, dreißig für jedes Sechs— theil, welche, mit der Eredenza und den zwölf guten Mäns nern vereint, die ©eneralverfammlung genannt wurden, Noch einen andern Rath von ı20 theils zum Volk, theils zum Adel gehörigen Bürgern fezten fie ein, um alle. die von den andern Nathsverfammlungen bejchloffenen Gegenftände zur Vollziehung zu bringen, und durch diefen vertheilten fie die Aemter der Republik. Nachdem fie diefe Regierung ein geſezt, befeftigten fie noch die Guelfifche Parthei durch Er— theilung von Aemtern und andere Einrichtungen, auf daß fie mit größerer Kraft fih gegen die Ghibellinen vertheidigen fönnten. Die Güter der lezteren 'theilten fie in drei Theile: den einen davon verkauften fie öffentlich 5 den andern ertheil- wre ten fie der Obrigkeit der Guelfenparthei, die Hauptlente Sabre genannt; den dritten aber den Guelfen zum Erfaz für ik erlittenen Schaden. Der Pabſt ernannte, um Toskana der Guelfiſchen Parthei zu erhalten, den König Karl zum Bir far des Reichs in Toskana. Während die Florentiner anf folche Weife durch die Kraft diefer neuen Verfaſſung, inner: halb durch Geſeze, außerhalb durch die Warten ihre Macht zu erhalten fuchten, ftarb der Pabft, und nach einem lans gen Streite ward nach Verlauf zweier Jahre Pabft Gregor der zehnte erwählt, der, weil er lange Zeit in Syrien ge wefen war; ja zur Zeit feiner Erwählung noch fich dafeldft aufbiele, fern von den Einflüfen der Partheien, diejelben viel geringer achtete, als feine Vorgaͤnger fie geachtet hats ten. Als er daher auf feiner Durchreife nach Franfreih in Florenz war, bielt er es für die Pflicht eines trefflichen Hivs ten, den Staat zur Einigkeit zu führen, und brachte es das bin, daß die Florentiner fih gefallen liegen, die Syndifen der Shibellinen in Florenz aufzunehmen, um mit denfelben über die Art ihrer Nückkehr zu unterhandeln. Obſchon aber der Vertrag abgefchloffen ward, fo waren doch die Ghibellis nen fo Sehr in Schrecken gefezt, daß fie nicht zurückkehren 1277. wollten. Der Pabft maß die Schuld davon der Stadt bei, und belegte fie, hierüber aufgebracht, mit dem Bann. In diefer Ausfchliegung verblieben fie fo. lange der Pabft lebte, mach feinem Tode aber ward ihnen vom Pabſt Sunocenz V 1275, der Segen wieder ertheilt. Die päbjtlihe Würde war jezt auf Nikolaus den dritten, aus dem Haufe Drfino, gekom— men, Weil nun die Päbfte immer denjenigen fürchteten, deffen Macht in Sztalien hoch geftiegen war, felbft wenn die: fes durch die Gunft der Kirche gefchehen war, und weil fie diefe Macht immer wieder zu fchmälern fuchten; fo entſtan⸗ den daraus die häufigen Aufſtaͤnde und die fieten Umwaͤl— zungen, melche dies Sand verwirrten; denn die Furcht vor Bahr 1275. 2279, 128% einem Mächtigen machte, daß ein Schwacher emporftiegz; war er geftiegen, dab man ihn fürchtete, und ward er ger fürchtet, daß man ihn zu unterdrücken fuchte. Dies entriß Manfreds Händen das Scepter Neapels, und veichte es Karln; dies flößte auch vor diefem Furcht ein, und erweckte das Beſtreben nach feinem Lintergange. Durch diefe Bewer gungsgruͤnde veranlaßt, brachte es Nikolaus der dritte da- bin, daß durch des Kaifers Wermittelung dem Könige Karl die Verwaltung Tosfanas genommen ward, und in des Kaijers Namen fandte ev Meffer Latino, feinen Legaten, in diefe Provinz. Slovenz war damals in einem fehr ſchlimmen Zuftande, denn der Guelfifhe Adel war übermätbig geworden und arhtete nicht der Obrigkeit, jo daß täglich viel Mord und _ andere Gewaltthaten verübt wurden, ohne daß die Ihäter, die bald einer bald der andere Adliche begünftigte, beſtraft wurden. Die Häupter des Volks meinten daher, daß es, um dieſen Uebermuth zu zügeln, wohlgethan fein würde, die Ausgewanderten zurück zu rufen. Der Legat nahm hiervon Gelegenheit, die Einigkeit wieder herzuftellen, die Shibellinen kehrten zuräf, und ſtatt der zwölf Häupter fezten fie vierzehn feft, von jeder Parthei fieben, welche ein Jahr regieren und vom Pabſt erwähle werden follten. Un ter diejer Staatsverwaltung blieb Florenz. zwei Sabre, bis der Pabſt Martin, ein geborner Franzoſe auf den päbftlis hen Stuhl fam, welcher dem Könige Karl alle die Made wieder gab, die Nikolaus ihm entzogen hatte. Dadurch ward plözlich der Partheigeift in Toskana wieder erweckt; die Floventiner ergriffen gegen den Stadthalter des Kaifers die Waffen, und führten eine neue Negierungsform ein, theils um die Shibellinen ihres Antheils an der Verwaltung zu berauben, theils um die Mächtigen im Zügel zu halten, Es gejchah dies im Jahre 1282, und die Verfammlungen der Zinfte waren, feitdem ihnen die obrigkeitlichen Stellen Jahr und die Fahnen anvertraut worden, zu hohem Anfehn 96" Ä langt; fie verordneten alfo jezt vermöge ihres Einfinffes, daß ſtatt der vierzehn nunmehro drei Bürger erwähle wer: den follten; diefe follten Prioren genannt werden, die Vers waltung der Nepublif zwei Monate führen, und dürften bürgerliche oder adliche fein, nur daß fie Kaufleute oder zu ivgend einer Zunft gehörig wären. Nachher brachten fie die Zahl der erften Dbrigfeiten auf fehs, damit von jedem Sechstheil eine wäre, und diefe Zahl erhielt fich bis zum Sabre 1342, da fie die Stadt in Viertel abtheilten, und die Prioren auf achte brachten, obgleich fie in der Zwiſchen— zeit aus irgend einem Grunde auch einigemal zwölf ernannz ten. Diefe Obrigkeit war, wie wir zu feiner Zeit fehen werden, an dem linteraange des Adels ſchuld, denn durch mancherlei Begebenheiten ward er vom Volke zuerft davon ausgefchloffen, und hernach ohne alle Kückficht angegriffen. Sm Anfange trugen die Adlichen ſelbſt durch ihre Uneinige Feit viel dazu bei, denn indem fie zu heftig begehrten, einer dem andern die Regierung zu entreißen, verloren fie fie alle. Man wies diefer Obrigkeit einen. Pallaft zur beftändigen Wohnung an, da es bisher Gebrauch gewefen war, daß die Negierung und die Nathsverfammlungen in den Kirchen zufammen kamen; - auch ehrte man diejelbe durch Rathsdie— ner und andere nöthige Bediente. Obſchon fie im Anfange nur Prioren genannt wurden, fo fügte man doch fpäterhin zur Vermehrung der Würde noch den Titel Herren oder Signoren hinzu. Sm Innern des Staates waren die Flos rentiner jezt eine Zeit lang ruhig, und während diefer Ruhe führten fie Krieg mit den Arerinern, weil diefe die Guel— fen vertrieben hatten, und befiegten fie in Campaldino gluͤck— lid. Da nun die Stade an Volfsmenge und Reichthum 1289, zunahm, fo befhloß man auch durch Mauern fie zu vers — 9 4 — Jahr groͤßern, und ihr Umkreis ward, ſo wie man jezt ihn ſieht, 2269: rweitert, dagegen vorher ihr Durchmeſſer nur ſo lang 229 © war, als die Entfernung von der alten Bruͤcke bis nach St. Lorenzo. | Die auswärtigen Kriege und der innere Frieden hatten die Guelfiſchen und Ghibellinifchen Partheien in Florenz beinahe ausgelöfche, und nur diejenige Spannung blieb zu: ruͤck, welche natürlicherweije in allen Städten zwifchen den mächtigen und dem Volk zu fein pflegt; denn da das Volk den Gefezen folgfam leben, die Reichen aber dem Gefez gebieten wollen, jo Fönnen fie unmöglich einig mit einander „bleiben. So lange die Ghibellinen ihrer Gegenparthei Furcht einflößten, entdeckte fich diefe Spannung nicht, fobald aber dieje befiegt waren, bewies fie ihre Kraft; täglich ward its gend ein Bürgerlicher beleidigt, und weder Gefeze nod) Obrigkeit reichten bin, ihm Recht zu verfchaffen, denn jeder Adliche vertheidigte fich mit feinen Verwandten und Freun— den vor der Macht der Prioren und des Hanptmanne. Die. Borfieher der Zünfte, diefem Webelftande abzubelfen begierig, trafen deshalb die Veranftaltung, daß jede Raths— verfammlung beim Anfange ihrer Amtsverrichtungen einen Dannerheren oder Sonfaloniere der Gerechtigkeit aus dem Buͤrgerſtande ernennen follte, dem unter zwanzig Fahnen taufend Wann zugejchrieben würden, und der mit feinem Panier und feinen Bewaffneten die Gerechtigkeit zu unter— feüzen jederzeit bereit wäre, fo oft er von ihnen oder von dem Hauptmann dazu aufgerufen würde. Der erſte, der erwählt ward, war Ubaldo Nuffoli. Diefer trug das Pa: nier hinaus, und zerflörte das Haus der Galleiti, weil eis ner aus diefer Familie in Frankreich einen Bürgerlichen ge: tödter hatte. Es ward den Zünften leicht, dieſe Einrich— tung zu treffen, durch die tödtlichen FSeindfchaften, die unter den Adlichen berrfehten, und diefe achteten nicht eher auf die Maasregel, die man gegen fie genommen. hatte, bis fie Jahr diefe harte Strafe vollzogen fahen. Anfangs fezte fie dies 9 in fehr große Beftürzung, doch. Eehrten fie bald zu ihrem vorigen Uebermuth zurück; denn da immer einer von ihnen zu. den Herren oder Prioren gehörte, jo Fonnten fie leicht den Sonfaloniere verhindern, fein Amt zu vollziehen, Weber dies hatte der Kläger einen Zeugen nöthig, wenn er irgend eine Beleidigung erlitten hatte, und niemals fand fich je— mand, der gegen einen Adlichen hätte zeugen wollen. Dar her fiel Slovenz in’ kurzer Zeit in die nehmliche Unordnun— gen zurück, und das Volk erduldete von den Großen die nehmlichen Beleidigungen, denn die Richter waren faumfelig und den Urtheilsiprüchen fehlte die Vollziehung. Da nun die Bürgerlichen hierüber Eeinen Entfchluß zu faſſen wuß— ten, fo fiimmte Giano della Bella, ein Mann von fehr edler Abftammung, aber ein Freund der Freiheit feiner Vaterſtadt, die Vorſteher der Zünfte dahin, den Staat zu verbeffern, und auf. feinen Rath ward feftgefezt, daß der Gonfaloniere mitiden Prioren im Kath fizen und viertaufend Mann uns ter feinem Befehl haben. folle. Ferner wurden alle, Adeliche des Rechts beraubt, im Rathe der Prioren zu ſizen; die Mirfchuldigen eines Berbrechers wurden gleicher Strafe mit ihm unterworfen, und es ward fefigefezt, daß das sffentliche Gerücht hinreichend fei, ein Urtheil zu begründen. Durch diefe Geſeze, welche fie die Verordnungen der Gerechtigkeit nannten, erwarb das Volk wieder Einfluß, und Giano della 1295. Bella vielen. Haß, denn die Großen hatten den größten Sn: geimm auf ihn, als den Zerftörer ihrer Macht; und die reichen Bürgerlichen waren auf ihn neidifch, weil fein Anfehen ih— nen zu groß ſchien; beides zeigte fich,. fobald es die Gele genheit verftattete, Der Zufall nehmlich wollte, daß ein Bürger bei einer Schlägerei getödtet wurde, bei der mehrere Adlihe zugegen waren. Unter diefen war Meſſer Corſo Sahr 1295. — Donati, dem, als dem Verwegenſten von allen, die Schuld beigemeſſen ward. Er ward deshalb von dem Volkshaupt— mann feftgenommen, aber, wie auch der Gang der Sache gewesen fein mag, fei es, daß Meffer Corſo wirklich nichts verbrochen hatte, fei es, daß der Hauptmann fich fcheute, ihn zu verurtheilen, genug, er ward losgeſprochen. Diefe Losfprechung mißfiel den Volke fo fehr, daß es die Waffen ergriff, zu dem Haufe des Giano della Bella lief, und ihn bat, er möchte dafür forgen, daß diejenigen Geſeze beobach- tet würden, von denen er felbft der Urheber gemwefen fei. Giano, welcher wünfchte, daß Meffer Corſo beftraft werden möchte, ließ fie die Waffen nicht niederlegen, welches er nach dem Urtheile Vieler hätte thun follen, fondern viech ihnen, bei den Prioren herum zu geben, fi) über den Vorfall zu beklagen und fie zu biten, daß fie dagegen Anſtalten träfen. Das Volk aber, hoͤchſt aufgebracht, weil es fih von dem Hauptmann für beleidigt, von Giano für im Stich gelaffen hielt, ging nicht zu der Prioren, fondern zu des Haupt: manns Pallaft, den es einnahm und plünderte. Diefe That mißfiel allen Bürgern umd diejenigen, welche Gianos Ruin wünfchten, maßen ihm die ganze Schuld bei; fo daß er, da fich unter den Prioren, die nachher erwählt wurden, ein Feind von ihm befand, bei dem Hauptmann als Aufwiegler des Volks angeklagt ward, Mährend feine Sache nun be trieben wurde, bewaffnete fich das Volk, lief zu feiner Woh— nung und erbot fih, ihn gegen die Prioren und gegem feine Feinde zu vertheidigen. Giano aber wollte weder die Gunft des Volks auf die Probe fezen, noch fein Leben den obrige feitlichen Perfonen anvertrauen, weil er die Bosheit diefer und die Unbeftändigkeit jenes fürchtete; er bejchloß daher, um feir nen Feinden die Gelegenheit zu einer Beleidigung gegen ihn, und feinen Freunden zu einem Angriffe auf das Vaterland zu vauben, fich zu entfernen, dem Neide zu weichen, die Bürs ger von der Furcht, die fie vor ihm hatten, zu befreien, und eine Stadt zu verlaffen, die er durch feine Anftvengun: gen und Gefahren von der Knechtfchaft der Mächtigen bes freit hatte: er erwählte eine freiwillige Verbannung. Nach feiner Entfernung faßte der Adel neue Hoffnung, fein Anjehen wieder zu erlangen, und da er urtheilte, daß fein Uebel aus der Uneinigfeit entſtanden fei, fo vereinigten fid) die Adlichen und fandten zwei von ihnen auf die Signos via, die nach ihrer Meinung ihnen gänftig geſtimmt war, mit dem Anfuchen, daß fie fich gefallen laffen möchte, die Härte der gegen den Adel gegebenen Geſeze einigermaßen zu ‚mildern. Diefes Anfuchen beunruhigte, da es bekannt ward, die Gemüther der Bürgerlichen, weil fie beforgten, daß die Prioren es bemwilligen möchten; und fo Fam es über das Begehren der Adlichen und den Argwohn des Volks zu den Waffen. Der Adel fezte fih an drei Drten feft, zu Sanet Sohann, auf dem neuen Markt und auf dem Plaze der Mozzi, und unter drei Anführern, nehmlich Meffer Forefe Adimari, Mefler Banni de Mozzi, und Mefler Geri Spint; die Bürger verfammelten fih in ſehr großer Anzahl unter ihren Fahnen bei dem Pallafte der Prioren, welche damals bei St. Proclus wohnten, Weil aber das Volk gegen die damalige Signoria Argwohn hatte, fo ordnete es ſechs Buͤr—⸗ ger ab, die mit ihr gemeinjchaftlich die Verwaltung uͤberneh— men follten, Während nun beide Partheien fich zum Angriff vüfteten, legten fich einige, fowohl Bürgerliche als Adliche, fo wie auch einige Geiftlihe von unbefcholtnem Rufe ins Mittel, fie zum Frieden zu bewegen. Sie ftellten den Ad: lichen vor, daß an dem DBerlufte ihrer Ehrenftellen, und au den Sefezen, die man gegen fie gegeben, nichts anderes Schuld fei, als ihr Hochmuth und ihre ſchlechte Verwal tung; daß ihr gegenmwärtiges Ergreifen der Waffen und ihr Deftveben, dasjenige mit Gewalt fich wieder zu verichaffen, Erſter Theil, & Jahr 1295. Fahr was fie durch Uneinigkeit und übles Betragen fich "hätten 1295. entreißen laffen, nichts anderes fei, als ein Streben nad) dem Untergange ihres VBaterlandes und nach der Verſchlim— merung ‚ihres eigenen Zuftandes; und daß fie bedenken moͤch— ten, daß das Volk an Zahl, Neihehum und Stärke der Leidenfchaft ihnen weit überlegen ſei; daß diefe adliche Ge: burt, vermöge deren fie vor andern den Vorzug zu haben glaubten, nicht für fie kaͤmpfen würde; und daß, wenn es zum Kampfe käme, ein hoher Name eitel erfcheinen müßte, der ja fie gegen fo viel Feinde zu vertheidigen nicht zureiche, Dem Volke ftellten fie auf der andern Seite vor, daß es nicht der Klugheit gemäß fei, immer feinen Sieg bis aufs Außerfte zu verfolgen, und daß es niemals eine verftändige daßregel fei, die Menfchen zur Verzweiflung zu treiben, weil, wer Eein Heil mehr hofft, auch Fein Unheil fürchter; fie ſollten bedenken, daß der Adel es fei, der ihrer Stade in den Kriegen Ruhm erworben habe, und daß es daher weder. gut noch billig jei, ihn mit fo großem Haſſe zu verfolgen; daß die Adlichen es gern ertrügen, unter den höchften Eh: venftellen einen Plaz einzunehmen; das aber Fünnten fie länger nicht ertragen, daB es vermöge der getroffnen Eins richtungen in eines jeden Macht ftehe, fie aus ihrem Vater— lande zu vertreiben, Es fei aljo wohlgethan, jene Einrichz tungen zu mildern, und durch diefe Gunft die Waffenruhe wieder berzuftelen; auch möchten fie nicht das Glück des Kampfes auf die Probe ftellen in allzugroßem Vertrauen auf ihre Anzahl, denn oft jchon habe man viele von wenigen überwinden fehen. Die Meinungen im Wolfe waren ge theilt; viele wollten, daß es zum Kampfe fomme, als wor zu es doc, irgend einmal nothwendig kommen muͤſſe; fie meinten daher, es fei beffer es jezt zu thun, als zu warten, bis die Feinde mächtiger wären; wenn man glauben dürfte, dag fie mit einer Milderung der Geſeze fid) begnügen würden, — 99 — ſo wuͤrde es freilich wohlgethan ſein, ſie zu mildern; allein Jahr ihr Hochmuth ſei ſo groß, daß ſie niemals ruhig ſein wuͤr— 1295 den, als durch Gewalt gezwungen. Viele andere, die weis fer und friedlicheren Gemüthes waren, meinten, daß wenig darauf anfomme, ob man die Geſeze mildere, aber viel, ob man zum Kampf fehreite; ihre Meinung gewann das Weber: gewicht, und man verordnete, daß zu den Anklagen gegen Adliche Eünftig Zeugen nöthig fein follten *).. Nachdem man die Waffen abgelegt, blieb eine wie die andre Parthei voller Argwohn, und beide, befeftigten fich durch Thuͤrme und Waffen. Das Volk veränderte abermals die Negierung, indem es fie auf eine Eleinere Anzahl zurück führte, bewogen durch die günftige Gefinnung, welche die damaligen Prioren gegen den Adel gezeigt hatten; Häupter der neuen Regierung blieben Mancini, Magalotti, Altoviti, Peruzzi, und Ceretani, Nachdem fie die Staatsverwaltung 1298. feſtgeſezt, gründeten die Florentiner zur höheren Pracht und größeren Sicherheit der Signoren im Jahr 1298 den Pal: laſt derfelben, und beftimmten dazu den Plaz, auf welchem der ehemals den Überti gehörige Pallaſt ftand. Zur nehmlis chen Zeit wurde der Bau der öffentlichen Gefaͤngniſſe begon— nen; .diefe Gebäude wurden im Laufe weniger Sabre vollen; det, und nie war der Zuftand unjerer Stadt blühender und glücklicher, als damals; denn an Bewohnern, an Schäzen und hohem Rufe war fie veich; die waffenfähigen Bürger beliefen fich auf dreißig taufend und die Landbewohner auf fiebenzig taufend; ganz Toskana gehorchte ihr, theils unter: worfen, theils verbündet, und objchon zwilchen dem Volke und dem Adel einiger Widerwillen und Argwohn beftand, x) Man erinnere fich des wenige Jahre vorher auf Veranlaſſung des Giano della Bela gegebenen Geſezes, daR das öffentliche Gerücht hinveichend fein folle, ein Urtheil zu begründen, , ©, P. 95- . G 2 Jahr 1298. 1300. Te Lu \ U Ari —— fo kamen doc diefe zu Eeinem fchädlihen Ausbruche, fon: dern alle lebten in Einigkeit und im Genuffe des Friedens. Wäre diefer Frieden nicht durch neue Feindfeligkeiten im In— nern unterbrochen worden, fo würde der Staat von feinem Angriffe von außen ber etwas zu fürchten gehabt haben; denn er befand fich in einer folchen Lage, daß er weder das deutjche Neich, noch feine eignen Ausgewanderten zu-fcheuen brauchte, und daß feine Macht allen Staaten Sstaliens hätte begegnen Eönnen. Aber das Unheil, das die Mächte des Auslandes ihm nicht bringen Fonnten, flifteten innere. Sin Florenz waren zwei Familien, die Cerchl und die Donati, an Reichthuͤmern, Adel und Anzahl vorzüglich maͤch— tig. Unter diefen war, da fie in Florenz und auf dem Lande Nachbarn waren, einige Mißhelligkeit entftanden, nicht fo erheblich jedoch, daß fie darüber zu den Waffen gegriffen hätten, und vielleicht würden fie Eeinen großen Erfolg ges habt haben, wenn nicht durch neue DVeranlaffungen die üble Stimmung erhöht worden wäre. Zu den erften Familien Piſtojas gehörte die der Cancellieri. Es traf fich einft, daß Lore, Meffer Suglielmos, und Geri, Meffer Bertaccios Sohn, alle aus diefer Familie, beim Spiel zum Wortwech— fel famen, worauf Geri von Lore leicht verwundet ward. Der Vorfall mißfiel Meffer Suglielmo, und indem er durch dilde den Schaden zu heilen firebte, verfchlimmerte er ihn. Er befahl feinem Sohne, zu dem Bater des VBerwundeten ins Haus zu gehen, und ihn um Verzeihung zu bitten. Lore gehorchte feinem Vater; aber diefe wohlgefinnte Hand: lung befänftigte nicht im mindeften Mefler Bertarcios raus bes Gemüth; er ließ Lore ergreifen, und ihm, zu größerem Schimpfe, von feinen Dienern auf einem Eßtiſche die Hand abbauen, mit den Morten: Fehre zurück zu deinem Vater, | und fag’ Ihm, daß Wunden mit dem Eifen, nicht mit Wor; ten, geheilt werden, Die Sraufamfeit diefer That empörte Se — Meffer Guglielmo fo fehr, daß er die Seinigen zu den Waf- Jahr fen greifen ließ, um fie zu rächen; auch Meffer Bertaccio a bewaffnete fich zu feiner Vertheidigung; und nicht diefe Far milien allein, fondern ganz Piftoja gerierh in Zwiefpalt. Da nun die Cancellieri von einem Meſſer Cancelliere abſtamm— ten, der zwei Gattinnen gehabt hatte, deren eine Blanca hieß, fo nannte fich die eine Parthei zu Gunften derer, die von ihr abftammten „ die. Weife (blanca) und die andere ward, um einen jener entgegengefezten Namen zu erhalten, die Schwarze genannt. Zwifchen diefen erfolgten zu ver- fchiedenen Zeiten vielfahe Kämpfe, wobei viele Menfchen getödter, viele Häufer zerjtört wurden; und da fie fich nicht verjöhnen Eonnten, fo gingen fie, müde des Unheils, und vol Verlangen, entweder ihrer Zwierracht ein Ende zu ma: chen, oder durch Entzweiung anderer noch weiter fie zu vers breiten, nad) Florenz. Die Schwarzen wurden, wegen ihr rer Verwandfchaft mit den Donati, von Meffer Corfo, dem Haupte diefer Familie, beguͤnſtigt; daher Fam es, daß bie Weißen, um eine mächtige Stüze zu erlangen, die gegen die Donati fie aufrecht erhielte, fih an Meffer Veri de Cerchi wandten, einen Mann, der Meffer Eorfo in Eeiner Ruͤckſicht nachftand, Diefer Zwift, der von Piftoja heruͤber am, fchärfte den alten Haß zwifchen den Cerhi und den Donati; und er zeigte ſich ſchon fo offenbar, daß die Prioren und die andern guten Bürger jeden Augenblick beforgten, daß es zwifchen ihnen zum Blutvergießen Eommen, und dem zufolge. die ganze Stadt in Zwietracht gerathen möchte. Sie wandten fich deshalb an den Pabft, mit der Bitte, daß er fein An: fehen anmwende zur Hebung diefer Zwiftigfeiten, die fie allein auszugleichen nicht vermöchten, Der Pabft ließ alfo Meſſer Veri vor fih fordern, und legte ihm auf, mit den Donati Friede zu fchließen. Meſſer Beri zeigte fich hierüber ver; — 102 — Jahr wundert; er habe, fagte er, mit jenen nicht die mindefte 7309. Feindſchaft; der Frieden feze den Krieg voraus, und da zwiz ihen ihnen kein Krieg beftehe, jo Fünne er die Nothwendig— keit eines Friedens nicht einfehen. : Da alſo Meſſer Veri ohne weitere Entjcheidung von Nom zurüdkehrte, fo ftieg die Erbitterung zu einem ſolchen Grade, daß der mindefte Zufall fie zum Ausbruch bringen fonnte, wie es denn auch seichah. Es war im Monat Mai, zu welcher Zeit man, befonvers an Feſttagen, in Florenz fich öffentlich‘ beluftigt, als einige Sünglinge von den Donati mit ihren Freunden zu Pferde dicht bei St. Trinitat fill hielten, um dem Ball: fpiele dev Damen zuzufehen. Einige von den Cerchi, eben: falls von vielen Adlichen begleitet, kamen hinzu, und da fie die Donati, die vorne waren, nicht. erkannten, gaben fie, gleichfalls zuzufehen begierig, ihren Pferden die Sporen und fließen jene. Die Donati zogen, fih für beleidigt haltend, ihre Degen, und die Cerchi begegneten ihnen wader, worauf fie nad vielen gegebenen und empfangenen Wunden fich trennten. Diefe Unordnung war der Urjprung vielen Unz heils, denn die ganze Stadt, ſowohl das Volk, als die Großen, trennten fih, und die Partheien nahmen die Nas men Weiße und Schwarze an. Die Häupter der weißen Parthei waren die Cerchi, und an dieje fchloffen fich die Adimari, die Abati, sein Theil der Tofinghi, der Bardi, der Kofi, der Freſcobaldi, der Nerli und der Mannelli, alle Mozzi, die Scali, die Gherardini, die Cavalcanti, die Ma: lefpini, DBoftihi, ©iandonati, Venhietti und Arrigucci. Hierzu kamen noch viele bürgerliche Familien nebſt allen in Florenz befindlichen Ghibellinen; jo daß fie wegen der großen Anzahl der zu ihrer Darthei gehörigen die Regierung der Stadt faft ganz in Händen hatten, Die Donati. waren an dererjeits die Häupter der Schwarzen Parchei und an fie ſchloſ— fen fich diejenigen Glieder der obengenannten Familien, die nicht zu den Weißen gehörten. Außerdem noch alle Jahr die Bisdomini, die Manieri, die Bagnefi, die Tornaguinei, Spini, DBuondelmonti, Gianfigliazzi, Brunelleshi. Sa diefer Haß vergiftete nicht. sallein die Stadt, fondern ver: breitete auch Zivietracht durchs. ganze Land, Die Stadt bauptleute und jeder, der: die Guelfifche Parthei und den, Staat liebte, befürchtete daher lebhaft, daß diefe neue Iren: nung zum Antergange: der. Stadt. die Ghibellinische Parthei wieder. erheben möchte; ſie fandten deshalb eine neue Bet: Schaft an den Pabſt Bonifacius, daß er auf ein Rettungs— mittel bedacht fein möchte, wenn er nicht wolle, daß diefe Stadt, die immer der Kiche zum Schilde gedient habe, entweder uuterginge,: oder Shibellinifch werde, Der Pabft fandte deshalb Matteo d'Aquaſparta, einen portugiefifchen Kardinal, als Legaten nach ‚Florenz. Diefer aber fand fo vielen Widerfland bei der Parthei der: Weißen, ‚welche, weil fie fich für die mächtigere hielt, am wenigften Furcht zeigte, daß. er: Florenz voll Zorn verließ, und mit dem Bann be: legte, ‚jo daß die Stadt in größerer Zerrüttung blieb, als fie vor feiner Ankunft gewefen war: Da nun die Gemüther, aller Einwohner aufs höchfte geſpannt waren, gefchah es, daß bei einem Leichenbegängniß, wobei. viele von. den Cerchi und von den Donati: zugegen waren, fie. in Wortwechſel, und von diefem zu den Waffen famen, woraus damals nichts als Tumult entftand; Nach: dem jeder zu feiner Wohnung zuruͤckgekehrt war, bejchloffen die Cerchi die Donati anzugreifen, und gingen ihnen in gro— Ber Anzahl entgegen, » wurden aber durch Meffer Eorfo’s Tapferkeit zuruͤckgeſchlagen und. ein großer Theil von ihnen verwundet; Die ganze Stadt war in Waffen; die Signoren und die, Gefeze waren von der Furie der Mächtigen befiegt, und die weiſeſten und beften Bürger von Bejorgniß erfüllt. Die Donati und ihr Anhang fürchteren mehr, weil fie me; a Jahr niger ſtark waren; um alfo für ihre Angelegenheiten zu for: 1300, 2501, gen, vereinte fih Meſſer Corſo mit den andern Häuptern der fchwarzen Parthei und den Stadthauptleuten, und fie beichloffen, fi) von dem Pabfte einen Mann aus Eöniglis chem Geblüte zu erbitten, der nad) Florenz kaͤme, die Re— gierungsform zu verbeffern; durch diefes Mittel hofften fie die Parthei der Weißen überwinden zu koͤnnen. Diefe Ver: fammlung und ihre Rathſchluß wurde den Prioren angezeigt, und von der feindlichen Parthei in dem übeln Lichte einer Verſchwoͤrung gegen die öffentliche Freiheit dargeftelt. Da nun beide Partheien in Waffen waren, fo faßten die Signo- ren, unter denen damals Dante war, duch feinen Nath und feine Klugheit Muth, und ließen das Volk zu den Waf— fen greifen, zu welchem fich dann noch viele Landberohner gejellten. Sie zwangen darauf die Häupter dev Partheien, die Waffen niederzulegen, und verwiefen Meffer Corſo Do: nati nebft vielen von der fchwarzen Parthei. Um aber zu zeigen, daß fie bei diefem Urtheil ganz unpartheiifch wären, verwiefen fie auch einige von der weißen Parthei, die nach— ber unter dem Scheine billiger Gründe zuruͤckkehrten. Meſſer Eorfo und feine Anhänger gingen, weil fie den Pabſt für ihrer Parthei günftig hielten, nah Nom, und überredeten ihn mündlich zu demjenigen, wovon fie ihm bes reits gefchrieben hatten, An dem Hofe des Pabftes hielt fih der Bruder des Königs von Franfreih, Karl von Balois, auf, der von dem Könige von Neapel nach Sstalien berufen war, um nah Sizilien überzufezen. Der Pabft hielt alfo für guet, ihn, auf das inftändige Bitten der ausgewanderten Slorentiner, auf fo lange nach Florenz zu fenden, bis die Ssahreszeit der Schiffahrt günftig wuͤrde. Karl kam aljo an, und obfchon die weiße Parthei, melde die Regierung in Händen hatte, gegen ihn argwoͤhniſch war, fo wagte; fie doch, weil er das Haupt der Guelfen und vom Pabfte ge: — 105 — ſandt war, nicht, ſeine Ankunft zu verhindern, ſondern gab Jahr ihm, um ihn ſich zum Freunde zu machen, Vollmacht, nach leg feiner Einfiht über die Stadt zu walten. Karl, da er diefe Bollmaht erhalten hatte, ließ alle feine Freunde und An— hänger bewaffnen, .und flößte dadurch dem Volke fo großen Argwohn ein, er wolle daffelbe feiner Freiheit berauben, daß jedermann zu den Waffen griff und in feinem Haufe blieb, um gleich bereit zu fein, wenn Karl die mindefte Bewegung machte. Die Cerhi und die Häupter der weißen Parthei waren, weil fie eine Zeit lang Häupter der Regierung ge: wefen waren, und fih hochmüthig betragen hatten, allge: mein verhaßt geworden, und diefes gab Meſſer Corſo und den amdern ausgewanderten Schwarzen den Muth, nad Florenz zu fommen, bejonders da fie wußten, daß Karl und die Stadthauptleute fie begünftigen würden. Da nun die Stadt aus Argwohn gegen Karl in Waffen war, ruͤckte Meſſer Corſo mit allen Ausgewanderten und vielen andern, die ihm folgten, ohne daß irgend jemand ihn hinderte, in Florenz eins und obfhon Meffer Veri de Eerchi den Rath erhielt, ihm entgegen zu geben, fo weigerte er fich dennoch, dies zu thun, indem er fagte, er wolle, daß ihn das floren: tinifche Volk züchtige, gegen welches er fomme. Allein es erfolgte grade das Gegentheil, denn von dem Volke ward er aufgenommen ,. nicht gezüchtiget, und Meſſer Veri war genöthigt, zu feiner Nettung die Flucht zu ergreifen. Meſ— fer Eorfo nehmlih, nachdem er durch das Thor von Pinti eingedrungen war, ftellte fi bei St. Pietro Maggiore, nahe‘ bei feinem Pallafte in Ordnung, verfammelte viele Sreunde und Volk, das, nach Veränderung begierig, dort zufammenlief, und ließ es dann fein erftes Gefchäft fein, alle diejenigen aus den Gefängniffen zu nehmen, vie auß Öffentlichen oder Privaturfachen darin verfchloffen waren. Er zwang die Signoren, ſich als Privatleute in ihre Woh— Sahr 1501. — 206 — nungen zurückzuziehen; erwählte an ihrer Stelle Männer, die zu den neuen Bolfsfreunden und zu der fchwarzen Pars thei gehörten; und machte fichs fünf Tage hindurch zum Geſchaͤft, die Vornehmſten der weißen Parthei zu plündern. Die Cerchi und die andern Häupter. ihrer Parthei hatten fi) aus der Stadt entfernt und in ihre feften Plaͤze zurück gezogen, weil fie Karl fich abgeneigt und den größten Theil des Bolfs feindfelig fahen. Statt daß fie vormals nie dem Harhe des Pabſtes hatten folgen wollen, waren fie nun ge zwungen, ihn um Hälfe zu erfuchen, indem fie ihm zeigten, daß Karl gefommen fei, Florenz zur Zwietracht, nicht zur Eintracht, zu führen. Der Pabft. fandte alfo von neuem 1502 feinen. Legaten, Meſſer Matteo d’Aquafparta, dorthin, der dem Frieden zwifchen den Cercht und den Donati zu Stande beachte, und ihn durch Verloͤbniſſe und Hochzeiten. befeftigte, Da er aber’ verlangte, daß die Weißen auch an den Aemtern Theil nehmen follten, verfagten die Schwarzen, welche die Regierung in Händen hatten, ihre Einwilligung; weshalb der Legat, : weder mit: größerer Zufriedenheit, noch mit ger vingerem Zorne, als das erfie Mal, abreifte, und die Stadt,. als eine ungehorfame, mit dem Interdikt belegt, verließ. linie Heide Partbeien blieben. alfo in Florenz, und beide mißvergnügt. Die Schwarzen. fürchteten,. weil fie die Ger genparthei ſich fo nah. ſahen, daß fie die verlorne Macht zu ihrem Untergange wieder. erlangen moͤchten; die Weißen ja hen fich ihrer Macht und ihrer Ehrenftellem beraubt; und zu dieſem Verdruß und: natürlichen Argwohn geſellten fi noch neue Beleidigungen. - Meffer Nikkolo de’ Cerchi gieng mit mehreren feiner Freunde auf feine Güter, und als er an die Brücke bei Affvico kam, ward er von Simon, Meſ— fer Corſo Donati’s Sohn, angegriffen. Dev Kampf war heftig, und nahm für‘ beide Theile ein beweinenswerthes Ende; denn Meſſer Niccolo ward getödtet, und Simon fo Jahr ſchwer verwunder, daß er in der folgenden Nacht ftarb, er Diefer Borfall beumruhigte von Neuem die ganze Stadt, und obihon die ſchwarze Parthei die größere Schuld daran hatte, ſo ward fie dennoch von der Regierung beichizt. Ehe noch das Urtheil darüber gefällt war, entdeckte fich eine Verſchwoͤrung zwifchen den Weißen und Meffer Peter Ferz vante, einem Vaſallen Karls, mit welchem fie den. Anſchlag machten, fich wieder an die Spize der Negierung zu ftellen, Die Sache fam durch Briefe, welche die Cerchi an jenen geichrieben hatten, ans Licht; indeffen war man der Meiz nung, daß diefe Briefe falfch, und von den Donati unter: gefchoben wären, um die Schande zu bedecken, die fie durch Meffer Niccolos Tod fic) zugezogen hatten. Man verwies alfo die Cerchi, mebft ihren Anhängern von der weißen Parthei, unter denen auch der Dichter Dante war, brachte ihre Güter zum öffentlihen Verkauf, und zerftörte ihre Haͤuſer. Sie zerftreuten fich nebft vielen Ghibellinen, die fih zu ihnen gefelle hatten, am vielen’ Orten, durch neue Arbeit: neues Glück ſich ſuchend. Karl aber, nachdem. er das vollbracht hatte, weshalb er nach Florenz gekommen war, veifte ab, und Fehrte zum Pabfte zurück, um jeine Unternehmung gegen Sizilien zu verfolgen, bei welcher er weder weifer noch befier, als in Florenz, fich zeigte; fo daß er nach dem DBerlufte vieler von den feinigen, mit Schimpf nach Frankreich kehrte. ' Der Zuftand von Florenz war nach Karls Abreife ziem: 13504. lich ruhig; nur Meffer Corſo war unruhig, weil er im Staate nicht den Rang zu haben glaubte, der ihm nach) feiner Meinung zukam, fondern vielmehr, da die Regierung — bürgerlich war, die Staatsverwaltung in den Händen vieler Leute ſah, die ihm an Gebnrt nicht gleich. Famen. "Durch dieſe Leidenfchaften getrieben, hoffte er der Unbilligkeit fei- — 108 — Jahr ner Geſinnung durch einen billig ſcheinenden Grund Billi— 250% gung zu verſchaffen, daher verlaͤumdete er alle Buͤrger, welche oͤffentliche Gelder verwaltet hatten, als wenn ſie die— ſelben zu ihrem Privatgebrauch verwandt haͤtten, und meinte, daß es wohlgethan ſein wuͤrde, ſie zu entdecken und zu be— ſtrafen. Dieſer ſeiner Meinung ſtimmten mehrere bei, die mit ihm gleiche Wuͤnſche hegten, und hierzu kam noch die Kurzſicht vieler andern, welche glaubten, Meſſer Corſo handle aus Liebe zum Vaterlande. Die verlaͤumdeten Buͤr— ger vertheidigten ſich von der andern Seite durch die Gunſt des Volkes, die ſie beſaßen, und die Uneinigkeit ſtieg zu einem ſolchen Grade, daß man vom glimpflichen Verfahren zu den Waffen uͤberging. Auf der einen Seite war Meſſer Corſo und Meſſer Lottieri, Biſchof von Florenz, nebſt vie— len Adlichen und einigen Buͤrgerlichen; auf der andern Seite waren die Signoren nebſt dem groͤßeren Theile des Volks; und ſo ward in mehreren Gegenden der Stadt ge— kaͤmpft. Die Signoren, da ſie ſich in ſo großer Gefahr ſahen, ſandten zu den Lukkeſern um Huͤlfe, und ploͤzlich war das ganze Volk von Lukka in Florenz, durch deſſen Anſehn denn fuͤr dasmal die Sache beigelegt, die Tumulte geſtillt wurden, und das Volk ſeinen Zuſtand und ſeine Freiheit erhielt, ohne weiter die Anſtifter der Unruhen zu beſtrafen. Der Pabſt hatte die Tumulte von Florenz vernommen, und um ſie zu ſtillen, ſandte er Meſſer Nikkolo de Prato ſeinen Legaten dahin. Dieſer, ein Mann, der durch ſeinen Rang, ſeine Gelehrſamkeit, und ſeine Sitten im hoͤchſten Rufe ſtand, erwarb ſich bald ein ſo großes Zutrauen, daß man ihm Vollmacht gab, eine Regierung nach ſeiner Einſicht feſtzuſezen. Da er nun durch ſein Vaterland zu den Ghi— bellinen gehoͤrte, ſo hatte er im Sinne, die Ausgewanderten in ihre Vaterſtadt wieder einzuſezen. Vorher aber wollte er das Volk für fih geminnen und flellte deshalb die alten Jahr Bürgereompagnien wieder ber, welche Einrichtung die Macht er des Volkes jehr vermehrte und die der Großen verringerte. Da nun der Legat glaubte, fich die Menge verpflichtet zu haben, fo befchloß er, die Nückehr der Ausgewanderten zu bewirfen; er verfuchte dies auf mancherlei Wegen, aber nicht nur gelang es ihm auf feinem, ſondern er ward aud) denen, die die Regierung in Händen hatten, fo verdächtig, dag er genöthigt ward, abzureifen. Aufgebracht kehrte er alfo zum Pabfte zuruͤck, und ließ Florenz voll von Verwir— rung und mit dem Interdikt belegt. Nicht durch Eine Spaltung nur, fondern durch) viele, war jezt die Stadt zer: rüttet, denn in ihr wohnte Feindfchaft zwifchen dem Volk und den Adlichen, den Shibellinen und Guelfen, den Mei; Ben und Schwarzen. Die ganze Stadt war daher in Waf— fen, und mit Kämpfen erfüllt; denn viele waren auch, da fie die Rückkehr der ausgewanderten wänfchten, über des Legaten Abreife mißvergnügt. Diejenigen unter diefen, welche zuerſt Unruhe erregten, waren die Medici und die Giugni, die ſich mit dem Legaten zu Gunften der Ausge: wanderten verftanden hatten. Man Eämpfte alfo in mehre: ven Gegenden von Florenz. Zu diefen Uebeln gefelfte fich eine Feuersbrunft, welche bei dem Garten St. Michael in dem PDallaft der Abati ausbrach, von da aus den Pallaft der Caponſacchi anzuͤndete, und diefen nebſt denen der Amieri, Tofhi, Cipriani, Lamberti, Cavalcanti, und den ganzen neuen Markt in Afche legte; von bier aus zog fie fi) nach dem Ihore St. Maria, verzehrte es ganz, und verbrannte, von der alten Brüde herum kommend, die Pals läfte der Sherardini, Pulci, Amidei und Lucardefi, nebft fo vielen andern Häufern, daß die Anzahl derfelben fid auf 1200 oder mehr belief. Nach der Meinung vieler war diefe Seuersbrunft durch Zufall in der Hize des Gefechtes ent: — AO — Jahr ſtanden; andre behaupten, daß ſie von Neri Abati, Prior 34 von St. Pietro Scaraggio, einem zuͤgelloſen und ſchaden— frohen Menfchen, angelegt worden fei, der, da er das BolE im Kampf begriffen ſah, eine Schandthat vollbringen wollte, deren übeln Folgen die Menfchen, weil fie ander: mweitig in Ihätigfeit waren, nicht abbelfen fünnten, und deshalb, damit es ihm beffer gelinge, Feuer in die Mohr nungen feiner Genoſſen legte, wo er es mit der meiften Dequemlichkeit thun Fonnte. Es war im Sahre 1304, im Monat Suli, als Florenz vom Feuer und Schwerde fo verz wüftet ward. Meſſer Corſo Donati allein bewafnete fich nicht bei diejen großen Unruhen, indem er urtbeilte, daß er um fo leichter Schiedsrichter beider Partheien werden wurde, fobald fie, müde des Kampfs, fich zu Berträgen bequemten. - Dennoch legte man die Waffen, mehr durch Weberdruß an dem Uebel, als durch eine unter den Partheien bewirkte Vereinigung bewogen, nieder, und die einzige Folge davon war, daß die Empörten nicht wiederfehren durften, und daß die Parthei, die fie begünftigte, unterlag. Der Legat, als er nach Nom zurüdgefehre war, und die neuen in Florenz erfolgten Unruhen vernahm, uͤberre— dete den Pabſt, daß, wenn er diefe Stadt zur Eintracht führen wollte, er nothwendigerweife zwölf von den vornehm— fien Bürgern derfelben müffe zu fi) Eommen laffen; und wenn man auf diege Weile dem Uebel feine Nahrung entzo— gen habe, könne man hoffen, es um fo leichter zu vertilgen. Der Rath ward von dem Pabfte angenommen, und die be rufenen Bürger, unter denen fich auch Meſſer Corſo Do— nati befand, waren gehorfam. Nac) ihrer Abreiſe ließ der Legat den Ausgewanderten andenten, daß jezo, da Florenz feiner Häupter beraubt fei, der Zeitpunfe wäre, dahin zu: vüc zu kehren. Die Ausgewanderten Famen aljo, nachdem fie fich geräfter, mach Florenz, ruͤckten durch die noch un — Br vollendeten Mauern in die Stadt, und drangen bis zu- dem Jahr Plaze St. Johann vor. Demerfenswerth war es, daß a diejenigen, die kurz zuvor für ihre Ruͤckkehr gekämpft. hat: ten, als fie noch unbewaffnet um Aufnahme in die Water: ſtadt flehten, jezt, da fie fie gerüfter und mit Gewalt die Stadt einzunehmen gefonnen fahen, die Waffen wider fie ergriffen; um fo viel höher achteten jene Bürger das Ger meinmwohl, als die FSreundjchaft einzelner. Mit dem ganzen Volk vereint zwangen fie fie, dahin zurückzukehren, woher fie gefommen waren, Die Unternehmung der Ausgewans derten mißlang, weil fie. einen Theil ihrer Truppen bei Laſtra zurücgelaffen, und weil fie Meſſer Tolofetto Uberti, der mit dreihundert Pferden von Piftoja kommen follte, nicht erwartet hatten, indem fie eher durch Schnelligkeit als durch Kraft den Sieg davon zu tragen hofften. So ger fchieht es bei folchen Unternehmungen häufig, daß durch zoͤ⸗ gern die Gelegenheit, duch Eil die Kraft verloren geht, Nah der Empdrten Abzuge fiel Florenz in feiner alte Zwiefpale zuruͤck, und um der Familie der Cavalcanti ihre Macht zu entreißen, nahm das Volk ihr mit Gewalt die Stinhe (Bergrüden) ein feftes Schloß in dem Val di Grave, und von alters ber ein Beſizthum jener Familie. Weil nun diejenigen, die man darin gefangen nahm, die erfien waren, welche in die vorher neu erbauten Gefäng: nifje gejezt wurden, ſo ward nachmals diejer Drt nad) dem Schloſſe, woher fie kamen, le Stinche genannt, und beißt auch jezt noch ſo. Diejenigen, welche damals an der Spize 1307. der Republik ftanden, erneuerten auch die Bürgercompag: nien und gaben ihnen die Fahnen, da fie fich vormals un: ter denen der Zünfte vereinigt hatten; die Anführer wurden Gonfalonieren der Compagnien und Kollegen der Signoren genannt, und fie follten die Signoria bei Unruhen mit den Waffen, im Frieden mit ihrem Nathe unterftizen. Zu den — A Sahr vormaligen beiden Rektoren fügte man noch einen Erefutor, 07 · der mit den Gonfalonieren gemeinfchaftlich ſich dem Webers muth der Großen entgegen ftellen follte. Während dieſes gefchah, war der Pabft geftorben, und Meffer Eorfo und die anderen Bürger von Nom zurück ges £ehrt. Die Stadt wiirde einiger Ruhe haben genießen koͤnnen, wäre fie nicht durch Meſſer Corſo's unruhiges Gemüth von neuem zerrüttet worden. Diefer hatte, um fich Anfehn zu verfchaften, den Meinungen der Mächtigen fi) immer entgegen gezeigt, und immer auf die Seite, zu welcher er das Volk fih neigen ſah, auch fein Anfehn bingewandt, um in der Gunft defjelben zu fleigen; ſo daß von allen Zwiftigkeiten und Neuerungen er das Haupt war, und zu ibm alle diejenigen ihre Zuflucht nahmen, die irgend eine außerordentliche Abficht zu erreichen firebten. “Dieferhalb ward er von vielen angefehenen Bürgern gehaßt, und diefer Haß flieg in einem folchen Grade, daß die Parthei der Schwarzen in eine offenbare Spaltung zerfiel; denn Mefler Corſo ſtuͤzte fih auf Mache und Einfluß der Einzelnen, und die Gegner auf den Staat, Indeſſen war das Anfehen, das feiner Perfon eigen war, fo groß, daß jedermann ihn fürdtete. Um ihm jedoch die Gunſt des Volfes zu entzie ben, welche man auf diefem Wege fehr leicht auslöfchen kann, fireuten die Gegner aus, daß er die Oberherrſchaft an fich reißen wolle; und dies fand um fo leichter Glauben, da feine Lebensart das bürgerlihe Maag bei weiten über: ftieg. Die Wahrfcheinlichkeit diefer Meinung ward dadurch fehr erhöht, daß er eine Tochter des Uguccione della Fag— giuola geheirathet hatte, der ein Haupt der Ghibellinen und Weißen, und in Toskana fehr mächtig war, 1308. Diefe VBerfchwägerung gab, da fie befanne wurde, felr nen Gegnern Muth; fie ergriffen gegen ihn die Waffen; und das Volk ward durch die nehmlichen Urfachen verhins dert ihn zu vertheidigen; ja der größte Theil deffelben fchlug Jahr fih vielmehr zu feinen Feinden. Die Häupter feiner Ge: 1308. 'genparthei waren Meſſer Roſſo della Tofa, Meffer Pazzino de Pazzi, Mefier Gert Spini, und Meffer Berto Brunel: leſchi. Diefe, mit ihren Anhängern, und dem größten Theile des Volks, verfammelten ſich bewaffnet am Fuß des Pallaftes der Signoren, auf deren Befehl dem Hauptmanne der Bürger, Meffer Piero Branca, eine Anklage gegen Meſſer Corſo eingehändige ward, als gegen einen Mann, der mit Ugucciones Huͤlfe fih zum Oberherrn machen wolle; auf diefe Anklage ward er vorgeladen, und darauf, als nicht erfcheinender für einen Rebellen erklärt. Zwifchen der Anklage und dem Urtheil verlief nicht mehr Zeit, als zwei Stunden. Nachdem fir dies Urtheil gefprochen, giengen die Signoren mit den Bürgercompagnien unter ihren Fahnen, ihn aufzufuchen. Meffer Eorfo von der andern ©eite, den weder der Abfall vieler der feinigen, noch das gefprochne Urtheil, noch das Anfehen der Signoren, noch die Menge feiner Feinde verlegen machte, befeftigte fich in feinem Pat: lafte, in der Hoffnung, fich darin fo lange vertheidigen zu fönnen, bis Ugucrione, zu dem er gefandt hatte, ihm zu Hülfe Fame. Seine Wohnung und die Wege rings um die: felbe waren von ihm verjperrt, und darauf von feinen Anz haͤngern befeſtigt worden; und dieſe vertheidigten ſie ſo leb— haft, daß das Volk, ſo groß auch ſeine Anzahl war, ſie nicht bezwingen konnte. Der Kampf war daher ſehr heftig und auf beiden Seiten viele Todte und Verwundete. Da nun das Volk ſah, daß es von der Ebne aus ihn nicht be— zwingen koͤnne, ſo bemaͤchtigte es ſich der Haͤuſer, die dem ſeinigen zunaͤchſt ſtanden, und drang, indem es dieſe durch— brach, auf ganz unerwarteten Wegen ihm in das Haus ein. Meſſer Corſo alſo, der ſich von ſeinen Feinden umringt ſah, und auf Ugucciones Huͤlfe ſich nicht mehr verließ, beſchloß, Erſter Theil. H Sahr 1308. Pe wı -_ DD ——— = da er auf den Sieg nicht mehr hoffte, fih nach einem Net tungsmittel umzufehen; er ftellte fich alfo mit Gherardo Bordoni und vielen andern ſeiner ſtaͤrkſten und vertrauteſten Freunde den Feinden entgegen; ſie griffen dieſelben an, und trieben ſie auseinander, ſo, daß ſie kaͤmpfend durchdringen konnten, und durch das Thor alla Croce aus der Stadt entfamen. Sie wurden jedoch von vielen verfolgt und She; vardo bei Affrifo von Boccacecio Cavicciulli getoͤdtet. Auch Meffer Corſo ward zu Novezzano von einigen catelanijchen Reutern, Soldaten der Signoria, eingeholt und verhaftet. Als er aber auf Florenz zu Fam, flürzte er fih, um nicht feinen fiegreichen Feinden ins Geficht zu fehen, und von ihr nen gemißhandelt zu werden, vom Pferde, und ward, da er auf dem Boden lag, von einem derer, die ihn führten, getödtet. Sein Körper ward von den Mönchen von St. Salvi aufgehoben, und ohne irgend eine Auszeichnung be; ftattet. Dies war das Ende von Meſſer Corſo, von dem das Vaterland und die Parthei der Schwarzen viel Gutes und viel Böfes empfing; wäre fein Gemuͤth ruhiger gewe— fen, fo würde fein Andenken glücklicher fein. Dennoch ver dient er unter die feltneren Bürger gezahlt zu werden, die unfre Stadt befeffen hat. Gewiß ift, daß feine Unruhe das Daterland und feine Parthei die Berpflihtungen, die fie gegen ihn hatten vergeffen machte, daß fie jo diefer, mie jenem viele Uebel, ihm felbft aber endlich den Tod zuzog. Uguccione, der feinem Schwiegerſohn zu Hülfe kam, hörte, als er zu Nemole anfam, daß Meſſer Corſo von dem Volke befämpft werde; da er nun glaubte ihm feinen Dienft-mehr leiften zu Eönnen, jo kehrte er, um nicht fich zu ſchaden, ohne jenem zu helfen, nach Haufe zuruͤck. Nach Meſſer Corfo’s Tode, der im Jahr 13508 erfolgte, ftillten fih die Unruhen, und man lebte in Frieden, bis die Nachricht Fam, daß Kailer Heinwich mir allen floventinifchen — 15 — Rebellen nad) Italien komme, und daß er ihnen verfpro: Jahr chen habe, fie in ihr Vaterland wieder einzuſezen. Die 3 Häupter der Regierung hielten es daher für wohlgethan, um weniger Feinde zu haben, die Anzahl der Vertriebenen zu vermindern, und fie befcehloffen daher, daß alle jene Em— pörte wieder eingefezt fein follten, "ausgenommen diejenigen, denen das Geſez die Nückkehr namentlich verbot. Es blieb demnach der größte Theil der Ghibellinen, und einige von der weißen Parthei ausgefchloffen, und unter diefen befand fih Dante Alighieri, Meffer Veri de'Cerchi's und Giano della Bella’s Söhne. Sie baten überdies den König No: bert von Neapel um Beiftand, und da fie denfelben nicht als Freunde erlangen konnten, übergaben fie ihm die Stadt auf fünf Jahre, auf daß er als feine Unterthanen fie ver: theidige. Der Kaifer nahm Bei feiner Ankunft den Weg über Pifa, und reifte über die Küftenländer nach Nom, wo er fih die Krone auffezte im Jahr 1312. Hierauf befchloß er, die Florentiner zu bändigen und kam über Peruaia und Arezzo nad) Florenz. Er Tagerte fich mit feinem Heere bei dem Klofter St. Salvi eine Meile von der Stadt, wofeldft 1313. er fich ohne den geringften Vortheil funfzig Tage aufbielt. Er gab daher den Entſchluß auf, den Zuftand diefer Stadt zu flören, und gieng nach Pifa, wo er fi mit Friedrich König von Sizilien zu einer Unternehmung gegen das Kb: nigreich Neapel verband, und mit feinen Truppen aufbrach. Als aber er fchon den Sieg’ hoffte, und der König Robert fchon feinen Untergang fürchtete, ftarb er zu Buonconvento, Bald darauf gefhah es, daß Uguccione della Faggiuola 1515, Herr von Pifa ward, und kurz nachher auch von Lukka, wo er auf Begunftigung der Ghibellinen eingefezt ward; und mit Hülfe diefer beiden Städte fügte er den Nachbarn beträchtlichen Schaden zu. Um fich davon zu befreien, ers baten fich die Florentiner von dem Könige Nobert, feinen H 2 — 116 — Jahr Bruder Peter, damit er ihre Heere anführe. Uguccione 35 ließ von der andern Seite, nicht nach, feine Macht zu ver mehren, und, hatte duch Gewalt und Lift viele Feften im Arnothal und im Ihal von Nievole eingenommen, Da er nun an die Belagerung von Monte Catini gieng,. hielten es die Slorentiner für,nöthig, diefer Fefte zu Huͤlfe zu kom— men, um zu vermeiden. daß diefes Feuer ihr ganzes Land verzehre. Sie fammelten alſo ein, großes Heer, . womit fie in das Thal von Nievole einruͤckten; kamen mit Uguccione zum Handgemenge, und wurden. nad) einem heftigen Kampfe geſchlagen, wobei Peter, der Bruder des Königs, getödter ward, deſſen Körper fich gar nicht wieder, fand, und mit ihm kamen mehr als zwölftaufend Mann um. Aber auch von Ugucciones Seite ward der Sieg nicht leicht gewonnen, denn es kam dabei einer feiner Söhne und viele andre Der fehblshaber des Heers ums Leben. 1516, Nach diefer Niederlage befeſtigten die — ‚alle ihre Städte in der Runde, und der ‚König. Robert. fandee ihnen als Heerführer den Grafen von Andria, Graf: No: vello genannt, durch. deflen Betragen, oder auch weil es den Florentinern angeboren. fein mag, daß jeder Zuftand ih— nen läftig. wird, ‚und jeder Vorfall fie uneinig macht, die Stadt, troz ihrem Kriege mit Uguceione, ſich in, Freunde und Feinde des Königs theilte. Die Haͤupter der. Feinde des Königs waren Mefler Simon della Loſo und die Maga; lotti nebſt gewiffen andern Bürgerlichen, welche in der Re gierung vor. den andern mächtig waren. Dieſe bewirkten, daß man nach Frankreich und bierauf nach Deutjchland fandte, um von dorther Befehlshaber und Truppen zu zie- ben, womit man fobald fie anfämen, den Grafen, des Kö; nigs Stadthalter, vertreiben fönnte, Der Zufall. aber wollte, daß fie diefe nicht erhalten Fonnten. Sie gaben indeffen ihren Plan nicht auf, und da fie jemand fuchten, den fie anbeten Fönntenz fo holten fie ihn aus Agobbio. Jahr Sie liefen nehmlich, nachdem fie den Grafen vertrieben bat: ri ten, Lando von Agobbio, als Erecutor, oder als Häfcher: bauptmann Fommen, und gaben demfelben volle Mache über die Bürger. Er war ein habfüchtiger und granfamer Mann; mit vielen Bewaffneten durchftrich er das Land, und nahm bald diefem bald jenem das Leben, nach der Willkuͤhr derer, die ihn erwähle hatten. Sa’ er gieng in feinem Webermuth fo weit, daß er eine falfche Münze mit dem florentinifchen Stempel prägen ließ, ohne daß jemand wagte, fih ihm zu widerjezen: zu einer folchen Macht hatte ihn die Zwietracht von Florenz erhoben! Diefe jo große und fo unglücliche Stadt hatte nicht das Andenken an vormalige Zwiftigfeiten, nicht die Furcht vor Uguceione, noch das Anfehn eines Kös nigs ſtandhaft machen können; und dies ſtuͤrzte fie in diefen unglüclihen Zuftand, da fie außerhalb von Uguceione be droht, innerhalb von Lando von Agobbio verheert ward. Die Freunde des Königes, und die Gegner Landos und ız17. feiner Anhänger waren adlihe und mächtige bürgerlihe Fa— milien, und fämtlich Guelfen. Weil aber ihre Gegner die Negierung in Händen hatten, fo Fonnten fie fich nicht ohne große Gefahr entdecken. Dennoch befchloffen" fie, ſich von einer fo ſchimpflichen Tyrannei zu befreien, und fehrieben' ins geheim an den König Robert, dag er den Grafen’ Guido da DBattifolle zu feinem Statthalter in Florenz ers nennen möchte. Der König that dies fogleich, "und wegen’ der trefflichen Eigenfchaften des Grafen wagte es die feind- liche Partei nicht, fich ihm zu widerfezen, obgleich die— Signoren dem Könige entgegen waren. - Dennoch) hatte er nicht viel Einfluß, denn die Signoren und die Gonfalonier ven der Kompagnien begünftigten Lando und feine Parthei. Während man zu Florenz in dieſen Unruhen lebte, veifte die Tochter König Alberts aus Deutſchland durch, welche — 18 — Sant zu ihrem Gemahle Kark, dem Sohne König Roberts gieng. * Sie ward von den Sreunden des Königs hoch ‚geehrt, und fie beklagten fich bei ihr, über den Zuftand der Stadt und über die Tyrannei Landos und feiner Anhänger; hierdurch ward, noch ehe fie wieder abrreifte, durch ihre Beguͤnſti— gung umd durch diejenigen, welche der König dazu beitellt hatte, eine Vereinigung der Bürger bewirkt, dem Lando feine Macht genommen, und er mit Beute und Blut bela, den nach Agobbio zurückgefandt. Dei der Umfchaffung der Regierung ward die Herrfchaft dem Könige auf drei Jahr verlängert, und weil fchon fieben Signoren von der Pars thei des Lando erwählt waren, fo wurden noch fechs von der Parthei des Königs erwählt; es folgten auch auf diefe noch einige Nathsverfammlungen vor dreizehn Signoren. Jrachher aber warden fie, dem alten Gebrauch zufolge wie: der auf fieben eingefchränft. In diefer Zeit ward dem Uguccione die Herrſchaft von Lukka und Piſa entriffen; und Caſtruccio Caſtracani ftieg von einem Bürger, zum Herrn derfelben. Er war ein Fühz ner und wilder Süngling, und in feinen Unternehmungen begluͤckt; daher ward er in ſehr £urzer Zeit bas Haupt der Shibellinen in Toskana. Die Florentiner legten deshalb ihre bürgerlichen Zwoiftigfeiten auf mehrere Sabre beifeite, und dachten erftlich darauf, wie fie den Anwachs von Ca; firuceios Macht verhindern, und hernach, als fie wider ih: ven Willen gewachfen war, wie fie fich davor vertheidigen möchten. Damit nun die Signoren mit größerer VBorficht berathichlagen und mit ftärferer Macht ihre Befchlüffe voll ziehn möchten, erwählten fie zwölf Bürger, welche fie Gute Männer nannten, : und ohne deren Rath und Zuftimmung die Signoren Feine wichtige Angelegenheit vornehmen folk: ten... Inzwiſchen war das Ende von König Roberts Herr— fchaft herangefommen ; die Stadt, wieder. Herrin ihrer felöft, ftellte die alte Einrichtung mit den gewöhnlichen Rek- Jahr toren und Dbrigkeiten wieder ber; und die große Furcht, > die fie vor Caſtruccio hatte, erhielt fie in Einigkeit. Diefer griff nach vielen Unternehmungen gegen die Herren von Pu: nigiana, Prato an. Die Florentiner befchloffen alſo, die: 1325: jem Drt zu Hülfe zu kommen, fchloffen ihre Faden, und giengen in Maſſe dorthin. Zwanzigtaufend Mann zu Fuß, und ein taufend fünf hundert zu Pferde verfammelten fich, und um dem Cafteuceio die Macht zu entziehen und dadurch die ihrige zu vermehren, ließen die Signoren durch öffent: lichen Ausruf anzeigen, daß jeder Guelfifche Rebell, der zur Hülfe von Prato herbeifäme, nad) Vollendung der Un: ternehmung in fein Vaterland wieder eingefezt werden folfe ; wodurch vier tanfend Nebellen fih einfanden. Diejes jo zahlreiche und mit jo großer Schnelligkeit nach Prato ge führte Heer beftürzte Caftruccio jo jeher, daß er ohne fein Gluͤck auf-ein Gefecht anfommen zu laffen, fich nad) Lukka zuruͤckzog. Hierdurch entftand im florentinifchen Lager zwi— fchen dem Adel und dem Volk ein Zwift; diefes wollte ihr verfolgen, um ihn zu befämpfen und zu vernichten; jener wollte zurückkehren, indem er behauptete, es jei fhon genug, daß man Florenz in Gefahr gefezt habe, um Prato zu befreien, welches zwar vecht gethan gewefen fei, weil es die Noth erfordert habe; jezt aber da diefe verſchwunden fei, müffe man das Gluͤck nicht auf die Probe ſezen, weil dabei wenig zu gewinnen und viel zu verlieren ſei. Die Entſcheidung ward, da man fich nicht vereinigen Eonnte, den Signoren übertragen, in deren Berathſchlagungen fich ‚Bald die nehmliche Uneinigkeit zwijchen Adel und Volk zeigte. As die Sade in der Stadt befannt ward, verfammelte ſich auf dem Plaze viel Volk, das fehr drohende Worte ge: gen die Großen ausftieß, jo daß diefe aus Furcht endlich nahgaben. Da diefe Maafregel indeflen erft fpat und von — — Jahr vielen mit Widerwillen genommen wurde, fo bekam der I ind dadurch Zeit, fich ficher nad) Lukka zurück zu ziehen. Diefe Unordnung erbitterte das Volk fo fehr gegen die Großen, daß die Signoren den Ausgewanderten das ihnen auf des Adels Geheiß und Antrieb gethane Berfprechen nicht halten» wollten. Die Ausgewanderten, die dies vor— herſahen, beſchloſſen, dem zuvor zu kommen, und zeigten fih, um zuerſt in Florenz einzudringen, früher als das Heer an den TIhoren der Stadt. Doc, die Unternehmung mißlang ihnen, weil man fie vorausgefehen hatte, und fie wurden von denen, die in Florenz geblieben waren, zurüdz gefchlagen. Um indeffen zu verfuchen, ob fie durch Unter— handlung fich verfchaffen könnten, was fie durch Gewalt nicht hatten erlangen Eönnen, fandten fie aht Männer als Sefandte hinein, um die Signoren an das gegebne Wort, und an die Gefahr zu erinnern, der fie fih im Vertrauen auf daffelbe ausgefezt hätten, in der Hoffnung dafür die Belohnung zu erhalten, die ihnen verfprochen worden fei. Obgleich nun die Adlichen, die fich als die Schuldner bei diefer Verpflichtung anſahen, weil fie insbefondere dasjenige verjprochen, wozu fih die Signoren verpflichtet hatten, fih zu Gunften der Ausgewanderten die aͤußerſte Mühe gaben; fo Eonnten fie es dennoch wegen des Verdrußes, den die Menge darüber empfand, daß man den Sieg gegen Ca: firuecio nicht fo weit, als man gekonnt hätte, verfolgt hatte, nicht durchjezen; was denn zum Nachtheil und zur Unehre der Stade ausfiel. Viele von den Adlichen, die hierüber erzürne waren, verfuchten durch Gewalt zu erlan— gen, was ihren Bitten verfagt wurde; fie verabredeten mit den Ausgewanderten, daß fie bewaffnet an die Stadt fom: men follten, während fie felbft innerhalb zu ihrer Unters fiüzung die Waffen ergreifen würden. Die Sache ward aber vor dem beſtimmten Tage entdeckt; die Ausgewanderten fans — 121 — den die Stadt in Waffen, und bereit ſowohl die ausmwärti- Fahr gen Feinde zu bändigen, "als auch die innern fo in Furcht I zu fezen, daß feiner wagen möchte, die Waffen zu ergrei fen; fie gaben alſo ohne den mindeften Erfolg ihre Unter; nehbmung wieder auf. Nach ihrem Abzuge wuͤnſchte man diejenigen zu befivafen, die an ihrem verfuchten Angriff ſchuld gewefen waren; obgleich aber ein jeder wohl wußte, wer die fihuldigen waren, fo hatte doch Feiner den Muth, fie zu nennen oder gar fie anzuflagen. Um indefjen die Wahrheit, ohne Anfehn der Perfon, zu erfahren, fo ward bejchloffen, dag in den Nathsverfammlungen ein jeder den Namen der Schuldigen aufjchreiben Eönnte, und daß die gefchriebenen Namen insgeheim dem Hauptmanne vorgelegt werden follten. Hierdurch zeigten fih Meſſer Amerigo Donati, Meſſer Teghiajo Frescobaldi, und Meffer Lotte ringo Sherardini als Angeklagte; weil fie indeß einen guͤn— figeren Nichter fanden, als ihre Fehitritte wohl verdienen mochten, fo wurden fie zu Geldftrafen verurtbeilt. Die Aufftände, welche in Florenz bei der. Ankunft der Nebellen an den Thoren entftanden, bewiejen, daß ein einz ziger Anführer für die Bürgerfompagnien nicht hinreichte; man bejchloß daher , daß in Zukunft eine jede drei oder vier Haͤupter haben jollte, und fügte jedem Gonfaloniere zwei oder drei Männer, die man Fähnriche oder Pennonieri nannte, bei; damit, fobald es die Noth erforderte, da, wo die ganze Kompagnie fich nicht zu verfammeln brauchte, ein Theil derfelben unter einem Anführer gebraucht werden koͤnne. Wie es nun in allen Republiken zu gejchehen pflegt, daß immer nad) irgend einem Vorfalle einige alte Gefeze aufges hoben, andere erneuert werden, fo ließen ſich auch bier, flott dag vormals die Signoria fich felbft von Zeit zu Zeit erwählt hatte, die damaligen Signoren und Kollegen, weil fie große Gewalt hatten, Vollmacht geben, die Sianoren, Jahr 1523. 1325. welche für die naͤchſten 40 Monate im Rathe ſizen follten, zu ernennen, deren Namen fie dann in einen Beutel war: fen, und fie alle zwei Monate herauszogen. Ehe aber das Ende der 40 Monate herankam, wurden fchon wieder neue Namen hineingeworfen, weil viele Bürger zweifelten, daß die ihrigen fehon in dem Beutel wären. Hieraus entfprang die Einrichtung, daß man auf lange Zeit die Namen der Magiftvatsperfonen, fowohl in als außer der Stadt, auf diefe Art in einem Beutel fammelte, ftatt daß vorher am Ende der Verwaltung die NRathsverfammlung ihre Nachfol: ger erwählte; und diefe Imborſationen oder Sammlungen der Namen in einem Beutel, wurden nachher Squittini genannt. Da fie nun alle drei oder aufs längfte alle fünf Jahre vorgenommen wurden, jo ſchienen fie der Stadt Un: annehmlichfeiten zu erjparen, und die Urjach zu vielen Tu: multen aufzuheben, welche bei Erwählung einer jeden Obrigs feit durch die Menge der Mitwerber zu entftehen pflegten. Und weil man dem Uebel nicht anders vorzubeugen wußte, ſo wählte man diefen Ausweg, ohne die Mängel einzufehen, die unter diefem geringen Vortheil verborgen waren. Indeſſen war das Jahr 1325 berangefommen und Ca— ſtruccio, der Piftoja eingenommen hatte, war fo mächtig geworden, daß die Florentiner, vor feiner Macht beforgt, bejchloffen, ihn anzugreifen, che er fih in der Herrfchaft von Piftoja feftgefezt hatte, und daflelbe aus feiner Gewalt zu reißen. Sie fammelten daher ein Heer aus Bürgern und Bundesgenoffen von zwanzigtaufend Fußgaͤngern und dreitanfend Reutern, und mit diefen lagerten fie fich bei Altopafeio, um diejes einzunehmen, und dadurch Caftruceio zu verhindern, daß er Piltoja nicht zu Hülfe fommen konn— te. Es gelang den Florentinern, den Drr einzunehmen, und darauf gingen fie auf Lukka zu, indem fie das Land verheerten. Durch die geringe Klugheit aber, und noch ge ringere Treue des Hauptmanns machten fie Feine großen Jahr Fortſchritte. Meſſer Ramondo de Cardona war damals 135 Hauptmann. Dieſer hatte gefehen, daß die Slorentiner Bis: ber ſehr freigebig mit ihrer Freiheit umgegangen waren , in: dem fie diefelbe bald dem Könige, ‚bald den Legaten, Bald auch Männern von noch geringern Anfprüchen hingegeben hatten, und meinte daher, wenn er fie in irgend eine Noch führte, fo fönnte es leicht fommen, daß fie ihn zum Fürs ffen machten. Er ermangelte daher nicht, oftmals daran zu erinnern und zu fordern, daß. man ihm in der Stadt die nehmliche Gewalt bewillige, die ihm über die Truppen gege: ben war, indem er zeigte, daß er fonft nicht diejenige Folg: famfeit erlangen £önnte, die einem Feldherrn noͤthig fei. Da ihm diefes nun die Florentiner nicht zugeftanden, fo 36: gerte er, und verfchwendete viel Zeit, und dieſe gewann Caſtruccio, indem die Hülfsvölfer zu ihm fließen, die ihm von den Viscontt und den andern Fürften der Lombardei verfprochen worden waren; er hatte nun eine flarfe Mache beifammen, fo daß Meffer Namondo, der vorher aus Manz gel an Nedlichkeit nicht zu fiegen wußte, jezo aus Mangel an Klugheit fih auch nicht zu retten verſtand; fondern, da er mit feinem Heer langfam vorrücdte, von Caſtruccio nahe bei Altopafeio angegriffen, und nad einem heftigen Kampf gefchlagen wurde. Viele Bürger blieben gefangen und todt, und unter lezteren war auch Meffer Namondo, der für feine Untreue und feine verderblichen Nathichläage vom Schickfale die Strafe erlitt, die er von den Florentinern verdient hatte. Das Leid, das Caſtruccio nach dem Siege: den Florentinern zufügte an Beute, Gefangenen, VBerwüftung und Verbren— nung würde. man gar nicht befchreiben koͤnnen, denn, ohne daß fich ihm irgend jemand entgegen flellte, ging-und ritt er mehrere Monate: hindurch, wohin er immer wollte, und die Slorentiner waren nach einer fo großen Niederlage fehr zur Jahr 1525, 1326, 1527. — 124 — frieden, nur ihre Stadt retten zu koͤnnen. Dennoch wur— den ſie nicht ſo kleinmuͤthig, daß ſie nicht die noͤthigen Geld— ſummen angeſchafft, Truppen in Sold genommen und zu ihren Freunden um Huͤlfe geſandt haͤtten. Doch, einen ſo ſtarken Feind zu zuͤgeln, war keine Vorkehrung hinreichend. Sie waren daher genoͤthigt, Karl, Herzog von Kalabrien, einen Sohn des König Robert, zu ihrem Herrn zu erwaͤhlen, wenn fie wollten, daß er zu ihrer Vertheidigung herbeifäme; denn diefe Fürften, gewöhnt in Florenz zu herrſchen, woll— ten lieber den Gehorſam diefer Stadt, als ihre Freundfchaft annehmen. Da aber Karl in den Sizilianifchen Kriegen verwickelt war, und deshalb nicht kommen Eonnte, die Herr: fchaft der Stade zu übernehmen, fo fandte er Walter, einen gebornen Franzojen und Herzog von Athen, zu ihnen. Diez fer nahm als Statthalter des Herrn von der Stadt Befiz und ordnete die DObrigkeiten nach feiner Willkühr an. Doc war fein Betragen fehr befcheiden und feiner Natur fo ſehr entgegen, daß jedermann ihn liebte. Nach Beilegung der ©izilianifhen Kriege Eam Karl mit taufend Neutern nad) Florenz, wofelbft er im Juli- 1326 feinen Einzug hielt, und bewirkte durch feine Ankunft, daß Caſtruceio nicht mehr frei das floventinifche Land verheeren Eonnte. Doch die Macht, die außerhalb gewonnen ward, ging innerhalb verloren, und die Uebel, die die Feinde nicht mehr anthun Fonnten, erduls defe man von den Freunden, denn die Signoren thaten nihts ohne Einwilligung des Herzogs und im Laufe eines Sjahres zog er viermal hundert taufend Dufaten aus der Stadt, obgleich in den mic ihm gejchloffenen Verträgen nicht über zweimal hundert taufend beſtimmt worden waren. So groß waren die Koften, womit täglich bald er, bald fein Bater die Stadt befchwerte. | Zu diefen Uebeln gefellten fih noch neue Beforgniffe und neue Feinde, Die Ghibellinen in der Lombardei waren — 115 — duch Karls Ankunft in Toskana fo beſorgt gemacht, daß Fahr Galeazzo Visconti und die andern lombardifchen Zürften '3°7- duch Geld und VBerfprechungen Ludwig von Baiern, der gegen des Pabſtes Willen zum Kaiſer erwaͤhlt worden war, bewogen, nach Stalien zu fommen. Er kam nad der Lom- bardei, von da nad Toskana, und bemächtigte, fich mit Ca: ſtruccio's Hülfe der Stadt Pifa, von wo aus er, mit: neuem Gelde verjehen, gegen Nom zog. Hierdurch ‚bewirkte «er, daß Karl, für das Königreich beſorgt, von Florenz. abreifte, und Meſſer Philippo da Saggineto als feinen. Statthalter zuruͤckließ. Mach des Kaifers Abzuge bemächtigte Caſtrucecio fih Pifa’s, und die Floventiner nahmen ihm. Piſtoja durch einen Bergleih. Caſtruccio aber zog gegen Piftoja-zu Felde und berannte es mit folcher Tapferkeit nnd Hartmaͤckigkeit, daß, obgleich die Florentiner mehrmals den. Verſuch mach— ten, der Stade zu Hülfe zu kommen, und: bald- fein- Heer, bald ſein Land angrıffen, fie ihn doch weder durch Gewalt noch. Lift von feinem. Ziele) abwenden konnten, fo begierig war er, die Piftojefen zu firafen, und die Florentiner zu unterdrüden, Die Piftojefen wurden aljo gezwungen, ihn als ihren Herrn aufzunehmen, welches, ſo hohen Ruhm es ihm auch brachte, ihm doch auch ſo große Anſtrengung ko— ſtete, daß er bei ſeiner Ruͤckkunft zu Lukka ſtarb. Und ſo wie denn ſelten das Gluͤck irgend ein Gut oder ein Uebel unbegleitet von irgend einem andern Gut oder Uebel entſte— hen läßt, jo farb zugleich in Neapel Karl, Herzog von Kalabrien und Herr von Florenz, auf daß die Florentiner in kurzer Zeit gegen alle Erwartung von der Herrſchaft des einen, jo wie. von der Furcht vor dem andern befreit wuͤr— den. Da fie nun wiederum: frei waren, | veränderten fie die Degierung der Stadt, hoben die ganze Einrichtung der al ten Rathsverfammlungen: auf, und errichteten. ſtatt deren 1328, zwei, eine aus dreihundert Bürgerlichen, die andere aus = 16 — Jahr zweihundert und fünfzig Adlichen und Buͤrgerlichen beftehend, 1520. die erftere nannten fie den Rath des Volks, die andere den gemeinfchaftlihen Math. Der Kaifer ernannte bei feiner Ankunft zu Nom einen Gegenpabft, traf vielerlei Einrichtungen gegen die Kirche, und verſuchte wiele andere ohne Erfolg, So daß er am 1529. Ende mit Schimpf abreifte und -nach Piſa kam, wo entiwes der aus Verdruß, oder wegen Ausbleiben des Soldes, un: gefahr achthundert deutjche Reuter fich gegen. ihn empörten und zu Montechiara, am Ceruglio ſich befeffigten. Dieſe befezten, fobald der Kaifer aus Pifa abzog, um nad) der Lombardei zu gehen, Luffa und verjagten den Francefco Caftracani von dort, den der Kaifer da zurückgelaffen hatte, Da fie nun aus diefem Fang einigen Nuzen ziehen wollten, fo Boten fie die Stadt den Florentinern für achtzigtauſend SGoldgulden an; was aber auf Meſſer Simon della Tofa’s Kath ausgefchlagen ward. Dieſes Verfahren würde fuͤr un— fere Stadt aͤußerſt müzlich gewefen fein, wenn die Slorentis ner diefer ihrer Meinung immer treu geblieben wären. Kurz nachher aber änderten fie ihren Sinn, und dies ward ihnen ſehr fhädlich; denn damals, als fie die Stade für’ einen fo geringen Preis im Frieden erlangen konnten, "wollten fie diefelbe niche haben; nachher aber, als fie fie haben-wollten, Fonnten fie folche nicht bekommen, wenn fie auch einen viel höheren Preis hätten dafür bezahlen wollen; und dies vers urfachte, daß Florenz zu feinem größten Nachtheil mehrmals feine Regierung wechjelte. Luffa alfo, von den Florentinern ausgefchlagen, ward von Meffer Gherardo Spinoli, einem Genuefer, für dreißigtaufend Goldgulden erfauft, und, weil die Menfchen viel läßiger find, zu ergreifen, was. fie-befomz- men Einnen, als zu begehren, was fie nicht erreichen koͤn— nen; fo ward auch, fobald nur der von Meffer Gherardo aefchloffene Kauf befannt ward, und der geringe Preis, — 127 — fuͤr den er ihn gethan hatte, das florentiniſche Volk von Jahr einer ausnehmenden Begierde entzuͤndet, die Stadt zu beſi⸗ "39 zen, indem es ſich ſelbſt und diejenigen, die ihm abgerathen hatten, ausſchalt. Um fie nun durch Gewalt zu erlangen, nachdem es fie nicht hatte Faufen wollen, fandte es jeine Truppen zu Plünderungen und Sktreifereien gegen die Luk: ‚fefen aus. Bon dem Tode des Laftruccio, der im Jahr 1328 erfolgte, an, bis zum Jahr 1340 lebten die Floventiner im Innern in Ruhe, und befchäftigten fih nur mit den auswärtigen Angelegenheiten ihres Staates. In der Lom— bardei führten fie wegen der Ankunft des Königs Johann von Böhmen, und in Iosfona wegen des Beſizes von Lukka, viele Kriege. Sie fchmückten auch ihre Stadt mit neuen Gebäuden; fo erbauten fie in diefer Zeit den Thurm von St. Neparata nach der Angabe des Giotto, eines damals hoch berühmten Mahlers, und weil im Jahr 1333 durch 13555. eine Weberfchwemmung das Waffer des Arno an einigen Orten über 12 Ellen flieg, wodurch ein Theil der Brücken und viele Gebäude zu Grunde gingen, fo ftellten fie das Zerftörte mit großem. Eifer und Aufwande. wieder her. Sm Sabre 1540 aber entſtanden neue DBeranlaffungen 1340. zu Zwiftigkeiten. Die mächtigen Bürger hatten zwei Wege, ihre Macht zu erhöhen, oder zu erhalten; der eine war, die Smborfazionen zu den Staatsämtern fo einzufchränfen, daß fie immer entweder auf fie felbft, oder auf ihre Freunde fallen mußten; und der andere, daß fie die Wahl der Rek— toren (Negierenden) lenften, damit diefe ihnen nachher bei ihren Ausfprüchen günftig wären. Diefe zweite Weife ach- teten-fie fo hoch, daß fie nicht mit den gewöhnlichen Rekto— ven. fich begnügend, zumeilen noch einen dritten einführten. So hatten fie in jenen Zeiten gegen die gewöhnliche Ord— nung, unter bem Titel eines Hauptmanns der Garde, Meffer Giacomo Gabrieli von Agobbio angeſtellt und ihm alle — 128 — Jahr Macht über die Bürger anvertraut. Diefer verübte täglich 2540 nach der Willkuͤhr der Machthaber vielfache Ungerechtigkeiten, und unter den von ihm beleidigten waren auh Meſſer Piero de Bardi und Meſſer Bardo Frescobaldi. Diefe, die adlich und von Natur. ftolz waren, konnten nicht ertragen, daß ein Fremder mit Unrecht und nach der Willkühr von went: gen Mächtigen fie beleidigt hatte, und um fich zum rächen, verfchworen: fie fich gegen ihn und gegen die, welche die Re: gierung leiteten. In diefer Verſchwoͤrung waren viele ad- lihe Familien, nebft einigen aus dem Volke, denen die Ty— vannei der Regierenden mißfiel. Die Manfregeln, die fie unter fich verabredet hatten, waren, daß ein jeder in feinem Haufe viele Bewafinete fammeln follte, ıumd an dem Mor; gen nach dem Feſttage aller Heiligen, wenn ein. jeder, um für feine verftorbenen Berwandten zu beten, in der Kirche wäre, wollten fie die Waffen ergreifen, den Hauptmann und die Erften der Regierung ermorden, und alsdann durch neue Signoren und eine neue Einrichtung den Staat ver: befiern. Weil man aber gefahrvolle Entfchläffe um jo fchlechter auszuführen pflegt, je länger man fie überlegt; fo gefchieht es immer, daß Verfchwörungen, die die Ausführung eine Zeit lang ausfezen, entdeckt werden. Unter den Verſchwor— nen. befand fih Meffer Andrea de Bardi, über welchen, bei wiederholter Erwägung der Sache, die Furcht vor der Strafe mehr vermochte, als die Hoffnung auf Nahe; und er entdeckte das Ganze dem Giacomo Alberti, feinem Ver— wandten; Giacomo zeigte fie den Prioren, und die Prioren denen, die die Regierung führten, an. Und. weil die Sache dem Ausbruche nahe war, da der Allerheiligentag heran— nabhete, fo verfammelten fich viele Bürger im Pallaft, und verlangten, weil fie Zögerung für gefährlich hielten, daß die Signoren die Glocke ziehen liegen, und das Volk zu den Waffen rufen ſollten. Taldo Balori war Gonfaloniere und Fahr Franceſco Salviati einer der Signoren. Dieſen, weil fie Fr Verwandte der Bardi waren, gefiel das Läuten niche, und fie wandten dagegen ein, es fei nicht gut, um jeder Klei— nigfeit willen das Volk zu bewaffnen, denn die Macht, die man der von Feinem Zügel gebändigten Menge anvertraue, ftifte nie Gutes; Unruhen wären leicht zu erregen, aber ſchwer zu ftilen; und daher fei es befjer gerhan, zuerſt die Wahrheit der Sache zu unterfuchen und gefezlich zu beſtra— fen, als fie zum Höchften Nachtheil von Florenz auf einen bloßen Bericht im Volksaufſtande zu fchlichten. Auf Biefe Worte ward aber ganz und gar nicht gehört," fondern durch beleidigende Behandlung und fchimpflihe Worte die Signo— ven zum Laͤuten der Glocke genöthigt, auf deren Schall denn das ganze Volk bewaffnet auf den Markt lief. Die Bardi und Frescobaldi von der andern ‚Seite, ergriffen, da fie fih entdeckt fahen, "die Waffen, um mit Ruhm zu fies gen, oder doch ohne Schande zu fterben, indem fie hofften, den Theil der Stadt jenfeit des Fluffes, wo fie ihre Häufer hatten, vertheidigen. zu. können, und verfchanzten: fich an den Brüden, in Hoffnung auf die Hälfsvölfer , die fie von den Adlichen aus der Gegend und andern ihrer Freunde ers warteten, Diefer ihr Plan ward indeffen von den Bürger: lichen vereitelt, welche mit ihnen in demfelben Theile der Stadt wohnten, und die für die Sache der Signoren die Waffen ergriffen; fo daß fie, fih in die Mitte genommen fehend, die Brücen verließen; ſich in die Straße, worin die Bardi wohnten, weil fie von allen die ftärfite war, zu rüczogen, und diefe mit Tapferkeit vertheidigten. Meffer Giacomo d’Agobbio, da er wußte, daß gegen ihn die ganze Verſchwoͤrung gerichter war, ftellte fih, aus Furcht vor dem Tode ganz beftürzt und in Schreden gefezt, in der Mitte feiner bemwaffnecen ‚Truppen, nahe bei dem Pallaſte der Erfter Theil, J Jahr 1340. — 130 — Signoren; die andern Rektoren aber zeigten, ſo wie ſie we— niger Schuld trugen, auch größeren Muth, den größten aber . der Podefta, Mefler Maffeo da Marradi. Dieſer zeigte fih da, wo gekämpft ward, und ohne irgend etwas zu fürchten, warf er fih, nachdem er über die Brücde bei Aus baconte gegangen war, zwijchen die Schwerdter der Bardi, und gab ein Zeichen, das er zu ihnen fprechen wolle. Die Ehrfurcht vor dem Manne, feine Sitten, und feine andern trefflihen Eigenfchaften machten, daß in einem Augenblick die Waffen ruhten, und jeder ftill auf ihn hörte, Er tadelte in gemäßigten und ernften Worten ihre Verſchwoͤrung, zeigte ihnen die Gefahr, im der fie fi befanden, wenn fie dem Ungeftime des Volks nicht nachgäben, gab ihnen Hoffnung, daß fie nachmals augehöre und mit Milde gerichtet werden follten, und werfprach ihnen, der Vermittler zu fein, daß ihren billigen Beſchwerden abgeholfen werden folle. Hierauf £ehrte er zu den; Signoven zurück und überredete fie, daß fie nicht fireben möchten, mit Aufopferung des Bluts ihrer Mitbürger zu ſiegen; daß fie -jene nicht ungehört verdammen möchten 5. und endlich brachte er es dahin, daß mit Bewilli- gung der: Signoren die Dardi und die Frescobaldi mit ihren Freunden die Stadt verlafen und ohne, Hindernig in ihre Seften fich zuräcziehen durften. Nachdem. diefe abgezogen waren und das Volf die Waffen niedergelegt hatte, verfuh— ven die Signoren blos gegen: diejenigen von den Familien der Bardi und der Frescobaldi, welche die Waffen ergriffen hatten; und um ihnen die Mache zu nehmen, Fauften fie von den. Bardi das fefte Schloß von Mangona und. von Vernia; und verordneten durd) ein Geſez, daß fein Bürger in einer Naͤhe von 2o Meilen: bei Florenz fefte Schlöffer, befizen könne. Wenige Monate darauf ward Stiatta Fres— cobaldi enthauptet, und mehrere. andere von: dieſer Familie wurden fürn Rebellen erklärt. Denen, die an der Regierung — ı531 — waren, genügte es nicht, die Bardi und Frescobaldi über: Jahr wunden und gezügelt zur haben, fondern fie machten es, wie "349. die Menjchen faft immer thun, das ſie nehmlich, je mehr Macht fie haben, um fo mehr diejelbemißbrauchen, und um fo unverfchämter werden. " Statt daß vorher nur ein Hauptmann von der Garde war, ‚der. Florenz. bedrängte, erwählten fie jezt noch einen für das Land, und bekleideten ihn mit großer Macht, auf daß die ihnen verdächtigen Per: fonen weder in Florenz noch auswärts einen Wohnfiz finden möchten. Sie erbitterten alle Adlihe in einem jo hohen Grade gegen fih, daß fie bereit waren, die ganze Stadt und fich jelbft zu verfaufen, um fih nur zu rächen. Sie erwarteten nur eine Gelegenheit dazu, die fich bald zeigte, und die fie aufs befte benuzten. Durch die vielen Unruhen, die in Toskana und in der 1341, Lombardei vorgefallen waren, war die Stadt Luffa unter die Herrfchaft des Maftino della Scala, Heren von Verona, gekommen. - Diefer hatte, obgleich er fich durch einen Ber: trag verbunden hatte, fie den Florentinern zu überliefern, diefes dennoch nicht gethan, weil er, als Herr von Par; ma,’ fie behaupten zu Fönnen glaubte, und. kehrte fich alfo nicht am fein gegebenes Wort. Die Slorentiner, um fich dafuͤr zu vächen, verbanden ſich mit den Benezianern, und führten: einen ſolchen Krieg gegen. ihn, daß er nahe daran war, fein ganzes Land zu verlierenn Dennoch hatten ſie davon keinen andern Nuzen, als die kleine Genugthuung, den Maſtino geſchlagen zu haben, denn die Venezianer machten es wie alle diejenigen, die ſich mit minder maͤchtigen verbinden! nachdem fie Trevigi und Vicenza für ſich erlangt hatten, ſchloſſen fie ohne alfe Kückficht auf die Florentiner, einen Vergleich. Als aber bald nachher die Visconti, Herren von Mailand, dem Maftino’ Parma weggenommen: hätten, und er desivegen Lukka nicht mehr "behaupten zu fönnen & J 2 Zahr glaubte, fo befchloß er es zu verfaufen. Käufer dazu waren 2341. die Florentiner und die Piſaner, und beim Fortgange der Unterhandlungen ſahen die Piſaner wohl ein, daß die Flo— rentiner, als die veihften, die Stade erhalten würden; fie bedienten fich daher der Gewalt und rücten mit Hülfe der Bisconti gegen Lukka zu Felde. Die Florentiner ftanden deshalb von dem Kaufe nicht ab, fchloffen mit Maftino die Bedingungen, bezahlten einen Theil der Gelder, gaben für einen andern Theil Geißel, und fandten Naddo Nuccellai, Johann Bernardino’s Sohn von Medici, und Roſſo Ricei— ardo’s Sohn von Ricci ab, um von der Stadt Beſiz zu nehmen. Diefe- drangen mit Gewalt in Lukka ein, und von Maftino’s Leuten ward ihnen die Stadt überliefert. Nichte: deftoweniger fezten die Pifaner ihre Unternehmung fort und fuchten mit der größten Ihätigfeit die Stadt mit Gewalt zu erobern; die Florentiner hingegen wollten fie. von der Belagerung befreien. Nah einem langen Kriege wurden endlich die Florentiner, nachdem fie viel Geld verloren und viel Schimpf davongetragen hatten, daraus verjagt und die Pifaner blieben Herren davon. ‚1342 Der Verluſt diefer Stadt machte, wie es; in folchen Fällen immer gefihieht, das florentinifche Volk gegen die Glieder der Regierung mißvergnügt; es fchmähte fie öffent: lich an allen Orten, auf allen Pläzen, indem es ihren Geiz und ihre ſchlechten Rathſchlaͤge anklagte. Man hatte beim Anfange des Krieges zwanzig Bürgern zu deſſen Führung Vollmacht gegeben, und diefe hatten Meſſer Malatefta von Rimini zum Hauptmann des Feldzuges erwaͤhlt. Er hatte aber denfelben mit wenig Much und noch weniger Klugheit geleitet; da fie num den König Robert von Neapel um Hülfe baten, fo fandte ihnen derjelbe den Walter, Herzog von Athen, und diefer kam, nad) dem Willen des, Himmels, der das Fünftige Unglück ſchon vorbereitete, gerade in dem 155 Augenblick zu Florenz an, als der Feldzug gegen Lukka Jahr ganzlid mißlungen war. Jene zwanzig Männer alfo,) da fie den Unwillen des Volks fahen, hofften durch die Wahl eines neuen Hauptmannes daflelbe mit neuer Hoffnung zu erfüllen, und dadurch die DBeranlaffung zur Anklage gegen fie entweder zu mäßigen oder ganz zu entfernen. Weil fie alfo große Urfach zur Furcht hatten, und der Herzog von Athen fie durch fein größeres Anfehen vertheidigen Eonnte, jo wählten fie ihn erft zum Erhalter und hernach zum Hauptmann ihrer Truppen. Die Großen, die um der oben angeführten Urfachen willen mißvergnüget waren, und von denen viele mit Walter Befanntfchaft hatten, als er vor: mals im Namen des Herzogs Karl von Kalabrien Florenz verwaltete, hofften, daß nun die Zeit gefommen fei, mit dem Berderben der Stadt ihren eigenen Brand zu Löfchen, indem fie urtbeilten, es gebe Fein anderes Mittel, diefes Volk, das fie fo fehr gefränfe hatte, zu zähmen, als fi einem Fürften zu unterwerfen, der, wohlbefannt mit den Zugenden der einen Parthei, und mit dem Uebermuthe der andern, diefe bezähmen und jene belohnen würde. Hiermit verbanden fie noch die Hoffnung auf die Vortheile, die fie durch ihre Verdienfte um ihn erlangen würden, wenn er durch ihre Bemühungen die Herrfchaft von Florenz erhielte. Sie hielten daher insgeheim mehrere Zufammenfünfte mit ibm, und überredeten ihn die Herrfchaft ganz zu überneh- men, indem fie ihm den Fräftigften Beiftand anboten, der in ihrer Mache ftande. Zu dem Anfehen und den Weberre; dungsgründen diefer gefellten fich noch die wenigen bürgerli: hen Familien, nehmlich der Peruszi, Aeciajuoli, Antellefi und Donaccorfi, welche, von Schulden gedräft und un— vermögend fie mit ihrem Eigenthume abzutragen, mit frem: dem dies zu thun, und durch des Vaterlandes Knechtſchaft fih von der Knechtſchaft ihrer Gläubiger zu befreien 1342. — 134 — Se begehrten. » Diefe Weberredungen entzindeten des Herzogs ehrſuchtiges Gemuͤth zu noch heftigerer Herrſchbegierde, und um ſich den Ruf der Strenge und Gerechtigkeit zu verſchaf— fen und ſich auf dieſem Wege in der Gunſt des Volkes zu erhoͤhen, verfolgte er diejenigen, welche den Krieg gegen Lukka geleitet hatten, nahm Meſſer Johann von Mediei, Naddo Rucellai und Guglielmo Altoviti das Leben, und verdammte viele zur Verbannung, viele zu Geldbußen. Dieſe Hinrichtungen ſezten die Buͤrger aus dem Mit— telſtande in große Beſtuͤrzung, nur die Großen und den Poͤbel befriedigten ſie; dieſen, weil er ſeiner Natur nach ſich am Uebel ergoͤzt, jene, weil ſie ſich fuͤr ſo viele von den Buͤrgerlichen erlittene Beleidigungen geraͤcht ſahen. Wenn der Herzog durch die Straßen ging, ſo ward mit lauter Stimme der freie Muth ſeines Geiſtes gelobt und jedermann ermunterte ihn oͤffentlich, die Vergehungen der Buͤrger zu entdecken und zu beſtrafen. Die Amtsfuͤhrung der Zwanzi— ger war jezt aufgehoben, das Anſehen des Herzogs ſehr groß, und die Furcht vor ihm aufs hoͤchſte geſtiegen; ſo daß ein jeder, um ſich als ſein Freund zu zeigen, ſein Wappen uͤber ſeinem Hauſe mahlen ließ, und daß um Fuͤrſt zu ſein, ihm nur noch der Titel fehlte. Da er nun glaubte, mit Sicherheit alles wagen zu koͤnnen, ließ er den Signoren andeuten, daß er es für das Wohl der Stadt noͤthig finde, daß ihm unumfchränfte Herrfchaft zugeflanden werde, und deshalb begehre, da die nanze Stadt darin willigte, daß auch fie darin einftimmten. Die Signoren, obgleich fie fchon lange vorher den Untergang ihres WVaterlandes voraus: gefehen hatten, wurden doch alle über dies Begehren be: ſtuͤrzt; und fo deutlich fie auch ihre Gefahr erkannten, fo fchlugen fie. es dennoch, um fich nicht an ihrem Vaterlande zu vergehen, mit Herzhaftigkeit aus. Der Herzog hatte, um fih einen höheren Schein von Weligiofität und Tugend — 135 — zu geben , das Klofter der Minoriten von St. Eroce zu fei- Jahr ner Wohnung gewählt, und, begierig fein böfes Vorhabeh IE zu vollziehen, ließ er durch Ausruf den Befehl verbreiten, das ganze Volk folle.am folgenden Morgen auf dem Plaze von St. Eroce vor ihm erfcheinen, Diefer Ausruf beftürzte die Signoren noch weit mehr, als feine Worte vorhin ge: than hatten, und fie verbanden fidy mit denjenigen Bürgern, welche fie für Freunde des PVaterlandes und der Freiheit hielten; da fie aber die Macht des Herzogs Fannten, fo dachten fie Fein anderes Mittel dagegen anwenden zu Fön: nen, als daß fie ihn bäten, und abwarteten, ob vielleicht, da ihre Kräfte nicht hinreichend waren, ihre Bitten im Stande wären, entweder ihn von feinem Vorhaben abzu: bringen, oder doch feine Herrfchaft weniger drückend zu ma: hen, Ein Theil der Signoren ging alfo zu ihm, und einer derfelben vedete ihn folgendermaßen an: Wir fommen zu Euch, o Herr, veranlagt erftlih durch Euer Begehren, und dann durch die Befehle, die Ihr ge: geben habt, um das Volk zu verfammeln; denn es feheint uns gewiß zu fein, daß She entfchloffen feid, dasjenige auf außerordentlihem Wege Euch zu verfchaffen, mas wir auf dem ordentlihen Euch nicht bemilligt haben. Es ift auch nicht unfere Abfiht, uns auf irgend eine Weife mit Gewalt Eurem Borhaben zu widerfezen, fondern einzig, Euch zu zeigen, wie ſchwer die Laft fein werde, die Ihr Euch aufla; det, und wie gefährlich der Entfchluß, den Ihr faßt; auf daß She immer an unfern Nach Euch erinnern Fönne, jo wie an den Math derer, die Euch nicht zu Eurem Nuzen, fon: dern. um ihren wüthenden Haß zu befriedigen, anders va: then. Ihr fucht eine Stadt dienftbar zu machen, die bisher immer frei gemwefen ift, denn die Herrfchaft, die wir dem Königshaufe von Neapel zugeftanden haben, war von unfrer Seite ein Buͤndniß und Keine Dienftbarkeit. Habt Ihr — 136 — Jahr erwogen, wie wichtig der Einfluß und wie groß die Macht 342 ſei, die in einer ſolchen Stadt der Name Freiheit hat? Keine Kraft kann ſie bändigen, Feine Zeit fie aufreiben, Fein Berdienft fie aufwiegen. Bedenft, o Herr, welche Krieges: macht erforderlich fei, um eine fo mächtige Stade gehorfam zu erhalten. Die fremde Macht, die Ihr immer werdet erhalten koͤnnen, veicht nicht hin, und auf die innere dürft Ihr Fein Vertrauen fezen, denn diejenigen, die jest Eure Sreunde find, und die Euch, diefe Maaßregeln zu nehmen, ermuntern, werden, fobald fie mit Eurer Macht ihre Feinde werden gejchlagen haben, fo fehr fie koͤnnen danach ftreben, Euch zu unterdräden, und fich felbft zu Herren zu machen. Der Pöbel, dem Ihr vertraut, wendet bei jedem Vorfalle, fei’s auch der Eleinfte, feinen Sinn; fo daß She fürchten müßt, in Eurzer Zeit diefe ganze Stadt Euch feindlich zu fehen; was denn Euch und ihr den Untergang bereiten kann. Auch werdet ihre gegen dies Uebel Fein Mittel finden; denn diejenigen Herren Eönnen wohl ihre Herrjchaft fiher ftellen, die nur wenige Feinde haben, die fie durch Tod oder Ber: bannung leicht entfernen Eönnen; bei allgemeinem Haſſe aber ift nimmer Sicherheit, weil man nicht weiß, von woher das Vebel ausbrechen foll; und weil, wer alle Menfchen fürchten muß, fi Feines einzigen verfihern Fan. Und verfuchte er auch, es zu thun, fo vermehrt er nur die Gefahren, denn die übrigen werden um fo heftiger in ihrem Haß, um jo entfihloffener in ihrer Rache. Daß aud) die Zeit nicht ver- möge, den Wunſch nach Freiheit zu unterdruͤcken, ift gewiß; denn oftmals hört man, daß diejenigen in einer Stade fie wieder ergreifen, die ihrer niemals felbft genoffen haben, fondern nur um des Andenfens willen, das ihre Väter davon hinterlaffen hatten, fie liebten, und deshalb die einmal wie: dev gewonnene mit aller Hartnädigkeit und auf alle Gefahr vertheidigen., Hätten aber auch die Väter ihrer niemals erwähnt, fo würden doch die äffentlihen Palläfte, dte Ver: Jahr fammlungsörter der Obrigkeit, die Zeichen freier Verfaſſung 342 daran erinnern, und die Dekanntfchaft mit diefen Dingen muß den Bürgern die lebhafteften Wünfche einflößen. Welche Merfe gedenft She zu vollbringen, die der Süßigfeit des freien Lebens die Wage hielten, oder die in den Menfchen die Sehnſucht nach ihrem jezigen Zuftande austilgen koͤnn— ten? Nicht wenn Ihr diefer Herrſchaft ganz Toskana hin: zufügtet, nicht wenn Ihr täglich triumphirend über Eure Feinde tn diefe Stadt zurück Eehrret; denn all diefer Ruhm‘ würde nicht ihr gehören, fondern Euch, nicht Unterthanen würden die Bürger erwerben, fondern Mitdienende, durch die fie ihre Dienftbarfeit nur erfchwert fehen würden. Und wenn auch Euer Wandel fromm, Euer DBetragen gütig, Eure Urtheile gerecht find, jo werden fie doc nicht hinvei- chen, Euch Liebe zu gewinnen. Ihr würdet Euch fehr irren, wenn ihr glaubtet, daß fie dazu binreihen, denn den, der ungebunden zu leben gewohnt ift, drückt jede Kette, jedes Dand zwängt ihn, Es ift aber überdies auch unmöglich, daß ein fo ungeftüämer und heftiger Staat einen guten Fürz fien habe, denn nothwendigerweiſe müßten Staat und Fürft entweder fich ähnlich werden, oder fehr bald einer den ans dern zu Grunde richten, Ihr Eönnt daher glauben, daß Ihr entweder dieſe Stadt mit der größten Gewaltfamfeit werdet behaupten müflen, wozu die Kitadellen, die Leibwa— chen, die auswärtigen Verbuͤndeten oftmals nicht hinreichen, oder daß She Euch mit der Gewalt begnügen müßt, die wir. Euch ertheilt haben. Hierzu nun fordern wir Euch auf, indem wir Euch erinnern, daß nur die Herrfchaft dauerhaft fein fann, die freimillg ertheilt wird, und wollet nicht, durch einigen Ehrgeiz verblendet, Euch auf eine Stelle wa; sen, wo Ihr, unvermögend, feft zu ftehen, oder höher zu fteigen, zu Eurem und unferm hoͤchſten Nachtheil gezwungen fein duͤrftet, berabzuftürzen. Sahr . Diefe Worte machten nicht den mindeften Eindruck auf 3542. des Herzogs verſtocktes Gemuͤth; es ſei nicht ſeine Abſicht, fagte er, dieſer Stadt ihre Freiheit zu rauben, ſondern fie ihr wieder zu geben; denn nur die uneinigen Städte wären dienftbar, die einigen aber frei; und wenn Florenz durch feine Einrichtung, von Partheien, von Ehrfucht, von Feind: ſchaften befreit wuͤrde, fo würde ihm dadurch die Freiheit gegeben, nicht genommen. Da nun, diefe Laft zu uͤberneh— men, nicht fein Ehrgeiz, fondern die Bitten vieler Bürger ihn bewogen hätten, fo würden fie wohl thun, bei demjeni- gen fich zu beruhigen, womit die anderen zufrieden wären. Was aber die Gefahren beträfe, in die er dadurch fich be: geben Fünnte, fo achte er ihrer nicht, denn das fei das Be: tragen eines unedeln Mannes, aus Furcht vor dem Hebel das Gute zu unterlaffen, und das eines feigen, um des zweifelhaften Erfolges willen, eine rühmliche Unternehmung nicht zu wagen. Er hoffe fih auf eine folhe Weiſe zu be tragen, daß fie in Eurzer Zeit einfehen würden, daß fie zu geringes Vertrauen und zu große Furcht gegen ihn gehabt hätten, Die Signoren milligten alfo, da fie fahen, daß fie weiter nichts gutes bewirfen Fonnten, ein, daß am folgen: den Morgen das Volk fih auf ihrem Plage - verfammele, und daß in Bollmacht defjelben dem Herzoge die Herrfchaft auf ein Jahr übergeben werde, und zwar unter den Bedin: gungen, unter denen fie vormals dem Herzog von Kala: brien bemilligt worden war. Es war am Hten September . des Jahrs 1342 als der Herzog, begleitet von Mefler Gio— vanni della Toſa, und allen feinen Genoffen und von vielen andern Bürgern auf den Platz Fam, und zufamme der Signoria auf die Nednerbühne flieg, denn fo nennen die Slorentiner die Stufen, die am Fuße des Pallaftes der Signoren befindlich find, und bier wurden dem Wolfe die zwijchen der Signoria und ihm eingegangenen Verträge vor: gelefen. As man nun an die Stelle kam, "worin ihm die Fahr Herrfchaft auf ein Jahr Übertragen ward, fehrie das Volk —— auf Lebenszeit. Hierauf erhob ſich Meſſer Francesco Ruſtichegli einer von den Signoren, um zu ſprechen und den Tumult zu ſtillen, allein ſeine Worte wurden durch das Geſchrei unterbrochen, und ſo ward jener durch Zuſtim— mung des Volks nicht auf ein Jahr, ſondern auf immer zum Herrn erwaͤhlt, dann aufgehoben, und durch die Menge hingetragen, die ſeinen Namen uͤber den Plaz ausrief. Es iſt gebraͤuchlich, daß derjenige, der der Wache des Pallaſtes vorgeſezt iſt, in der Abweſenheit der Signoren ſich inwen— dig einſchließe, und zu dieſem Poſten war damals Riniero di Giotto beſtellt. Dieſer, von den Freunden des Herzogs beſtochen, ließ denſelben, ohne irgend eine Gewalt zu erz warten, ein; die Signoren kehrten verwirrt und befchimpft in ihre Wohnungen; der Pallaft ward von der Dienerfchaft des Herzogs geplündert, die Fahne des Volks zerriffen, und dagegen fein Wappen über dem Pallaft befeftigt. Alles dies geſchah! zum unbefchreiblihen Schmerze und zur Betrübniß aller Guten, und zum großen Vergnügen derer, die aus Um: wiſſenheit oder Bosheit darin einwilligten. Als der Herzog die DOberherrichaft erlangt hatte, ver: bot er, um denen, die WVertheidiger der Freiheit zu fein pflegten, allen Einfluß zu entziehen, den Signoren, fid) in dem Pallafte zu verfammeln, und wies ihnen ein Privat; haus an; den Gonfalonieren der Volfscompagnien nahm er ihre Fahnen; die Verordnungen der Gerechtigkeit gegen die Adlihen hob er auf; befreite die Gefangenen aus der Haft ließ die Bardi und Frescobaldi aus der Verbannung zurück fommen; und verbot jedermann, Maffen zu tragen. Um fih innerhalb beffer gegen Feinde vertheidigen zu koͤnnen, machte er fich die Auswärtigen zum Freunde. Deshalb be; günftigte er die Aretiner ſehr, und überhaupt alle den Flo; % — 140 — Jahr rentinern unterworfene; ſchloß Frieden mit den Piſanern, 54 obgleich man ihn eben darum zum Anführer gemacht hatte, daß er mit ihnen Krieg führen follte;s den Kaufleuten, die in. dem Kriege wegen Luffa der Nepublif Geld vorgefchoffen hatten, nahm er ihre Anweifungen zur Wiederbezahlung; ° die alten Steuern erhöhte er, und legte noch neue auf; den Signoren entzog er ale Macht; dagegen waren Meſſer Baglione da Perugia, und Mefler Guglielmo di Ascefi feine Rektoren und mit diefen und Meſſer Cerrettieri Bis: domini berieth er fih. Die Auflagen, womit er die Bürz ger belegte, waren ſchwer, feine Urtheilsfprüche ungerecht, und jene Strenge und DBilligfeit, die er erheuchelt hatte, hatte fih in Hochmuth und Grauſamkeit verwandelt. Viele vornehme Bürger fowohl Adliche als Nichtadliche waren da: ber fchon zum Tode verurtheilt, oder mit harter Folter be: legt worden. Um fi auswärts nicht beffer als in der Stadt zu betragen, beftellte er jechs Rektoren für das Land, welche die Bauern drüdten und beraubten. Gegen die Adlichen war er argmöhnifch, obſchon fie ihm gutes erzeigt hatten, und er viele derjelben in ihr Vaterland wieder einz gefezt hatte; denn er Fonnte nicht glauben, daß die edlen Semüther, die dem Adel einzumohnen pflegen, im Gehor— fam gegen ihn fich beruhigen Eönnten. Er begünftigte daher den Pöbel, in der Hoffnung durch deffen Gunft und durch die fremden Waffen die DOberherrfchaft fich erhalten zu koͤn— nen. Als daher der Monat Mai kam, zu welcher Zeit das Volk Fefte zu begehen pflegt, ließ er das gemeine Volk und den Pöbel mehrere Compagnien bilden, denen er, indem er fie mit glänzenden Titeln ehrte, Fahnen und Geld reichen ließ. Ein Theil des Volks ging aljo im feftlicher Feier durch die Stadt, und der andere empfing die feiernden im hoͤchſten Pomp. Als der Ruf von diefes Mannes neuer Herrſchaft fih verbreitete, kamen viele von franzoͤſiſchem — ı41 — Gebluͤte zu ihm; und er ſtellte fie ſaͤmmtlich als’ die zuver; Jahre (äßigften Leute an; fo daß Florenz in kurzer Zeit nicht nur 82 den Franzofen, fondern auch ihren Sitten und ihrer Lebens— art unterworfen war. Denn Männer und Frauen ahmten ihnen ohne alle Ruͤckſicht auf das bürgerliche Leben und ohne alle Schaam nah; mas aber von allem das meifte Mißvergnügen erregte, war die Gewalt die er und die feinis gen ohne die mindefte Nückficht den Frauen anthaten. Die Bürger lebten alfo, voll Unwillen, ‚die Würde ih⸗ res Staates erniedrigt, die Verfaſſung zerſtoͤrt, die Geſeze vernichtet, die Sittlichkeit des Lebens befleckt, und alle buͤr— gerliche Beſcheidenheit verſchwunden zu ſehn; und diejenigen, die gewohnt waren, niemals irgend eine koͤnigliche Pracht zu erblicken, konnten nicht ohne Schmerz ihm begegnen, wie er von bewaffneten Trabanten zu Fuß und zu Pferde umgeben war. Denn alsdann waren ſie genoͤthigt ihren eignen Schimpf ganz in der Naͤhe zu ſehen und zugleich demjenigen, den ſie aufs hoͤchſte haßten, Ehre zu erzeigen. Hierzu geſellte ſich noch die Furcht, wenn man die haͤufigen Ermordungen und die immerwaͤhrenden Auflagen betrachtete, durch die er den Staat verarmte und auszehrte. Dieſes 1343. Mißvergnuͤgen und diefe Beforgniffe Fannte der Herzog und fürchtete fie; dennoch wollte er einen jeden Glauben machen, daß er geliebt werde, Daher gefchah es, daß, als Matteo di Morozzo, ‚entweder um feine‘ Gunft zu gewinnen, oder um fid) aus der Gefahr zu befreien, ihm eröfnete, daß die Familie der Medici mit einigen andern fich gegen ihn vers fihworen ‚hätten, der Herzog nicht allein die Sache nicht unterfuchte, » fondern auch den Anzeiger elend umbringen ließ. Durch diefe Maaßregel nahm er denjenigen den Muth, die zu feiner Sicherheit ihn warnen wollten, und flößte ihn denen eim, die nach feinem Antergange ferebten. Ueberdies noch ließ er dem Bertone Eini mit ſolcher Grau— — 1 +2 — ze Zahr famfeit die Zunge ausfchneiden, daß er davon ftarb, weil er 345° die Steuern, die den Bürgern aufgelegt wurden, getadelt hatte. Hierdurch ward der Unwille der Bürger und ihr Haß gegen den Herzog vermehrt, denn eine Stadt, die ger wohne war, mit aller Freiheit alles zu thun und zu fagen, fonnte nicht ertragen, daß man ihr die Hände band und den Mund verfchloß. Diefer Unmille und. diefer Haß fliegen daher zu einem folhen Grade, daß fie, ich will nicht Jagen die Florentiner, die die Freiheit nicht zu behaupten verfiehn, und die Unter: würfigfeit nicht ertragen koͤnnen, fondern ein jedes noch fo knechtiſche Volk zur Wiedererfämpfung feiner Freiheit ent: flammet haben würden. Viele Bürger aus allen Ständen bejchloffen daher, ihr Leben aufzugeben oder ‚ihre Freiheit wieder zu erlangen. So bildeten fich in drei Abtheilungen aus drei verfchiednen Ständen der Bürger drei Verſchwoͤ— rungen, beftehend aus den Adlichen, den Bürgerlichen und den Handwerfern, die außer den allgemeinen Bewegungs: gründen jede nod) ihren eignen hatten; den Adlichen nehm; ih fchien es, als hätten fie durch) des Herzogs Erhebung die Regierung nicht wieder verlangt; den Bürgerlichen, als hätten fie diefelbe verloren; ' und den Handwerkern, als hätte ihr Berdienft abgenommen. Meffer Agnolo Acciajoli war damals Erzbischof von Florenz, der vormals’ durd) feine Predigten die Werfe des Herzogs erhoben, "und ihn beim Volk in große Gunft gefeze hatte. Da er ihn aber als Herrn ſah und ſein tyranniſches Verfahren bemerkte, ſchien es ihm, als habe er ſein Vaterland betrogen; um min feis nen begangenen Irrthum zu verbeſſern, gab es feiner Eins ficht nach fein anderes‘ Mittel, als diefes, daß diefelbe Hand, welche die Wunde gejchlagen habe, auch fie heilk;' er ſtellte ſich alſo an die Spize der erſten und ftärfften Parrhet der Verſchwornen, beider fih dVIEBardi, Nofi, Frescos — 145 — baldi, Scali, Altoviti, Magalotti, Strozzi und Mancini Jahr befanden. Von der einen der beiden andern Partheien wa-34 . ven Meſſer Manno und Corſo Donati Haupter, und nächft diefer die Pazzi, Caviceiulli, Cerchi und Albizzi. Von ‚der dritten war der .erfie Antonio Adimari, und mit) ihm »die Medici, Bordoni, Nucellai, und Woobrandini. - Sie. ge dachten ihn in dem Haufe der Albizzi zu ermorden, wohin fie glaubten, daß er am St. Sohannistage gehem werde, um dem. Pferderennen zuzufehen.. Da er aber nicht ‚bins ging, fo mißlang es ihnen. Sie gedachten darauf, ihn auf feinem Spaziergange durch die Stadt anzugreifen; allein die Ausführung war fihwierig, denn er ging immer wohl be; gleitet und bewaffnet und wechjelte häufig den Weg, fo daß man ihn an feinem Drte mit Gewißheit erwarten durfte, Sie fprahen davon, Ihn in ‚den Rathsverſammlungen ums: zubringen, allein es ſchien ihnen, als blieben fie dort, wenn er gleich todt wäre, in der Gewalt feiner Truppen. Während unter den Verſchwornen diefe Dinge verhaus delt wurden, entdeckte ſich Antonio Adimari einigen feiner Freunde aus Siena, um von ihnen Truppen zu erhalten, indem ev ihnen einen Theil der Verfchworenen anzeigte, und verfiherte, daß die ganze Stadt fih zu befreien geſonnen fei. Einer von»diefen alſo theilte die Sache Meffer Frans cesco Brunelleschi mit, nicht, um fie ihm zu: entderfen, fondern in der Meinung, daß auch er einer der Verſchwo— venen ſei. Meſſer Francesco, entweder aus Beſorgniß für fih , oder aus Hab gegen die anderen, entdeckte das Ganze dem Herzoge, worauf Pagolo del Mazacca und Simone da Monterappoli verhaftet wurden. Dieje. eröffneten -Stand und Anzahl der Verſchworenen, wodurch der Herzog ſehr beftürzt ward, und man befchloß, fie lieber vorzufordern, als zu verhaften; weil, wenn fie entfliehen follten, man fic) ihrer ohne Aufſehen durch die Verbannung verfichern. konnte. — 144 — Jahr Der Herzog ließ alfo Antonio Adimari vor fih fordern, 2345. der im Vertrauen auf feine Genoſſen fogleich erichien, Er ward zurücbehalten und Meſſer Fraucescho Brunellescht und Meffer Uguccione Buondelmonti viethen dem Herzoge, daß er bewaffnet umher geben, und die er fangen Eönne, tödten laffen folle. Ihm aber gefiel diefe Maßregel nicht, da ihm feine Macht gegen fo viele Feinde zu gering fchien. Er ergriff daher eine andere, wodurch er, wenn fie ihm ge; lüngen wäre, fich der Feinde verfichert und fich eine Macht verfchafft haben würde. Es hatte der Herzog die Gewohn: heit die Bürger vorzufordern, daß fie bei vorfommenden Gelegenheiten ihm Rath ertheilten. Nachdem er alfo aus gefandt hatte, ſich Truppen zu verfchaffen, machte er eine Lifte von dreihundert Bürgern, und ließ fie, unter dem Schein, als wolle er fih mit ihnen bevathichlagen, durch feine Rathsdiener vorladen, in der Abficht, fobald fie vers fammelt wären, durch! Tod oder Gefaͤngniß fih ihrer zu entledigen. Die Fefthaltung des Antonio Adimari aber, und das Ausfenden nach Truppen, welches nicht unbemerft ge: fchehen konnte, hatte die Bürger, und vorzüglich die Schuls digen beftürzt, und die dreifteften unter ihnen verweigerten den Gehorfam. Weil nun ein jeder die Lifte gelefen hatre, fo fanden fie darauf einer den andern, und ermuthigten fich, die Waffen zu ergreifen und lieber als Männer mit dem Schwerdt in der Hand zu flerben, als zur Schlachtbank geführt zu meiden, wie Lämmer. So entdeckten ſich in fehr Eurzer Zeit alle drei Verſchwoͤrungen eine der andern, und fie befchloffen am folgenden Tage, nehmlih am zöften Ssuli 1343 einen Aufftand auf dem alten Markte zu ertes gen, hierauf fid zu bewaffnen, und das Volk zur Freiheit aufzurufen. | Am anderen Tage alfo ergriff man auf den Schall der Mittagsglocde nad) dem gegebenen Befehl die Waffen; das — 145 — ganze Volk bewaffnete ſich auf den Ruf zur Freiheit, und Jahr jeder ſtellte ſich in feinem Bezirk unter den mit dem Waps > pen des Volks bezeichneten Fahnen, welche die Verſchwore— nen heimlich hatten verfertigen laffen. Alle Samilienhäupter, ſowohl Adliche, als Bürgerliche verfammelten fih, und be: fhworen ihre Bertheidigung und den Tod des Herzogs, ausgenommen einige von den Buondelmonti, und von den Cavalcanti, nebft den vier bürgerlihen Familien, die fich vereinigte hatten, ihn zum Heren zu machen; dieſe liefen nebjt den Fleifhern, und andern vom niedrigften Pöbel zu Sunften des Herzogs bewaffnet auf den Plaz. Auf diejen Laͤrmen befeftigte der Herzog den Pallafi, und die Seini— gen, die in verfchiedenen Gegenden wohnten, fliegen zu Pferde um auf den Plaz zu eilen, wurden aber auf, dem Wege an vielen Orten angegriffen und getödtet. Dennoch langten dreihundert Reuter dort an. Der Herzog ſchwankte, ob er zum Kampfe gegen die Feinde binausgehn,. oder. fich im Pallafte vertheidigen folle. Auf der andern Seite waren die Mediei, Cavicciulli, Ruccellai und andere von ihm am meiften beleidigte Familien bejorge, daB wenn er heraus; fäme, viele von denen, die gegen ihn die Waffen ergriffen hatten, fih als feine Freunde zeigen möchten; fie wünfchten daher, ihm die Gelegenheit zum berausfommen und zur Vergrößerung feiner Mache abzufchneiden, machten alfo Fronte und griffen den Plaz an. Bei ihrem Anzuge verz änderten jene bürgerliche Familien, die fih für den Herzog erklärt hatten, da fie fih einem ofinen Angriffe ausgefezt ſahen, ihre Gefiunung, jo wie fih das Schickſal des Her: 3098 geändert hatte, und elle ſchloſſen fi) an ihre Mitbuͤr— ger an, außer Meffer Uguecione Buondelmonti, der in den Pallaſt ging, und Meffer Gianozzo Cavalcanti, der mit einem Theil feiner Genofjen auf den neuen Markt fich zus rück zog, dajelbft auf eine Bank flieg, „und, das Volk, das Erſter Theil, K — 146 — Jahr bewaffnet auf den Plaz lief, zu Gunften des Heizogs hin: 38 zugehen bat. Um fie zu erſchrecken, vergrößerte er des Her: zogs Macht, und drohte ihnen, daß fie alle umfommen würden, wenn fie den Aufftand gegen den Herrn hartnäcdig fortfezten. Indeſſen war der Kampf zwilchen dem Volke und den Leuten des Herzogs auf dem Plaze ſehr heftig; und obfchon die lezteren der Pallaft unterftüzte, fo wurden fie dennoc) befiegt; ein Theil von ihnen gab fih in die Gewalt der Feinde, - und der andere entfloh mit SHinterlaffung feiner Pferde in den Pallaft. Während der Kampf auf dem Blaze fortdauerte, erbrachen Corſo und Meſſer Amerigo Donati mit einem Theile des Volks die Stinche *), verbrannte die Schriften des Potefla und der Kaͤmmerei; plünderten die Häufer der Nektoren, und tödteten alle Diener des Her: zogs, die fie in ihre Gewalt befamen. Der Herzog von der andern Seite, da er den Plaz verloren, die. ganze Stadt ihm feindlih, und fih ohne alle Hoffnung auf Hülfe fah, verfuchte, ob er durch irgend eine milde Handlung das Volk gewinnen könnte. Er ließ die Gefangenen zu fi fommen, befreite fie mit liebreichen und gefälligen Morten, und erhob Antonio Adimari, obſchon gegen deffen Wilten, zum Nitter. Er ließ von dem Pallafte fein Wappen bin: wegnehmen und das des Volkes aufrichten; aber alle diefe Dinge, Spät und zur Unzeit gethan, Fonnten ihm wenig helfen, da fie gezwungen und als gegen feine Neigung er- fhienen. Boll Unmuth blieb er alſo im Pallaſte eingeſchloſ— fen; ſah, wie er alles verlor, weil er zuviel hatte befizen wollen; und fürchtete binnen wenigen Tagen durch Hunger oder Schwerdt umfommen zu müfen. Die Bürger bega: ben fich darauf, um dem Staate eine Verfaſſung zu geben — — — Oeffentliche Gefäüngniſſe, ſiehe Seite TIL. — 47 — nah Santa Reparata, und ernannten vierzehn Bürger zur Jahr Hälfte Adlihe zur Hälfte Bürgerlihe, die nebft dem Bi: 1345: fchofe vollfommene Macht haben follten,. die Staatsverfaf; jung von Florenz umzubilden. Außerdem erwählten fie fechs Männer, die die Macht des Potefta haben jollten, bis ein folcher erwählt fein würde. Es waren zum Beiftande des Volfs viele Truppen zu Florenz angefommen und unter diefen auch Sienefer mit ſechs Gejandten, in ihrem Baterlande hochgeehrten Män: nern. Dieſe unterhandelten zwifchen dem Bolfe und dem Herzoge einen Vergleich; das Volk aber wies jeden Gedan— Een an Vergleich von fih, wenn nicht zuvor ihm Meffer Guglielmo d'Asceſi und deſſen Sohn mie auh Meffer Eer: retiert Bisdomini in feine Gewalt gegeben und überliefert merde. Der Herzog wollte es nicht bewilligen, aber von den Truppen, die mit ihm eingefchloffen waren, bedroht, ließ er ſich endlich dazu bewegen. Ohne Zweifel zeigt fich der Unwille heftiger und die Wunden find fihmerzhafter, wenn eine Freiheit wiedererfämpft, als wenn fie vertheidigt wird. Meffer Guglielmo und fein Sohn wurden den Tau: fenden ihrer Feinde überliefert, und diefer Sohn war noch nicht achtzehn Sabre alt. Dennoch Eonnte ihn weder feine Sugend, noch feine Eefialt, noch feine Unfchuld vor der Much der Menge erretten. Diejenigen, welche die beiden nicht mehr lebend verwunden Ffonnten, verwunderen fie als Todte, und nicht zufrieden fie mit dem Schwerdte zu zer: ftüfen, zerriffen fie fie auch mit den Händen und mit den Zähnen. Sa damit alle ihre Sinne mit Rache befriedigt werden möchten, wollten fie, nachdem fie ihre Wehklagen gehört, ihre Wunden geſehn, ihr zerfeztes Fleiſch beruͤhrt hatten, auch mit dem Geſchmack fie empfinden; auf daß, fo wie fchon alle äußeren Theile damit gefättige waren, aud) die inneren fich daran fättigen möchten. Dieje raſende Wuth K 2— — uus — Jahr war dem Meſſer Cerretieri eben fo nizlih, . als fie jenen 5 · herderblich war, indem die Menge, durch die Grauſamkeiten gegen jene beide ermuͤdet, ſich ſeiner nicht erinnerte; er blieb, da man ihn weiter nicht forderte, im Pallaſt zuruͤck, und ward hernach in der Nacht durch einige feiner Ver— wandten uud Sreunde in Sicherheit hinaus gebracht. Als die Menge durch das Blut jener beiden beruhigt war, ward der Vergleich gefchloffen, daß der Herzog mit feinen Leuten und Sachen fih in Sicherheit entfernen, allen Gerechtſamen die er über Florenz gehabt hatte, entjagen, und diefe Ent fagung außerhalb dem Gebiet von Florenz in Cafentino voll ziehen folle. Nach diefen Vergleiche z0g er am jechften Auz guſt von vielen Bürgern begleitet von Flovenz ab, und voll zog bei feiner Ankunft zu Eafentino die Entfagungsafte, ob— wohl ungern; und er würde fein Wort nicht gehalten haben, wenn der Graf Simone ihn nicht bedroht hätte, ihn nach Florenz zurück zu führen. Diefer Herzog war, wie feine Verwaltung beweift, geizig und graufam, in feinen Audien; zen fehwierig, in Antworten hochmüthig. Er verlangte die Unterwerfung , nicht das Wohlwollen der Menfchen, und daher begehrte er mehr, dag man ihn fürchte, als daß man ihn liebe. Auch war feine Perfon nicht weniger widerwaͤr— \ tig als fein Betragen; er war Elein und fchwarz, fein Bart lang und duͤun; Fury, in jedem Betracht verdiente er verab- fceheut zu werden, daher denn auch ſchon nach Verlauf von zehn Monaten fein fehlechtes Detragen ihm die Herrjchaft wieder entriß, die er den fchlechten Rathſchlaͤgen anderer zu danfen batte. Diefe Begebenheiten, die in der Stadt erfolgten, gaben allen den Slorentinern unterworfenen Städten den Muth, ſich wieder in Freiheit zu ſezen; daher ſich Arezzo, Caſtig— lione, Piftoja, Volterra, Colle, und St. Gimignano gegen fie empörten. So verlor Florenz zu gleicher Zeit feinen I ı 49 — Herrn und feine Herrſchaft; und durch die Miedererfäm: Jahr pfung feiner Freiheit zeigte es feinen Unterthanen, wie fie 3° die ihrige wiedererfämpfen follten. Als demnach die Vers treibung des Herzogs und der Verluft der Herrfchaft ev: folgte, dachten die vierzehn Bürger und der Biſchof, das es beſſer ſei, ihre Unterthanen durch Frieden zu verſoͤhnen, als fie durch Krieg fich zu Feinden zu machen, und befchlof fen daher fich eben fo zufrieden mit der Freiheit jener ale mie ihrer eignen zu zeigen. Sie ordneten alfo Geſandte nach Arezzo ab, um der Oberherrfchaft, die fie über jene Stadt gehabt hatten, zu entfagen, und mit ihren Bürgern einen Vertrag zu fehliegen, damit fie, wenn gleich nicht mehr als Unterthanen fie anzufehen im Stande, doch als Freunde ihrer Stadt ſich ihrer bedienen Fönnten. Auch mit den andern Städten verglichen fie fich auf die Weife, wie fie am beften Fonnten, einzig bemüht, fich diefelben zu Freunden zu erhalten, auf daß fie als freie ihnen beiftehen, und ihre Freiheit behaupten helfen Eönnten. Dieſe ſo kluͤg— lich genommene Maßregel hatte den glüclichften Erfolg; denn Arezzo kehrte nach wenigen Jahren unter die Herr: fchaft der Florentiner zurück, und die andern Städte bega: ben fich in wenigen Monaten wieder in ihre vorige Abhän- gigkeit. So erlangt man oftmals die Dinge fchneller und mit weniger Gefahr und Aufıvand indem man fih von ih: nen entfernt, als wenn man mit aller Anftrengung und Hartnäcigkeit fie verfolgte. Nachdem die auswärtigen Angelegenheiten in Ordnung gebracht waren, wandten fie fich zu den inneren; und nach einigem Streit zwifchen den Adlichen und Bürgerlichen wur: den fie einig, daß die Adlichen in der Signoria den dritten Theil und von den andern Aemtern die Hälfte befezen ſoll— ten. Die Stadt war, wie wir oben gezeigt haben, in Sechstheile abgefondert, daher auch immer fehs Signoren, Jahr 1545- — 150 u für jedes Schhstheil einer, ernannt worden malen, ausge nommen daß man auf befondere Veranlaſſung, einigemal zwölf oder dreizehn erwählt hatte; doch war man bald dar: auf wieder auf fechs zurückgekehrt. Man befchloß alfo in diefem Punfte eine Veränderung vorzunehmen, fowohl weil die Sechstheile jchlecht abgerheilt waren, als auch weil man, um die Adlichen zu befriedigen, die Anzahl der Signoren vergrößern mußte. Sie theilten alfo die Stadt in Viertel, und ernannten für jedes drei Signoren. Den Gonfaloniere, der Gerechtigkeit und die Gonfalonieren der Bürgercompag: nien fchafften fie ab, und flatt der zwölf Guten Männer ernannten fie acht Näthe, aus jedem Stande vier. Nah diefer Einrichtung der Staatsverfaffung würde die Stadt haben der Ruhe genießen Finnen, wenn die Adlichen fich hätten gefallen laffen mit derjenigen Mäßigung zu leben, welche für das bürgerliche Leben erforderlich ift. Sie thaten aber gerade das Gegentheil; denn im Privatleben wollten fie feine Genoſſen neben fih, und in der Regierung wollten fie Herren fein, und täglich beaingen fie neue Handlungen des Lebermuthes und der Hoffahrt. Diefer Umftand miß: fiel dem Wolfe und es beklagte fich, daß ſtatt des einen Tyrannen, den es geftürzt hätte, taufend entftanden wären. Bon der einen Seite ftieg alfo der Uebermuth und von dev andern das Mißvergnügen fo fehr, daß die Häupter der Dürgerlihen den Bilchof auf das unedle Betragen der Adli— hen und auf die Schlechte Gefelljchaft, die fie mit dem Volke hielten, aufmerffam machten, und ihm zuredeten, er möchte bewirken, daß die Großen mit ihrem Antheil an den andern Aemtern fi begnügten, vie obrigkeitlihen Stellen der Signoren aber dem Volke allein überliegen. Der Bi— fchof war von Natur gut, aber fehr leicht bald auf diefe, bald auf jene Seite zu lenken. Daher war es gefommen, dag er auf Anfuchen feiner Amtsbrüder zuerft den Herzog su 151 — von Athen beguͤnſtigt, und nachher auf den Kath einiger Fahr Buͤrger fich gegen ihn verfchworen hatte. Er hatte bei der 158: neuen Einrichtung der Negierung die Großen begünftigt, und jezo hielt er es wieder für gut das Volk zu beguͤnſti— gen, durch diejenigen Gründe veranlagt, die ihm diefe Männer aus dem Buͤrgerſtande vorftellten. Da er nun bei andern eben fo wenig Standhaftigfeit zu finden glaubte, als er felbft befaß, fo ftellte er fich vor, er werde die Sache durchfezen Eönnen; berief die vierzehn zufammen, die ihre Macht noch nicht verloren hatten; und redete ihnen mit jo guten Morten, als er nur immer finden Fonnte, zu, daß fie die Würde der Signoria dem Volke uͤberlaſſen möchten, indem er ihnen als Folge davon die Ruhe der Stadt, im entgegengefezten Fall aber ihren eignen Nachtheil und Un; tergang verkündete. Diefe Worte reisten das Gemuͤth der Adlichen heftig und Meffer Nidolfo dei Bardi Schalt ihn mit harten Worten, ihn einen Mann von fehlechter Treue nennend, und ihm feine Freundfchaft gegen den Herzog als einen Leichtfinn, deffen Vertreibung aber als eine Verraͤthe— vei vorwerfend; er fchloß mit der Verficherung, daß fie diefe Ehrenftellen, die fie mit ihrer Gefahr erworben hätten, mit ihrer Gefahr auch vertheidigen wollten; und machte diefes, nachdem er fich ſehr enträfter von dem Bifchofe entfernt, feinen Amtsgenoffen und allen adlihen Familien befannt. Auch die Bürgerlihen theilten den übrigen ihre Gefinnung mit, und während die Adlichen fich mit denen, die ihnen beiftanden, zur Vertheidigung ihrer Signoren anfchiekten, bielt es das Volk nicht für gut, zu erwarten, bis fie damit zu Stande gefommen wären, Sondern eilte bewafiner zum Pallaft, rufend, es wolle, daß die Adlichen von den Staats: ämtern abdanften. Der Lärmen und der Aufltand war groß. Die Signoren fahen fich verlaffen, weil die Adlichen, da fie das ganze Volk in Waffen fahen, fich nicht gefrauten Jahr 15435. “ I zum Schwerdt zu greifen, und jedermann in feiner Mohr nung blieb. Die bürgerlihen Signoren alfo, die fich zuerft Mühe gegeben hatten, das Volk zu beruhigen, indem fie demfelben verficherten, dag ihre Amtsgenoffen gemäßigte und brave Männer wären, fandten diefelben, da es ihnen damit nicht gelang, um den wenigft gefährlichen Entfchluß zu fal- fen, in ihre Häufer zurück, wohin fie nur mit Mühe uns verleze gelangten. Als die Adlichen aus dem Pallaft ent: ferne waren, ward auch den vier adlihen Näthen ihr Amt genommen; darauf erhöhten fie die Zahl der bürgerlichen Raͤthe auf zwölf, zu den acht Signoren, welche übrig blie— ben, gejellten fie einen Gonfaloniere der Gerechtigkeit und fechszehn Gonfalonieren der Bürgerfompagnien, und die Natheverfammlungen veränderten fie auf ſolche Weife, daß die ganze Regierung von dem Willen des Volks abhing. Als diefe Begebenheiten erfolgten, war eine große Huns gersnoth in der Stadt, fo daß alfo der Adel und die nies drige Volksklaſſe mißvergnügt waren; dieſe über den Hunz ger, jene, weil fie ihre Würden verloren hatten. Diefer Umftand brachte es Meffer Andrea Strozzi in den Sinn, fi) der Freiheit der Stadt bemächtigen zu, wollen. Er ver: kaufte fein Korn zu geringeren Preifen als die anderen und deshalb liefen zu feinem Haufe viele Leute zufammen; er hatte alſo die Kühnbeit, eines Morgens zu Pferde zu ſtei— gen und mit einigen von jenen Leuten hinter fih das Volk zu den Waffen zu rufen; in kurzer Zeit hatte er mehr als viertaufend Menjchen verfammele und mit diefen ging er auf den Play der Signoren und verlangte, daß ihnen der Pallaft eröffnee werde. Die Signoren aber trieben fie mit Drohungen und Waffen vom Plaze; und erfchredten fie nachher fo ſehr durch öffentlichen Ausruf, daß nah und nach ein jeder nach Haufe ging, und Meffer Andrea, allein zurückgelaffen, nur mit Mühe den Händen der Obrigkeit durch die Flucht entkam. — 155 Diefer Vorfall, fo verwegen er auch war, und obgleich er den Ausgang nahm, den folhe Bewegungen zu haben Jahr 13435. pflegen, flößte dennoch den Adlichen Hoffnung ein, das Volk bezwingen zu koͤnnen, da fie die niedrige Volksklaſſe mit demfelben in Zwietracht ſahen. Und um diefe Gelegenheit nicht zu verlieren, befihloffen fie, fich mit jeder Art von Hülfsmitteln zu bewaffnen, um vrechtmäßigermeife mit Ges walt dasjenige wieder zu erlangen, was ihnen unrechtmaßis ser Weife mit Gewalt genommen worden war. Ihre Zus verfüht zum Siege fiieg fo fehr, daß fie ganz oͤffentlich fich mit Waffen verfahen, ihre Häufer befeftigten, und zu ihren Freunden bis in die Lombardei um Huͤlfe fandten. Auch das Volk traf in Gemeinfchaft mit den Signoren feine Vors Eehrungen, indem es fich bewaffnete und von Siena und Perugia fih Hülfsvslker erbat. Sowohl bei der einen, als bei der andern Parthei waren bereits Hälfstruppen anges langt; die ganze Stadt war in Waffen. Die Adlichen dies; feits des Arno hatten fih in drei Abtheilungen aufgeftellt, nehmlich beim Haufe der Caviceinlli, nahe bei St. Sohann, bei den Häufern der Pazzi und Donati zu St. Pier Mags giore, und bei dem der Cavalcanti auf dem neuen Markt. Die Adlichen jenfeits des Arno hatten fich bei den Bruͤcken und in den Straßen, wo ihre Häufer lagen, befeftigt; die Merli verrheidigten die Brüce alla Carraja, die Frescobaldi und Mannelli St. Trinita, und die Roſſi und Bardi die alte Brücde und Nubaconte. Die Bürgerlichen von der ans dern Seite verfammelten fich unter der Fahne der Gerech— tigkeit, und denen der Bürgerfompagnien. Da die Sachen nun fo fanden, ſchien es dem Volke nicht gut, den Kampf noch länger auszufezen; und die ers fien, die fih in Bewegung fezten, waren die Medici und die Kondinelli, welche die Cavicciulli von der Seite angrifr fen, wo man von dem Plaze St. Johann nad, ihrem Haufe Sahr hineingeht. Hier war der Kampf fehr heftig, denn von den 258. Thuͤrmen aus wurden fie mit Steinen geworfen, und von unten her mit Armbrüften verwunder. Diefe Schlacht dau- erte drei Stunden und das Volk wuchs immerwährend an; fo daß die Cavicciulli, da fie fahen, daß die Menge fie über: manne und die Hälfe fchwinde, in Beftärzung geriethen und fih der Gewalt des Volkes übergaben, welches ihrer Häufer und Vermögen fchonte, nur die Waffen ihnen wegnahm und ihnen befahl, daß fie entwaffnet fich in die Häufer ihrer bürgerlihen Derwandten und Freunde vertheilen follten. Nachdem fie in diefem erften Angriff gefiegt hatten, wurden auch die Donati und die Pazzi leicht überwunden, weil fie noch weniger ſtark waren als jene. Dieffeit des Arno blie; ben alſo nur noch die Kavalcanti, die duch Anzahl und Vortheil der Lage mächtig waren. Da fie indeflen alle Gon: falonieren gegen fih, und die übrigen von nur drei Fahnen befiegt fahen, fo ergaben fie fih ohne viele Gegenmwehr. Drei BViertheile der Stadt waren bereits in den Händen des Volks. Nur eines noch blieb in den Händen der Adli- chen, allein es war das fchwierigfte, ſowohl wegen der Stärfe derer, die es vertbeidigten, als auch durch feine Lage, da es von dem Fluffe Arno gedeckt wurde, fo daß man erft die Brücken erobern mußte, die auf die oben be- fchriebene Weiſe vertheidigt wurden. Die alte Brüce ward alfo zuerfi angegriffen, indeffen ward fie tapfer vertheidigt, denn die Thuͤrme waren bewaffnet, die Straßen durch Schlagbäume gejperrt, und diefe Schlagbäume wurden von den entfchloffenftien Männern bewacht; jo daß das Volk mit großem Berluft zurücgefchlagen ward. Da fie aljo einfa: ben, daß fie hier fich umfonft abmüdeten, verjfuchten fie über die Brüde Nubaconte durchzudringen; und da fie bier die nehmlichen Schwierigkeiten fanden, ließen fie zue Bewachung diefer beiden Brücden vier Fahnen zurück y und griffen mit den übrigen die Bruͤcke alla Carraja an. Obgleich nun die Jahr Nerli ſich männlich vertheidigten, Eonnten fie doch den mi. 194% thenden Angriff des Volks nicht aushalten, ſowohl weil diefe Bruͤcke, da fie feine Thuͤrme zu ihrer Vertheidigung hatte, Ihwächer war, als auch weil die Capponi und andere bürz- gerlihe Familien aus ihrer Nachbarfchaft fie angriffen. Da man alfo von allen Seiten auf fie eindrang, verließen fie die Schlagbäume und öffneten dem Volke den Weg; diefes befiegte darauf die Roſſi und Frescobaldi, weil alle Bürger: liche jenfeit des Arno ſich an die Sieger anfchloffen. Nur die Bardi blieben jezt noch übrig, und diefe Fonnte weder die Niederlage der übrigen, noch die Vereinigung der ganz zen Volksmaſſe gegen fie allein, noch die ſchwache Hoffnung auf Hülfe, in Furcht fezen, und fie wollten lieber kaͤmpfend entweder fterben oder ihre Häufer verbrennen und plündern fehen, als freiwikig ſich der Willkuͤhr ihrer Feinde unter: werfen. Sie vertheidigten fich deshalb fo ftandhaft, daß das Volk mehrere Male vergebens verjuchte, fie von der alten Brücke, oder von der Brücke Rubaconte aus zu befie: gen, immer mwurde- cs mit vielen Todten und Verwundeten zurücgefchlagen. Man hatte in voriger Zeit eine Straße gemacht, durch die man von dem römischen Wege aus durch den Pallaft Pitti gehend an die auf dem Berge St. Georg befindlichen Mauern gelangen Fonnte. Auf diefem Wege fandte das Volk fehs Fahnen ab, mit dem Befehl, daß fie die Häufer der Bardi von der Nückjeite angreifen follten, Diefer Angriff machte, daß die Bardi den Muth verloren, und das Volk den Sieg davon trug; denn als diejenigen, die die Schlagbäume der Straße vertheidigten, bemerften, dag man ihre Häufer angreife, verließen fie ihren Poften, und eilten zur Vertheidigung derfelben. Die Folge davon war, daß der Schlagbaum der alten Brücke erobert ward, und daB die Bardi nach allen Richtungen in die Flucht ger Jahr fihlagen wurden, bis fie bei den Duaratefi, Panzanefi und 2545- Mozzi Aufnahme fanden. Das Volk, und von diefem der unedelfte Theil, plünderte und verheerte indeffen nad) Beute duͤrſtend alle ihre Häufer, und zerftörte und verbrannte ihre Halläfte und Thuͤrme mit fo großer Wuth, daß felbft ein Feind, und wäre er auch noch fo erbittert gegen den florenz tiniſchen Namen, fih einer folchen Zerfisrung gefchämt ha; ben würde. Nach dem Siege über die Adlichen veränderte das Volk die Staatsverfaffung,, und weil es aus drei Klaffen beftahd, , nehmlich aus den Mächtigen, dem Mittelftande und den Gemeinen, fo fezte es feft, daß die Mächtigen zwei, der Mirtelftand drei und die Gemeinen ebenfalls drei Signoren haben follten; der Gonfaloniere aber follte abwechjelnd von der einen und von der andern Klaffe fein. Weberdies wurs den alle Verordnungen der ©erechtigfeit gegen die Adlichen wieder bergeftellt, und um dieje zu Schwächen, wurden viele von ihnen mit der Mafle des Volks vermifcht. Diefe Nie: derlage der Adlichen war fo groß und drückte ihre Parthei fo fehr nieder, daß fie nachher nie wieder die Waffen gegen das Volk zu ergreifen fih erfühnten, fondern vielmehr fort dauernd milder und demüthiger wurden. Die Wirkung das von war, dag Flovenz nicht nur feiner Waffen, jondern auch aller hohen Gefinnung beraubt ward. Mach diejer Zerrättung erhielt fih die Stadt bis zum Jahr 1355 in Ruhe, und in diefem Zeitraume erfolgte jene denfwürdige Deft, die von Meffer Johannes Boccaccio mit fo großer 3347. Beredſamkeit gefchildeve worden ift, und durch welche in Florenz mehr als fechs und neunzig taufend Seelen hinge— rafft wurden. Auch führten während defjelben die Florenti— ner ihren erften Krieg gegen die Visconti, veranlaßt durd) die Ehrfucht des Erzbifchhofes, damaligen Oberheren von Mailand, und nicht fobald war diefer Krieg beendigt, als auch die Partheien im Innern der Stadt fchon wieder ers wachten. Und obfchon der Adel zu Grunde gerichtet war, fo fehlte es doch dem Schickſal nicht an Mitteln, durch neue Zroiftigkeiten neue Zerrättungen entftehen zu laflen. — —— B u ch. Yan nal a 1% — — — —— 0000000000000 Die heftigen und natuͤrlichen Feindſchaften, die zwiſchen den Buͤrgerlichen und den Adlichen ſtatt finden, veranlaßt dadurch, daß dieſe befehlen und jene nicht gehorchen wollen, find die Urfachen aller der Uebel, die in den Städten ents ftehen; denn aus diefer Verfchiedenheit der Neigungen ziehen alle die anderen Umftände, welche die Nepublifen zerrütten, ihre Nahrung. Dies erhielt Nom in Uneinigfeit, und eben dies hat, wenn es erlaubt ift, das Kleine mit dem Großen zu vergleichen, auch Florenz in Zwiſt erhalten, obfchon es in der einen und in der andern Stadt verfchiedene Wirkun— gen hervorgebracht hat. Denn die Feindfihaften, die in Kom anfangs zwifchen dem Bolfe und dem Adel ftatt fans den, murden durh mündlichen Streit, die von Florenz durch Kämpfe beendigt. Die von Nom wurden durch ein Geſez, die von Florenz durch die Verbannung und den Tod vieler Bürger gefchloffen. Die von Rom erhöhten fortdaus ernd den Friegerifchen Geift, die von Florenz vernichteten ihn gänzlih. Die von Rom führten diefe Stadt von einer Gleichheit der Bürger zu einer außerordentlichen Ungleich- beit derfelben, die von Florenz haben es von einer Ungleichs heit zu einer wunderbaren Gleichheit geführt, Diefe Ver: fchiedenbeit der Wirkungen muß eine Folge der verfchiedenen — — 60 Abſichten geweſen ſein, die dieſe beiden Voͤlker gehabt haben. Denn das Volk von Rom begehrte mit dem Adel gemein— ſchaftlich der hoͤchſten Ehrenſtellen theilhaft zu werden, das von Florenz aber kaͤmpfte, um allein die Regierung zu ver— walten, ohne daß die Adlichen daran Theil naͤhmen. Und weil das Verlangen des roͤmiſchen Volks billiger war, ſo waren auch ſeine Angriffe den Adlichen ertraͤglicher, ſo daß jener Adel leicht und ohne die Waffen zu ergreifen nachgab; daher ſie denn nach einigen Streitigkeiten uͤbereinkamen, ein Geſez abzufaſſen, wodurch dem Volk Genuͤge geleiſtet, die Adlichen aber in ihren Wuͤrden gelaſſen wuͤrden. Das Begeh— ven des florentiniſchen Volks hingegen war kraͤnkend und un: gerecht, der Adel rüftere fih daher mit geößerer Anftrengung zu feiner Vertheidigung, und dadurch Fam es zulezt zum Hlutvergiegen und zur Verbannung der Bürger. Die Ger feze aber, die hierauf gegeben wurden, waren nicht zum ger meinfchaftlihen Nuzen, fondern fammtlich zur Begänftigung des Siegers abgefaßt.: Aus dem nehmlichen Grunde geſchah es, daß bei den Siegen des Volks die Stadt Nom an Tur gend zunahm; denn da den Bürgerlichen die Verwaltung der obrigkeitlihen Aemter, der Heere und der Provinzen mit den Adlichen gemeinfchaftlich übertragen werden Eonnte, fo fuchten fie fich diejelbe Tugend anzueignen, die jene bez faßen, und ihre Stadt wuchs, da ihre Tugend zunahm, auch an Macht. In Florenz aber blieben, nach dem Siege des Volks, die Adlichen der obrigkeitlichen Aemter beraubt, und um fie wieder zu erlangen, mußten fie nothwendigerz weife in ihrem Betragen, in ihrer Gefinnung und in ihrer Lebensweife den Bürgerlichen ähnlich nicht blos fein, ſondern auch fiheinen. Hieraus entftand die VBertaufhung der Wap— pen, und die Veränderung der Familientitel, welche die Ad— lichen nach den Wünfchen des Volkes vornahmen; wodurch jene Tapferkeit in Waffen und jene edle Gefinnung des — ı161 — Gemuͤths, die dem Adel eigen war, erlofh, und im dem '" Bolfe, dem fie nicht eigen war, fih nicht entzuͤnden konnte; * und dadurch ward Florenz immer demuͤthiger und unbedeu— tender. Wie aber Rom, nachdem ſich jene Tugend in Hoch—⸗ muth verkehrt hatte, in einen Zuſtand verſank, daß es ohne einen Fuͤrſten ſich nicht erhalten konnte; fo iſt Florenz zu einer ſolchen Stufe gelangt, daß es durch einen weiſen Ger fezgebev leicht in irgend eine Regierungsform gebracht. wer: den Fönnte, Diefe Dinge kann man beim Lefen des vorherz gehenden Buchs zum Theil ganz deutlich erkennen. Mach— dem wir nun die Entftehung von Florenz und den Urfprung feiner Freiheit, nebſt den Urſachen feiner Uneinigkeiten gez zeigt haben, und wie die Partheien des Adels und des Volks mit der Tyrannei des Herzogs von Athen und: mit dem Unz 7: tergange des Adels endigten, . bleiben uns nimm. noch. die Feindfeligfeiten zwifchen dem Volk und dem Pöbel, und die verichiedenen —— die erg — ————— zu erzählen übrig, » Nachdem die" Macht der Ablchen — und der Jahr Krieg mit dem Erzbiſchofe von Mailand beendet war; ſchien 36 · es nicht, als wäre in Florenz irgend eine VBeranlaffung zur Unruhe übrig geblieben, Allein das Ungluͤck unſerer Stade und ihre Schlechten Einrichtungen machten, . daß zwiſchen der Familie der Albizzi und der der Riecci eine: Feindfchaft ents fiand, welche Florenz eben jo trennte, wie es zuerſt jene der Buondelmonti und UÜberfi, und bermach die der: Donati und Cerchi getrennt hatte. Die Päbfte, die damals in: Srankreih wohnten, und die Kaifer, die im Deutſchland waren, hatten, um ihr Anfehen in Stalien zu erhalten, zu‘ verjchiedenen Zeiten eine Menge von Soldaten von verfchie: denen Nationen dorthin gefandt; fo daß fich in dieſer Zeit Engländer, Deutihe und Bretonen dajelbit befanden, Diefe, durch die Beendigung der Kriege ohne Sold, brand: Erfter Theil. g — 102 — Jahr ſchazten, einer Freibeuterfahne nachziehend, bald diejen, bald 555° jenen Fürften, © So fam im Jahr 1353. eine diefer Kom— pagnien, unter, Anführung. des Monfignor Reale, eines Provenzalen, nad Toskana; ihre Ankunft fezte alle Städte diefer Provinz in Schreden, und die Florentiner verfahen ſich nicht ‚allein von Seiten des Staats mit Truppen, fon bern auch viele einzelne Bürger, unter denen die Albizzi und die Ricei waren, bewaffneten ſich zu ihrer eignen Vertheidi— gung. Dieſe waren von gegenjeitigem Haß erfüllt, und je— der von ihnen dachte darauf, wie er, um die höchfte Stelle in der. Republik zu erhalten, den andern unterdrücken koͤnnte. Dennoch waren fie noch nicht. zu den Waffen gekommen, fondern widerftrebten einander nur in den’ Nemtern und 1354. Nathsverfammlungen. : Da num die ganze Stadt in Waffen war, entftand: zufällig auf. dem alten Marfte ein Streit; wobei denn, wie es in folchen Fällen gewöhnlich. gefchieht, viel Volk zuſammen lief. Und. indem fich diefer Laͤrmen ver breitete, ward den Ricci hinterbracht, daß die Albizzi gegen fie anrückten, “den Albizzi aber, ‚daß die Ricci ihnen entges gen kämen. Durch diefen Vorfall erhob ſich die, ganze Stadt, und nur mit Mühe Eonnten die Dbrigfeiten die ‚beiden Far milien zügeln, damit nicht wirklich dieſer Kampf erfolgte, den das Gerücht duch Zufall, und ohne daß jemand von ihnen fchuld daran war, verfünder hatte, Dieſer Zufall, fo unbedeutend er war, entflammte ihre Gemüther von neuem und bewog beide, mit um fo größerer Anftrengung fi Ans hänger zu verfchaffen. Weil aber durch den Fall der Adli— chen die Buͤrger bereits zu einer ſolchen Gleichheit gefommen waren, daß die Ehrfurht vor den Dbrigfeiten größer war, als’ fie zuvor zu fein pflegte, fo befchloflen fie auf vegelmäßis gem Wege und ohne Privargemalt einander entgegen zu arbeiten. Wir haben vorher erzählt, wie. man nad) dem Siege — 163 — Karls die Regierung zuerſt aus der Guelfiſchen Parthei er; Jahr waͤhlte, und wie ſie große Obermacht uͤber die Ghibellinen 854 erlangte; die Zeit aber, die mannichfaltigen Begebenheiten, und neue Spaltungen hatten dies ſo in Vergeſſenheit ge: bracht, daß viele Abkoͤmmlinge der Ghibellinen die erſten Staatsaͤmter bekleideten. Uguccione de Ricci alfo, das Haupt ſeiner Familie, bewirkte daß das Geſez gegen die Ghibellinen erneuert ward, zu denen auch nach der Meinung vieler die Albizzi gehoͤrten, die viele Jahre vorher, aus Arezzo gebuͤr— tig, ihren Wohnſiz in Florenz genommen hatten. Uguccione hoffte alfo durch Erneuerung jenes Gefezes die Albizzi der Staatsämter zu berauben, weil durch daffelbe verordnet ward, daß jeder von einem Ghibellinen abftammende be; firaft werden folle, wen er irgend ein Staatsamt befleidete, Diefer Plan des Uguccione ward dem Peter degli Albizzi, Philipps Sohn, entdeckt, und er bejchloß, ihn zu begünfti- gen, indem er urtheilte, daß er duch Widerfezung dagegen fich feldft für einen Ghibellinen erklären würde. Dieſes Ge; fez alfo, durch die Ehrfucht jener erneuert, nahm nicht, fon: dern gab dem Peter degli Albizzi Anfehen, und ward der Urfprung vieler Uebel. Ueberhaupt kann man fein fchäpli- cheres Gefez für eine Nepublif geben, als ein folches, das fih auf lange Zeit in das Vergangene erſtreckt. Da alfo Peter das Geſez begünftige hatte, jo ward das, was feine Feinde zu feiner Beeinträchtigung erfunden hatten, der Weg zu feiner Größe; denn da er fih zum Führer diefer neuen Einrihtung machte, gewann er immer mehr Anfehen, in; dem er von diefer neuen Parthei der Guelfen mehr als iv: gend jemand begünftigt ward. Da nun feine obrigkeitliche Perfon da war, die unter: 1357, fuchte, welches die Shibellinen wären, und alfo das einge: führte Geſez nicht viel Wirkung that, fo bemirfte er, daß den KHauptleuten Vollmacht gegeben ward, die Shibellinen ge Jahr 1557: 1366. u. 164 zu entdecken, denen aber, die fie entdeckt hätten, es anzu: zeigen und fie zu warnen, daß fie Fein Staatsamt annaͤh— men; wenn fie aber diefer Warnung nicht Folge leifteten, fo follten fie verurtheilt werden. Daher fommt es, daß feit: dem alle diejenigen zu Florenz, denen das Recht Staats ämter zu befleiden verfagt ift, Gewarnte genannt werden. Die Hauptleute alfo, deren Verwegenheit ınit der Zeit ims mer größer ward, waruten ohne alle Rücdficht, nicht blos diejenigen, die es verdienten, fondern auch einen jeden, den fie aus irgend einer geizigen oder ehrfüchtigen Abficht dazu beftimmten. Daher waren vom Jahr 1357, in wmelchem diefe Einrichtung begonnen hatte, bis zum Jahr 1366 ſchon mehr als zmweihundert Bürger gewarnt, "Die Stadehauptleute und die Parthei der Guelfen waren dadurch mächtig geworden, denn jeder bezeigte ihnen Ehrfurcht, aus Furcht gewarnt zu werden, bejonders aber den Häuptern diefer Parthei, nehm: lich Peter degli Albizzi, Meſſer Lapo da Kaftiglionchio und Carlo Strozzi. Wie nun diefes übermüthige Verfahren vie; len mißfiel, fo waren die Ricci vor allen andern damit uns zufrieden, weil fie fich als die Lrheber diefer Unordnung an— ſahen, durch welche fie die Republik zerrütten, und ihre Feinde, die Albizzi, ganz gegen ihre Abficht zu hoher Mache gelangt fahen, Als daher Uguccione de Ricci unter den Signoren faß, wollte er dieſem Webel, das er und die übriz gen von feiner Parthei verurfacht hatten, ein Ende machen, und verordnete durd) ein neues Gefez, daß immer jechs Partheihauptleuten noch drei zugefellt werden follten, wovon zwei immer aus den niedrigern Handwerkern fein müßten, und daß ferner die entdeckten Ghibellinen immer von vier und zwanzig dazu verordneten Bürgern ber Guelfiihen Par— thei als folche anerkannt werden follten, Diefe Maaßregel minderte für damals die Macht der Hauptleute großentheils; fo daß das Warnen faft ganz aufhörte und wenn auch noch — 165 — einige gewarnt wurden, ſo waren es doch nur ſehr wenige. Jahr Nichtsdeſtoweniger waren die Partheien der Albizzi und der ii Ricci wachſam, und in Gefezen, Unternehmungen, Berath— fchlagungen arbeiteten fie aus gegenfeitigem Haſſe einander entgegen. Diefe Unruhen dauerten fort vom Jahr 1356 bis 1371, zu welcher Zeit die Parthei der Guelfen neue Kraft gewann. In der Familie der Buondelmonti war ein Ritter, 13571. Meffer Benchi genannt, der um feiner Verdienfte in einem Kriege gegen die Pifaner willen zum Bürger, und dadurd) fähig gemacht worden war, ein Mitglied der Signoria zu fein. Als er nun erwartete, in diefem Staatsrathe Siz zu erhalten, ward ein Geſez gegeben, daß kein Adlicher, der zum Bürger gemacht worden fei, dies Amt befleiden koͤnne. Diefer Borfall beleidigte Meffer Benchi fehr; er fchloß fich daher an Peter degli Albizzi, und fie befchloffen, durch das Marnen die geringere Bürgerflaffe zu verdrängen und fo fi) allein die Staatsverwaltung anzumaßen. Durch den Einfluß, den Meffer Benchi auf den alten Adel und den, welchen Peter auf den größten Theil der vornehmeren Buͤr— gerlichen hatte, vergrößerten fie wieder die Macht der Guel— fiihen Parthei, und durch neue Veränderungen, die fie in der Parthei vornahmen, richteten fie die Sache fo ein, daß fie über die Hauptleute und über die vier und zwanzig Bür- ger nach ihrem Willen fihalten konnten. tan kehrte alfo mit größerer Kühnheit als vorher zum Warnen zurück, und das Haus der Albizzi wurde, als das Haupt diefer Parthei, immer mächtiger. Die Rieci unterliegen von der andern Seite nicht mit ihren Freunden fich diefen Abfichten fo maͤch— tig fie Eonnten, zu widerfezen; fo daß man in den größten Beforgniffen lebte, und ein jeder feinen Untergang befürch: tete. Es verfammelten fich daher viele Bürger, von der Liebe zu ihrem Vaterlande angetrieben, in St. Piero Sche— raggio, und nachdem fie viel mit einander über diefe Unord— — 166 — Jahr nungen geſprochen hatten, gingen ſie zu den Signoren, au "57° welche einer der angeſehenſten unter ihnen folgende An— rede hielt. 1372. Viele von uns, hochachtbare Signoren, haben Beden— fen getragen, ſich, wenn gleich auf eine öffentliche Veran— laffung, zu einer Privatverfammlung einzufinden; aus Ber forgniß, daß fie als Vermeſſene getadelt, oder als Ehrſuͤch— tige verurtheilt werden koͤnnten. Da wir indeß bedachten, daß viele Bürger täglih und ohne alle Ruͤckſicht in Hals len und Häufern, nicht zu irgend einem öffentlichen Nuzen, fondern um ihrer eignen Ehrfucht willen, ſich verfammeln, fo urtheilten wir, daß, da ja diejenigen, die fih zum Un: tergange des Vaterlandes vereinigen, nichts fürchten, auch wohl diejenigen nichts zu fürchten hätten, die zum Heil und zum Nuzen des gemeinen Wefens zufammentreten, und daß wir, was andere von uns urtheilen, nicht zu unterfuchen brauchen, da ja jene, was wir von Ihnen urtheilen möchten, nicht achten. Die Liebe, die wir, hochachtbare Signoren, für unfer Vaterland fühlen, bat uns zuerft bewogen, ung zu vereinen, und bewegt uns jezo, zu Euch zu Eommen, um über jenes Uebel zu fprechen, das fchon fo mächtig ge: worden ift, und das mit jedem Augenblide zunimmt in um ſerm Staate; und um uns Euch anzubieten als bereitwillig, zur Unterdrückung deffelben Euch beizuftehen. Es würde Euch diefes, jo fchwer das Unternehmen auch feheinen mag, gelingen, wenn Shr alle perfönlihen Ruͤckſichten beifeite jez zen und nebft der oͤffentlichen Gewalt auch Euer eignes Anz fehen dazu anwenden wollte. Die allgemeine Verderbniß aller Städte Staliens, hochachtbare Signoren, bat aud) unſere Stadt verdorben, und verdirbt fie noch Immer, denn nachdem fich dies Land von der Gewalt des deutfchen Reiche befreit hat, haben die Städte deffelben, eines Zügels zu ihrer Beſſerung ermangelnd, nicht als freie, fondern als in Be 167 — Partheien zerriſſene ihre Staaten und Verfaſſungen einge— Jahr richtet. Daraus find denn alle die andern Uebel, alle die” andern Unordnungen entftanden, die in ihnen fichtbar. find. Bor allen finder fih unter ihren Bürgern weder Einigkeit noch Freundfchaft,. als nur unter denen, die. am irgend ei- nem Berbrechen, fei es gegen das Vaterland oder gegen Einzelne begangen, Mitfchuldige find. Und weil bei allen die Religion und die Gottesfurcheserlofchen ift, fo find fie ihrem Eide und dem gegebnen Worte nur fo lange: getreu, als es ihnen nuͤzlich iſt; und die Menfchen bedienen fich de; ven, nicht um fie zu halten, fondern weil fie diefelben als Mittel gebrauchen koͤnnen, um defto leichter zu betrügen, und je leichter und ficherer der Betrug gelingt, um fo hö— her’ ift das Lob und der Ruhm, den er einbringt. "Deshalb werden die ſchaͤdlichen Menfchen als betriebfame gelobt, und die Guten als thörigte getadelt. Und wahrlid, in den Städten Sstaliens ift alles beifammen, was verdorben wer; den, und was verderben kann. Die Jünglinge find müßig, die Greiſe ausgelaffen, jedes Sefchlecht und jedes Alter hat die fchlechteften Sitten an fi), und die guten Geſeze helfen dem Uebel nicht ab, weil fie durch die übeln Gebräuche ver; derbt find. Daraus entfteht jener Geiz, den man an den Bürgern bemerft, und jene Begierde nicht nad) währen Ruhm, ſondern nach tadelnswerthen Beehrungen, von wels cher der Haß ausgeht, und die Feindfchaften, die) Zwiſtig— feiten, die Partheien, welche Ermordungen, VBerbannungen, Kränfung der Guten, und Erhöhung der Schlechten zur Folge haben. Denn die Guten fuchen, im Vertrauen auf ihre Unfchuld, nicht, fo wie die Schledhten, jemand auf, der fie außerordentlicherweife vertheidige und beehre, daher fie denn auch unvertheidigt. und unbeehre untergehen. - Aus folhem Beifpiel entfteht dann die Sucht nad) den Par: theien und deren Mache; denn die Schledten Hängen ihnen — 18 — Jahr nach aus Geiz und Ehrfuht, die Guten durch Noth ge 2372. drungen. Das verderblichſte aber iſt, daß die Urheber und Anfuͤhrer derſelben ihre Geſinnung und ihren Zweck durch einen rechtlichen Namen beſchoͤnigen; denn immer unter— druͤcken ſie die Freiheit, gegen die fie doch alle feindlich ge; finnt find, unter dem Scheine, daß fie eine Regierung der Adlihen oder der Bürgerlichen vertheidigen. Der Preis, den fie durch ihren Sieg davon zu tragen wänfchen, ift nicht der Ruhm ihr Vaterland befreit, fondern das Ber; gnuͤgen ihre Feinde überwunden, und jenes unter ihre Herr— Schaft gebracht zu haben; und find fie dahin gelangt, fo ift nichts jo unrecht, ſo graufam, fo habfüchtig, das fie zu thun fich nicht erfühnten. Daher werden dann folhe Ver: faflung und Gefeze, die nicht dem öffentlichen, fondern dem perfönlihen Nuzen förderlich find, eingeführt. Daher wer; den die Kriege, die Friedensfchläffe, die Freundfchaftsvers bindungen nicht zur Ehre des Ganzen, fondern zur Befrie— digung einzelner bejchloffen. Und find die übrigen Städte von folhen Unordnungen erfüllt, fo ift die unfrige mehr als irgend eine damit befleckt; denn die Gefeze, die Einvichtun: gen, und die bürgerliche VBerfaffung find, nicht wie es die Erhaltung der Freiheit, fondern wie es der Ehrgeiz derjeni: ges Parthei, die die Oberhand behielt, forderte, immer in derjelben eingerichtet worden, und werden es noch. Daher fommet es, daß immer, wenn eine Parthei verjagt, ein Zwieſpalt geſchlichtet ift, gleich ein anderer fi) erhebt; denn in einer Stadt, die mehr durch Partheien, als duch Ge: feze fich. erhalten will, muß nothwendig diejenige Parthei, _ die ihrer Gegner entledige ift, im fich felbft zerfallen, weil fie fic) vor dem eigenmächtigen Verfahren nicht vertheidigen kann, das fie anfangs zu ihrem Vortheil felbft eingeführt hatte, Daß diefes wahr fei, bemeifen die alten und die neueren Spaltungen unferer Stadt. Jedermann glaubte, nach dem Sturze der Ghibellinen wuͤrden nun die Guelfen lange Zeit glücklich und geehrt leben. Nichtsdeftoweniger theilten fie fi) in Eurzer Zeit in Weiße und Schwarze. Als darauf die Weißen befieget waren, blieb darum die Stadt nicht von Partheien frei; bald zu Gunſten der VBerbandten, bald für die Feindfchaften zwifchen dem Wolf und dem Adel, waren wir immer im Kampf begriffen. Und um anderen das zu geben, was wir für uns felbft in Eintracht befizen nicht wollten oder Fonnten, haben wir unſere Freiheit bald dem Könige Robert, bald deffen Bruder, bald. deflen Sohne und endlich dem Herzoge von Athen unterworfen. Dennoch haben wir unter Feiner Verfaſſung uns jemals ruhig betva: gen, weil wir niemals einig genug waren, um frei zu fein, und Knechte zu fein nicht ertragen Fonnten. Auch haben wir feinen Anftand genommen, fo fehr ift unfere Berfaffung zum Zwiefpalt geneigt, da wir noch unter der Negierung des Königs lebten, feine Majeftät einem ganz niedrigen Menichen, aus Agobbio gebürtig, nachzuſezen. Des Her: 30985 von Athen darf man um der Ehre diefer Stadt willen gar nicht erwähnen; er, deffen graufames und tyrannifches Gemuͤth uns hätte weije fein, und leben lehren follen. Dennoch war er nicht fobald vertrieben, fo hatten wir fehon die Waffen in der Hand, und Fämpften mit mehr Haß, mit größerer Erbitterung, als wir jemals gekämpft hatten, bis unfer alter Adel befiege war und fich des Volkes Mill £ühr überlieferte, Viele würden glauben, daß nun nie wie: der irgend ein Anlaß zur Unruhe ‚oder zum Partheigeift in Florenz entftanden fei,- da diejenigen gezügelt waren, die durch ihren Hochmuth und ihre unerträgliche Ehrfucht fchier nen daran fchuld gewefen zu fein, Jezt aber zeigt es die Erfahrung, wie trüglich die Meinungen der Menfchen find, wie trrig ihr Urtheil ift; denn der Hochmuth und die Ehr: fucht der Adlichen ift wicht -erlofchen, fondern nur von um Jahr 1372 Jahr fern Bürgerlichen ihnen genommen worden, die jezo, nach 37° der ehrfüchtigen Menfhen Sitte, den erften Rang in der Republik zu erlangen fireben, Da fie nun diefen zu erhal: ten fein anderes Mittel Gaben, als die Zwietracht; fo ent zweien fie von neuem die Stadt, und erwecken wieder die Namen der Guelfen und Ghibellinen, die fchon erlofchen waren, und die beffer niemals in diefer Nepublif wären ge hört worden. Auf daß. in den menichlihen Dingen niemals etwas dauerhaftes oder ruhiges fei, hat es der Himmel ver: hängt, daß in allen Republiken es unheilbringende Familien gebe, welche zum Untergange derjelben gefchaffen find. An diefen iſt unfere Republik reicher gewejen, als irgend eine andre, denn nicht seine nur, Sondern viele haben fie zerrätter und be; drängt; jo thaten es zuerft die Buondelmonti und die Überti, dann die Donati und die Cerhi, und nun, o der Schande, der Laͤcherlichkeit! zerrütten und .entziweien fie die Ricci und die Albizzi. Mir haben Euch nicht an unferer Stadt ver: derbte Sitten und an unfere alten und fortdauernden Spal: tungen erinnert, um Euch zu erfchreden, fondern um Euch die Urfachen derjelben zu Gemüth zu führen; um Euch zu zeigen, »daß jo fehr Ihr nur immer ihrer eingedenf fein mögt, auch wir ihrer denfen; und um Euch zu fagen, daß She durch das Deijpiel jener Familien der Vorzeit Euch nicht follt das Vertrauen rauben laffen, dieſe jezigen im Zaum halten zu können, Denn jene alten Familien befaßen eine fo große Macht, und. fo groß war die Begünftigung, deren fie von den Fürften genoffen, daB die gejezliche Ver: fafung und Ordnung fie zu zügeln nicht hinreichte. Jezt aber, da das Neich Feine Macht über uns bat, da ber Pabſt nicht furchtbar ift, da ganz Sstalien und diefe Stadt zu veiner ſolchen Gleichheit gefommen find, daß fie durch eigne Macht fich vegieren Eönnen, iſt die Schwierigfeit da; bei nicht: groß. Und unfere Republik vornehmlich kann, troz den Beifpielen der Vorzeit, die dem entgegen fcheinen, Fahr nicht allein ihre Einigkeit erhalten, fondern auch ihre Ein 77” richtungen und bürgerliche Verfaffung verbeffern, wenn nur Em. Herrlich£eiten daran zu arbeiten geneigt find; wozu wir Euch denn, bewogen durch Liebe zum Vaterlande, nicht etwa durch eine andere perfänliche Leidenfchaft, auffordern. Und fo groß auch ihre Verderbniß fein mag, fo vertilget einmal viejes Uebel, das uns frank macht, diefe Wuth die uns verzehrt, diefes Gift, das uns tödter; und meffer die vormaligen Unordnungen nicht der Natur der Menjchen bei, ' fondern den Zeiten; da aber dieje verändert find, fo dürft Ihr für Eure Stade durch eine beffere Berfaflung auch ein befferes Schiekfal hoffen. Denn die Feindfeligfeit des Schi: fals fann man durch Klugheit befieger, wenn man den Ehrfüchtigen Zügel anlegt; wenn man jene Einridtungen vernichtet, die den Partheien Nahrung geben, und dagegen diejenigen annimmt, die einem wahrhaft freien und geſez— lichen Leben angemeffen find. Möge es Euch alfo gefallen, es lieber jezt durch die Wohlthat der Gefeze zu thun, als dag durch Euer Zögern die Menfchen genöthigt werden ſoll— ten, durch die Macht der Waffen es zu erzwingen, Die Signoren, bewogen jowohl durd) ihre eigue Kennt: niß des Uebels, als durch das Anfehn und die Aufforderung dieſer Männer, gaben fehs und funfzig Bürgern Vollmacht, für das Wohl der Nepublif Sorge zu tragen. Sehr wahr ift es, daß die meiften Menfchen gefchiefter find, eine gute - Eineichtung zu erhalten, als fie felbft zu erfinden. Dieſe Bürger dachten eifriger darauf, die gegenwärtigen Partheien zu unterdruͤcken, als die Urfachen zu den Eünftigen auszu: votten; ‚daher fie denn weder eines noch das andre erreich- ten: denn fie väumten die Urfadhen zu neuen Partheien nicht weg, und von denen, die damals ſich vegten, machten fie, zur höchften Gefahr der Republik, die eine mächtiger — 12 — Sahr als die andere. Sie entzogen nehmlich drei Gliedern der 57°. Familie Abizzi, und dreien der Familie Rieci auf drei Jahre das Recht zur Bekleidung der Staatsämter, ausgenommen folcher, die auf die innere Verfaffung der Suelfifchen Pars thei Bezug hatten *); unter jenen war Peter degli Albizzi, unter diefen Uguecione de’ Ricci. Sie verboten allen Buͤr— gern den Eingang in den Pallaft, ausgenommen zu den Zeiten, da die VBerfammlungen aehalten wurden. Sie ver ordneten, daß ein jeder, der gemißhandelt oder in dem Ber fiz feiner Güter behindert wurde, folches in einer Eingabe den Raͤthen anzeigen, duch die Großen ausmitteln, und, fobald es ausgemittele war, ihnen zur Laft fchreiben Eonnte. Diefe Maaßregel entzog der Parthei der Ricci ihre Anfehen und erhöhte das der Albizzi; denn obgleich beide unter dem Gefez begriffen waren, fo litten doch die Ricci ungleich mehr darunter. War auch dem Peter der Pallaft der Sig: noren verfchloffen, fo blieb ihm doc) der Pallaft der Guel— fen geoͤfnet, wo er den größten Einfluß hatte; und war er, und die ihm anhingen, vorher eifrig im Warnen gemwejen, fo wurden fie es nach diefer erlittenen Schmad) im höchften Grade; bald aber wurde ihre feindliche Gefinnung noch durch neue DBeranlaffungen vermehrt. 1375 Gregor der eilfte, der auf dem päbftlichen Stuhl faß, regierte, da er feinen Aufenthalt zu Avignon hatte, wie feine Vorgänger, : Italien durch Legaten, die, von Geiz und Hochmuth getrieben, mehrere Städte gefränft hatten. Einer derjelben, der fich damals zu Bologna aufhielt, wollte, — —— 0.0 Ein ſolches war z. B. das Amt der vier und zwanzig Deputirten der Gnelfiſchen Parthei, welche zur Anerkennung der von den Par— theihauptleuten entdeckten Ghibellinen verordnet waren, ſo daß alſo den Albizzi, als Guelfen, das Warnen unbenommen blieb, worin doch eigentlich der Druck, den fie ausübten, hauptſächlich beftand. Siehe Pag. 164. * die Gelegenheit einer Hungersnoth, die in diefem Jahr Jahr in Florenz war, ' ergreifend, fih Toscanas bemächtis 1375. gen; und unterftüzte daher die Florentiner nicht nur nicht mit Lebensmitteln, fondern griff fie auch, um fie der Hoffnung auf die Fünftigen Erndten zu berauben, ' gleich beim eintretenden Frühling mit einem. großen Heere an, in der Hoffnung, fie unbewaffnet und ausgehungert zu überz vajchen und dadurd) leichte zu befiegen. Auch würde ihm dies vielleicht gelungen fein, mwenn-die Waffen, mit denen er fie angriff, micht untreu und feil gewejen wären. Die Florentiner nehmlich, jeder anderen Hälfe beraubt, gaben feinen Soldaten hundert und dreißig taufend Goldgulden, und bewirften dadurch, daß fie den Feldzug aufgaben. Die Kriege beginnen fobald man will, aber nicht fobald mar will hören fie auf. Diefer Krieg, durch des Legaten Ehr— ſucht begonnen, ward durch den Unwillen der Sloventiner fortgefezt; fie jchloffen einen Bund mit Meffer Bernabo, und mit allen der Kirche feindlichen Städten, und ernannz ten, diefen Bund zu leiten, acht Bürger, bevollmächtigt ohne Appellation zu handeln, und Geld aufzumwenden, ohne Nechnung davon abzulegen. Diefer gegen den Pabſt erho: bene Krieg machte, obgleich Uguccione todt war, diejenigen wieder aufftehen, die der Parthei der Ricei gefolgt waren, welhe, den Albizzi zum Troz, immer Mefler Bernabo be— günftigt, und der Kirche entgegengearbeitet hatte; um fo mehr, da die Achte ſaͤmmtlich Feinde der Guelfifchen Parthei waren. Dies bewirkte, daß Peter degli Albizzi, Meffer Lapo da Caftiglionhio, Carlo Strozzi und die Äsrigen fich fefter zum Angriff auf ihre Gegner verbanden. Während diefe num fortfuhren zu warnen, dauerte der Krieg unter der Leitung der Achte drei Sahre fort, und endigte nur mit dem Tode des Pabftes; er ward mit fo großer Tapferkeit, und zu fo großer Zufriedenheit des Ganzen durchgeführt, — 174 — Jahr daß die Achte alljaͤhrig in ihrem Amte beſtaͤtigt wurden; ja 375. man nannte fie Heilige, obſchon fie der Kirchenftrafen wenig geachtet, die Kirchen ihrer Güter beraubt, und die Geiſt— lichfeie den Gottesdienft zu verrichten gezwungen hatten: foviel höher achteten damals die Bürger ihr Vaterland, als ihr Seelenheil; und zeigten der Kirche, daß fie, fo mächtig fie vormals als Freunde fie vertheidige hatten, fo bitter aud) als Feinde fie Eränfen Eonnten, indem fie ganz No: magna, die Mark, und Perugia gegen fie in Aufftand brachten. 1378. Allein während fie mit dem Pabfte jo mächtig Krieg führten, konnten fie fich vor den Partheibauptleuten und deren Anhange nicht vertheidigen; denn die Eiferfuche der Suelfen gegen die Achte vermehrte die Kühnheit vdiefer Hanptleute, und fie enthielten fich nicht, nicht nur die uͤbri— gen edlen Bürger, fondern fogar auch einige Mitglieder der Achte zu beleidigen. Die Partheihauptleute gingen endlich fo weit in ihren Anmaßungen, daß fie mehr als die Signo- ren gefürchtet wurden; daß man mit geringerer Scheu fich diefen nahte, als jenen; und daß der Pallaft der Parthei in höherer Achtung fand, als der der Signoria; fo daß Fein Sefandter nah Florenz Fam, der nicht Aufträge an die Hauptleute gehabt hätte. Nachdem alſo Pabft Gregor ge fiorben, und die Stadt vom auswärtigen Kriege befreit war, lebte man im Spnnern in großer Zerrättung; denn von der einen Seite war die Verwegenheit der Guelfen un: erträglih, und von der andern zeigte fih Fein Mittel zu ihrer Unterdrückung Nur das ſah man wohl ein, daß man nmothwendig zu den Waffen kommen und ſehn muͤſſe, welche von beiden Partheien die Oberhand behalten werde. Bon der Guelfifchen Parthei waren alle vormalige Adliche nebft dem größten Theil der mächtigften Bürgerlichen, von denen, wie wir gejagt haben, Meſſer Lapo, Peter und — 175 — Carl die Haͤupter waren. Auf der andern Seite waren alle Jahr Buͤrgerliche der geringeren Klaſſe und ihre Häupter, die 1378. acht Kriegsbeamte, Meffer Giorgio Scali, Thomas Strozzi, mit denen fich die Ricci, Alberti und Medici vereinigten; der Meberreft ver Menge ſchloß fih, wie es faft immer * ſchieht, an die mißvergnuͤgte Parthei an. Den Haͤuptern der Guelfiſchen Parthei ſchien die Macht Ihrer Gegner bedeutend, und-ihre Gefahr groß, wenn ir— gend einmal eine Signoria, die ihnen feindlich war, fie un . terdrücken wollte. Da fie es aljo für beffer hielten, dem zuvorzufommen, ſo verfammelten fie fih, nnd unterfuchten den Zuftand der Stadt und ihre veigne Lage, wo fie darın fanden, daß die Gewarnten, weil ihre Anzahl fo fehr an⸗ gewachfen war, ihnen ſoviel Befchuldigungen aufgebürder hätten, daß die. ganze Stadt ihnen feind geworden fei, Sie fahen dagegen Fein anderes Mittel, als, wie fie ihnen bereits die Ehrenftellen entzogen hatten, audy den Aufent: halt in der Stadt ihnen zu entziehn, indem fie mit Gewalt den Pallaft der Signoren einnehmen, und die ganze Negies rung in die Hände ihrer Parthei bringen wollten, jenen alten Guelfen nahahmend, die durch nichts anderes ficher in der Stadt gelebt hatten, als durch aller ihrer Geg— ner Vertreibung. Hierin flimmten fie alle überein, nur über die Zeit waren fie uneins. Es gefchah diefes im Laufe des Jahrs 1378. und zwar im Monat April; Meſſer Lapo mar der Meinung, man müfle. nicht zögern, indem er bes bauptete, daß nichts fo leicht fchlechte Zeit bringe, als ver: Iorne Zeit, befonders aber ihnen, da bei der nächften Sig— noria leicht Mefler Salveftro de Medici Gonfaldniere wer⸗ den Eönne, der ihnen als Gegner ihrer Parthei bekannt fei. Peter degli Albizzi hiele von der andern Seite dafür, daß man noch warten müffe, denn nach feiner Meinung wären Truppen nöthig; dieſe Fünne man unmöglich verfammeln, — 176 — Zahr ohne es zu zeigen, und duch eine Entdeckung würden fie 2378 in augenfcheinliche Gefahr ſtuͤrzen. Er hielt es deshalb für nöthig, den nächften St. Sohannistag abzuwarten; zu mwels cher Zeit, weil es der vornehmfte Fefttag der Stadt fei, eine große Volksmenge fich in derfelben verfammle, unter der fie dann leicht fo-wiel Truppen, als fie wollten, würden verbergen koͤnnen. Um aber die Bejorgniß, die man vor Salveftro habe, zu entfernen, müffe man: ihn warnen, und wenn dies nicht thunlich ſcheine, ſo muͤſſe einer aus dem Kollegium aus feinem Stadtviertel gewarnt werden, Wenn man nun, weil die Wahlbeutel Iser waren, neue Wahlen machte, ſo Fönnte es leicht der Zufall fügen, . daß diejer oder jener feiner Amtsgenoflen. gezogen würde, wodurch er denn gehindert werden würde, als Gonfaloniere zu fizen. Sie entfchloffen ſich aljo zu diefer Maaßregel, obſchon Meſ— fer Lapo nur ungern darin willigte, denn er urtheilte, das. Zögern ſei ſchaͤdlich, und niemals ſei die Zeit zu irgend eis nem Unternehmen ganz vortheilhaft, daher denn auch derz' jenige, der alle VBortheile abwarten wolle, entweder niemals‘ etwas unternehme, ‚oder wenn er e8 unternehme,' es mei— ftentheils zu. feinem. Nachtheil ende; Sie warnten davauf den Kollegen, allein es gelang ihnen nicht, Salveſtro da; durch zu hindern, denn da die. acht Kriegsbeamte die Urſach erriethen, jo bewirften fie, daß keine neue Imborſazion ges macht wurde, Es ward alfo Salveftro, des Mefler Alamanno Sohn, von Medici zum Gonfaloniere gewählt. -Diefer, aus einer der vornehmften. bürgerlichen Familien abftammend, Eonnte nicht. ertragen, daß das Volk von wenigen Mächtigen unz terdrückt werde. Er faßte den Gedanken, diefem Unfug ein Ende zu machen, und da er das Volk fih günfttg, und viele vornehme Bürgerlihe als Iheilnehmer ſah, theilte er feine Abfichten dem Benedikt Alberti, Thomas Strozzi, und Meffer Giorgio Scali mit, die ihm alle mögliche Hilfe Jahr zu leiften verfprachen. Sie faßten aljo im geheim ein Gejez 2376. ab, welches die Verordnungen der Gerechtigkeit gegen die Adlichen erneuerte, das Anſehn der Partheihauptleute ver— minderte, und den Gewarnten einen Weg eroͤfnete, wieder Ehrenſtellen erlangen zu koͤnnen. Damit es nun faſt zu gleicher Zeit verſucht und auch durchgeſezt werde; denn es mußte zuerſt von den Kollegen, und dann in den Raths— verſammlungen daruͤber berathſchlagt werden: ſo ließ Sal— veſtro, da er grade Vorſizer war, welcher Rang einen, fuͤr die Zeit feiner Dauer, faſt zum Oberherrn der Stadt macht, an einem nehmlichen Vormittage das Kollegium und die Katheverfammlung zufanımen berufen. Hierauf legte er zus erft den Kollegen von der Nathsverfammlung abgejondert das verfaßte Gefez vor, es fand aber, als etwas neues bei der fo Eleinen Anzahl von Männern foviel Widerjpruch, daß es nicht durchgefezt ward. Da aljo Salveftro ſah, daß ihm die erfien Wege, um es durchzufezen,, abgejchnitten waren, fo that er, als ob er um irgend eines Bedürfniffes willen hinaus ginge, und begab fi), ohne von den andern bemerkt zu werden, in die Rathsverſammlung, wo er auf eine Erhöhung flieg, damit ein jeder ihn hören und fehen Eönne, und jagte: Er glaube, man habe ihn zum Gonfa- loniere ernannt, nicht um Nichter über Privarfireitigkeiten zu fein, die fhon ihre dazu beftellten Richter haben; fon: dern’ um über den Staat zu wachen, den Uebermuch der Mächtigen zu unterdrücken, und diejenigen Gejeze zu mils dern, durch deren Anwendung man die Republik untergehn ſehe; auf beide Gegenftände habe er forgfältig gedacht, und, foviel ihm möglich gewejen fei, Vorkehrungen getroffen; al: lein der böfe Wille der Menfchen widerfirebe jo ſehr feinen rechtlichen Entwürfen, daß ihm der Weg verfchloffen werde, das Gute zu bewirken, ihnen aber, es auch nur anzuhören, Erfter Theil, M — 178 — Jahr geſchweige denn, daruͤber zu berathſchlagen. Da er alſo 276. einſehe, daß er ferner weder der Republik, noch dem allge— meinen Beſten irgend nuͤzlich ſein koͤnne, ſo wiſſe er nicht, weswegen er noch laͤnger dies Amt behalten ſolle, welches er entweder wirklich, oder doch nach der Meinung anderer nicht verdiene; deshalb wolle er nach Hauſe gehen, damit das Volk in ſeine Stelle einen andern ſezen koͤnne, der ent— weder groͤßeres Verdienſt oder beſſeres Gluͤck babe, als er. Mit dieſen Worten verließ er die Rathsverſammlung, um nach Hauſe zu gehen. Diejenigen im Rathe, die um die Sache mit wußten, und die andern, die nach Neuerungen begierig waren, er— vegten ein Getümmel, auf weldes die Signoren und die Kollegen herbei eilten; und da fie ihren Gonfaloniere bin; weg gehen fahen, hielten fie ihn mit Bitten und Vorftellun: gen zurück, und bewogen ihn, in die Rathsverſammlung, die noch im vollen Aufftande war, zurück zu kehren; viele adlihe Bürger wurden jezt mit den beleidigendften Worten bedroht, ja Karl Strozzi ward von einem Handwerker bei der Bruſt ergriffen, der ihn umbringen wollte, und nur mit Mühe ward er von den Umſtehenden beſchuͤzt. Dev: jenige aber, der den größten Aufftand erregte, und die Stadt in Waffen fezte, war Benedetto degli Alberti, der aus den Senftern des Pallaftes mit lauter Stimme das Volk zu den Waffen vief, worauf der Plaz fogleich voll von Bewaffne: ten ward; daher: denn die Kollegen jezt durch Drohungen und Schreck bewogen dasjenige thaten, was fie vorher auf Bitten nicht hatten thun wollen. Die Partheihauptieuse hatten zur nehmlichen Zeit viele Bürger in ihrem Pallafte verfammelt, um zu berathichlagen, wie fie fich gegen die Maafregeln der Signoren vertheidigen ſollten. Als aber der entfiandne Aufruhr laut wurde, und man vernahm, was in der Nathsverfammlung befchlojfen worden war, flo; ben fie alle in ihre Wohnungen zuräc. Hoffe nur feiner, der eine Ummälzung in einer Stadt Jahr erregt, er werde ihr nachher wieder Einhalt thun Eönnen, fobald, oder fie einrichten, wie er will, Salveſtros Abſicht war, diejes Geſez einzuführen und die Stadt zu beruhigen, allein der Erfolg war anders; denn die erregten Unruhen hatten einen jeden fo beftürzt, daß die Laden nicht eröfnet wurden, die Bürger fih in ihren Häufern verfchloffen, viele ihre Habe in Klöftern und Kirchen verftecten, und jeder; mann irgend ein nahes Uebel fürchtere. Die Handwerks— zünfte verfammelten fih, und jede ernannte einen Syndifus, Die Prioren beriefen alfo ihre Kollegen und dieſe Syn— diken, und berathichlagten den ganzen Tag, wie man die Stadt zur Zufriedenheit eines jeden beruhigen Eönne: aber die Meinungen waren verjihieden und fie vereinigten fich nicht. Am folgenden Tage trugen die Zünfte ihre Fahnen hinaus, und die-Signoren, da fie es vernahmen und den Erfolg vermutheten, beriefen die Rathsverſammlung, um Borfehrung dagegen zu treffen. Kaum aber waren fie ver: fammelt, als ſich der Lärmen erhob, und plözlic die Fah— nen der Zünfte mit einer Menge von Bewaffneten hinter ihnen ber auf dem Plaze waren, Die Nathsverfammlung gab alfo, um den Zünften und dem Volke Hoffnung zu feis ner Befriedigung zu geben, und die Veranlaffung zu Unheil zu entziehen, den Signoren, den Kollegen, den Achten, den Partheihauptleuten, und den Syndiken der Zuünfte, Seneralvollmacht, oder, mie man es in Florenz nennt, Dalia, die Verfaflung der Stadt zum allgemeinen Wohl derfelben verbeflern zu koͤnnen. Waͤhrend dieſes befchloffen ward, ſonderten fich einige Fahnen der Zünfte, nehmlich derer vom niedern Nange, gereizt von denen, die fich für die neuerlich von den Guelfen erlittnen Kränfungen zu raͤ— hen wünfchten, von den übrigen ab, ‚und plünderten und verbrannten Meſſer Lapo da Caſtiglionchio's Haus. , Diefer, Ma, 1378. u 180 — Jahr da er hoͤrte, daß die Signoren die Anordnungen der Guel— 2578. Fon angegriffen hatten, und das Volk in Waffen ſah, hatte fein anderes Nettungsmittel als WVerbergung oder Flucht; er verftecfte fich daher zuerft in St. Eroce, und floh dann, als Mönch verkleidet, nad) Cafentino, wo man ihn oftmals fich feldft anflagen hörte, dag er dem Peter degli Albizzi nachgegeben, und den Peter, daß er bis zum St. Johannis: tage habe warten wollen, ſich des Staates zu verfichern. Peter aber, und Karl Strozzi verfteckten fih beim erften Aufruhr, in der Hoffnung, daß, wenn diefer vorüber wäre, fie mit Sicherheit würden in Florenz bleiben Eönnen, da fie viele Verwandte und Freunde hatten. Nachdem Meffer Lapo’s Haus abgebrannt war, wurden, mie denn jedes Uebel, wenn es auch ſchwer anfängt, doc leicht zunimmt, bald noch viele Häufer, theils aus allgemeinem Haſſe, theils aus perfönlihen Feindfchaften geplindere und verbrannt. Und um eine Gefellfchaft zu haben, die mit noch größerer Begierde, als die ihrige war, ihnen bei Beraubung fremder Güter beiftehe, erbrachen fie die öffentlichen Gefängniffe, und plünderten hierauf das Klofter degli Agnoli, und das des H. Geiftes, in welchen viele Bürger ihre Habfeligfeiten verborgen hatten. Auch die öffentlihe Kämmerei wiirde den Händen diefer Näuber nicht entgangen fein, wenn nicht die Scheu vor einem der Signoren diefelbe vertheidigt hätte, der zu Pferde an der Spize vieler Bewaffneten fich der Wuth der Menge fo fehr er Fonnte entgegenfezte. Nachdem diefe Volkswuth, theils durch das Anfehn der Signoren, theils durch die einbrechende Nacht, einigermaz- Gen befänftigt war, murden von der Balia oder General: verfammlung am folgenden Tage die Gewarnten begnadige mit der Einfchränfung, daß fie auf drei Jahre fein Staats: amt befleidven koͤnnten. Die Glieder der Balia hoben die von den Guelfen zur Beeinträchtigung der Bürger gegebenen Geſeze auf; erklärten Meſſer Lapo da Kaftiglionchio und deffen Genoſſen für Rebellen, und mit biefen noch viele Jahr andre, die allgemein verhaßt waren. Nach diefen Befchläf "37% fen wurden die neuen Signoren befannt gemacht, unter welchen Ludwig Guicciardini Gonfaloniere war; man hoffte, daß durch) fie der Aufruhr würde geftillt werden, da jeders mann fie für friedliebende, und der allgemeinen Ruhe ge: neigte Männer hielt. Dennoch wurden die Laden nicht ge: Öffnet, die Bürger legten nicht die Waffen nieder, und in der ganzen Stadt wurden große Wachen gehalten. Des: wegen übernahmen auch die Signoren nicht mit der gewöhn: lihen Seierlichkeit außerhalb des Pallaftes ihr Amt, fondern innerhalb deffelben und ohne irgend eine Ceremonie. Diefe Signoren urtheilten, daß fie im Anfange ihrer Verwaltung nichts nüzlicheres zu thun hätten, als der Stadt den Fries den wieder zu geben; daher ließen fie die Waffen niederle: gen, die Laden eröffnen, und viele Landleute fih von Flo: venz entfernen, die von Bürgern zn ihrer Unterftäzung wa— ven berufen worden. An vielen Drten der Stadt beftellten fie Wachen, fo daß, wenn nur die Gewarnten fich hätten beruhigen koͤnnen, die Stadt ſich beruhigt haben würde. Sie aber waren nicht zufrieden damit, daß fie noch drei Jahr auf die Wiedererlangung ihrer Ehrenämter warten folften; daher denn, ihnen Genugthuung zu fchaffen, die Zünfte fih wieder verfammelten, und von den Signoren verlangten, fie möchten um der Ruhe und des Wohle der Stadt willen verordnen, daß ein jeder Bürger der zu iv; gend einer Zeit Mitglied der Signoven, oder der Kollegen, Partheihauptmann, oder Dbermeifter irgend einer Zunft ge: weſen ſei, nicht als Shibelline gewarnt werden fönne; daß überdies neue Simborfazionen oder Amtswahlen bei der Darı thei der Guelfen ‚gemacht werden, und die vorhandenen ver: brannte werden follten. Dieſe Forderungen wurden nicht allein von den Signoren, fondern auch fogleih von allen — 182 — > Käthen bewilligt; und es ſchien, als ob dadurch die'auf- 7° ruͤhriſchen Bewegungen, die fid) ſchon en neuem gezeigt hatten, fich wieder legten. Weil es aber den Menfchen niemals genug * das ihrige wieder zu erlangen, ſondern ſie auch immer noch, was andern gehört, an ſich reißen, und ſich rächen wollen, fo zeigten diejenigen, welche auf die Unordnungen ihre Hoff; nung festen, den Handwerfern, daß fie niemals ſicher fein wirden, wenn nicht viele ihrer Feinde vertrieben und unter: dräct würden, Die Signoren, die dies’ erfuhren, ließen die Beamten der Zünfte nebft ihren Syndiken vor fid kom— men und der Gonfaloniere Ludwig Guicciardini fprach fol gendermaßen zu ihnen: Wenn diefe Signoren und ich mit ihnen nicht ſchon längft das Schickſal diefer Stadr gekannt hätten, welches bewirkt, daß wenn die auswärtigen Kriege beendigt find, die inneren beginnen; fo würden wir une mehr verwundert haben über die erfolgten‘ Aufftande, und größeren Schmerz würden fie uns verurfacht haben. Weil aber gewohnte Uebel weniger Unannehmlichkeit mit fich führe ren, baden wir die vergangenen Unruhen mit Geduld er; tragen, befonders da fie ohne unfere Schuld begonnen wur— den, und wir hofften, daß dieſe, gleichwie die vormaligen, einft senden müßten, da wir ja fo große und fo harte For; derungen Euch willfährig zugeftanden haben. Da wir aber erfahren, daß ihe Euch nicht beruhiget, fondern vielmehr fordert, daß Euren Mitbürgern neue Kränfungen zugefügt werden und daß fie vom neuem zur Verbannung verurtheile werden follen, fo wächft mit Eurer Unbilligfeit auch unfer Migvergnügen. Und wahrlih, wenn wir geglaubt hätten, daß während unferer Verwaltung unfere Stadt, entweder durch MWiderfezlichkeit eder durch Willfährigfeit gegen Euch, untergehen follte, fo würden wir durch Flucht oder VBerbans nung uns diefen Ehrenftellen entzogen haben. "Mir hofften aber mit Männern zu thun zu befommen, die einige Billig: Jahr keit, einige Liebe zu ihrem Vaterlande in fich trügen, und O7 deshalb nahmen wir. gern unfere Aemter an, in der Hoff— nung, durch unfere Milde auf alle Weiſe Euren Ehrgeiz zu befiegen. Doch jezt ſehen wir aus Erfahrung, daß, je der müthiger wir uns betragen, je mehr wir Euch nachgeben, ihr nur um fo viel hochmüthiger werdet, und defto unbilli: gere Dinge begehrt. Und wenn wir fo reden, fo gefchieht es nicht, Euch zu beleidigen, fondern Euch zur Erfenntniß zu bringen; denn, möge ein andrer Euch fagen, was Euch gefälle, wir wollen fagen, was Euch: nüzlich ift. Sagt uns bei Eurer Treue, was ift es, das ihr billigerweife ferner noch von uns verlangen koͤnnt. Ihr wolltet den. Partheis hauptleuten ihre Macht benehmen: man nahm fie ihnen; Ihr wollter, daß die Gewarnten wieder einträten in die Ehrenämter: es wardverlaubt. Auf Eure Bitten haben wir denen, die die Häufer verbrannt und die Kirchen beraubt haben, verziehen 5; und fo: viele geehrte und mächtige Buͤr— ger find »verbannt worden, um Euch Genüge zw leiften. Aus NRücfiht gegen Euch find die Adlichen durch neue Maaßregeln gezügelt worden. Was wird das Ende fein von diefen Euren Forderungen, oder wie lange noch werdet She unfere Nachgiebigkeit mißbrauchen. Seht Ihr nid, daß wir mit größerer Geduld beſiegt zu fein ertragen, als Ihr den Sieg? Wohin foll Eure Uneinigfeit Eure Stadt noch führten? Erinnert Ihr Euch nicht, daß, als fie un. einig war, Caſtruccio, ein niedriger Bürger Lueca's ſie be⸗ ſiegt, ein Herzog von Athen, als Privatmann in Eurem Solde dienend, fie unterjocht hat? Doch, als fie einig war, konnte ein Erzbiſchof von Mailand, ein Pabſt ſie nicht beſiegen, und beide haben nach ſo vielen Jahren des Krie— ges nur Schande davon getragen. Warum alſo wollt Ihr, daß Eure Zwietracht im Frieden dieſe Stadt zur Sklavin — 184 — Jahr mache, die gegen ſoviel mächtige Feinde im Kriege fich frei 57 erhalten bat? Was werdet Ihr durch Eure Zwiftigfeiten anderes erlangen, als Knechtſchaft? Oder durch die Güter, die Ihr uns geraubt habt, oder rauben möchter, was am deres, als Armuth? denn fie find ‘es, die vermöge unferer Thätigfeit die ganze Stadt ernähren; ihrer beraubt, werden wir fie nicht mehr ernähren koͤnnen; und diejenigen, die ſich ihrer werden bemächtigt haben, werden fie, als übel erwor— benes Gut, nicht zu erhalten verftehn, woraus denn Huns gersnoth) und Armuth für die Stadt entfiehen wird. Ich und diefe Signoren befehlen, und, wenn der Anftand es erlaubt, wir bitten Euch, daß Ihr endlih Euer Gemüth berubiget, und Euch gefallen laßt, bei demjenigen ruhig ſtehn zu bleiben, was wir verordnet haben; und wenn Ihr ja eine neue Einrichtung verlangt, daß hr befcheidentlich und nicht im Aufruhr, nicht mit den Waffen fie begehren wollt; denn wenn fie billig ift, fo wird fie Euch ftets bes willigt werden, und She werdet nicht boshaften Menſchen Gelegenheit geben, zu Eurer Laft und Schaden, auf Eure Rechnung das Vaterland zu Grunde zu richten. - Diele Worte bewegten durch ihre Wahrheit die Gemüther jener Bürger mächtig, und mit Höflichkeit danften fie dem Gon— faloniere, daß er feine Pfliht gegen fie als ein guter Sig: nor und gegen die Stadt als ein guter Bürger erfüllt habe, indem fie fich erboten, allem was ihnen aufgetragen wor; den, bereitwillig Gehorfam zu leiften.. Die Signoren, um ihnen dazu Gelegenheit zu geben ; beftellten zwei Bürger für jeden der obern Näthe, um gemeinfchaftlih mit den Syn— difen der Zünfte zu bevathichlagen, ob irgend etwas fuͤr die allgemeine Ruhe verbeffert werden fünne, und es dann dem Signoren zu berichten. Während des Fortganges diefer Begebenheiten — ein Aufruhr, der viel mehr als der erſte der Republik ſcha— — 185 — dete. Der größte Theil der in dem kurz vorhergehenden Jahr Tagen vollführten Brandftiftungen und Näubereien war "97 von dem niedrigften Pöbel verübt worden; umd diejenigen unter ihnen, die fih am frechiten gezeigt hatten, fürchte ten, daß nach Ausgleihung und Deilegung der größeren Streitigkeiten, fie für die begangenen Fehler beftrafe, und wie es immer gejchieht, von denjenigen verlaffen werden möchten, die fie zum vollbringen des Boͤſen gereizt hatten; bierzu gefellte fich ein Haß, den die niedere Volksklaſſe ge⸗ gen die reichen Buͤrger, und Haͤupter der Zuͤnfte hatten, weil fie für ihre Arbeit nicht fo belohnt zu werden glaub— ten, als fie ihrer Meinung nach mit Recht verdienten. Als nehmlich zu Karl des Erften Zeiten die Stadt nad Zünften eingetheilt ward, befam eine jede ihr Oberhaupt und ihre Verwaltung und es ward dafür geforgt, daß die zu einer jeden Zunft gehörigen in bürgerlihen Nechtsfällen von ih— ven Häuptern gerichtet wurden. Diefer Zünfte waren, wie wir bereits gefagt haben, im Anfange zwölf; hernach aber vermehrten fie mit der Zeit fih jo, daß fie bis zu ein und zwanzig anwuchfen, und wurden fo mächtig, daß fie in wenigen Sahren die ganze Negierung. der Stadt übernahs men, Weil nun einige unter ihnen mehr, andere weniger geehrt wurden, fo theilten fie fih in höhere und niedere Zünfte, fieben wurden höhere und vierzehn niedere genannt, Aus diefer Eintheilung und aus den andern Urfachen, die wir oben erzähle haben, entftand der Uebermuth der Par: theihauptleute, weil diejenigen Bürger, die von Alters her Guelfen gewefen waren, und unter deren Leitung dies Amt bejtändig blieb, die Bürger von den höheren Zünften bes günfligten und die von den niedern nebft ihren Vertheidi⸗ gern verfolgten. Daraus entftanden denn alle die Aufftände gegen fie, die wir erzählt haben. Weil aber bei der Ein— richtung der Zunftgemeinden, viele Arbeiter in folhen Hands — 186 — Jahr arbeiten, mit denen die geringere Volksklaſſe und der nieds 2378. rigſte Poͤbel ſich beſchaͤftigt, ohne eigne Zünftgemeinden auszumachen übrig blieben, fondern fich nach der verfchiede: nen Beſchaffenheit ihrer Arbeiten verfchiedenen Zünften un: terordneten, fo entftand daraus, daß, wenn fie entweder für ihre Mühe nihe hinlänglich belohnt, oder auf irgend eine Weiſe von ihren Meiftern gedrückt wurden, fie zu nies mand ihre Zuflucht nehmen Eonnten, als zu der Obrigkeit derjenigen Zunft, die über fie gefezt war, und von diejer, ſchien es ihnen, erhielten fie nicht die Gerechtigkeit, die ihr nen nach ihrem Urtheil zufam. Diejenige, die von allen Zuͤnften die größte Anzahl diefer Untergebenen hat, mar und ift die der Wollarbeiter, die, weil fie die mächtigfte nd dem Einfluß nach von allen die erfte ift, durch ihren Betrieb, den größten Theil des Pöbels und der niedrigen Bolksklaffe fters ernährt hat und noch ernährt. Die Menfchen aus der niedern Volksklaſſe alfo, fo: wohl die der Wollarbeiterzunft, als auch die der andern Zünften untergeordneten, waren, um der erwähnten Urſa— chen willen, voll Unmwillen; und da fi) zu diefem noch die Furcht wegen der von ihnen veruͤbten Brandſtiftungen und Raͤubereien geſellte, ſo verſammelten ſie ſich mehrere male des Nachts, beſprachen ſich uͤber die geſchehenen Vorfaͤlle, und zeigten ſich einer dem andern die Gefahr in der ſie ſich befanden. Einer der verwegenſten und erfahrenſten unter ihnen fprach darauf, um die übrigen zu ermuthigen, folgen: dermaßen zu ihnen: Wenn wie jezt erft darüber befchließen folften, ob die Waffen ergriffen, die Häufer der Bürger verbrannt und beraubt, und die Kirchen geplündert werden follten, fo würde ich einer von denen fein, die es erſt zu überlegen rathen würden, und vielleicht würde ich für veche halten, daß wan eine ruhige Armuth einem gefahrvollen Gewinn vorziehn müffe. Da aber die Waffen ſchon ergrif— _ 187 — fen find; und viel Unheil ſchon verübt ift, fo ſcheint es Jahr mit, duß man davon zu reden babe, wie wir jenes niche "37% zu unterlaffen brauchen und wie wir wegen des. geftifteten Uebels uns ficher ftellen mögen. Sch glaube gewiß, daß wenn and) andere es uns nicht lehrten, die Noch es uns zeigen würde. Ihr ſeht diefe ganze Stadt voll von Klagen und Haß gegen uns; die Bürger vereinigen ſich; die Sig— noria ift immer bei den Räthen. Glaubet nur, daß Falls ſtricke fie uns gelegt, und neue Kräfte gegen unſere Haͤup⸗ ter in Bewegung gefezt werden. Nach zwei Dingen muͤſſen wir alfo fEreben, und zwei Entzweden bei unfern Berath— fohlagungen folgen: der. eine, daß wir für das, was wie in diefen Tagen begangen haben nicht geftraft werden Eöns nen; der andere, daß wir mit größerer Freiheit und Zus friedenheit als bisher leben mögen, Wir müflen alfo, wie es mir feheint, wenn wir wollen, daß die alten Bergehun: gen uns vergeben werden follen,- deren neue begehen, inz dem wir das Unheil verdoppeln, Brand und Raub verviel- fältigen und uns: bemühen, dabei recht viele Genoffen zu haben. Denn wo viele jündigen, wird Feiner: bejtraft, und £leine Berbrechen werden beftraft, die großen und ſchweren aber belohnt. Wenn viele leiden, fo fuchen wenige ſich zu rähen, denn Vergehungen gegen das Ganze werden mit mehr Grduld als die gegen Einzelne ertragen. Die Ber: vielfältigung der Uebel wird uns leichter Verzeihung vers fchaffen und uns den Weg eröffnen zum Beſiz der Dinge, die wir um-unfrer Freiheit willen zu erlangen wünfgten. Auch fcheint es mir, als gingen wir einem fihern Erwerb entges gen ‚, denn die, die uns daran verhindern Eönnten, find uns einig. und rei; ihre Uneinigkeit wird uns alfo den Sieg verfchaffen und ihre Neichthiimer werden, wenn fie uns ger - hören, uns ihn erhalten. Auc laßt Euch nicht abſchrecken durch jene alte Abſtammung ihres Geſchlechts, die fie uns — 188 — Jahr vorhalten. Denn alle Menſchen ſind, da ſie einen gemein— 378 ſchaftlichen Urſprung gehabt haben, von gleich alter Ab— ſtammung, und von der Natur auf gleiche Weiſe gebildet worden. Wenn wir alle entkleidet ſind, werdet Ihr uns alle aͤhnlich ſehn; legt uns ihre Kleider an, und ihnen die unſrigen, und ohne Zweifel werden wir adelich, und ſie unadelich erſcheinen; denn nur, Armuth und Reichthum machen uns ungleich. Es thut mir ſehr leid zu bemerken, daß viele unter Euch aus Gewiſſenangſt das Geſchehene be— reuen, und das noch zu vollbringende unterlaſſen wollen. Und gewiß, wenn es wahr iſt, ſo ſeid ihr nicht die Maͤn— ner, fuͤr die ich Euch gehalten habe, denn weder Gewiſſen, noch Schande darf Euch abſchrecken, weil diejenigen die ſie— gen, auf welche Weiſe ſie auch ſiegen moͤgen, niemals Schande davon haben. Auf das Gewiſſen aber duͤrfen wir keine Ruͤckſicht nehmen, denn da wo, wie bei uns, die Furcht vor Hunger und vor Gefaͤngniß iſt, kann und darf die vor der Hoͤlle nicht ſtatt finden. Wenn ihr aber auf das Verfahren der Menſchen Achtung gebt, ſo werdet ihr ſehn, daß alle diejenigen, die zu großen Reichthuͤmern und gro— ßer Macht gelangen, entweder durch Betrug oder durch Gewalt fie erworben haben; und den Beſiz der Dinge, die fie fo durch Lift oder Gewaltthat an fich geriffen haben, befchänigen fie, um die fchlechte Art des Erwerbs zu ver bergen, mit dem faljhen Namen des Gewinns. Und dies jenigen, die aus Mangel an Klugheit und aus allzugroßer Einfalt diefes Verfahren meiden‘, kommen um in Sklaverei und Armuth; denn die treuen Sklaven bleiben immer Skla— ven, und die guten Menjchen immer arm; nur die uns treuen und verwegenen befreien fi aus der Sklaverei, und nur die väuberifchen und betrügerifhen aus der Armuth. Denn Gott und die Natur haben alle Güter der Menfchen in ihre Mitte gelegt, und fie find mehr dem Raub, als dem Fleiß, mehr den fchlechten als den guten Künften aus; Jahre gefezt. Daher kommt es, daß fich die Meenfchen einer den "378 anderen verzehren, und daß immer das fchlechtefte erlangt, wer am menigften vermag. Man muß fi alfo feiner Macht bedienen, wenn die Gelegenheit dazu gegeben iftz eine beffere aber Fann uns vom Glück nicht dargeboten wers den, da die Bürger noch uneinig, die Signoria unentfchlof fen, die Obrigfeiten beftürze find, fo daß man, ehe fie fich vereinigen und ſich faſſen Fünnen, leicht fie unterdrücden kann. Dann werden wir entweder ganz und gar die Her: ven der Stadt bleiben, oder doc, fo großen Theil an ihr haben, dag man nicht allein die begangenen VBergehungen uns verzeihen wird, fondern wir auch Macht haben werden, ihnen mit neuen Beleidigungen zu drohen. Sch geftche, daß diefer Entfchluß verwegen und gefährlich iſt; allein, wo die Nothmwendigfeit drängt, da wird die Verwegenheit als Klugheit beurtheilt, und auf die Gefahr nahmen muth— volle Männer bei großen Unternehmungen niemals Rück fiht. Denn diejenigen Unternehmungen, die mit Gefahr beginnen, endigen immer mit Belohnungen, und aus einer Gefahr hat fich noch niemand ohne Gefahr befreit. Ueber: dies aber glaube ich, daß da, wo man Gefängnif, Mars ter und Tod in Bereitjchaft fezen fieht, das Stehenbleiben _ mehr zu fürchten fei, als das Beftreben ſich davor ficher zu fiellen, denn durch das erfte wird das Lebel ficher, und durch das andere zweifelhaft. Wie oft habe ich Euch Elas gen hören über den Geiz Eurer Vorgeſezten, und über die Ungerechtigkeit Eurer Obrigkeiten? Jezt ift es Zeit, nicht allein Euch von ihnen zu befreien, fondern auch fo ſehr ih— ver mächtig zu werden, daß fie mehr über Euch zu Klagen, mehr von Euch zu fürchten haben müffen, als Ihr von ih: nen. Die Gelegenheit, die uns die Umftände varbieten, hat Flügel, und ift fie entflohenz' fo ſucht man vergebens Jahr fie wieder zu ergreifen. She feht die Anftalten Eurer Geg— 2378. ner. Laßt uns ihren Abfichten zuvorfommen, und wer von uns zuerft die Waffen wieder ergreift, wird ohne Zweifel Sieger fein zum lintergange feines Feindes und zu feiner eignen Erhöhung; dann wird vielen von uns Ehre und als len Sicherheit zu Theil. Dieſe Ueberredung entflammte heftig die fchon an fich erhizten Gemuͤther zum Unheil, fo daß fie bejchloffen die Waffen zu ergreifen, fobald fie noch mehr Genoffen zu ihren Abfichten beftimme hätten. Sie verpflichteten ſich durch Eide, fich beizuftehben, wenn es ge fchehen follte, daß einer von ihnen won der Obrigkeit ums terdrüct würde. Während diefe ſich anfchicten, fih der Nepublif zu bes mächtigen, Fam diefe ihre Abficht zur Kenntniß der Signo— ven; fie ließen alfo einen gewiffen Simon von dem Plaze ergreiffen und erfuhren von ihm die ganze VBerfhwörung und dag fie am folgenden Tage den Aufruhr erheben woll: ten. Da fie alfo die Gefahr einfahen, jo verfammelten fie die Kollegen, und diejenigen Bürger die gemeinschaftlich mit den Syndifen der Zünfte an der Vereinigung der Stadt arbeiteten. Ehe fie aber alle beifammen waren, mar der Abend ſchon gefommen, und jene gaben den Signoren den Rath, fie follten die DObermeifter der Zünfte vor fih kom— men laffenz; diefe gaben alle den Rath, daß man ſaͤmmt— liche Mannfchaft von Florenz herbei kommen laffe, und daß die Gonfalonieren des Bolfs am Morgen mit ihren Kom: pagnien bewaffnet auf dem Plaz fein follten. Ein gewiffer Nikolaus von St. Friano flellte die Uhr des Pallaftes ges vade zu der Zeit, als Simon gefoltert ward, und die Bür- ger fid) verfammelten; und da er erfahren hatte, was es war, kehrte er nach Haufe und erfüllte die ganze Nachbar— Schaft. mit Aufruhr, fo daß in einem Augenblick mehr als saufend Menſchen fich bewaffnet auf dem Plage St. Spivito verfammelten. Dieſer Lärmen gelangte zu "den übrigen Jahr Berfchwornen, und St. Pier Maggiore und St. Lorenzo, "37% ‚Derter die fie vorher verabredet hatten, erfüllten ſich ebens falls mit Bewaffneten. © Der Tag war fchon angebrochen, es war der 2uſte * lius, und zu Gunſten der Signoren waren noch nicht mehr als go Bewaffnete auf dem Plage erichienen; auch von den Sonfalonieren Fam nicht einer, meil fie aufıdas Gerücht, daß die ganze Stadt in Waffen fei, ihre Häufer zu verlaf fen fürchteten. Die erften, die von dem Poͤbel auf dem Plaze erfchienen, waren diejenigen, die fih auf St. Piero Maggiore verfammelt hatten; und bei ihrer Ankunft bewegs ten fich die Truppen nicht. Naͤchſt diefen erfchien der andre Haufen; da fie keinen MWiderftand fanden, fo foderten fie mit fürchterlicher Stimme von der Signoria ihre Gefan: ‚gene, und um diejelben mit Gewalt zu erlangen, da fie auf ihre Drohungen nicht herausgegeben wurden, verbrannten fie des Ludwig Guicciardini Haus; jo daß die Signoren aus Sucht vor größerem Unheil fie ihnen auslieferten. Als fie diefe wieder erhalten hatten, nahmen fie dem Erefutor die Sahne der Gerechtigkeit und verbrannten unter derfelben die Haͤuſer vieler Bürger, indem fie diejenigen verfolgten, die entroeder um öffentlicher oder perfönlicher Urſachen willen gehaßt waren. Viele Bürger führten fie, um ſich für pers föntich -erlittene Beleidigungen zu rächen, zu den Häufern ihrer Feinde; denn es war ſchon genug, wenn eine Stimme aus der Mitte des Haufens, zu dem Haufe diefes oder jes nes, ſchrie, oder. wenn der, der die Fahne in der Hand hielt, fich dahin wandte. Sie verbrannten auch) alle Schrif ten der Wollarbeiter Zunft. Nachdem fie viel Unheil ange fifter, ernannten fie, um es mit irgend einer lobenswuͤrdi— gen That zu begleiten, Salveftro de? Medici und fo viele andere. Dürger zu Nittern, daB die Zahl aller bis zu vier , wr. — 192 — Jahr und fechzig fieg, unter welcher auch Benedikt und Anton 2378 degli Alberti, Thomas Strozzi, und andre ähnliche, zu denen fie Vertrauen hatten, waren, obfchon fie auch viele mit Gewalt dazu machten. Bei diefer Begebenheit verdient vor allen Dingen bemerft zu werden, daß man vielen ihre Häufer verbrennen und nachher diefe Männer an demfelben Tage von den nehmlichen Leuten (fo nahe war die Wohlthat der Beleidigung) zu Nittern erheben fahe; welches unter andern dem onfaloniere der Gerechtigkeit Ludwig Guicciardini begegnete, Die Signoren, die fi in folhem Aufruhr von den Truppen, von den Häuptern der Zuͤnfte, und von ihren Gonfalonieren verlaffen ſahen, mas ren außer Fafjung, weil feiner ihnen dem gegebenen Befehl gemäß zu KHülfe gefommen war ; und von den fechszehn Fahnen erfchien nur die des goldnen Löwen und die des Fells unter Giovenco della Stufa und Johann Cambi, und auch diefe blieben nur Eurze Zeit auf dem Plaz, denn da fie die anderen nicht fich folgen ſahen, fo entfernten fie fih auch. Die Bürger von der andern Seite, da fie die Wuth diefer zügellofen Menge fahen, und daß der Pallaft verlaffen war, blieben theils in ihren Häufern, theils auch folgten fie dem Haufen der Bewaffneten, um dadurch daß fie fi) unter ihnen befanden ihre und ihrer Freunde Häufer beffer fchizen zu können, wodurch denn die Macht der Auf: zührer wachen und die der Signoren abnehmen mußte, Die: fer Tumult dauerte den ganzen Tag, und als die Nacht hereinbrach, hielten fie bei dem Pallaft des Meffer Stephan hinter der Kirche des H. Barnabas ſtill. Ihre Zahl betrug mehr als fechs taufend, und ehe der Tag anbrach liegen fie fih von den Zünften unter Drohungen ihre Fahnen fchicken. Als der Morgen fam, gingen fie mit dem Panier der Ges vechtigfeit, und mit den Fahnen der Zünfte vor den Pallaft des Potefta, und da diefer fich weigerte, ihnen den Befiz defs felben einzuräumen, fo befämpften und eroberten fie ihn. a ar Die Signoren in der Abficht einen Verſuch zum Vers Jahr gleich mit ihnen zu machen, da fie Eein Mittel fahen, fie 1378. mit Gewalt zu zügeln,: beviefen vier von ihren Kollegen, und fandten diefe zum Pallafte des Potefia, um ihre Ges ſinnung zu vernehmen; diefe fanden, daß die Häupter des Volks mit den Syndiken der Zünfte, und einigen Bürger überlegt hatten, was fie von der Signoria fordern wollten. Sie fehrten alfo mit vier aus dem Wolfe abgeordneren und . mit folgenden Forderungen nach der Signoria zurück: daß die Wollarbeiterzunfe Feinen fremden Nichter mehr halten folle; daß drei neue Zunftgemeinden errichtet würden, eine für die Wollfrempler; und Faͤrber, die zweite für die Bart: feherer, Schneider und andere Handwerker ähnlicher Art, die dritte fir das gemeine Volk; daß von diefen drei neuen Zünften immer zwei Signoren, und von den vierzehn nie dern Zünften drei fein follten; daß die Signoria für ein Haus forgen folle, wo dieje neuen Zünfte fich verfammeln | koͤnnten; daß Feiner der zu diefen Zünften gehöre innerhalb zwei Sahren gezwungen werden koͤnne, eine Schuld zu be- zahlen, deren Summe geringer als funfzig Dufaten fei; daß das Leihhaus die Intereſſen niederfchlagen folle, und nur die Kapitale wieder bezahlt zu werden brauchten; daß die Verwieſenen und WVerurtheilten losgefprochen werden folften; daß alle Gewarnte zu den Ehrenftellen wieder zus gelaflen werden follten. Außer diefen forderten fie noch viele andere Dinge zum Vortheil ihrer befonderen Gönner; und fo auch gegentheils, daß viele ihrer Feinde vermiefen und gewarnt werden follten. Diefe Forderungen wurden, obs fhon fie der Republik fchimpflich und laftig waren, dennoch aus Furcht vor größerem Uebel von den Signoren, Kollegen, und dem Nathe des Volks fogleich bewilligt. Um ihnen aber ihre gänzlihe Wollgiehung zu geben, war es nöthig, daß fie auch in der gemeinfchaftlihen Berfammlung beftärigt Erſter Theil. N — IE — Jahr wuͤrden, welches, da ſich an einem Tage nicht zwei Raͤthe 376. verſammeln konnten, bis zum folgenden Tage aufgeſchoben werden mußte. Dennoch ſchien es, als wenn fuͤr jezt die Zuͤnfte zufrieden, und dem Volke Genuͤge geleiſtet waͤre, und ſie verſprachen, daß nachdem die Geſeze ihre Vollzie— hung wuͤrden erhalten haben, aller Aufruhr geſtillt wer— den ſolle. Am folgenden Morgen alſo, waͤhrend man ſich in dem gemeinſchaftlichen Rathe berathſchlagte, kam die ungeduldige und bewegliche Menge unter den gewöhnlichen Fahnen auf den Plaz, und erhub fo laut und fo fürchterlich ihre Stim— men, daß der ganze Nath und die Signoren davon erfchrecft wurden. Guerriante Marignolli einer der Signoren alſo, mehr durch Furcht, als durch irgend eine andere perfänliche Leidenschaft bewogen, ging unter dem Vorwande, die uns tere Thuͤre bewachen zu wollen, hinunter, und entflob nach Haufe. Er Eonnte fich aber beim hinausgehen nicht fo vers borgen halten, daß er nicht von der Menge erkannt worden wäre; doch ward ihm weiter Fein Leid zugefügt, als daß die denge bei feinem Anblick fchrie, daß alle Signoren den Pallaft verlaffen follten, fonft würden fie ihre Kinder er— morden und ihre Häufer verbrennen, Unterdeſſen war das Geſez bejchloffen, die Signoren in ihre Zimmer zuricges kehrt, und der Kath hinuntergegangen; und diefer fand ohne hinaus zu gehen, auf dem Gange und in dem Hofe, verzweifelnd an dem Heil der Stadt, bei dem Anblick fo großer Frechheit bei der Menge, und fo großer Bosheit oder Feigheit bei denen, die fie hätten zuͤgeln oder unter: drücken Eönsen. Auch die Signoren waren außer Faffung und an des Vaterlandes Nettung zweifelnd, da fie von eis nem aus ihrer Mitte fich verlaffen, und von feinem einzis gen Bürger auch nur mit Math, gejchweige denn mit Bei— ftand unterſtuͤzt ſahen. In diefer Unentichoffenbeit alſo, was fie thun Eünnten oder follten, vieth ihnen: Meſſer Iho: Jahr mas Strozzi, und Mefler Benedikt Alberti, bewogen 37° entweder durch perfünliche Ehrſucht, indem fie Herren des Pallaſts zu bleiben wuͤnſchten, oder weil fie ‚es - wirklich für gut hielten, -diefem Ungeftüm des Volkes nachzugeben, und als Drivarperjonen in ihre Häufer zurück zu kehren. Diefer Rath, von denen ertheilt, die des Aufruhrs Haͤup— ter gewefen waren, empörte,. objchon die andern nachgaben, zwei der Signoren, Alamanno Acciajoli und Nikolaus del Dene höchlich; fie fühlten wieder einige-Stärfe in fih und fagten, wenn die uͤbrigen abziehen wollten, fo Eönnten fie dem nicht abhelfen, fie aber wollten ‚nicht, bevor die gefezs mäßige Zeit es erlaube, ihre Würde fahren laffen, wenn fie, mit ihr. nicht auch das Leben verlöven. Dieſe Zwiſtigkei— ten «werdoppelten die Furcht der -Signoren und die Wuth des Volks; daher denn der Sonfaloniere, indem er vorzog, fein Amt mit Schimpf, als mit Gefahr, zu enden, ſich in Meſſer Ihomas Strozzi's Schuz empfahl, der ihn aus dem Ballaft brachte und in feine Wohnung, führte. Auf gleiche Weiſe entfernten fih die übrigen Signoren nachein: ander ; daher denn Alamanno und Nikolaus, um nicht für mutbhiger als Elug gehalten zu werden, da fie ſich allein ges laſſen ſahen, fich ebenfalls entfernten; und jo. blieb der Pal: laft in den Händen des Volkes und der Acht Kriegsbeams- ten, die ihre Aemter noch nicht niedergelegt ‚hatten. Als das Volk in den Pallaft eindrang, hatte ein ge wiſſer Michael von Lando, ein Wollkaͤmmer, die Fahne des Gonfaloniere der Gerechtigkeit in feiner Hand, Diefer flieg barfuß und Eärglich bekleidet, mit dem ganzen Haufen bin: ter fich ber, die Treppe hinauf, und da er in den Audienz- faal der Signoren kam, ftand er fill, und ſprach, fich zu der Menge wendend: Ihr ſeht, diefer Pallaft it Euer, und diefe Stadt in Euren Händen, Was wollt Shr,. daß Me — 196 — Jahr geſchehen ſoll? Hierauf antworteten alle, ſie wollten, daß 1578» er Gonfaloniere und Signor fein, und fie und die Stadt, wie es ihm gut dünfe, regieren ſolle. Michael nahm die Signoria an, denn er war ein fcharffichtiger und Fluger Mann, und verdanfte mehr der Natur als dem Gluͤck. Er befchloß die Stadt zu beruhigen, den Aufruhr zu ftillen, und. befahl, fowohl um das Volk befchäftigt zu erhalten, als auch um fich felbit Zeit zur Bildung eines Planes zu verfchaffen ‚, man folle einen gewiffen Ser Nuto auffuchen, der von Meffer Lapo da Caſtiglionchio zum Häfcherhaupts mann beftimmt worden war. Der größte Theil derer, die um ihn waren, gingen den Auftrag zu vollziehn. Um nun mit Gerechtigkeit die Regierung anzufangen, die er durch Gunſt erlangt hatte, ließ er öffentlich befehlen, daß nie mand Feuer anlegen oder etwas rauben folle. Und um je dermann zu ſchrecken ließ er auf dem Plaze den Galgen auf: richten. Um mic der Berbefferung des Staats den Anfang zu machen, entfezte er die Syndiken der Zünfte, und er: nannte deren neue, nahm den Signoren und Kollegen ihre Aemter, und. verbrannte die MWahlbeutel zu den Aemtern, Ssndeffen ward Ser Nuto von der Menge auf den Play getragen, und mit einem Fuße an den Galgen gehenft; vr nun ein jeder Umſtehende ein Stück von ihm abriß, fo war im Augenblicke nichts von ihm übrig, als der Fuß. Bon der andern Seite hatten die acht Kriegsbeamte, in der Mei: nung, daß fie durch den Abzug der Signoren Herren der Stadt geblieben wären, bereits die neuen Signoren be— fimmt. Als Michael dies erfuhr, ließ er ihnen fagen, fie follten fogleich den Pallaft verlaffen, denn er wolle einem jeden zeigen, daß er ohne ihren Math Florenz zu regieren wife. Darauf ließ er die Syndiken der Zünfte fich vers fammeln, und ernannte die Signoria, viere für die niedrige Volksklaſſe, zwei für die höheren und zwei für die hiedern Zünfte. Weberdies nahm er eine neue Amtswahl vor, und Jahr theilte die Regierung in drei Theile, deren einer mit den "378. neuen, einer mit den niedern, und einer mit den hoͤhern Zünften fich beichäftigen ſollte. Meſſer Salveftro de Me: diei verlieh er die Einkünfte der Laden von der alten Bruͤcke; ſich felbft die Amtmannfchaft von Empoli; und vielen an: dern Bürgern die Volksfreunde waren, ertheilte er viele andre Begünftigungen, nicht fowohl um ihnen ihre Bemuͤ— hungen zu vergüten, als damit fie jederzeit ihn gegen boͤſe Geſinnte vertheidigen möchten. Es fchien der geringern Volfsflaffe, als fei Michael bet der Verbefferung des Staats den vornehmeren Bürgerlichen allzugänftig gewefen, auch glaubten fie nicht foviel Antheil an der Negierung zu haben, als fie nöthig hatten, um fi darin erhalten, und vertheidigen zu können; daher fie denn, von ihrer gewöhnlichen Frechheit angetrieben, die Waffen von neuem ergriffen; in vollem Aufruhr unter ihren Fahnen auf den Plaz kamen, und verlangten, daß die Signoren auf die Nednerbühne herunter fteigen follten, um über neue Maagregeln zum Behuf ihrer Sicherheit und ihres Wohls zu berathſchlagen. Michael, da er ihren Uebermuth fah, hörte weiter nicht auf das, was fie verlangten, ſondern, um fie nicht noch mehr zu erbittern, tadelte er blos die Arc und Weife die fie bei ihren Forderungen annahmen, und er⸗ mahnte fie, die Waffen niederzulegen, indem ihnen alsdann dasjenige zugeftanden werden folle, was durch Gewalt die Signoria mit Anftand nicht bewilligen Eönne. Die Menge 309 fich alfo, hierdurch gegen den Pallaft aufgebraht, nach St. Maria Novella; bier erwählten fie aus ihrer Mitte acht Häupter nebft Dienern und andern Einrichtungen, die ihnen Anfehen und Würde verfchaffen follten; fo daß die Stade nun zwei Negierungsfize hatte, und von zwei vers fehiedenen Gewalten regiert ward. Diefe Häupter befchloffen — 198 — Jahr unter ſich, daß immer acht aus ihren Zunftgemeinden ers 1379 "wählte Männer mit den Signoren im Pallafte wohnen follz ten, und daß zu allem, was die Signoria befchläffe, ihre Deftätigung erforderlich fein folle. Neſſer Salveftro de’ Mediri und dem Michael von Lando nahmen fie alles das, was durch ihre vorigen Defchlüffe denfelben war bewilligt worden. Vielen aus ihrer Mitte wiefen fie Aemter und Zufhüffe an, damit fie fih in ihrem Range mit Würde er— halten koͤnnten. Nachdem fie diefe Befchlüffe zu Stande gebracht, fandten fie, um fie vechtsfräftig zu machen, zwei aus ihrer Mitte nach der Signoria, um zu fordern, daß fie ihnen von den Näthen beftätigt wirden, mit dem Be deuten, daß fie viejelben mit Gewalt durchfezen wollten, wenn fie es in der Güte nicht Fönnten. Die beiden trugen mit großer Frechheit und noch größerer Anmaßung den Gigs noren ihren Auftrag vor, und machten dem Gonfaloniere die Würde mit der fie ihn bekleidet und die Ehre, die fie ihm angethan, und daß er fich mit fo großer Undankbarkeit und fo wenig Nücfichten gegen fie betrage, zum Borwurf. Da fie nun am Ende ihrer Rede zu Drohungen Famen, konnte Michael fo großen Uebermuth nicht länger ertragen, und mehr des Nanges, den er behauptete, als feiner niedri- gen Herkunft eingedenk, beſchloß er fo außerordentliche Unverfchämtheit auf eine außerordentliche Weiſe zu zuͤgeln, zog den Degen, den er an der Seite trug, vermundete fie erjt gefährlich, und ließ fie dann feffeln und einferkern. Diefer Vorfall entflammte, da er bekannt ward, die ganze Menge zur Muth, und in der Meinung, daß fie bes waffnet durchjezen würden, was fie unbewaffnet nicht erlans gen konnten, ergriffen fie in Wuth und Aufruhr die Waf— fen, und jezten fich in Bewegung, um hinzugeben und die Signoren zu zwingen, Michael auf der andern Seite vers muthete das, was geſchah, und beſchloß, ihm zuvor zu fommen, bedenfend, daß es ihm mehr Ruhm bringe, den Jahr Gegner anzugreifen, als innerhalb den Mauern ihn zu er; "370 warten, und nachher, wie feine Vorgänger, den Pallaft entehrend und fich befchimpfend entfliehen zu müflen. Er verfammelte alſo eine große Anzahl von Bürgern, die be: veits angefangen hatten, ihren Irrthum zu erkennen, flieg zu Pferde, und eilte von vielen Bewaffneten begleitet, nad) Santa Maria Novella, um fie zu befämpfen. Das Bolf, welches, wie wir oben gefagt, denfelben Entfchluß gefaßt hatte, 309 faft zu gleicher Zeit, da Michael fih in Bewer gung fezte, ebenfalls aus, um auf den az zu gelangen und der Zufall wollte, daß beide verfchiedene Wege nahmen, fo daß fie unterwegs fih nicht begegneten. Michael alfo fand, da er umfehrte, den Plaz fchon eingenommen, und den Pallaft angegriffen; er begann daher den Kampf mit ihnen, befiegte fie, jagte einen Theil aus der Stadt, und zwang den andern mit Verluſt feiner Waffen fich zu verber: gen. Mach diefem Siege legte ſich der Aufruhr einzig durch die Tugend des Gonfaloniere, der an Muth, Klugheit und Güte alle Bürger feiner Zeit übertraf, und unter die weni: gen gezählt zu werden verdient, die ihrem Vaterlande Wohl— thaten erzeigt haben. Denn wenn fein Gemüth boshaft oder ehrfüchtig gewefen wäre, fo würde die Republik ihre Freiheit gänzlich verloren haben, und in größere Tyrannei als die des Herzogs von Athen verfallen fein. Seine Güte aber ließ niemals einen Gedanken in ihm auffleigen, der dem allgemeinen Wohl nachteilig gewefen wäre, und feine Klugheit machte ihn die Sachen fo leiten, daß viele feiner Parthei Vertrauen zu ihm hatten, uud er die Übrigen mit den Waffen bezähmen fonnte. Hierdurch ward das Volk geſchreckt, und die beſſeren Handwerfer kamen zur Erfennt niß, und bedachten, welch ein Schimpf für diejenigen, die die den Hochmuth der Großen gezügelt hatten, es fei, die Gemeinheit des Pöbels zu ertragen. Jahr As Michael den Sieg über den Pöbel erhielt, waren 238. hereits die Namen der Mitglieder der neuen Signoria gezo— gen, unter den Gezogenen aber waren zwei von fo niedri—⸗ gem und verächtlihen Stande, daß die Bürger den Wunſch fagten, fih von fo großer Schande zu befreien. Da alfo, als am erftien September die neuen Signoren ihre Amt übernahmen, der Play voll von Bewaffneten war, erhob fih, fobald als die alten Signoren den Pallaft verlaffen hatten, unter den Bewaffneten mit Aufruhr eine Stimme; fie wollten nicht, daß aus dem gemeinen Volke einer unter den Signoren fei. Die Signoria alfo entfezte, um ihnen Genüge zu leiften, diefe beiden, deren einer Tira, der andere Baroccio hieß, ihres Amts und erwählte Meffer Georg Scali, und Francescho di Michele an ihre Stelle. * Sie hoben auch die Zünfte des gemeinen Volkes wieder auf, und entjezten die dazu gehörigen, ausgenommen Michael von Lando und Ludwig di Puccio nebft einigen anderen von bejferen Eigenfchaften, ihrer Aemter. Die Ehrenftellen theilten fie in zwei Klaffen, deren eine fie den höheren, und die andere den niederen Zünften anmwiefen. Nur von den Siguoren follten nad ihrem Willen immer fünf aus den niederen und vier aus den höheren Zünften, der Gonfales niere aber abwechjelnd, einmal aus diejer, und einmal aus jener Klaffe fein. Diefe alſo eingerichtete Verfaffung gab für damals der Stadt ihre Ruhe wieder. Obſchon nun die Republik den Händen. der niedrigften Volksklaſſe entzogen war, fo blieben dennoch die Handwerker des niedrigen Ran— ges mächtiger, als die vornehmen bürgerlichen, welches die legteren zuzugeben gezwungen maren, um dem gemeinen Volke, dadurch daß fie jenen nachgaben, das Recht Zünfte zu bilden zu entziehen. Auch ward diefe Einrichtung von denen begünftigt, welche wuͤnſchten, daß diejenigen unters drückt bleiben möchten, die unter dem Namen der Guelfis — 0 — ſchen Parthei ſo viele Buͤrger mit ſo großer Gewaltthaͤtig- Jahr keit beleidigt hatten. Da nun unter den uͤbrigen, die dieſe 1570. Defchaffenheit der Regierung begünftigten, auch Mefler Georg Scali und Meffer Benedikt Alberti waren, fo blieben dadurch Meffer Salveftro di Medici und Mefler Thomas Strozzi gleihfam Herren der Stadt. *) Dieſe Einrichtung und Anordnung der Dinge beförderte noch die fhon durch die Ehrfucht der Ricei und Albizzi entflandene Trennung zwifchen den vornehmen Bürgerlichen, und den niedrigern Handwerkern; und weil nachher aus diefer zu verfchiedenen Zeiten die wichtigften Folgen entftanden, wir ihrer auch oftmals werden gedenfen müffen, fo wollen wir die eine diefer Partheien die Bürgerliche und die andere die Bolksparthei nennen. Dieſer Zuftand dauerte drei Sabre, reih an Verbannungen und Ermordungen; denn diejeni- gen, die an der Regierung waren, lebten immer in den größten Beſorgniſſen, weil innerhalb und auswärts fehr viel Mißvergnügte waren. Die Mißvergnägten im Innern ver: ſuchten, entweder wirklich oder doch wie man vermutbete, täglich neue Unruhen zu erregen. Die Auswärtigen aber, die durch Feine Nüdfichten im Zaum gehalten wurden, fireuten bald mit diejes Fürften bald mit jener Republik Hülfe, bald in diefer, bald in jener Gegend neue Unruhen aus. Zu diefer Zeit befand fih zu Bologna Gianozzo da 1379. Salerno, ein Feldhere des Karl von Durazzo, der aus dem Königshaufe von Neapel ſtammend, die Abficht hatte, gegen die Königin Johanna einen Feldzug in diefes König: veich zu thun, und diefen feinen Feldheren vermöge der Des + Man erinnere fih, daß bei der Ernennung Salveſtro's zum Gonfa— faloniere eben dieſe vier e3 waren, die fich zur Befreiung des Bok kes von dem Drucke dev Guelfen verbanden, Dal. p. 176. a 0) —— Jahr günftigungen die er vom Pabfte Urban, dem Feinde der 379 Königin „ genoß, in der erwähnten Stadt hielt. Es bes fanden fich zu Dologna auch viele vertriebene Florentiner, die mit ihm und mit Karl genaue Berbindungen unterhiel ten; dies verurfachte, daß diejenigen, die in Florenz an der Regierung waren, in der größten Beſorgniß lebten, und daß man den Verlaͤumdungen gegen die verdäcdhtigen Bürger leicht Glauben beimaß. In diefer Spannung der Gemuͤther ward der Obrigkeit eröffnet, daB Gianozzo da Salerno mit den Vertriebenen vor Florenz erjcheinen und viele Einwohner von Florenz felbft ebenfalls die Waffen ers greifen und ihm die Stadt überliefern würden. Auf diefen Bericht wurden viele angeklagt, unter welchen Peter degli Albizzi und Karl Strozzi die erſten waren, die genannt wurden; mächft diefen Cipriano Mangioni, Meffer Jacob Sachetti, Meffer Donato Barbadori, Philipp Strozzi, und Johann Anfelmi, und fie alle wurden, außer Karl Strozzi, der entfloh, verhaftet. Die Signoren ordneten darauf, damit niemand wage, zu ihren Gunften die Waf- fen zu ergreifen, Meffer Thomas Strozzi und Meſſer Ber nedife Alberti mit einer Menge von Bewaffneten zur Ber wacung der Stadt ab. Die verhafteten Bürger wurden verhört und weder der Anklage noch den Beweiſen nad) konnte man fie für fchuldig erkennen; da alfo der Hauptmann fie nicht verurtheilen ‚wollte, ſo veizten ihre Feinde das Volk jo fehr auf, und trieben es zu folder Wuth: gegen fie en, daß fie durch Gewalt zum Tode verurtbeilt wurden. Den Deter degli Albizzi vettete jezt weder die Größe feines Haufes, noch fein vormaliges Anfehn, da er lange Zeit vor allen andern Bürgern war geehrt und gefürchtet wor: den. Damals fandte ihm jemand, entweder fein Freund, um ihn in feiner Größe leutfeliger zu machen, oder fein Seind, um ihm mit dem Unbeftande des Glücks zn drohen, als er vielen Bürgern ein Gaftmal gab, eine filberne Fahr Schale gefüllt mit Konfeft, “unter dem ein Nagel verbor: 137% gen war; und da diefer entdeckt und von allen Gäften ge fehen wurde, machte man die Auslegung, dies folle ihn evs innern, daß er fein Rad feftnagle, denn da ihn nun das Gluͤck mit feinem Rade auf den hoͤchſten Punkt geführt habe, fo müffe dies, wenn es feinen Kreislauf weiter fort feze, ihn nothwendig mit in die Tiefe reißen. Diefe Aus: legung ward erft durch feinen Fall und bald durch feinen Tod beftätigt. Nach der Vollziehung diefes Urtheils blieb die Stadt 1580. voll von Verwirrung, denn fowohl Sieger als DBefiegte fürchteten. Verderblichere Wirkungen aber brachte der Re— gierenden Furcht hervor; denn auch der geringfte Vorfall ließ fie neue Ungerechtigkeiten gegen die Parthei begehen, indem fie ihre Mitbürger bald verurtbeilten, bald warnten, bald verbaunten. Hierzu Famen neue Gefeze, neue Ein; richtungen, die haufig zur Defeftigung der Negierung ge macht wurden. Alles diefes gefchah zum größten Nachtheil derer, die ihrer Parthei verdächtig waren; und deshalb er; nannten fie fechs und vierzig Bürger, die mit den Signo— ren gemeinfchaftlich die Republik von folchen Perfonen rei: nigen follten, die der Negierung verdächtig wären. Diefe warnten neun und dreißig Bürger, machten viele Bürgerz fihe zu Adlichen, viele Adliche zu Bürgerlichen; und nah: men, um auswärtiger Macht widerftehen zu können, Mei: fer Giovanni Aguto, einen gebornen Engländer, und in den Waffen hochberühmt, in Gold, der dem Pabfte und andern Mächten in Stalien SKriegsdienfte gethan hatte, Diefe Beforgniß vor auswärtigen Angriffen entſtand, weil man hörte, dag von Karl Durazzo mehrere Kompagnien von Bewaffneten zu feinem Feldzuge nach Neapel errichtet wurden, und bei ihm befanden fih auch dem Gerücht zu: — 204 — Jahr folge viele vertriebene Florentiner. Gegen dieſe Gefahren 1390. traf man, außer der errichteten Kriegsmacht, auch noch durch eine Geldfumme Vorkehrung; Karl erhielt nehmlich bei ſeiner Anweſenheit in Arezzo von den Florentinern vier: zig taufend Dufaten, wogegen er verfprach, fie nicht zu beunrubigen. Er fezte darauf feinen Feldzug fort, bemäch: tigte ſich glücklih des Königreiches Neapel und fandte die Königin Johanna als Gefangene nad) Ungarn. Diefer Sieg erhöhte von neuem die Beforgniffe derer, die in Florenz die Regierung in Händen hatten; denn fie konnten nicht glauben, daß ihr Geld mehr über das Gemüth des Königs vermögen follte, als die alte Freundfchaft feines Haufes ger gen die Guelfen, welche mit fo harten Kränfungen von ih— ‚nen unterdrückt worden waren. Jemehr dieſer Verdacht nun flieg, defto mehr Kränfungen häufte man auf die Ver: dächtigen, wodurch denn jener ftatt entfernt zu werden nur noch erhöht wurde; fo daß die meiften Menfchen in der höchften Unzufriedenheit lebten. Hierzu Fam noch der Weber: mut) von Meſſer Georg Scali und Meſſer Thomas Strozzi, die durch ihr perfönliches Anfehn das Anfehn der Dbrigkeiten vernichteten, weil ein jeder fürchtere, daß fie mit Hülfe der Volfsgunft ihn unterdrücken möchten. Ja nicht blos den Mohlgefinnten, fondern auch den Unruhigen fchien diefe Regierung tyrannifh und gewaltthaͤtig. Auf daß aber Meffer Georg -Scali’s Uebermuth endlich einmal endigen möchte, mußte es fih fügen, daß Johann di Cambio von einem Diener Scali’s angeklagt ward, Nänfe gegen den Staat gefchmiedet zu haben, von dem Haupt: manne aber unfchuldig befunden wurde. Der Nichter alfo wollte den Ankläger mit derjenigen Strafe belegen, in wel: che der Angeklagte gefallen wäre, falls man ihn fchuldig befunden hätte; und da ihn Meffer Georg Scali auf feine Weiſe weder durch Bitten, noch durch fein Anfehn retten Eonnte, fo giengen er und Meffer Thomas Strozzi, Jahr begleitet von einer Menge Bewafineter hin und befreiten " ihn mit Gewalt, plünderten das Haus des Hauptmanns und zwangen dieſen zu feiner Rettung fih zu verbergen. Diefe That erfüllte die Stadt mit folhem Haffe gegen ihn, daß feine Feinde es jezt für möglich hielten, ihn zu ſtuͤrzen, und die Stadt nicht blos aus feinen, fondern aus des Pr beis Händen zu befreien, der fie drei Jahre lang durch feis nen Uebermuth unterdrückt gehalten hatte. Hierzu gab auch der Hauptmann fehr große Veranlaflung, denn als fich der Zumult gelegt hatte, gieng er zu den Signoren und fprach zu ihnen: Er habe fehr gern das Amt übernommen, wozu ihre Herrlichkeiten ihn erwähle hätten, weil er geglaubt babe in die Dienfte gerechter Männer zu treten, und fol her, die die Waffen ergriffen, um die Gerechtigkeit zu ſchuͤzen, nicht fie zu hemmen. Nachdem er aber die Ne gierung der Stadt und fein eignes Loos dabei gefehen und kennen gelernt habe, fo wolle er diefe Würde, die er, um Nuzen und Ehre fih zu erwerben, gern übernommen habe, ihnen, um Gefahr und Schaden zu vermeiden, gern auch wieder zurückgeben. Der Hauptmann ward darauf von den Signoren aufgerichtee, und ihm Muth gemacht durch das Verjprechen des Erfazes für den erlittnen Scha— den, und der Sicherheit für die Zukunft. Ein Theil von Ihnen verband fich darauf mit einigen Bürgern, die fie für Sreunde des allgemeinen Beſten und für am wenigſten bei der Regierung verdächtig hielten, und fie einigten fich dars über, daß jezt eine treffliche Gelegenheit gefommen ſei, die Stade aus Meffer Georg’s und des Pöbels Gewalt zu befreien, da durch diefen legten Webermuth das ganze Volk ihm abgeneigt worden fei. Sie hielten es daher für gut, diefe Gelegenheit zu benuzen, bevor die empörten Gemuͤ— ther fich wieder beruhigten, denn fie mußten wohl, daß die 1, Jahr 1581. 1382. — 206 — Gunſt der Menge durch den mindeſten Zufall gewonnen und verloren wird; auch hielten fie für, noͤthig, daß fie, um die Sache durchzufezen Meſſer Benedikt Alberti auf ihre Seite zögen, ohne deſſen Einwilligung fie die Unter— nehmung für gefährlich hielten. Meſſer Benedikt war. ein ſehr reicher, leutfeliger, firenger Mann, der Freiheit, feines Vaterlandes Freund, und dem tyrannifchen Verfahren hoͤchſt abgeneigt; es war daher leicht, ihn jezt zu beruhigen, und feine. Einwilligung zu erlangen, um Meſſer Georg zu ſtuͤrzen. Denn die VUrfache, die ihn den vornehmen Bürgerlichen: und der Par thei der Guelfen zum Feinde und der niedern Volksklaffe zum Freunde gemacht hatte, war der Uebermuth jener umd ihe tyrannifches Verfahren geweſen; da er aber gejehen hatte, daß die Häupter des gemeinen Volks jenen gleich ges worden waren, Jo hatte er ſich jchon feit geraumer Zeit von ihnen abgeſondert, und die Beleidigungen, die man vielen Bürgern angethan. hatte, waren ganz ohne, feine Zuftimz mung geichehen. Die nehmlihen Urfachen alfo, die ihn hatten die Parthei der niedern Volksklaſſe ergreifen laffen, machten anch jezt, daß er fie wieder verließ. Als fie nun Mefier Benedift und die Häupter der Zünfte auf ihre Seite gebracht und fih mit Waffen verfehen hatten, ward Meſſer Georg verhafter, und Meſſer Thomas entfloh; Am folgenden Tage ward Meffer Georg enthauptet, und feine Parthei war fo ſehr in Schrecken gejezt, daß fein ein ziger fich vegte, fondern vielmehr alle um die Wette zu feiz nem Sturze beizutragen juchten. Da er fih nun zum Tode führen ſah im Angeficht deflelben Volks, daß kurze Zeit vorher ihn angebetet hatte, beflagte er fich über fein hartes Geſchick und über die Bosheit feiner Mitbürger, die dadurch, daß fie ibn Jo ungerechter Weiſe beleidigten, ihn gezwungen hätten, einen Volkshaufen zu begünftigen und zu ehren, in welchem nicht die mindefte Treue oder Jahr Danfbarfeit zu finden fei. Und als er unter den Bewaff— 1502. neten Meffer Benedikt Alberei erkannte, fagte er zu ihm: Und du, Meier Benedift, willigeft ein, daß mir dies Unrecht angerhan werde, welches ich im deiner Stelle nie zugeben würde, daß man dir anthäte? Aber ich verkünde dir, daß diefer Tag das Ende meines Unglüds und der Anfang. des deinigen ift. Darauf beklagte er fich über fich felbft, daß er zu fehr einem Volke vertraut habe, das jedes - More, jede Bewegung, jeder Argwohn in Bewegung fezt und verführt. Unter diefen Klagen ftarb er in Mitten feir ner bewaffneten und an feinem Tode ſich freuenden Feinde. Nach ihm wurden einige feiner vertrauteften Freunde getöds tet und von dem Volke gejchleift. Der Tod diefes Bürgers fezte die ganze Stadt in Bes wegung; denn zu deſſen Vollziehung hatten viele die Waffen zu Sunften der Signoria und des Volkshauptmanns ergrif— fen; viel andre auch aus Ehrfucht, oder aus perfönlichen DBeforgniffen. Da nun die Stadt voll war von mannigfalz tigen Dartheien, fo verfolgte jeder feinen befondern Zweck und alle wollten den ihrigen durchfezen, bevor die Waffen niedergelegt würden. Die vormaligen Adlichen, die man Große nannte, Fonnten es nicht ertragen, der öffentlichen Ehrenftellen beraubt zu fein, und bemühten fich daher mit aller Anftvengung diefelben wieder zu erlangen; deshalb ſa⸗ hen ſie es auch gern, daß den Partheihauptleuten ihr An— ſehn wieder gegeben wuͤrde. Den vornehmen Buͤrgerlichen und den hoͤheren Zuͤnften war es unangenehm, daß ſie die Regierung mit den niedern Zuͤnften und der geringeren Volksklaſſe getheilt hatten. Die niederen Zuͤnfte von der andern Seite wollten ihre Macht viel eher erhoͤhen als ver— mindern; und das gemeine Volk befuͤrchtete die Kollegen die zu ſeinen Zuͤnften gehoͤrten, zu verlieren. Dieſe verſchiede— = 208 — Sahr nen Unzufriedenheiten fezten Florenz im Verlauf eines Jah— 15 82 "res vielmal in Aufruhr; bald ergriffen die Großen, bald die böhern, bald die niedern Zünfte und mit diefen das gemeine Volk die Waffen, und mehrmals waren in mehrern Gegen: den der Stadt alle zugleich bewaffnet. Hieraus entftanden fowohl zwifchen ihnen felbft, als auch mit den Truppen des Yallaftes häufige Kämpfe, und die Signoria fuchte bald nachgebend, bald Fämpfend fo großem Webelftande fo gut fie konnte abzuhelfen. Endlich nach zwei Parlamenten und mehreren Balien, die zur Verbefferung der Staatsverfaffung errichtet wurden, nach vielem Schaden, Unruhen und ſchwe— ven Gefahren ward eine Regierung zu Stande gebracht, wodurch alle feit der Zeit, daß Meffer Salveftro de’ Medici Sonfaloniere gewefen war, vermwiefene wieder in ihr Vater: land eingefezt wurden. Vorrechte und Gehalte wurden al len denen wieder genommen, die von der Balie vom Jahr 1378. ſolche empfangen hatten; der Guelfiſchen Parthei wurden ihre Ehrenfiellen wieder eingeräumt; den beiden neuen Zünften wurden ihre Gemeinden und ihre Obrigkeit genommen, und alle dazu gehörige wurden wieder unter ihre vormaligen Züngte gefezt; den niedern Zünften wurde das Necht auf das Amt des Gonfaloniere der Gerechtigkeit genommen, flatt der Hälfte wurde ihnen jezt nur der dritte Theil der Ehrenftellen bewillige, und von diefen noch die vom höheren Range ausgenommen. So kam denn die Ne gierung wieder an die Parthei der vornehmen Bürgerlichen und der Suelfen, und ward der des gemeinen Volkes ent zogen, welche fie vom Jahre 1378 bis 1581, wo diefe Neuer sungen erfolgten, bejeffen hatte. Diefe Hegierung aber war weder weniger drückend für ihre Bürger noch weniger hart in ihren Grundfäzen, als die des gemeinen Volks gewefen war; daher wurden viele vornehme Dürgerlihe, die als Vertheidiger deffelben befannt waren, — 209 — nebft vielen andern Häuptern der geringeren Volksklaſſe Jahe verbannt... Unter diefen war auch Michael von Lando, und 1502. felbft die zahlreichen Mohlthaten, die fein Anfehen dem Staate erzeigt hatte, als er von der zügellofen Menge zer: vättet ward, waren nicht im Stande, ihn von der Much der Parthei zu vetten. So zeigte ihm alfo fein Vaterland nur wenig Dankbarkeit für feine guten Handlungen. Diefer Sehler, in den die Fürften und Nepublifen fo oft verfallen, it Schuld, daß die Menſchen, abgeſchreckt durch folhe Bei: ipiele, ehe fie die Undankbarkeit ihrer Vorgeſezten fühlen möchten, diefe lieber feldft angreifen. Diefe Berbannungen und dieſe Todesurtheile mipfielen dem Meffer Benedikt Al: berti, wie fie ibm immer mißfallen hatten, und er tadelte fie, fowohl öffentlich als in der Gefellfchafe. Die Häupter der Negierung fürchteten ihn daher, denn fie hielten ihn für einen der erfien Freunde des Volks und glaubten, er habe in den Tod des Meffer Georg Scali gewillige, nicht weil ihm deffen Verfahren mißfallen hätte, fondern um fich allein der Negierung zu bemächtigen, Seine Worte und fein Be: tragen vermehrten diefen Argwohn, daher denn die ganze Parthei, die jezt am Nuder war, die Augen auf ihn gevichs tet hielt, um die Gelegenheit zu feiner Unterdrückung zu ergreifen, Während diefes Zuffandes waren die auswärtigen An: gelegenheiten nicht ſehr ſchwierig; denn die einzige Begeben— heit, die erfolgte, verurfachtete mehr Furcht als Nachtheil. Es kam nehmlich zu diefer Zeit Ludwig von Anjou nach Itaͤlien, um das Königreich Neapel der Königinn Johanna wieder zu geben und Karl von Durazzo daraus zu vertreis ben. Sein Durchzug erſchreckte die Slorentiner fehr, denn Karl forderte, nach alter Freunde Sitte, Hälfe von ihnen, und Ludwig forderte, als einer der fih um neue Freunds fchaften bewirbt, daß fie neutral bleiben follten. Die Flo— Erfter Theil. D — 20: — Jahr rentiner alſo um ſcheinbarlich Ludwig Genuͤge zu thun, und 1382. Karl zu unterſtuͤzen, entließen Meſſer Johann Aguto aus ihrem Solde, und ließen ihn in des Pabſt Urban Dienſte treten, der Karls Freund war; allein diefer Betrug ward von Ludwig leicht erkannt, und er nahm dies als eine fchwere Beleidigung von den Floventinern auf. Während nun dei Krieg zwifchen Ludwig und Karl in Appulien ge; führt ward, kamen neue Truppen zu Ludwigs Verjtarfung aus Frankreich an, und diefe wurden, da fie Tosfana er: veicht hatten, von den vertriebenen Aretinern nach Arezzo geführt, und die Parthei die in Karls Namen dafelbft ve: gierte, hinausgemworfen. Als fie aber beabfichteten, die Ne: gierung von Flovenz zu verändern, fo wie fie die von Arezzo verändert hatten, erfolgte Ludwigs Tod, und die Angele: genheiten fowohl in Appulien, als in Toskana veränderten mit dem veränderten Gluͤck auch ihre Lage; Karl nehmlich 1584 verficherte fich diefes Reichs, das er faft fchon verloren hatte, und die Slorentiner, die gezweifelt hatten, ob fie Slorenz würden vertheidigen Eönnen, erwarben fich Arezzo, indem fie es von den Truppen, die es in Ludwigs Namen befezt hatten, an fich Fauften. Nachdem Karl fih Appu: liens verfihert hatte, ging er in das Königreich Ungarn, das ihm durch Erbfchaft zugefallen war, und ließ in Appu— lien feine Gemahlinn, nebſt feinen Kindern Ladislaus und Johanna, die noch unerzogen waren, wie wir dies am ſei— nem Drt gezeigt haben. Karl erhielt das Königreich Un— garn, ward aber bald nachher getsötet. Wegen diefes Erwerbs beging man in Florenz feftliche Puftbarfeiten, jo wie fie niemals eine Stadt wegen irgend eines felbfterfochtnen Sieges gefeiert hatz und man erfannte dabei die Pracht des Volkes jowohl, als der Einzelnen, ins dem viele Familien mit dem ganzen Volf in die Werte Feft: lichfeiten anftellten. Diejenigen aber, die an Prunk und — 241 — Herrlichkeit alle andere übertraf, war die Familie der Al Fahr berti, denn die Zubereitungen, und öffentlichen Spiele, die "364. von diefer veranftalter wurden, ‚waren nicht einer buͤrgerli— chen Familie, ſondern eines jeden Prinzen wirdig. Der ' Meid gegen fie ward dadurch ſehr vermehrt, und diefer, vereint mit dem Argwohn, den die Negierung gegen Meffer Benedikt. begte, war: die Urſach feines Falls. ' Denn die: jenigen, die an der Negierung waren, konnten ihm gegen über nicht ruhig fein, da es Ichien, als koͤnne es jeden Au— genblick gefchehen, daß er mit der Gunft der Parthei auch fein Anfehn wieder gewinne und fie aus der Stadt vertreibe, In diefem Zuftande des Schwanfens gefchah es, daß, da 1397. er gerade Gonfaloniere der DBürgercompagnien war, der Name feines Schwiegerfohus Meffer Philipp Magalotti zum Gonfalonieve der Gerechtigkeit gezogen ward; und die fer Umftand verdoppelte die Furcht bei den Häuptern der Pegierung, indem fie meinten, daß Mefler Benedikt zu große Macht erlange und dadurch für den Staat große Ge: fahr entfiehe. Da fie nun dieſem ohne Aufruhr vorzubeus gen wiünfchten, fo beredeten fie feinen Amtsgenoffen und Feind Bere Magalotti, den ‚Signoren anzudenten, daß Meſſer Philipp, da er das zur Verwaltung diefes Amts erforderliche Alter noch wicht babe, dafielbe nicht erhalten koͤnne und dürfe. Die Sache ward von den Signoren unterfucht und fie urtheilten, einige von, ihnen aus Haß, andere um Unruhe zu vermeiden, daß Mefjer Philipp zu diefer Würde unfahig feis und an feiner Stelle fiel das Loos auf Bardo Mancini, einen Mann, der der geringeren Volksparthei gänzlich ent: gegen und Meffer Benedikts heftiger Feind war. Dieſer alfo errichtete, Tobald er jein Amt angetreten hatte, eine Dalie, ‚die indem fie die ganze Negierung umwarf und vers änderte, Meſſer Benedift Alberti verbannre, und die uͤbri— D 2 Jahr gen von feiner Familie, ausgenommen Meffer Anton, 387. warnte. Meſſer Benedikt verfammelte vor feiner Abreife alle feine Freunde, und da er fie traurig und in Thränen fahe, fprach er zu ihnen: Ihr ſeht, meine Väter und Bruͤ— der, wie das Schickfal mich geftürzt, und Euch bedroht hat; und darüber kann weder ich, noch folle Ihr Euch wundern, denn immer wiederfährt dies denjenigen, die un: ter vielen Schlechten gut fein wollen, und die dasjenige aufrecht zu erhalten fuchen, was die Menge niederzuftürzen firebt. Die Liebe zu meinem Baterlande war der Grund, dag ich mit Meffer Salveftro de’ Medici mich verband, und dag ich nachher von Mefler Georg Srcali mid trennte. Diefetbe Liebe flößte mir Abfchen ein gegen das DBetragen derer, die jezt vegieren, und die, fo wie fie noch feinen ger habt haben, der fie züchtigen Fönnte, auch feinen haben wollen, der fie tadeln möchte. Sch bin zufrieden, durch meine Verbannung fie von der Furcht zu befreien, die fie nicht blos vor, mir haben, fondern vor einem jeden, der ihr tyrannifches und fehändliches Verfahren kennt; weshalb fie denn auch durch meine Beſtrafung die andern bedroht ha: ben. Um meinetwillen betrübe ich mich nicht, denn die Ehre mit der mein Vaterland in feiner Freiheit mich beklei— det hat, kann es nicht im feiner Dienftbarfeie mir rauben; und das Andenfen an mein verfloffenes Leben wird mir ſtets mehr Vergnügen gewähren, als mir das Ungluͤck, das meine Verbannung über mich bringt, Schmerz verurſachen kann. Das thut mir herzlich leid, daß mein Vaterland eine Beute von wenigen, und ihrem Hochmuth und ihrer Hab— ſucht hingegeben bleiben ſoll. Um Euch thut es mir leid, denn ich fuͤrchte, daß dieſe Uebel, die fuͤr mich heut enden und fuͤr Euch anfangen, mit viel groͤßerm Ungluͤck Euch als mich verfolgen werden. Daher ermahne ich Euch, Euer Gemuͤth zu ſtaͤrken gegen jedes Ungluͤck und Euch ſo zu be— tragen, daß, wenn irgend ein Unfall Euch) trifft, mie denn Jahr fiher viele Euch treffen werden, jedermann erfennen möge, 1387. daß Ihr unfchuldig und gegen Euer Verdienft davon be: troffen werdet. Hierauf ging er, um auch im Auslande von feiner Tugend Feine geringere Meinung zu erwecken, als er fih in Florenz erworben hatte, zum Grabmal Chrifti, und ſtarb auf feiner Nückehr zu ARhodus. Seine Gebeine wurden nach Florenz gebracht nnd mit den größten Ehren: bezeugungen von denen begraben, die bei feinem Leben ihn mit allen möglichen Verlaumdungen und Kränfungen ver: folgt hatten. Sin diefen Unruhen der Stadt ward nicht allein die Familie der Alberti beleidigt, fondern mit ihr noch viele an; dere Bürger gewarnt und verbannt; unter den lezteren was ven Deter DBenini, Matthäus Alderotti, Sohann und Franz del Bene, Johann Benci, Andreas Adimari, und außer ihnen noch eine große Menge von den niedern Hand— werfern. Unter den Gewarnten waren die Covoni, die Benini, die Ninucei, die Formicono, die Corbizzi, die Man: nelli, und die Alderotti. Es war fonft gebräuchlih, die Dalie auf eine beftimmte Zeit zu ernennens diejenigen Bürs - ger aber, aus welchen fie beftand, pflegten gewöhnlich, for bald fie dasjenige, wozu fie berufen worden waren, vollenz bet hatten, um des Anftandes willen, aud wenn diefe be; ftimmte Zeit noch nicht verfloffen war, ihre Amt nieder zu legen. Da nun auch die Mitglieder der jezigen Balie dem Beduͤrfniß des Staats Genüge geleiftee zu haben glaubten, fo wollten fie, nach dem Gebrauche, abdanfen. Alfein viele, die dies hörten, eilten bewaffnet zum Pallaſt, und forder- ten, daß fie vor ihrer Abdankung noch viele andre verban— nen und warnen follten. Dies mißfiel den Signoren ehr; fie hielten die Unruhigen durch gute Verfprechungen fo lange auf, bis fie ſich Mache verfchafft hatten, und bewirften als- — 214 — Jahr dann, daß diefe Aufrührer aus Furcht die Waffen nieders 1507- legen mußten, die fie aus Wuth ergriffen hatten, Um je doch einigermaßen ihrer wüthenden Neigung Genüge zu lei— fien, und um den Handwerkern aus der niedrigen Volks: £laffe noch mehr von ihrem Einfluß zu entziehn, verordne: ten fie, daß ſtatt des dritten Theils der Ehrenämter fie fünftig nur den vierten befleiden follte. Damit auch unter den Signoren immer zwei von denjenigen Männern wären, auf die der Staat das größte Vertrauen fezte, gaben fie dem Gonfaloniere der Gerechtigkeit nebft vier andern Buͤr— gern Vollmacht, in einem Deutel die Namen folcher Aus: erwählten zu fammeln, und aus diefem follten für‘ jede Signoria zwei gezogen werden. Sp ward die Negierung, fehs Sabre nach ihrer 1381 vorgenommenen Umſchmelzung, feitgefezt, und die Stadt genoß im Innern bis zum Jahr 1395 einer ziemlichen Ruhe. In diefer Zeit betrog Johann Galeazzo Visconti, genannt Graf von Birtu, feinen Onkel Mefler Bernabo und ward dadurch Here der ganzen Lombardei. Durch Gewalt hoffte er König von Stalien zu werden, fowie er durch Betrug 1590. Herzog von Mailand geworden war. Er begann im Jahr 1390 einen ſehr ‚heftigen Krieg gegen die Slorentiner, und der Glückswechfel in demfelben war fo, daß der Herzog mehrmals nahe. daran war, die Floventiner zu verderben, die wirklich verloren gewefen wären, wenn er nicht geſtor— ben wäre, Dennoch war die Vertheidigung ſehr muthvoll und bewundernswürdig für eine Nepublif, und das Ende viel weniger nachtheilig, als der Krieg felbft furchtbar ger wefen war. Denn als der Herzog Bologna, Piſa, Peru gia, und Siena eingenommen, und die Krone jehon bereitet hatte, mit der er in Florenz fih zum Könige von Stalien frönen wollte, ftarb er, und fein Tod .beraubte ihn der Fruͤchte feiner erfochtenen Siege, und befreite die, Florenti— ner von den Folgen ihrer Niederlagen, Während diejer Krieg mit dem Herzoge geführt ward Jahr wurde Meſſer Maſo degli Albizzi, der durch Peters Tod ‚393° ein Feind der Alberti geworden war, zum Gonfaloniere der Gerechtigkeit ernannt. Und wie denn unaufhörlich die Vers folgungen der Partheien gegeneinander wuͤtheten, fo befchloß Mefler Mafo, obgleich Schon Meſſer Benedikt in der Vers bannung geftorben war, fich dennoch, noch ehe er fein Amt niederlegte, auch an dem Weberrefte der Familie zu rächen. Eine Gelegenheit dazu fand er, da ein Mann, der über gewiße Verbindungen, die er mit den Rebellen unterhalten hatte, verhört ward, den Albert und Andreas degli Alberti angab. Diefe wurden fogleich verhaftet, worüber die ganze Stadt in Beftürzung geriet), fo daß die Signoren fich mit Waffen verfahen, das Volk zur allgemeinen Berfammlung beriefen, und darauf Männer zu einer Balie ernannten, kraft welcher fie viele Bürger verbannten und zu den Aem— tern neue Simborfationen machten. Unter den Verbannten waren faft alle Alberti; auch wurden viele Handwerfer ger warnt und getoͤdtet. Durch fo große Kränfungen gereizt, erhoben fich die Zünfte und die niedere Volksklaſſe in Wafs fen, denn es jchien ihnen, als wolle man ihnen Ehre und Leben rauben. Ein Theil von ihnen ging auf den Plaz, ein andrer eilte zu dem Haufe des Mefler Veri de Medici, der nach Meſſer Salveftro’s Tode das Oberhaupt diejer Fa— milie geworden war. Denjenigen, die auf den Plaz kamen, gaben die Signoren, um fie einzufchläfern, Meffer Ninaldo Sianfigliazzi und Meſſer Donato Acciajoli, mit den Fahnen der Guelfiſchen Parthei und des Volks in der Hand, als Männer, die unter den Bürgerlichen vor allen andern bei der niedern VBolksklaffe beliebt waren, zu Haͤuptern. Die jenigen die zu dem Haufe Meffer Veri’s Tiefen, baten ihn, daß er fich gefallen laffen möchte, die Regierung zu übers nehmen und fie von der Tyrannei dieſer Bürger zu be Fahr freien, die der Guten und des allgemeiten Wohle Vertil 35: ger wären. Alte diejenigen, die irgend ein Denkmal jener Zeiten uns binterlaffen haben, ſtimmen darin überein, daß wenn Meier Veri ehrgeiziger als edel geweſen wäre, er fich ohne das mindefte Hinderniß zum Heren der Stadt hätte machen können, Denn die bittern Kränfungen, die ſowohl mit Hecht als Unrecht den Zünften und deren Freunden ange: than worden waren, hatten ihre Gemüther fo fehr zur Rache gereizt, daß, fie diefen Trieb zu. befriedigen nur eines Anführers, der fie geleitet hätte, bedurften. Auch fehlte es nicht an einem Manne, der Meſſer Veri auf das, was er thun Eönne, aufmerkfam macte, denn Anton de’ Me: diei, der lange Zeit in perfönlicher Feindſchaft mit ihm ger lebt hatte, vedete ihm zu, die Herrſchaft der Nepublif zu übernehmen. Meſſer Veri aber antwortete ibm: Deine Drohungen haben mir niemals Furcht gemacht, als du mein Feind warſt, und jezt da du mein Freund bift, fol fen mir deine Rathſchlaͤge keinen Schaden thun. Darauf wandte er fich zu der Menge und bieß fie gutes Muthes fein, denn er wolle ihr Beſchuͤzer fein, wenn fie nur fich von ihm vathen laffen wollten. Er gieng hierauf in ihrer Mitte auf den Plaz, und von dort in den Pallaft, wos felbft er zu den Signoren fagte: Keinesweges Eönne er ſich darüber beklagen, auf eine folhe Weiſe gelebt zu haben daß das Florentinifche Volk ihn liebe, das aber thue ihm ſehr leid, daß es ein Urtheil über ihn gefälle habe, wie fein verfloffenes Leben es nicht verdiene, denn da er niemals Deweife feiner Neigung zu Unruhen oder feines Ehrgeizes gegeben habe, fo wiſſe er nicht, woher es fomme, daß man glaube, er werde als ein Unruhiger den Aufruhr nah: ten, oder als ein Ehrfüchtiger fich der Negierung bemaͤch— tigen, Er bäte deshalb ihre Herrlichkeiten, daß fie die Uns Funde der Menge nicht einem Vergehen von feiner Seite Jahr beimefjen möchten, denn was ihn beträfe, fo babe er fich, 1595. fo fchnell er nur gefonne habe, in ihre Gewalt begeben, | Indeſſen bitte er fie, daß es ihnen gefallen moͤchte, ſich ihres Gluͤckes mit Maͤßigung zu bedienen, und daß ſie ſich lieber an einem maͤßigen Siege genuͤgen laſſen moͤchten, als daß ſie durch das Beſtreben ihn vollkommen zu machen, ihn ganz verlieren ſollten. Die Signoren lobten Meſſer Veri und ermahnten ihn, daß er das Volk die Waffen nie⸗ derlegen laſſe; alsdann wuͤrden fie nicht ermangeln, dasje— nige zu thun, was er und die uͤbrigen Buͤrger ihnen ra— then wuͤrden. Nach dieſen Worten kehrte Meſſer Veri auf den Plaz zurück nnd vereinigte die mit ihm gekommenen Bolkshaufen mit denen, die von Meffer Rinaldo und Meſ— fer Donato angeführt wurden. Darauf fagte er zu allen, er habe bei den Signoren den beften Willen genen fie ge; funden; man habe über viele Dinge gefprochen, aber we: sen Kürze der Zeit nnd wegen der Abwefenheit der obrig: £eitlihen Perfonen keinen Entfchluß gefaßt. Er bitte fie deshalb, die Waffen niederzulegen und den Signoren zu gehorchen: indem er ihnen fein Wort gäbe, daß man mehr durch. Milde als durch Hochmuth, durch Bitten als durch Drohungen auf fie zu wirken fuchen werde, und daß an ihrer Zufriedenheit und Sicherheit nichts fehlen werde, wenn fie nur von ihm fich leiten ließen. So bewirkte er, dag im Vertrauen auf ihn ein jeder zn feiner Wohnung ging. Nahdem die Waffen niedergelegt waren, Befeftigten die Signoren zuerft den Plaz; dann fchrieben fie zweitaufend Bürger, die das Zutrauen der Negierung hatten, gleich: mäßig vertheilt unter Fahnen aus, und befahlen ihnen zu ihrem Beiftande bereit zu fein‘, fobald fie fie dazu berufen würden; den nicht ausgefchriebenen aber verboten fie, fich — 218 — Jahr zu bewaffnen. Nachdem ſie dieſe Vorkehrungen getroffen, II verbannten und toͤdteten ſie viele Handwerker von denen, die ſich verwegener, als die anderen bei dem Aufruhr ge— zeigt hatten, und damit der Gonfaloniere der Gerechtigkeit mehr Wuͤrde und Anſehn habe, verordneten ſie, daß um dieſes Amt zu verwalten, ein Alter von fuͤnf und vierzig Jahren erforderlich ſein ſolle. Sie trafen noch viele andere Einrichtungen zur Befeſtigung der Regierung, die aber den— jenigen, gegen die ſie gerichtet waren, unertraͤglich, und den guten Buͤrgern ihrer eigenen Parthei verhaßt waren; denn ſie hielten eine Regierung nicht fuͤr gut oder ſicher, die mit ſolcher Gewaltthaͤtigkeit ſich vertheidigen mußte, Und nicht allein denen die von der Familie Alberti noch in der Stadt geblieben waren, und den Medici, die ſich in ihren eignen Augen vorfamen, als hätten fie das Volk be; trogen, ſondern auch vielen andern geveichte diefe Gewalt: thätigkeit zum hoͤchſten Verdruß. Der erfie, der es vers fuchte, fih ihe zu widerfezen, war Meſſer Donsto Aceia: 1306. joli, Jacobs Sohn. Diefer, obſchon er in der Stadt fehr mäshtig war, und eher ein Vorgefezter, als Genoffe des Meier Mafo degli Albizzi, der wegen der in feinem Son: falonierat vollbrachten Handlungen, gleihfam Haupt der Nepublif war, Fonnte dennoch unter foviel Mißvergnügten nicht allein zufrieden leben, noch ſich, wie die meiften thun, das allgemeine Unglück zum perfönlichen Nuzen gereichen laffen, und faßte daher den Gedanfen, zu verfuhen, ob er den Verbannten ihr Vaterland, oder doch wenigftens den Gewarnten ihre Aemter wieder verfchaffen könnte. Er ging alfo zu diefem und jenem Bürger und theilte ihm diefe feine Meinung mit, indem er zeigte, daß man auf Feine andre Weife das Volk beruhigen und die Unruhe der Partheien ftillen koͤnne; auch fügte er hinzu, daß er nur erwarte, ein Mitglied der Signoria zu werden, um diefes fein Vorha— ben in’s Merk zu fezen. Weil aber bei unferen Handlungen Jahr Aufſchub Lanaeweile, und Uebereilung Gefahr bringt, fo 39 entſchloß er fich um der Langenweile zu entgehen, der Ger fahr Troz zu bieten. Michael Acciajoli, fein Verwandter, und Niccolo Nicoveri fein Freund faßen in der Signoria, und daher glaubte Meffer Donato, das ihm eine Gelegenz heit gegeben jei, wobei er Feine Zeit verlieren dürfe, und foderte fie auf, in den Raͤthen ein Gefez vorzufchlagen, wo— durch die Wiedereinfezung der Bürger befohlen würde. Dieſe, von ihm überredet, fprachen davon mit ihren Amtsgenoſſen, die ihnen antworteten, fie wären nicht geneigt Neuerungem, zu verfuchen, wovon der Nuzen zweifelhaft und die Gefahr gewiß wäre. Meſſer Donato aljo, nachdem er vorher alle Mittel umfonft verfucht, ließ ihnen, von Zorn entbrannt, andeuten, daß, da fie nicht wollten, daß die Stadt durch gütlichen Vergleich ſich beruhige, dies durch die Waffen ge: ſchehen muͤſſe. Diefe Worte mißfielen fo fehr, daß, nad: dem die Sache den Häuptern der Negierung mitgetheilt worden, Meſſer Donato vorgeladen, als er erfchien, von denen, welchen er die Botfchaft aufgetragen, überführt, und, deshalb nach Barletta verwiejen ward. Ferner wurden Aamanno und Anton de? Medici vermwiefen, nebſt allen denjenigen aus dieſer Kamilie, die von Meffer Alamanno abftammeen, wie auch viele nicht vornehme, aber bei dem gemeinen Volke angefehene Handwerker. Diefe Begeben: heiten erfolgten zwei Sabre nachdem Mefler Mafo die Ne: gierung wieder, erhalten hatte, Sp war jezt der Zufland der Stadt; —— waren 1397. viele Mißvergnuͤgte und außerhalb viele Verbannte. Unter den lezteren befanden ſich auch zu Bologna, Picchio Cavic⸗ ciulli, Thomas degli Ricci, Anton de' Medici, Benedikt degli Spini, Anton Girolamo, Chriſtoph di Carlone nebft zwei andern von niedrigem Stande, fämmtlich aber — Fahr waren fie verwegene Juͤnglinge, und entſchloſſen jeder Ges 597° fahr Troz zu bieten, um in ihr Vaterland zuriick zu Eehven. Diefen wurde auf geheimen Wegen von Piggiello und Bar eoccio Cavicciulli, die als Gewarnte in Florenz lebten, ans gezeigt, daß, wenn fie nach der Stadt fommen wollten, fo würden fie insgeheim fie in ihr Haus aufnehmen und von da Eönnten fie nachher hinausgehn, Meſſer Mafo degli Als bizzi umbringen und das Volk zu den Waffen rufen, das feiner Unzufriedenheit wegen fehr leicht würde in Aufftand zu bringen fein, befonders da auch die Ricei, Adimari, Medici, Mannelli und viele andere Familien ihnen folgen würden. Szene alfo, vou diefer Hoffnung angetrieben, Far men am zien Auguft des Jahrs 1397,-und nachdem fie fich heimlicher weife dahin begeben hatten, wo ihnen vorgefchries ben worden war, fandten fie aus, um Meffer Mafo zu beobachten, da fie mit feinem Tode den Aufftand erregen wollten. Meffer Mafo ging aus feinem Haufe, und blieb darauf in einer Apotheke bei St. Piero Maggiore ftehen. Derjenige, der ausgegangen war, ihn zu beobachten, lief fogleich zu den Verfchwornen, es ihnen anzuzeigen, und diefe nahmen ihre Waffen und gingen zu dem bezeichneten Drte, von wo er aber ſchon wieder fich entfernt hatte. Nicht außer Faffung jedoch, daß ihnen diefer erfte Verſuch mißlungen war, wandten fie fih zum alten Marft nnd tödteten dajelbft einen von der Gegenparthei. Hierauf er; hoben fie ein Getümmel indem fie riefen: Volk, Waffen, Freiheit, es fterben die Tyrannen! wandten fich dann ges gen den neuen Markt, und tödteten am Ende von Calimala noch einen. Da fie nun unter denjelben Ausrufungen ihren eg fortfezten, niemand aber zu den Waffen griff, zogen fie fih in die Gallerie della Nighittofa zurück. Hier ftell- ten fie fich auf eine Erhöhung, umgeben von einer großen Volksmenge, die mehr um fie zu ſehen als zu begünftigen — — herbeigelaufen war; ermahnten die Menſchen mit lauter Jahr Stimme, die Waffen zu ergreifen, und aus dieſer Sklave— 2397: vet fich zu befreien, die ihnen fo verhaßt ſei; und verfichers ten, daß die DBefchwerden der Mißvergnügten diefer Stadt mehr als die felbft erlittenen Kränfungen fie zu ihrer Bes freiung angetrieben hätten. Sie hätten gehört, daß viele Gott nur um eine Gelegenheit bäten, fich zu rächen, und daß fie dies thun würden, fobald fie nur einen Anführer hätten, der fie leite; jezt aber, da die Gelegenheit gekoms men und die Anführer da wären, um fie zu leiten, ſaͤhen fie einer den andern an, und erwarteten, gleich Erfiarrten, bis die Urheber ihrer Freiheit getödter, fie felbft aber in noch härtere Sklaverei verſenkt würden. Es nähme fie Wunder, daß fie, die fonft bei der geringften Beleidigung die Waffen zu ergreifen pflegten, jezt bei fo vielen fich nicht vegten und es erdulden wollten, ‚daß fo viele ihrer Mitbuͤr— ger verbannt und fo viele gewarnt wären, da es doch. in ihrer Willkuͤhr fände, den Verbannten ihr Vaterland, den Sewarnten die Aemter wieder zu ſchenken. Dieſe Worte, fo gegründet fie auch waren, bewegten das Volk nicht im mindeften; jei es nun aus Furcht, oder weil der Tod jener zwei Männer ihre Mörder verhaßt gemacht harte Da alſo die Urheber des Tumultes einfahen, daß weder Worte noch Thaten Macht hatten, einen einzigen in Bewegung zu fer zen, erkannten fie zu fpät, wie gefährlih es fet, ein Volk befreien zu wollen, das fchlechterdings dienſtbar fein will, und zogen fih, am Erfolg der Unternehmung verzweifelnd, in die Kirche der H. Neparata zurück, wofelbft fie fih ein: ſchloſſen, nicht fowohl um das Leben zu retten, als um den Tod noch zu verzögern. Die Signoren, auf den erften Laͤrmen beftürze, befeftigten und verrammelten den Pallaſt; als fie aber das Berhältnig vernommen,, und erfahren bat: ten, wer Diejenigen waren, die den Tumult erregt, und wo — on — Jahr fie fich eingefchloffen hatten, fo ermannten fie fich, und ber 1397- fahlen dem Hauptmann, nebſt vielen andern Bewaffneten, hinzugeben und fie zu verbaften. Es wurden alfo ohne große Anftrengung die Pforten der Kirche erbrochen, und ein Theil von ihnen in der WVertheidigung ermordet, der andere gefangen. Als man fie verhörte, fand man, außer ihnen felbft, niemand schuldig, als Baroccio und Piggiello Eavicciulli, die denn auch mit ihnen hingerichtet wurden. 1400, Nach diefer Begebenheit trug fich eine von größerer Michtigkeit zu. Wie wir oben gejagt haben, hatte die Stadt zu damaliger Zeit Krieg mit dem Herzoge von Mai: land, der, einfehend daß zu ihrer Unterdrückung offenbare Gewalt nicht hinreichte, ſich auch zur heimlichen wandte, und mit den vertriebenen Florentinern, von denen die ganze Lombardei voll war, einen Vertrag abjchloß, woran auch viele in Florenz ſelbſt Antheil nahmen, und in welchem man beichloffen hatte, daß an einem beftiimmten Tage ein großer Theil der mwafenfähigen Vertriebenen aus den Florenz am nächften gelegenen Dertern aufbrechen und über den Fluß Arno in die Stadt eindringen, dann mit ihren Freunden in der Stadt felbft gemeinfchaftlich zu den Häufern der Staats; häupter eilen, dieje ermorden, und die Regierung nad) ihrer Willkuͤhr verändern follten. Unter den Verſchworenen in der Stadt war einer von den Ricci, Samminiato genannt. Wie es nun bei Verſchwoͤrungen häufig zu geben pflegt, daß menige nicht hinreichen und zu viele fie entdecken, ſo fand auch bier Samminiato, indem er Genoſſen fuchte, ei- nen Ankläger. Er theilte nehmlich die Sache dem Salveftro Cavicciulli mit, den feine und feiner Anverwandten erlittne Schmach hätten zur Treue bewegen follen; aber nichtsdeito: weniger gab er lieber der augenblicklichen Furcht, als einer noch fernen Hoffnung Gehör und entdeckte jogleich die ganze Berhandlung den Signoren, die Samminiato verhaften lie ben und ihn zwangen, das ganze Verhältnig der Verſchwoͤ— rung zu offenbaren. Sudeflen wurde Feiner der Theilnehmer gefangen, als Thomas Darizi, ein Mann der, von Bo: logna Eommend, und von dem, was in Florenz indeflen vorgefallen, nicht unterrichter, noch vor feiner Ankunft an: gehalten ward; alle übrigen entflohben nach Samminiato’s Verhaftung in vollem Schreden. Nachdem Samminiato Jahr und Thomas ihren Verbrechen nach beftraft waren, ward 149% mehreren Bürgern Balie ertheilt, daß fie mit voller Ge walt die VBerbrecher ausfindig machen und dem Staate Sicherheit verfchaffen follten. Dieſe erklärten fechs von der Familie der Ricci, fechs von der der. Alberti, zwei von den Medici, drei von den Scali, zwei von den Strozzi, Bindo Altoviti, Bernhard Adimari, nebft vielen Nichtadelis chen für Rebellen. Ferner warnten fie die ganze Familie der Alberti, Rieci, und Medici auf zehn Sabre, bis’ auf wenige ausgenommene. Don den zur Familte Alberti gehö— rigen war Meſſer Anton nicht gewarnt worden, weil man ihm für einen ruhigen und. friedfertigen Mann hielt. Es gefchah aber, daß ehe der durch die Verſchwoͤrung erregte Argwohn fich gelegt hatte, ein Mönch verhaftet ward, den man zu der Zeit, als die Verfchworenen miteinander unter bandelten, ‚öfters hatte von Bologna nach Flovenz geben fehn. Diefer geftand, dag er mehrmals Briefe an Meffer Anton überbracht habe; man verhaftete alſo diefen fogleich und obſchon er im Anfang läugnen wollte, fo ward er doch von dem Mönche überführs, deshalb zu einer Geldftrafe verurtheilt, und auf eine ‚Entfernung von drei hundert Meilen von der Stadt verbannt. Und damit nicht die Al: berti den Staat täglih in neue Gefahr jezen follten, ſo wurden alle diejenigen Mitglieder diefer Familie, die über funfzehn Jahre alt waren, aus der Stadt verbannt. ; Diefe Begebenheit erfolgte im Jahr 1400, und zwei Jahr darauf farb Johann Galeazzo Herzog von Mailand, defien Tod, wie wir oben gejagt haben, diefem Kriege nach einer zwölfjährigen Dauer ein Ende machte. Zu diefer Zeit unternahm die Regierung, da fie, von auswärtigen und in; 1406. neren Feinden befreit, mehr Kraft gewonnen: hatte, den Feldzug gegen Pifa, worin fie aufs rühmlichfte den Sieg davon trug. Im Snnern erhielt fih die Ruhe vom Jahr 1400 bis.1433, und nur im Jahr ı4ı2 ward, weil die Alberti ihre Verbannung Huberjchritten hatten, eine neue Dalia gegen fie aufgerichter, welche die Regierung durch neue Verordnungen befeftigte, und die Alberti durch Auss fezung von Preifen auf ihre Perfonen verfolgte, Zu diefer — 224 — Jahr Zeit führten ‚die Florentiner auch gegen den König Ladislaus 2400. yon Neapel einen Krieg, der durch den Tod des Königs im Jahr 1414 endigte. In dem Laufe diefes. Krieges hatte der König, da er unterlag, den Florentinern die Stadt Cortona, wovon er Here, war, zugeftanden, Bald darauf erlangte er wieder Kräfte und ernenerte den Krieg gegen fie, der diess mal viel gefährlicher als das erſtemal für fie ‚ward; und hätte er nicht durch feinen Tod fich geendigt, ebenſo ı wie jener mit dem Herzoge von Mailand, fo würde auch der König, gleich dem Herzoge, Florenz in Gefahr gefezt has ben, feine Freiheit zu verlieren. Auch ſchloß ſich diefer Krieg mir dem Könige mit nicht geringerem Gluͤcke als je ner; denn als er bereits Rom, Siena, die Marf, und ganz Romagna eingenommen hatte, und ihm nur noch Flo— venz fehlte, um mit feiner Mache in die Lombardei zu drins gen, farb er. So war den Florentinern immer der DBefte von allen Freunden der Tod, der Eräftiger zu ihrer Nettung wirkte, als ihre eigne —— Nach dem Tode des Koͤ— nigs genoß die Stadt auswaͤrts und innerhalb einer acht— jaͤhrigen Ruhe, nach deren Verlauf zugleich mit den Krie— gen gegen Philipp, Herzog von Mailand, auch die Kaͤmpfe der Partheien wieder begannen, die nicht eher beruhigt wur— den, als mit dem Untergange der Regierung, die von 1381 bis 1434 beftanden, fo viele Kriege mit fo großem Ruhm geführt, und ihrer Oberherrſchaft Arezzo, Piſa, Cortona, Livorno und Monte Pulciano unterworfen hatte, Noch größere Dinge aber würde fie vollbracht haben, wenn die Stadt fich einig erhalten hätte und nicht jene alten Unru— ben in ihr von neuem wären angefacht worden, wie fich dies im folgenden Buche genau zeigen wird. u a RR > a RN Erſter Theil, vB Diejenigen Städte, und beſonders die nicht wohl einge: Jahre richteten, welche unter dem Namen Republiken verwaltet *100. werden, wechleln ſehr häufig in ihren Regierungen und Berfaffungen, nicht zwiſchen Freiheit und Knechtſchaft, wie viele glauben, ſondern zwifchen Knechtſchaft und Zügellofigs feit. Denn die Freiheit wird nur dem Namen nach ſowohl von den Dienern der Zügellofigkeit, nehmlich den Bürgers lihen, als von denen der Knechtſchaft, nehmlich den Adli: chen, hoch gerühmt, indem beide wuͤnſchen, weder den Ge fezen noch den Menjhen unterworfen zu fein. Wahr ift es, wenn es einmal fi zutraͤgt, (was freilich fehr felten der Fall ift) dag zum guten Gluͤcke der Stadt in derfeiben ein weifer guter und mächtiger Bürger ‚auffteht, und Gefeze einführe, durch melde die Feindfchaften zwifchen Adlichen und Bürgerlichen fih beruhigen, oder doch auf folhe Weiſe eingefchränft mwerden, daß fie fein Unheil ftiften Finnen, dann mag eine folhe Stadt fich frei nennen, dann mag man ihre Verfaffung für dauerhaft und feft halten, Denn, gegründet auf gute Gefeze und gute Einrichtungen, bedarf fie nicht, gleich den andern, der Tugend eines Mannes, der fie aufrecht halte. Mit ſolchen Gefezen und Einrichtun: . gen waren viele Republiken des Alterthbums, deren Neich P 2 — 228 — Jahr ſich lange Zeit erhalten hat, ausgeſtattet. Solcher Einrich— er tungen und Gefeze ermangelten und ermangeln alle diejeniz gen, die oftmals in ihrer Regierung von tyrannifcher Ver: faſſung zur zügellofen, und von diefer zu jener übergegan: gen find und übergehen; denn weil beide VBerfaffungen fehr mächtige Feinde haben, fo haben fie feine Feſtigkeit und fönnen fie nicht haben, denn die eine gefällt den Guten nicht, die andere mißfällt den Berftändigen, die eine kann fehr leicht Schaden, die andere nur mit Mühe Gutes thun; in der einen haben die Anmaßenden, in der andern die Dummen zu viel Einfluß, und ſowohl die eine als die an: dere muß durch die Tugend nnd das Gluͤck eines Mannes aufrecht erhalten werden, . der durd) den Tod dahin finfen, oder durch. Arbeiten untüdhtig werden kann. Die Verfaffung alſo, ſage ich, die in Florenz duch Meffer Georg Scali’s Tod im Jahre 138: ‚ihren Urfprung erhielt, ward, zuerft durch Mefler Mafo degli Albizzi's, und hernach durch Nikolaus da Uzano’s Tugend aufrecht erhalten. Die Stadt genof vom Jahr 1414. bis 1422 der Ruhe, da der König Ladislaus todt und die Regierung der Lombardei in viele Theile zerfallen war, fo daß die Stadt weder au— Berhalb noch innerhalb das allermindefte zu bejorgen hatte. Naͤchſt Nikolaus da Uzano ftanden folgende Bürger in Anz fehen: Bartholomäus Balori, Nerone di Nigi, Mefler Ri: naldo degli Albizzi, Neri di Gino, und Lapo Niccolint. Der Partheigeift der durch die Zwietracht zwiſchen den Al: bizzi und den Nicei entflanden war, und nachher mit jo großen Unruhen von Meſſer Salveftro de Medici wieder aufgeweckt wurde, erlofch niemals. Und obſchon diejenige Parthei, die bei der Menge am beliebteftien war, nur drei Ssahre regierte, und im Jahr 1381 unterlag, jo konnte fie doch, da die Neigung zu ihr dem größten Iheil der Stadt eigen war, niemals ganz und gar unterdrädt werden. — 229 — Wahr ift es, daß die häufigen Generalverfammlungen und Jahr die fortwährenden Verfolgungen, die vom Jahr 1381 bie Tr 1400 gegen ihre Häupter veranftaltet wurden, fie fat auf nichts zurück brachten. Die erften Familien, die als ihre Häupter verfolgt wurden, waren die Alberti, Ricci und Medici, und diefe wurden mehrmals ganz von Menfchen und Reichthuͤmern entbloͤßt und die wenigen von ihnen, die in der Stadt zurücblieben, wurden von den Ehrenftellen ausgefchloffen. Diefe Widerwärtigkeiten machten die Par: thei ohbnmächtig und löften fie faft ganz auf. Dennod) er; hielt fich bei vielen Menjchen ein Andenken an die erlitte: nen Kränfungen und der Wunfch fie zu vächen, der, weil er nichts fand, worauf er fich hätte ftüzen können, ſich in ihrer Bruſt verborgen hielt. Szene vornehmen Bürgerlichen aber, die jezt in Frieden die Stadt regierten, begingen zwei Sehler, die ihrer Negierung den Untergang brachten; der eine, daß fie durd) die fortdauernde Herrſchaft anmaßend wurden; der andre, daB fie durch die Eiferfucht, die fie gegeneinander naͤhrten, und durch den langen Befiz der Regierung, die Borficht die fie gegen die, die ihnen fchädlich werden fonnten, hätten anwenden follen, vernachläßigten. Da fie alfo durch ihr übles Betragen den Haß der Menge täglich von neuem aufregten, und fich nicht in Acht nahmen vor fehädlihen Dingen, weil fie fie nicht fürchteten, oder gar aus gegenfeitigem Haſſe fie unterhielten, bewirften fie, ; daß die Familie der Medici wieder in Anfehn Fam. Der erfte aus derfelben der wieder einen Anfang machte, fich empor zu heben, war Johann, Bicc’s Sohn. Diefer, da er fehr veich geworden und von Natur gütig und milde war, ward auf Bewilligung derer die die Regierung lenkten zu der höchften Ehrenftelle erhoben. Die ganze Stadt zeigte 1420. hierüber eine fo große Fröhlichkeit, weil nehmlich die Menge glaubte, einen Vertheidiger ihrer Sache gewonnen zu ba; Sahr 1420. — 250 — ben, daß die Verftändigen mit Recht darüber beforgt wur⸗ den, weil man ſahe, daß alle die alten Unruhen ſich wieder zu regen begannen. Nikolaus da Uzano unterließ auch nicht die übirgen Buͤrger darauf aufmerkſam zu machen, indem er ihnen zeigte, wie gefährlich es fei, einen Mann zu. ber günftigen, der fo großen Einfluß auf die Menge habe; und daß es leicht fei, den Unordnungen entgegen zu arbeiten, fo lange fie nur beginnen, wenn man fie aber wachen laffe, - fo ſei es jchwer, ihnen abzuhelfen; auch wiffe er, daß Jo— hann viele Eigenfchaften befize, wodurch er dem Salveſtro noch überlegen fei. Nikolaus ward aber von feinen Genoffen nicht gebört; denn fie waren neidisch auf fein Anfehn und wünichten Gehuͤlfen zu haben, um ihn zu unterdrüden, Indem nun Florenz von diefen Unruhen bewegt ward, die im Verborgenen wieder aufzubraufen begannen, wänjchte Philipp Bisconti, des Johann Galeazzo zweiter Sohn, der durch, jeines Bruders Tod Herr der ganzen Lombardei ger worden war und daber jeglicher Unternehmung ſich gewach— fen glaubte, nichts eifriger, als ſich Genua’s zu bemächtl: gen, welches damals unter der Regierung des Doge Mefler Thomas da. Campofregofo der Freiheit genof. Dennoch getraute er fich nicht, weder dieje, mod) irgend eine andere Unternehmung durchlezen zu Eönnen, wenn ev nicht zuvor einen neuen Vertrag mit den Florentinern abichlöffe, durch deffen Anſehn er bofite feine Zwecke erreihen zn Eönnen, Er ſchickte deshalb feine Geſandte mit diefem Begehren nad) Florenz. Viele Bürger viethen, daß es nicht geſchehen möchte, fondern daß man, ohne es zu thun, in dem Frie— den, den man lange Jahre mit ihm unterhalten habe, ver; bleiven folle; denn fie Fannten den Vortheil den die Bewil— ligung ihm brachte, und den geringen Nuzen, den die Stadt davon 309. Viele andere hielten für gut, daB man es thue, und kraft diefes Vertrages ihm Gränzen ſeze, durch die man, wenn en fie überfchreite, feine böfe Geſin⸗ Jahr nung erfennen, und dann, wenn er den Frieden breche, un # fo gerechter ihm den Krieg erklären koͤnne. Nachdem man fo die Sache mannigfach beftritten hatte, - ward der Frieden abgefchloffen, worin Philipp verfprach feinen Antheil zu nehmen in den Angelegenheiten diesfeit der Flüffe Magra und Panaro. Nach dem Abfchluß diefes Vertrages, nahm Philipp Brescia ein und bald darauf auch Genua, gegen die Erz mwartung derer, die in Florenz zu dem Frieden gerathen hat: 1422. ten; denn fie hatten geglaubt, Brescia würden die Vene; zianer vertheidigen, nnd Genua fich felbft. Da nun in dem Vertrage, den Philipp mit dem Doge von Genua abjchloß, diefer ihm Serezana und andere Derter diesfeit der Magra überließ, unter der Bedingung, daß wenn er fie veräußern wolle, er den Genuejern fie zu geben verbunden fei, fo be: ging er dadurch einen Friedensbruh. Außerdem fchloß er auch mit dem Legaten von Bologna einen Vertrag ab. Diefe Vorfälle beunruhigten die Gemüther der Bürger und bewirften, daß fie aus Beforgniß vor neuen Webeln auf neue Mittel dagegen dachten. Als Philipp diefe Bewegun: sen erfuhr, fandte er, entweder um fich zu rechtfertigen, oder um die Gefinnungen der Florentiner zu erforjchen, oder um fie einzufchläfern, Botfchafter nah Florenz, unter dem Schein, als wundere er fih über den gefaßten Arg— wohn, nnd mit dem Erbieten, alle diejenigen feiner getha— nen Schritte wieder aufzugeben, die irgend einen Verdacht erweden fönnten. Diefe Gefandten aber bewirften nichts anderes, als eine Spaltung der Stadt, denn ein Theil der: felben, nebft denen, die in. der Regierung den meiften Ein: fluß hatten, urtheilten, es fei wohlgethan, fich zu bewaffnen und vorzubereiten, um die. Abfichten des Feindes zu ver: eiteln; und wenn diefe Vorbereitungen gemacht wären und — 252 — Zahr Philipp bleibe ruhig, ſo wäre fein Krieg erregt, fondern ı42 1423. *vielmehr der Frieden erhalten worden. Viele andre, theils aus Haß gegen die Regierenden, theils aus Furcht vor dem Kriege, urtheilten, man muͤſſe nicht allzuleicht Mißtrauen gegen einen Freund ſchoͤpfen, und die Schritte, die er ge— than habe, ſeien ſo großen Argwohns nicht werth; wohl aber wuͤßten ſie, daß die Ernennung der Zehnmaͤnner und das Anwerben der Truppen Krieg bedeute, und dieſen ge— gen einen ſolchen Fuͤrſten zu unternehmen, werde zum ſichern Untergange der Stadt gereichen, ohne daß davon einiger Nuzen zu hoffen ſei, da wir von den zu erobernden Plaͤzen, weil die Romagna dazwiſchen liege, nicht Herr werden koͤnn— ten, und wir auch wegen der Naͤhe der Kirche an die An— gelegenheiten von Romagna nicht denken duͤrften. Der Ein— fluß derer, die fuͤr die Ruͤſtung zum Kriege ſtimmten, ge— wann indeſſen doch die Oberhand über die Meinung derer, die zum Frieden riethen; ſie ernannten alſo die Zehnmaͤnner, warben Truppen, und machten neue Auflagen. Dieſe, weil fie mehr die geringeren, als die vornehmeren Bürger belä ftigten, erfüllten die Stadt mit Mißvergnügen, und jeder verdammte die Ehrſucht und den Geiz der Mächtigen, fie befchuldigend, daß fie um ihren Begierden zu fröhnen, und durch ihre Herrſchaft das Volk zu unterdräden, einen un nöthigen Krieg erregen wollten. Noch war es mit dem Herzoge nicht zum offenbaren Bruch gefommen, aber überall zeigte fi) Argmohn; denn Philipp hatte auf Anfuchen des Legaten von Bologna, weil diefer fich vor Meffer Anton Bentivogli fücchtete, der von Dologna ausgewandert fih zu Kaftel Bolognefe befand, Truppen in diefe Stadt gefandt, und diefe, weil fie dem Gebiete von Florenz fo nahe waren, erhielten die florenti— nifhe Regierung in Argwohnz; mas aber jedermann in Schrecken fezte, und zum Ausbruch des Krieges vollen Ans ‚lab gab, war der Angriff, den der Herzog auf Furli machte. Jahr Georg Drdelaffi war. Herr von Furli, und hinterließ bee feinem Tode feinen Sohn Tibaldo unter der Vormundſchaft Philipps» Obſchon nun die Mutter, da ihre der Vormund verdächtig war, ihn ihrem Vater Ludwig Alidoffi zufandte, der Herr von Imola war, fo ward fie doch von dem Wolfe von Furli gezwungen, ihn, um dem Teftamente des Vaters Folge zu leiften, den Händen des Herzogs zn überliefern. Philipp alfo, um weniger Verdacht gegen fich zu erwecen, und feine Abdficht beffer zu verbergen, brachte es dahin, daß der Marchefe von Ferrara den Guido Zorello als feinen Stellvertreter mit Truppen abfandte, um die Regierung von Furli zu übernehmen. So fan diefer Drt in Philipps Gewalt. Als man diefen Vorfall zugleich mit der Nenig- feit von den in Bologna eingerädten Truppen zu Flovenz erfuhr, fo ward dadurch die Entichliegung zum Kriege er: leichtert, obfchon fie dennoch großen Widerfprud fand, und Johann von Medici Hffentlid) davon abriet) , indem er zeigte, daß, wenn man auch von der feindlichen Gefinnung des Herzogs vollfommen überzeugt wäre, es dennoch beffer fei, feinen Angriff zu erwarten, als ihm mit Kriegesmadt entgegen zu ziehen; denn in diefem Falle würde der Krieg gerechtfertigt fein in den Augen der Mächte von Sstalien, fowohl derer von des Herzogs, als. von unferer Partbei. Auch Eönne man jezt nicht mit gleichem Vertrauen Beiſtand fordern, als dann, wenn feine Ehrfucht offenbar fein würde, und mit höherem Muthe und größerer Mache würden fie ihre eigene Sache verfechten, als eine fremde. Die Gegner 1424. fagten, man muͤſſe nicht den Feind in der eignen Wohnung erwarten, fondern ihm entgegen gehen; das Gluͤck begünftige weit mehr den, der angreife, als den, der fich vertheidige; und mit geringerem Schaden, wenn aucd mit größeren Un: £often, führe man den Krieg auf dem Gebiet des andern, — 254 — Jahr als auf dem eigenen. Diefer Rath erhielt alfo den Vorzug 424. und man befchloß, dag die Zehnmänner alle mögliche Mittel anwenden follten, um die Stadt Furli aus den Händen des Herzogs zu reißen. Als Philipp ſahe, daß die Florentiner diejenigen Pläze einzunehmen ftrebten, die er zu vertheidtgen übernommen hatte, fezte er alle Nückfichten bei Seite und fandte Agnolo della Dergola mit ftarfer Macht nah Imola, damit der Herr diefer Stadt, auf feine eigne VBertheidigung zu denfen gezwungen, an die Beſchuͤzung feines Enfels nicht denfen tönne. Agnolo fam aljo in der Nähe von Imola an, als die Truppen der Florentiner noch zu Modigliano waren; da nun die Kälte fehr groß und daher die Graben der Stadt noch mit Eis belegte waren, fo nahm er die Stadt in einer Nacht durch Ueberfall weg und fandte Ludwig als. Gefan- genen nad Mailand. Die Floventiner, da fie Imola vers loren und den Krieg erklärt faben, fandten ihre Truppen nach, Surli, die dann die Delagerung der Stadt eröfneten und fie von allen Seiten einfchoffen. ı Und damit die Trups’ pen des Herzogs ihr nicht vereint zu Huͤlfe kommen moͤch— ten, nahmen fie den Grafen Alberigo in Sold, der von feinem Size Zagonara aus täglih bis zu den Thoren von Imola ftreifte. Agnola della Pergola fah ein, daß er nicht mit Sicherheit Furli zu Hülfe fommen fönne, wegen der ſtarken Stellung die unfere Tenppen genommen hatten; er befchloß daher zur Eroberung von Zagonara zu ſchreiten, im der Meinung, die Florentiner würden diefen Dre nicht verz loven geben wollen, und wollten fie ihm zu Huͤlfe Eommen, fo würden fie den Angriff auf Furli aufgeben und zu ih— rem Nachtheil fi) in ein Treffen einlaffen müffen. Die Truppen des Herzogs zwangen alfo den Alberigo um Fries den zu bitten, der ihm zugeftanden ward, gegen das Ver ſprechen, dab er die Stadt übergeben wolle, im Fall er - 35 u binnen vierzehn Tagen nicht Hülfe von den Slerentinern Jahr erhielte. Da man diejen Unfall in dem Lager der Slorenti- 14240 ner und in der Stadt erfuhr, fo wünfchten alle, daß der + Feind diefen Sieg nicht erhalten möchte, und bewirkten das durch, daß er einen viel größeren erhielt. Denn da. das Heer von Furli aufbrah, um Zagonara zu Hälfe zu fom- men, ward es, als es auf den Feind ftieß, geichlagen, nicht fowohl durch die Tapferkeit der Gegner, als durch das üble Wetter. Die unfrigen ftießen nehmlih, nachdem fie mehrere Stunden dur den tiefften Koth marfdhirt, und von Negen durchnäßt waren, auf den noch friihen Feind, dem es alfo leicht ward, fie zu befiegen. Dennoch kam bei einer fo großen durch ganz Stalien berühmten Niederlage niemand weiter um, als Ludwig degli Dbizi nebft zwei andern feiner Leute, die vom Pferde geftürzt im Koth er: ſtickten. — Die Nachricht von dieſer Niederlage ſezte die ganze Stadt Florenz in Trauer, am meiſten aber die vornehmen Buͤrger, die zum Kriege gerathen hatten; denn ſie ſahen den Feind geruͤſtet, ſich ſelbſt entwaffnet, ohne Freunde, und das Volk gegen ſich erbittert, das auf allen Plaͤzen mit beleidigenden Worten ſie angriff, indem es ſich über die auf erlegten Steuern, und über den ohne Urſach begonnenen Krieg beklagte und ausrief: Haben fie nun die Zehnmäns ner ernannt, um den Feind in Schreden zu fezen? Haben fie nun Furli entjezt und den Händen des Herzogs entzo— sen? So haben fi) ihre Rathſchlaͤge nun offenbart, und das Ziel, nach welchem fie gefivebt haben; nicht die Freiheit zu vertheidigen, die ıhre Feindin iſt, jondern um ihre eigne Macht zu erhöhen, die nun Gott gevechterweife erniedrigt hat. Auch haben fie nicht mit diefem Feldzuge allein die Stadt bedruͤckt, fondern mit vielen; denn eben fo wie die fer, war auch der gegen den König Ladislaus. Bei wen J — 256 — Jahr werden ſie nun Beiſtand ſuchen? Beim Pabſt Martin, den — fie zu Gunſten Braccios mißhandelt haben? Bei der Koͤ— niginn Sobanna, die fie im Stich gelaffen und dadurch ge zwungen haben, fich dem Könige von Arragonien in die Arne zu werfen? Außer diefem jagten fie noch alles, was ein erbittertes Volk zu fagen pflegt. Die Signoren fanden daher für gut, viele Bürger zu verfammeln, die durch gute Worte die bei der Menge fich regende üble Stimmung be: ruhigen follten. Meſſer Rinaldo degli Albizzi alfo, der als ältefter Sohn des Meſſer Mafo hinterblieben war, und durch feine Tugend und durch das Andenken feines Vaters auf die hoͤchſte Würde im Staate Anfpruch machte, hielt eine lange Rede, worin er zeigte, daß es nicht der Klugheit gemäß fei, die Dinge nach dem Ausgange zu beurtheilen, weil oftmals wohl überlegte Dinge ein übles, und fchlecht überlegte ein gutes Ende nähmen. Wenn man aljo fehlechte Hathichläge um ihres guten Erfolges willen lobe, fo thue man nichts anderes, als die Menſchen zum Irrthum anzus feuern, welches den Republiken zum größten Nachtheile ge: veiche, weil nicht immer die fchlechten Nathichläge glücklich find. Auf gleihe Weiſe irre man, indem man eine weile daaßregel tadle, die einen unbeglücten Ausgang nehme, weil man dadurch den Bürgern den Muth raube, dem Staate zu vathen, und das zu fagen, was fie für vecht halten. Hierauf zeigte er, wie nothwendig es gewejen fei, zu diefem Kriege zu fehreiten, und wie er, wenn man ihn nicht in Nomagna angefangen hätte, in Toscana würde ges führt worden fein. Da nun Gott gewollt habe, daß die Truppen gefchlagen würden, fo würde der Berluft nur um fo Schlimmer fein, jemehr man fich finfen laffe;s wenn man aber dem Schickſal die Stirn zeige, und die Mittel anz wende, die man in feiner Gewalt habe, fo würden fie nicht den Verluft und der Herzog nicht den Sieg empfinden. Bun” 257 — Auch ſollten ſie ſich nicht vor den zukuͤnftigen Unkoſten und Jahr Steuern fuͤrchten; denn dieſe muͤßten billigerweiſe veraͤndert IF werden, und jene wuͤrden viel geringer als die bisherigen ſein; denn weniger Zuruͤſtungen beduͤrfe derjenige, der ſich nur vertheidigen wolle, als der, der andere auzugreifen ſuche. Er ermahnte ſie zulezt, ihren Vaͤtern nachzuahmen, die, weil ſie den Muth nicht verloren haͤtten bei jedem widrigen Vorfall, ſich auch immer gegen jeglichen Fuͤrſten vertheidigt hätten. Da nun durch fein Anſehen die Bürger ermuthigt waren, nahmen fie den Grafen Dddo einen Sohn des Braccio in Sold, und gaben ihm den Nikolaus Picei— uno als Nathgeber zur Seite, der ein Zögling Braccio’s und vor allen andern die unter den Fahnen deſſelben ge: kaͤmpft hatten berühmt war. Zu dieſen fügten fie noch an— dere Heerführer, und von denen, die ihre Ruͤſtung verloren hatten, verfahen fie wieder einige mit Pferden, Hierauf ernannten fie zwanzig Bürger, die neue Laften auferlegen follten, welche dann, da die Niedergefchlagenheit in vie fie die mächtigen Bürger durch die erlittene Niederlage verfezt fahen, ihnen Muth gab, diefe ohne alle Ruͤckſicht vor ihnen mit Auflagen belegten. Diefe Belaftung war den vornehmen Bürgern fehr an— fiößig. Im Anfang zwar beflagten fie ſich nicht über die ihnen auferlegten Befchwerungen, um rechtlicher zu erfcheis ven, dennoch mißbilligten fie diefelben im allgemeinen als ungerecht,. und viethen eine Erleichterung darin zu machen, Da nun diefes Vielen befannt wurde, fo wurden fie in den Rathsverſammlungen daran verhindert, Um alfo durch das 1436, Berfahren felbft die Härte davon fühlbar, und die Maaß— vegel bei Vielen verhaßt zu machen, bewirften fie, daß die Erefutoren die Auflagen mit der arößten Härte erpreßten; indem fie ihnen Vollmacht gaben, einen jeden, der fich da: bei gegen die ©erichtsdiener vertheidigen: würde, zu tödten. ee l Jahr Hieraus entftanden viele traurige Vorfälle durch den Tod 2426. die Verwundung von Bürgern. Es fehien daher als würde es zwiſchen den Partheien zum Blutvergießen kom— men, und jeder Verſtaͤndige fuͤrchtete irgend ein nahes Un: glück; denn die vornehmen Bürger, gewöhnt mit Achtung behandelt zu werden, konnten eine jo harte Begegnung nicht ertragen, die andern aber verlangten, daß jeder in gleichem Maaße belaftet werde. Viele der erften Bürger fchloffen fih daher aneinander an, und vereinigten fih) dahin, daß es nöthig fei, die Megierung wieder an fich zu bringen, ins dem es ihr Mangel an Aufmerkſamkeit fei, der dem Bolfe den Muth gegeben habe, die Maaßregeln der Regierung zu tadeln, und der diejenigen, die gewöhnlich an der Spize der Menge ftünden, fo frech gemacht habe. Nachdem fie nun diefe Dinge mehrmals unter fich befprochen hatte, ber fchloffen fie, fih einmal zu einer allgemeinen Verſamm— lung zu vereinigen, und es Famen aljo in der St. Ste phansfirhe, mit Erlaubniß der damals regierenden Sig: noren Meffer Lorenz Nivolfi, und des Franz Gianfigliazzt mehr als fiebenzig Bürger zufammen. Johann von Medici fand fich dabei nicht ein, entweder weil er als verdächtig nicht dazu eingeladen worden, oder weil er, nicht einftim- mend in die Meinung jener Männer, nicht zugegen fein wollte. ' Ninaldo degli Albizzi fprach zu der Verfammlung. Er zeigte ihnen den Zuftand der Stadt, und wie diefelbe durch) ihre Nachläffigkeit in die Gewalt des Pöbels zurücgefallen fei, aus der fie im Sahre 1381 von ihren Vätern fei gezo— gen worden, Er erinnerte fie an die Ungerechtigkeit jener Regierung, die vom Jahr 1378 bis 1581 ftatt gefunden babe; mie fie allen denen, die hier verfammelt wären, dier ſem feinen Bater, jenem feinen Ahn gerödtet habe; und wie man num zurückehre in diefelben Gefahren, der Staat zuräckftürze in die nehmliche Verwirrung. Denn fchon habe Jahr der Haufe eine Steuer auferlegt nach feiner Willkuͤhr, und * bald auch, wenn man ihn nicht zuruͤckhielte durch groͤßere Macht oder beſſere Anordnung, werde er die Staatsdiener nach ſeinem Gutduͤnken einſezen. Wenn aber dieſes geſche— hen follte, fo werde er ihre Plaͤze einnehmen ;"und dieſen Staat zu Grunde richten, den fie zwei und fiebenzig Jahre hindurch zu-fo großem Ruhme der Stadt verwaltet hätten; und dann würde Florenz beherrfcht werden entweder nach dem Willen des Zufalls, unter der Willführ des Haufens, wo man denn von einer Seite zügellos, und von der ander ven gefahrvoll leben werde; oder unter der Herrſchaft eines Einzigen, der fih zum Herrfcher deffelben erheben werde. Er verficherte demnadh, daß ein jeder, der fein Vaterland und feine Ehre liebe, nothwendig erwachen muͤſſe, und fich erinneren an Bardo Maneinis Tugend, der durch den Unter: gang der Alberti die Stadt aus jenen Gefahren yeriffen babe, im denen fie damals fehwebte, und daß die Urfach diefer Verwegenheit, die das Volk ergriffen habe, aus ver Vermehrung der Wahlloofe entftanden fei, die durch ihre Un— achtfamfeit fei vorgenommen worden, und wodurch der Pal: laft dev Regierung ſich mit neuaufgefommenen und gemeinen Menfchen angefüllt habe. Er fchloß hierauf, nur diefe ein— zige Art gebe es, dem Uebel abzuhelfen; daß man nehmlich die Regierung den Großen zurücgebe, den niederen Zünften aber einen Theil ihrer Mache entzöge, indem man fie von vierzehn auf fieben zurück brächte, Hierdurch werde das Volk in den Rathsverſammlungen weniger Einfluß haben, fowohl durch die Verminderung ihrer Anzahl, als auch durch die vergrößerte Macht der Großen in denfelben, tie um der alten Feindfchaft willen, fie ungünftig behandeln würden, Er fügte hinzu, man müfe fih der Menfchen be dienen nach Maaßgabe der Zeiten: wenn ihre Wäter fich — 240 — Jahr des Volks bedient hätten, um den Uebermuth der Großen 248 zu unterdruͤcken, jo würde es jezt, da die Großen bejcheis den und das Volk übermüärhig geworden fei, wohlgethan fein, feinen Uebermuth mit Hälfe jener zu zügeln. Diefen Zweck auszuführen mäffe man der Lift oder der Gewalt fich bedienen, und, zu diefer Eönne man leicht gelangen, da einige von ihnen zu den Zehnmännern gehörten, und heimlich Kriegsvölfer in die Stadt führen Eönnten. Meſſer Ninaldo ward gelobt und fein Rath von allen gebilligt; Nikolaus von Uzano unter andern fagte: Alles was Mefler Rinaldo angeführte babe, fei wahr, auch die Maafregeln gut und fiher, wenn man fie anwenden koͤnne, ohne zu einer offen; baren Spaltung der Stadt zu fommen. Diefes würde ger: wiß vermieden, wenn Johann von Medici auf ihre Seite gezogen würde, denn wenn diefer Ancheil nehme, fo koͤnne der Haufe, feines Haupts und feiner Kräfte beraubt, Feinen Schaden mehr thun. Wenn aber er nicht Antheil nehme, fo würde man ohne Waffen nichts ausrichten; durch die Waffen aber halte er die Ausführung für gefährlich, weil man entweder nicht werde fiegen, oder den Sieg nicht be; nuzen können. Er vief ihnen ferner feine in der vergang- nen Zeit gemachten Erfahrungen bejcheidentlich in’s Gedächt: niß, und daß fie diefe Schwierigkeiten nicht hätten hinweg: räumen wollen, zu einer Zeit, wo fie es leicht gekonnt hät: ten; jezt aber fei es nicht mehr Zeit es zu thun, ohne gro: feres Unheil zu befürchten, und es bleibe aljo fein anderes Mittel übrig, als jenen zu gewinnen, Meſſer Rinaldo er: hielt daher den Auftrag, daß er zu Johann gehen und vers fuhen folle, ihn zu ihrer Meinung zu flimmen, Der Kavalier erfüllte feinen Auftrag und beredete ihn in den paffendften Ausdräcen die er finden fonnte, die Un: ternehmung mit ihnen ‚gemeinfchaftlih durchzuführen, und nicht durch Begünftigung eines Volkshaufens die Verwegen— ==. 241 — heit deſſelben zum Untergange der Regierung und des Staats Zahr zu vermehren. Hierauf antwortete Johann: Es fei, nach ER. feinee Meinung, die Pflicht eines verftändigen und guten Bürgers die hergebrachten Drönungen eines Staates nicht zu verändern, denn es gebe nichts was den Menfchen fo zu: wider fei, als das umwechſeln derfelben, weil man immer dabei viele Bürger beleidigen müffe, und da wo viele Mir vergnügte wären, habe man fortwährend fchlimme Ereigniffe zu fürchten, Auch fcheine es ihm, daß diefer ihr Beſchluß zwei ſehr gefährliche Folgen nach fich ziehe; die eine, daß dadurch die Ehrenftellen denjenigen gegeben würden, die weil fie diefelben nie befleidet hätten fie weniger achten, und auch wenn fie folche nicht erhielten, weniger Urfach haben würden, fich zu beklagen; die andere, daß dieſe Stellen de: nen genommen würden, die gewöhnt, fie zu beffeiden, nies mals ruhen würden, bis fie felbiae wieder erlangten. Da: durch würde dann das Unrecht, das dem einen Theil ge fhähe, viel größer fein, als die Wohlthat, die der andere empfinge; der Urheber davon würde fich alfo wenige Freunde, aber jehr viele MWiderfacher zu Wege bringen, und dieſe würden viel eifriger fein, ihn anzugreifen, als jene ihn zu vertheidigen, da die Menſchen überhaupt viel geneigter feien, Deleidigungen zu rächen, als für Wohlthaten dankbar zu fein, denn diefes feheine ihnen immer Nachtheil, jenes aber Nuzen uud Vergnügen zu bringen. Hierauf wandte er feine Rede auf Mefler Rinaldo indem er ſagte: Ihr aber, wenn ihr euch erinnertet an das Vergangene, und wie bes trüglich man in diefer Stadt zu Werfe geht, fo würdet ihre weniger bizig zu diefem Entfchluffe greifen; denn derjenige der dazu raͤth, würde, fobald er durch euren Beiftand dem Volke feine Macht entriffen hätte, fie euch wiederum mit der Hülfe derer entziehen, die durch diefe Beleidigung würs den eure Feinde geworden fein, Dann würde es euch. erges Erſter Theil. Q Jahr hen, wie Meſſer Benedikt Alberti, welcher, überredet von 1426. denen, die nicht feine Freunde waren, in den Untergang von Meffer Georg Srali und Meffer Ihomas Strozzi ein: willigte, bald darauf aber von denen felbft, die ihn übers vedet hatten, ins Eril gejandt ward. Er ermahnte ihn demnach, die Sache reiflicher zu überlegen, und feinem Ba: ter nachzuahmen, der um ſich das allgemeine Wohlwollen zu erwerben, den Preis des Salzes verringerte; der ferner bewirkte, daß diejenigen, denen ‚weniger als ein halber Sul: den Steuer auferlegt war, ihn nad) feinem Belieben bezah— fen Fonnte, oder nicht; und der. beftimmte, daß an dem Tage, wo fih der Nach verfammelte, ein jeder vor feinen Glaͤubigern ſicher fein follte. Er fchloß endlich damit, daß er, ſofern es auf. ihn anfomme, der Meinung fei, den Staat in feinen Einrichtungen beſtehen zu laffen. Diefe Berhandlungen wurden allgemein befannt und vermehrten den guten Auf Sohanns, und den Haß gegen die andern Bürger; doch wich er diefem Ruhme aus, um dadurch denen weniger Muth zu machen, die unter feiner Begünftigung Umwälzungen beabfichteten; und in allen feiz nen Reden gab er jedermann zu erfennen, daß er den Par: theigeift nicht zu nähren, fondern zu unterdrücken ftrebe, und daß, was immer man auch von ihm erwarte, er feinen andern Zweck habe, als die Eintracht des Staats; obgleich viele die zu feiner Parthei gehörten, hierüber mißvergnügt waren, weil fie gewuͤnſcht hätten, daß er an diefen Ange— legenheiten lebhafteren Antheil genommen hätte. Unter dies fen war auch Allamanno von Medici, der, heftiger von Natur, nicht nachließ ihn zur Verfolgung der Feinde und zur Begünftigung der Freunde anzureizen, indem er feine Kälte, und fein ruhiges Verfahren tadelte, welches, wie er fagte, verurſache, daß die Feinde ohne alle Näcficht ihm entgegen arbeiteren, welches Beſtreben fie einft durchſezen — 243 — würden zum Untergang feines Haufes und feiner Freunde. Jahre Diefelbe Gefinnung erwecte er auch in Johanns Sohne* — Kosmus; und dennoch ließ ſich Johann durch nichts was ihm eroͤffnet oder vorherverkuͤndigt wurde, von ſeinem Vorſaz abwenden. Indeſſen war doch durch alles dieſes die Parthei ſchon entdeckt und die Stade in offenbarer Ent: zweiung. Sn dem Nathspallaft waren zum Dienfte der Signoren zwei Stadtfchreiber, Ser Martin und Ger Paul. Diefer begünftigte die Parthei Uzano’s, jener die Mediceifche: da nun Meffer Ninaldo ſah, daß Johann nicht mit feiner Parthei einſtimmen wollte, fo bielt er für nöthig Ser Martin feines Amtes zn berauben, in der Meinung, daß der Nathspallaft ihm dann immer gewogener werden würde. Die Gegner aber fahen dies voraus, und fo ward niht nur Ser Martin vertheidigt, fondern auch Ser Paul zum Mißvergnügen und Schimpf feiner Par— thei des Amts entjezt. Diefes würde fogleich ſchlimme Wir— £ungen hervorgebracht haben, wäre der Krieg nicht gewefen, der der Stadt bevorfland, welche durch die bei Zagonara erlittene Niederlage in Schrecken gefezt war; denn während in Slovenz fich diefe Begebenheiten zutrugen, hatte Agnolo della Pergola mit dem Heere des Herzogs, alle den Floren— tinern gehörige Derter in Romagna, außer Caftrocaro und Modigliano, theils durch die Schwäche jener Derter, theils durch die Schuld ihrer WVertheidiger eingenommen. Bei der Einnahme dieſer Pläze trugen fich zwei Vorfälle zu, wor; aus man erkennen fann, wie fehr die Tapferkeit felbft vom Feinde werthgehalten wird, Feigheit aber und Bosheit mißfaͤllt. Auf dem Fort von Monte Petroſo war Biagio del Melano Befehlshaber. Dieſer, da er alles um ſich her von den Feinden in Brand geſteckt, und fuͤr das Heil der Feſte keine Rettung ſah, warf Decken und Stroh hinab von der Q2 — 244 — Jahr Seite die noch nicht brannte, und auf dieſes warf er ſeine 2426. heiden kleinen Söhne, indem er dem Feinde zurief: Nehmet ſie fuͤr euch dieſe Guͤter, die das Gluͤck mir gewaͤhrt hat, die aber, die mein Muth mir gewaͤhrt, worin mein Ruhm und meine Ehre beſteht, will weder ich euch geben, noch koͤnnt ihr ſie mir nehmen. Die Feinde eilten herbei, die Kinder zu retten, und warfen ihm Stricke und Leitern zu, um zu entkommen; er aber nahm ſie nicht an, und wollte lieber in den Flammen ſterben, als gerettet fein von Haͤn— den, die ſeinem Vaterlande feind waren. Ein Beiſpiel wahrhaft wuͤrdig jener hochgeprieſenen alten Vorzeit, und um ſoviel bewundernswerther noch als jene, je ſeltener es iſt. Der Feind gab ſeinen Soͤhnen diejenigen Beſizthuͤmer zuruͤck, die gerettet werden konnten, und ſandte ſie mit der groͤßten Sorgfalt ihren Verwandten zu, auch war die Re— publik nicht weniger liebevoll gegen ſie, denn ſo lange ſie lebten, wurden ſie auf oͤffentliche Koſten unterhalten. Das Gegentheil zu jener Begebenheit erfolgte zu Galeata, wo Zanobi dal Pino den Befehl fuͤhrte, der ohne die geringſte Vertheidigung die Feſte dem Feinde uͤbergab, und ſogar dem Agnolo noch rieth die Gebirge von Romagna zu verlaſſen, und zu den Huͤgeln von Toskana zu kommen, wo er den Krieg mit geringerer Gefahr und groͤßerem Vortheil fuͤhren koͤnne. Agnolo konnte die Niedertraͤchtigkeit und das bos— hafte Gemuͤth dieſes Menſchen nicht ertragen, und gab ihn ſeinen Dienern preis, die nach vielen Verhoͤhnungen ihm nichts als mit Schlangen bemahltes Papier zu eſſen gaben, indem ſie ſagten, daß ſie auf dieſe Weiſe ihn aus einem Guelfen in einen Ghibellinen umſchaffen wollten; ſo faſtend ſtarb er in wenigen Tagen. Indeſſen war der Graf Oddo mit Nikolaus Piceinino in das Thal von Lamona gegangen, um zu verfuchen, den Herrn von Faenza wieder zur Freundichaft mit den Sloren- tinern zu beivegen, oder wenigftens Agnolo von Pergola zu Jahr verhindern, daß er nicht mehr fo frei Nomagna durchziehe. * er Weil aber dlefes Ihal ſehr ſtark ift und die Thalbewohner friegerifh find, fo ward der Graf Oddo daſelbſt getödtet und Nikolaus Piccinino gefangen nach Faenza geführt Al: lein das Scickfal wandte es ſo, daß die Slorentiner durch) eine Niederlage erlangten, was fie durch einen Sieg vielleicht nicht würden gewonnen haben; denn Nikolaus brachte es bei dem Heren von Faenza und feiner Mutter dahin, daß fie Freunde der Florentiner wurden. Durch diefen Vertrag ward Nikolaus Piceinino frei, befolgte aber für ſich ſelbſt den Rath nicht, den er andern gegeben hatte; denn da er wegen feiner Inſoldnehmung mit der Stadt unterhandelte, ging er, fei es nun weil ihm die Bedingungen zu wenig vortheilhaft fchienen, oder weil er anderswo fie annehmlicher fand, ganz plözlich und unerwartet von Arezzo, mo er im Quartier lag, hinweg, begab fich nad) der Lombardei, und trat bei dem Herzog in Sold. Die Florentiner, durch diefen Vorfall in Furcht gefezt, und durch die vorhererwähnten Koften abgefchreckt, glaub; ten diefen Krieg nicht mehr allein tragen zu können, und fandten deshalb Geſandte zu den Venezianern, um fie zu bitten, daß fie, fo lange es ihnen noch leicht fei, fich der Groͤße eines Mannes widerfezen möchten, der, wenn fie ihm Zeit zum Wachsthum ließen, fo fehe für fie als für die Florentiner gefährlih werden Eönnte. Franz Carmig— nuola, ein Mann der in damaliger Zeit für einen ganz vorz trefflihen Krieger gehalten wurde, und vormals in des Herzogs Dienften geftanden, dann aber fich gegen ihn em— pört hatte, vierh ihnen gleichfalls zu diefer Unternehmung. Die Benezianer ſchwankten noch, weil fie nicht mußten, wie weit fie auf den Carmignuola fich verlaffen koͤnnten, indem fie fürchteten, daß feine Feindfchaft mit dem Herzog — 246 — Jahr ſchon beendigt fein möchte. Indem fie in dieſem Zweiſfel no fianden aber geſchah es, daß der Herzog durch einen Diener des Carmignuola denfelben vergiften ließ; das Gift war aber nicht ſtark genug ihn zu tödten, obgleich es ihn feinem Ende nahe brachte. Sobald die Urjach feiner Krankheit ents deft ward, ließen die Venezianer ihren Argwohn fahren, und machten auf das fortgefezte Anjuchen der Florentiner ein Buͤndniß mit denfelben, worin beide Theile fich ver: pflihteten, den Krieg auf gemeinfchaftliche Koften zu fuͤh— ven, und daß die Eroberungen in der Lombardei den Vene— zianern, die in Nomagna und Tosfana aber den Florentis nern zufallen jollten; und Carmignuola ward DObergeneral der Verbündeten. Der Krieg zog fi) demnach vermöge die— fes Vertrages nad der Lombardei, woſelbſt Carmignuola ihn Außerft tapfer führte, und dem Herzoge in wenigen Monaten die Stadt Brescia mit vielen andern Dertern wegnahm; diefe Eroberung ward in jener Zeit, und nad Maaßgabe der damaligen Kriege für fehr bewundernswärdig gehalten. 1427. Der Krieg hatte nun vom Jahr 1422 big 1426 ges dauert, und die Florentiner waren der bis zu diefem Zeitz punft auf fie vertheilten Auflagen fo müde, daß fie die Art der Bertheilung zu verändern bejchloffen. Damit nun die Auflagen nad) Verhaͤltniß des Vermögens gleich vertheilt würden, fo führte man ein, daß fie auf das Vermögen ges legt wurden, und daß ein jeder der hundert Gulden befaß, einen halben Gulden davon abgeben ſollte. Da aber die Auflage nach dem Geſez und nicht nad dem Willen der Meufchen gemacht wurde, fo fühlten ſich die mächtigen Dürger fehr davon gedrücdt, und ehe man darüber zum Beſchluß kam, ward fie von ihnen beftritten; nur Johann von Medici lobte fie ganz offen, weshalb fie auch durchging. Weil nun bei ihrer WVertheilung die Güter eines jeden zus — 2 47 — ſammengenommen wurden, welches die Florentiner Eataftvi: Jahr ren nennen, ſo ward dieſe Auflage Kataſtrum genannt, "17° Diefe Einrichtung mäßigte in etwas die Tyrannei' der Gro— Ben, denn nun Eonnten fie nicht mehr die Geringeren druͤ— den, und in den Nathsverfammlungen durch Drohungen . zum Schweigen bringen, wie fie zuvor thaten. Die Auf: lage ward alfo von dem ganzen Volke gern, von den Bor; nehmen aber mit dem größten Mißvergnügen aufgenommen. Wie es aber zu gehen pflegt, daß die Menfchen fich niemals begnügen, und wenn fie eine Sache erlangt haben, nicht damit zufrieden, fogleich noch eine andere begehren, fo‘ for: derte auch das Volk, noch nicht zufrieden mit der Gleich: beit der Auflagen, die eine Folge des Gefezes war, daß man auf die verfloffenen Zeiten zuruͤckginge und nachfehe, was die Neichen nach dem Kataftrum weniger bezahlt hät: ten, und daß fie nun noch foviel nachbezahlen follten, bis fie mit denen wieder gleich würden, die ihre Befizungen hatten verfaufen mäffen, um zu bezahlen, was fie mit Un: recht geben mußten. Diefe Forderung fchreckte die Großen viel mehr noch als das Kataftrum, und um fich davor zu Ihüzen, hörten fie nicht auf, diefes zu verdammen, indem fie behaupteten, daſſelbe fei höchft ungerecht, weil auch die beweglichen Güter darin eingetragen wären, die man heute befizt und morgen verliert, es gebe überdies auch viele Leute, die verborgnes Geld befäßen, welches das Kataftrum nicht ausfindig machen koͤnne; fie fügten hinzu, daß diejenigen, die um der Staatsverwaltung willen ihre Gefchäfte dahinten ließen, weniger belaftee werden dürften von der Auflage; es fei fchon genug, daß fie ihre Perfon bemühen müßten, und garnicht gerecht, daß der Staat ihr Gut und ihre Arbeit, von den übrigen aber nur das Geld benuze. Die andern, denen das Kataftrum gefiel, erwiederten: wenn die beweglihen Güter fich veränderten, fo könnte man auch die — 248 — Fahr Auflagen verändern, und daß man alfo durch deren Öftere RR Abänderung diefem Nachtheil abhelfen koͤnne. Auf diejeni— gen, die verborgenes Geld bejäßen, brauche man nicht Rück fiht zu nehmen, denn es fei nicht billig, daß fie von demje— nigen Gelde bezahlten, das feinen Nuzen brächte; fobald eg aber Nuzen brächte, würde es auch entdeckt werden. Wenn es ihnen aber nicht gefiele, fich für den Staat zu bemühen, fo. möchten fie es nur unterlaffen, denn es würden ſich wohl liebevolle Bürger finden, denen es nicht ſchwer fallen würde, den, Staat mit ihrem Vermögen und Kath zu unterfiizenz auch jei dev, VBortheil und die Ehre, welche die Staatsver; waltung, mie fih führe, fo groß, daß fie fi) damit begnüs gen müßten, ‚ohne Befreiung von den Raften dafür zu ver langen. Das Uebel aber läge nicht da, wo fie fagten, denn es thue ihnen nur leid, Eeinen Krieg mehr ohne ihren eig— nen Nachtheil erregen zu koͤnnen, da fie zu den Unkoſten fo aut als die andern ‚beitragen müßten; und wenn man diefe Einrichtung früher getroffen hätte, fo würde man weder ‚den Krieg mit dem Könige Ladislaus unternommen haben, noch jezo den mit dem Herzog Philipp führen; beide aber habe man angefangen, um die Bürger zu bereichern, nicht aber aus Nothwendigfeit. Diefe entftandenen Mißhelligkeis ten wurden durch Johann von Medici beigelegt, indem er zeigte, daß es nicht gut fei, vergangene Dinge zu unterfus chen, fondern vielmehr für die Eünftigen zu forgen; wären die Auflagen bis dahin ungerecht vertheilt worden, jo muͤſſe man Gott danken, daß man ein Mittel gefunden habe, fie auf gerechte Weiſe einzurichten; auch müffe man dahin fer ben, daß diefe Einrichtung dazu diene, den Staat einig zu machen, und nicht uneinig, welches leztere gefchehen würde, wenn man die vorigen Auflagen unterfuchen und mit den jezigen gleich machen wolle. Wer übrigens mit einem mäßi: gen Siege zufrieden fei, thue immer beffer, denn diejenigen, — 249 — die einen vollkommenen Sieg davon tragen wollten, verloͤ-Jahr ren ſehr oft. Mit ſolchen Reden ſtillte er die Unruhen, ER und bewirkte, daß von der Sleihmadhung nicht weiter ges fprochen ward. Der Krieg der indeffen fortgedauert hatte, ward endlich 1428. durch einen Frieden zu Ferrara, unter Vermittelung eines päbftlichen Legaten beendigt. Der Herzog aber erfüllte im Anfang nicht die Bedingungen, - daher die Verbündeten von neuem zu den Waffen griffen; da fie nun mit feinem Heere zufammentrafen, fchlugen fie ihn bei Maclovio. Nach dies fer Niederlage machte der Herzog neue Bergleichsvorfchläge, welche die VBenezianer und Florentiner eingingen; dieje weil fie gegen die Benezianer argwöhnifch geworden waren, und meinten, daß fie viel aufopferten, um andere mächtig zu machen; jene weil fie bemerften daß Carmignuola, nad) der dem Herzog beigebrachten Niederlage langfam zu Werke ging, fo daß fie nicht glaubten, ihm länger trauen zu dürfen. Sm Jahr 1428 ward alfo der Friede gefchloffen; die Slorentiner befamen duch ihn die in Romagna verlornen Derter zurück, die Venezianer aber behielten Brescia, uud überdies gab ihnen der Herzog noch Bergamo und deffen Gebiet. Die Florentiner wandten in diefem Kriege drei Millionen und fünfmal hundert taufend Dukaten auf, wos durch fie die Macht und Größe der Venezianer, fo wie ihre eigne Armuth und Uneinigkeit vermehrten. So wie aus; wärts der Friede gefchloffen war, begann wieder im Innern der Krieg. Die vornehmen Bürger Eonnten das Kataftrum nicht ertragen, und da fie fein Mittel fahen es zu unter: drücken, fo erdachten fie Mittel ihm mehrere Feinde zu er— weden, um fih mehr Gehülfen zu verfchaffen, die ihm ent: gegen arbeiteten. Sie zeiaten aljo den Beamten, die deh Auftrag hatten, es einzurichten, daß das Geſez fie verbin: de, aud die Güter der Einwohner des florentinifchen Ger — 250 — Jahr biets zu Eataftriven, um zu fehen, ob etwa Güter ber Florenz "4 einer darunter wären. Es wurden deshalb die Unterthanen aufgefordert binnen einer gewiffen Zeit ein Verzeichniß ihrer Güter beizubringen. Die VBolaterraner fandten deshalb De: putirte an die Signoria, um fich über diefe Sache zu be: fehweren, und die Deamten, hierüber aufgebracht, fezten achtzehn davon ins Gefaͤngniß. Diefer Vorfall verdroß die Bolaterraier fehr, dennoch blieben fie, aus Nücficht auf ihre Gefangene ruhig. - 1429. Zu diefer Zeit ward Johann von Medici Eranf, und da er fein Uebel als tödtlich erkannte, fo rief er Koemus und Lorenz feine Söhne zu fih und fprach zu ihnen: Sch glaube die Zeit nun verlebt zu haben, die mir von Gott und der Natur bei meiner Geburt zugemeffen wurde. Ich fierbe zufrieden, da ich euch reich, gefund, und in ſolchem Stande hinterlaffe, daß ihr, wofern ihr in meine Fußtapfen fretet, geehrt, und in jedermanns Gunſt in Florenz werdet leben Eönnen. Denn nichts in der Melt macht mich im Tode ſo vergnügt, als die Erinnerung, niemals jemand be: leidige, fondern vielmehr nad) meinem Vermoͤgen jeder: mann wohlgethan zu haben. Daffelbe zu thun, ermahne ih auch Euch. Vom Staate nehmer, wenn ihre mit Sicher: heit leben wollt, foviel, als das Gefez und die Menfchen euch geben, und diefes wird euch niemals weder Meid noch Gefahr zuziehn, denn dasjenige was der Menfch fih nimmt, nicht das was ihm gegeben wird, macht ihn gehaßt; und immer werdet ihr dann mehr befizen, als diejenigen, die, indem fie nach dem Antheil anderer fireben, den ihrigen ver— lieren, und vor dem Verluft noch in immerwährenden Sor⸗— gen leben. Durch diefe Kunſt habe ich unter fo vielen Sein; den, unter fo vielen Uneinigfeiten meinen Nuf in diefer Stade nicht blos erhalten, fondern auch erhöht. So wer: der ihr, wenn ihr meinem DBeifptele folgt, auch euch erhal; — 251 — ten und vergrößern; wenn ihr aber anders handelt, fo bes Jahr denft, daß euer Ende nicht glücklicher fein wird, als das 1479. Ende derer gewefen ift, die noch, fo weit unfer Gedächtnig veicht, ſich ſelbſt zu Grunde gerichtet, und ihre Haus’ ge: ftürzt haben. Bald darauf flarb er und hinterließ in der. ganzen Stadt eine ſehr große Betrübniß, fo wie es feine vortrefflihen Eigenfchaften verdienten. Johann war mild: thätig und gab nicht blos denen Almofen, die ihn darum baten, fondern fam vielmals auch ohne Aufforderung dem Bedürfnig der Armen zu Hülfe Er liebte alle, lobte die Guten, und hatte Mitleid mit den Böfen, Er ftrebte nie nach Ehrenftellen, und erhielt fie alle. Er ging nie in den Rathspallaſt ohne gerufen zu fein. Er liebte den Frieden und floh den Krieg. Im Unglück ſtand er den Menfchen bei, ihr Wohlfein vermehrte er. Er war fern von Beraubung der Staatsgüter und ein Befürderer des gemeinen Wohle. In den Staatsämtern war er gätig, nicht von großer Wohls vedenheit, aber von der größten Klugheit. Sein Anfehn war melancholifh, aber nachmals war er in Gefellfchaft anmuthig und launig. Er farb reich an Schäzen, aber reia her noch an hohem Auf und Wohlwollen. Seine Erbfchaft, fowohl an Gütern des Glüds als des Gemüths ward von Kosmus nicht allein erhalten, fondern auch vermehrt. Die VBolaterraner waren müde im Gefängniffe zu fizen, und verfprachen, um ihre Freiheit wieder zu erhalten, fih . demjenigen zu fügen, was man ihnen befahl, Da fie nun befreit und zurückgekehrt waren, kam die Zeit, daß ihre neuen Prioren ihr Amt antraten; unter diefen hatte das Loos einen gewiffen Giufto getroffen, einen gemeinen Mann, aber beim Volke fehr angejehen und zugleich einer von der nen, die in Florenz gefangen gefeflen hatten. Diefer, fchon von felbft, ſowohl wegen der öffentlichen, als wegen feiner perjönlichen Beleidigung von Haß gegen die Slorentiner ents Sahr brannt, ward noch mehr angereizt durch Sohann von Con: 7479 tugi, einen Adlichen, der mit ihm in der Kegierung faß, daß er das Volk durch das Anfehn der Prioren und durch feinen eignen Einflug in Bewegung fezen, den Drt aus den Händen der Florentiner veißen und fih zum Fürften davon machen folle, Auf den Rath diefes Mannes, nahm Giufto die Waffen, durchlief den ganzen Dre, nahm den Kapitän, der im Namen der Florentiner dort war, gefangen, und machte fich felbft mit Zuftimmung des Volkes zum Heven der Stadt. Diefe Neuigkeit, die fich zu Volterra begeben, mißfiel den Florentinern außerordentlih; da fie aber eben mit dem Herzog Friede gemacht hatten, und durch die neuen Verträge fich ficher glaubten, fo meinten fie zur Widerer: oberung Zeit zu haben, und um diefe nicht zu verlieren, fandten fie fogleich als Bevollmächtigte zu diefem Gefchäft Meſſer Ninaldo degli Albizzi und Meffer Palla Strozzi aus. Giuſto, da er vermuthete, daß die Florentiner ihn angreifen würden, bat fih von den Sienefern und Luffefern Hülfe aus. Die Sienefer fihlugen fie ab, indem fie fagten, daß fie mit den Florentinern verbündee wären, und Paul Gut: nigi, der Here von Luffa war, fohlug, um fih die Gunft des florentinifchen Volks wieder zu erwerben, die er in dent Kriege mit dem Herzoge verloren zu haben glaubte, weil er fih als ein Freund Philipps gezeigt hatte, dem Giufto nicht blos die Hülfe ab, ſondern fandte auch den, der um fie zu fordern gefommen war, gefangen nad Florenz. Die Bevollmächtigten vereinigten indeffen, um die Volaterraner unvorbereitet zu treffen, alle ihre Truppen, und hoben in dem untern Arnothal und in dem Gebiet von Pifa viel Fußvolk aus, worauf fie gegen Volterra zogen. Giufto aber gab weder dadurch, daß feine Nachbarn ihn verliefen, noch durch den Angriff, den er die Florentiner auf fih machen fah, bewogen, feine Sache nicht auf, ſondern ruͤſtete fih, im Vertrauen auf die Feftigfeit feiner Lage und auf die Rau— bigfeit des Bodens, zur VBertheidigung. Sn Volterra war ein gewiffer Meffer Arcolano, Bru— der jenes Johann, der den Giufto bevedet hatte, die Herr: Schaft an fich zu reißen, ein Mann der beim Adel in Anz fehn ftand. Diefer verfammelte feine Vertrauten, und zeigte ihnen, wie Gott durch dieſen Vorfall der Noth ihrer Stadt zu Huͤlfe gekommen ſei; denn wenn ſie darin einſtimmen wollten, die Waffen zu ergreifen, und den Giuſto der Herrſchaft zu berauben, um die Stadt den Florentinern zu uͤberliefern, ſo würde die Folge davon fein, daß fie die ober; ften im Orte bleiben, dieſem felbft aber feine ‚alten Vor— vechte erhalten werden würden. Nachdem fie aljo hierüber fih vereinigt hatten, gingen fie zu dem Pallafte, wo Giufto wohnte; ein Theil von ihnen ftellte fich unten, Meffer Ar: colano ging mit drei andern hinauf in den Saal, und da er ihn in Gefellfchaft einiger Bürger fand, nahm er ihn bei Seite, als habe er ihn über irgend eine wichtige Angelegenz heit zu fprechen; ſo brachte er ihn von einem Gefpräd ins andere, und führte ihn zulezt in ein Zimmer, woſelbſt er und feine Begleiter ihn mit ihren Schwerdtern angriffen. Sie waren dabei jedoch nicht fo eilig, daß Giuſto nicht Zeit gehabt hätte, ebenfalls zu den Waffen zu greifen, daher er ehe fie ihn tödten Fonnten, zwei: von ihnen fehwer verwun— dete, da er indeflen endlich jo vielen nicht widerftehen konnte, ward er getödtet und aus dem Pallaft Hinabgewors fen. Hierauf ergriff die Parthei des Meſſer Arcolano die Waffen, und übergab die Stadt den florentinifchen Bevolk mächtigten, die mit ihren Truppen in der Nähe waren, und nun ohne weiteren Vergleich hineinräcten. Die Folge davon war, daß Volterra feinen Zuftand verfchlimmerte; denn unter andern ward der größte Theil des Gebiets da: von abgerifien, und in eine Stadthalterfchaft verwandelt. Jahr 1429. Sahr) Da nun auf diefe Weife Volterra gleihjam im nehms 2429 lichen Augenblick verloren und wieder gewonnen war, fo ließ fich Feine Urfah zu einem neuen Kriege abjehen, wenn nicht die Ehrfucht der Menfchen ihn wiederum erregt hätte. In dem Kriege mit dem Herzoge hatte Nikolaus Fortebracs cio von Perugia lange Zeit der Stadt Florenz Kriegsdienfte geleiftet. Diefer ward bei erfolgtem Frieden von den Flo: rentinern verabfchiedet, und als jener Vorfall mit Volterra fich ereignete, war er noch zu Fucecchio einquartirt. Daher bedienten fich die Bevollmächtigten feiner und feiner Trups pen bei diefer Unternehmung. Man war der Meinung, dag Meffer Rinaldo, zu der Zeit als er mit feiner Hülfe diefen Krieg führte, ihn überredee habe, unter irgend einem feheinbaren Vorwande zum Streit, die Luffefer anzugreifen, indem er ihm vorftellte, daß wenn er dies thäte, Meſſer Kinaldo es in Florenz dahin bringen wolle, daß der Krieg gegen Luffa unternommen, und er zum Anführer deffelben gemacht würde. Nachdem alfo Volterra erobert, und Nifos laus in fein Quartier nach Fucechio zurücgekehre war, nahm derfelbe, entweder durch Mefler Rinaldo überreder, oder aus eignem Antriebe im November des Jahrs 1429 mit drei hundert Neutern und ebenfoviel Fußgängern Ruoti uud Compito, zwei fefte Pläze der Luffefer weg, flieg dar— auf in die Ebne hinab und machte fehr große Beute. Als die Neuigkeit von diefem Angriff in Florenz bekannt wurde, fanden in der ganzen Stadt Zufammenfünfte von Leuten jeder Art ſtatt, und der ‚größere Theil von ihnen war ber Meinung, man müffe den Angriff auf Lukka unternehmen. Unter den vornehmen Bürgern, die ihn begünftigten, was ven die von der Parthei der Medici, uud an diefe hatte fich Meſſer Ninaldo augefchloffen, bewogen, entweder durd) die Meinung, daß diefe Unternehmung dem Staate nüzlich fei, oder durch feinen perjönlichen Ehrgeiz, in der Hoffnung fich als die Haupturfach des zu erringenden Sieges betrachtet Fahr zu fehen. Diejenigen die fich der Unternehmung entgegen 1429. fiellten, waren Nifolaus von Uzano und feine Parthei. Es foheint eine ganz unglaublihe Sache zu fein, daß über die Unternehmung von Kriegen jo entgegengefezte Meinungen in einer und der nehmlichen Stadt beftehen konnten; indem diefe Bürger und dies Volk, das nach zehnjährigem Frieden den zur DBertheidigung feiner Freiheit gegen den Herzog S Philipp eröfneren Krieg getadelt hatte, jezt nad) fo großem Aufwande und in einer fo betrübten Lage der Stadt mit der größten Lebhaftigfeit verlangte, daß ein Krieg gegen Lukka unternommen werde, um die Freiheit anderer zu un terdrücen, und von der andern Seite diejenigen, die den vorigen Krieg gejucht hatten, diefen mißbilligten., So wech» feln mit den Zeiten die Meinungen, jo viel geneigter ift die Menge fremdes Gut an fich zu reißen, als fein eignes zu erhalten, und foviel mehr werden die Menfchen gereizt von der Hoffnung des Gewinns als von der Furcht vor Vers luft; denn diejen halten fie nur erſt wenn er ganz nah ift, für möglih, jenen hoffen fie, wie fern er auch fein mag. Auch war das Volk von Flovenz ſchon von Hoffnung erfüllt durch die Eroberungen, die Nikolaus Fortebraccio gemacht hatte und machte, und durch die Briefe der Dbrigfeiten aus der Gegend von Lukka. Denn die Stadthalter von Pescia und Vico jchrieben, daß man ihnen Erlaubniß geben möchte, die Feftungen in Befiz zu nehmen, die fih ihnen ergeben würden, denn bald. würde das ganze Gebiet von Lukka er: obere fein. Hierzu Fam noch der Gejandte, den der Here von Luffa abſchickte, um fih über den Augriff des Niko: laus zu bejchweren, und um die Signoria zu bitten, daß fie doc) feinen Krieg anfangen möchte gegen einen Nachbar, und gegen eine Stade, die immer ihre Freundin gewefen ſei. Der. Name: des Gefandten war Meſſer Jakob Bir — ⸗266 — Jahr viani. Dieſer mar kurze Zeit zuvor von Paul Guinigi Herrn von Lukka gefangen geſezt worden, weil er ſich gegen ihn verſchworen hatte, und obſchon ihn derſelbe ſchuldig ge— funden, hatte er ihm dennoch das Leben geſchenkt, und ver— traute ſich ihm, in der Hoffnung, daß Meſſer Jakob ihm die Beleidigung verziehen habe. Allein dieſer, mehr der Gefahr als der Wohlthat eingedenk, ermunterte bei ſeiner Ankunft zu Florenz die Buͤrger heimlicherweiſe zu der Un— ternehmung; und dieſe Ermunterungen, verbunden mit den uͤbrigen Hoffnungen, bewirkten, daß die Signoria die Rathsverſammlung berief, wozu 498 Buͤrger ſich einfanden, vor welchen von den Vornehmſten der Stadt die Sache verhandelt ward. Unter den erſten, die fuͤr die Unternehmung ſtimmten, war, wie wir oben erwaͤhnten, Meſſer Rinaldo. Dieſer zeigte den Nuzen der Eroberung, zeigte, wie die Gelegen— heit dazu guͤnſtig ſei, da die Venezianer und der Herzog den Florentinern die Lukkeſer als Beute uͤberließen, und daß der Pabſt, in den Angelegenheiten des Koͤnigreichs ver— wickelt, ſie nicht daran hindern koͤnne; hierzu fuͤgte er die Leichtigkeit der Eroberung Lukkas, da daſſelbe einem ſeiner Buͤrger gehorche, und jene natuͤrliche Kraft, ſo wie jenen alten Eifer ſeine Freiheit zu vertheidigen verloren habe; ſo daß es entweder von dem Volke um den Tyrannen zu ver— jagen, oder von dem Tyrannen aus Furcht vor dem Volke ihnen uͤberlaſſen werden wuͤrde. Er erzaͤhlte die Beleidigun— gen, die der Herr von Lukka unſerer Stadt zugefügt habe, und feine feindliche Gefinnung gegen diejelbe; und wie ges fährlicy er fein würde, wenn entweder der Pabft oder der Herzog von neuem Krieg mit der Stadt anfangen follte. Er fchloß damit, daß Feine Unternehmung des florentinifchen Volks jemals weder fo leicht, noch fo nuͤzlich, noch fo ger vecht geweſen fei. Gegen diefe Meinung fagte Nikolaus von — 257 — Uzano, daß die Stadt Florenz niemals etwas unternommen Jahr habe, das ungerechter, oder gefährlicher gemwefen fei, oder 49. woraus größerer Schaden hätte entftchen fönnen. Denn erftlich ginge man darauf aus, eine Guelfiſche Stadt anzu: greifen, die immer eine Freundin des florentinifchen Volks gewefen fei, und die vielmals mit eigner Gefahr die Guel— fen in ihren Schooß aufgenommen habe, die in ihrem Ba: terlande niche hätten bleiben dürfen. In der Geſchichte un: ſerer Stade fände fih nicht, daß Lukka jemals Florenz an: gegriffen habe; wenn aber einer, der fie unferjocht hätte; wie vormals Caſtruccio, und jezt Guinigi, uns beleidigt habe, fo fei die Schuld davon nicht der Stadt beizumeffen, fondern dem Iyrannen. Er glaube übrigens, daß nur die; jenigen Dinge müzlich genannt werden Fünnen, die nicht leicht Nachtheil verurfachen Eönnten; daher verfiche er nicht; wie irgend jemand dieje Unternehmung nüzlich nennen koͤnne, von der die Nachtheile gewiß, der Nuzen aber zweifelhaft fei. Der gewiffe Nachtheil wären die Unfoften, die fie nach fih ziehe, die fo groß wären, daß fie eine durch Ruhe ges ftärfte Stade in Furcht fezen müßten, gejchweige denn eine durch langen und ſchweren Krieg erjchöpfte, wie die ihrige ſei. Der Nuzen, den man daraus ziehn koͤnne, fei die Erz oberung von Luffa, und diefer fet wie er geftehn muͤſſe, groß; man muͤſſe aber die Ungewißheit, dev er unterworfen fei, in Betracht ziehen, und diefe fcheine ihm fo groß, daß er die Eroberung für unmöglich halte. Auch jollten fie nicht etwa glauben, daß die Venezianer und Philipp mit diefer Eroberung zufrieden fein würden, denn jene ftellten fich nur, als ob fie darin mwilligten, um nicht undanfbar zu fcheinen, da fie kurz zuvor durch das Geld der Florentiner ihr Neich fo fehr erweitert hätten; diefer aber fehe ſehr gern, daß fie in neuen Krieg und neuen Aufwand fich verwidelten, damit er nachher, wenn fie entkräftet und ermüdet wären von als Erſter Theil. R I Zahr len Seiten, fie von neuem angreifen Eönne; auc werde eg 29: ihm nicht an Mitteln fehlen, mitten im Kriege und wann die Hoffnung des Sieges am größten fein werde, den Lufz £efern zu Hülfe zu fommen, fei es nun durch heimliche Uns terſtuͤzung mit Geldern, oder duch Abdanfung feiner Trup— pen, die er dann als Freiwillige ihnen zur Hülfe fenden werde. Er rieth alfo, daß man von diefer Unternehmung abfiehe, und mit dem Iyrannen auf dem Fuß bleibe, daß man ihm innerhalb fo viel Feinde mache als möglich; denn fein Weg fei bequemer, jene Stadt zu unterjochen, als wenn man fie unter den Händen des Tyrannen laffe, diefen aber kraͤnke und fihwäche, weil wenn man die Sache Elug betreibe, der Tyrann weder die Stadt behaupten, noch diefe verftes hen oder vermögen werde, fich felbft zu regieren, und alſo nothwendig in unfere Hand werde fallen müffen. Da er indeffen fehe, daß die Unruhe bereits empor gefommen fei, und daß feine Worte nicht gehört werden, fo wolle er ihnen nur diefes vorherfagen, daß fie einen Krieg beginnen wuͤr— den, worin fie große Koften aufwenden, große Gefahr laus fen, anſtatt Lukka zu erobern, es befreien, und aus einer unterdrücten, Schwachen, aber ihnen befreundeten Stadt, . eine freie und ihnen feindliche machen würden, die mit der Zeit ein Hinderniß ihrer eignen Größe fein werde, Nachdem man alfo für und wider die Unternehmung gefprochen hatte, fchritt man dem Gebrauche gemäß zum Stimmenfordern, und unter der ganzen Anzahl fanden fich nur 98 widerfprechende. Nachdem aljo der Beſchluß gefaße und die Zehnmänner zur Führung des Krieges erwaͤhlt wor— den waren, nahmen fie Truppen zu Fuß und zu Pferde in Sold, wählten Aftorre Gianni und Meffer Rinaldo deglt Albizzi zu Commiffarien, und Famen mit Nikolaus Forte— braccio überein, daß man die eroberten Derter von ihm in Empfang nehmen und er die Unternehmung als unfer Soͤld⸗ - ner fortfezen follte. Als die Commiffarien mit ihrem Heer Jahr in dem Gebiet von Luffa angekommen waren, theilten fie Fr daſſelbe; Aftorre dehnte fi durch die Ebene gegen Camag: giore und Pietrafante aus, und Meſſer Rinaldo 309 fich gegen die Berge in der Meinung, wenn er die Hauptſtadt des ihm zugefallenen Theils erft werde geplündert haben, werde es ihm nachher auch eben fo leicht fein, fie zu erobern. Die Unternehmungen beider Feldheren waren unglüclich, nicht etwa, weil fie fehr viel Eroberungen machten, fondern weil einem wie dem andern bei der Führung des Krieges ſehr viel Befchwerden zur Laft gelegt wurden. So viel iſt gewiß, daß Aftorre zu den Befchwerden, die ihn trafen, die augenfcheinlichften Urfachen gab. Nahe bei Pietrafante it ein Thal Seravezza genannt, veih, und ftarf mit Ein: wohnern verfehen, die als fie die Ankunft des Commiffarius vernahmen, ihm entgegen gingen und ihn baten, daß er fie als treue Unterthanen des florentinifchen Volks annehmen möchte. Aſtorre ftellte fih als nehme er das Anerbieten an, ließ aber darauf von feinen Truppen alle Päffe und feften Pläze des Thals beſezen; dann ließ er die Bewohner alle in ihrer KHauptficche verfammeln, und nahm fie hier fämtlich gefangen; feine Leute aber ließ er das ganze Land plündern und zerfiören, als ein Beifpiel von Sraufamfeit und Geiz, indem er weter der geweihten Derter, noch der Weir ber, ob Mädchen oder Frauen, verfchonte. Diefe Vorfälle wurden gleich fo wie fie gefchehen waren in Florenz bekannt, und mißfielen nicht allein den DObrigfeiten, fondern der ganz: zen Stadt, Einige von den Seravezzanern, die den Händen dee Eommiffarius entflohen waren, liefen nach Florenz und err zählten in allen Straßen und allen Leuten ihr Elend. Viele alfo, die den Commiffarius beftrafe zu ſehen wuͤnſchten, ents weder als einen fchlechten Menfchen, oder als einen der ih— N 2 — 260 — Jahr ver Parthei zumider war, viethen ihnen zu den Zehnmäns 429 nern zu gehen und Gehör zu verlangen. Sie wurden eins gelaffen und einer von ihnen fprach in diefem Sinne. Wir find überzeugt, hochachtbare Signoren, daß unfere Worte Stauden und Mitleid bei Euch finden werden, da ihr willen werdet auf welche Weife Euer Commiffarius unfer Land ein: genemmen bat, uud auf welche Meife wir hierauf von ihm behandelt worden find. Unſer Thal war, wie die Urkun— den Eurer alten Gefchichte voll davon fein werden, von je an Guelfifh und ift vielmals ein getreuer Zufluchtsort Eu: rer Bürger gewefen, wenn fie von den Ghibellinen verfolgt, fih dorthin geflüchtet haben, Auch haben immer unfere . Vorfahren und wir den Namen diefer hochberuͤhmten Re⸗ publik hoch verehrt, weil ſie das Haupt und die erſte dieſer Parthei iſt, und ſo lange als die Lukkeſer Guelfen waren, haben wir gern ihrer Herrſchaft gehorcht; nachher aber als ſie unter einen Tyrannen fielen, der die alten Freunde ver— laſſen hat, und der Parthei der Ghibellinen gefolgt iſt, ha— ber wir ihnen mehr aus Zwang, als freiwillig gehorcht. Gott weiß wie oft wir ihn gebeten haben, daß er uns Ge- legenheit gebe, unfere Gefinnung gegen die alte Parthei zu zeigen. Aber wie blind find die Menjchen in ihren Wauͤn— fohen! Das was wir zu unferm Heile wänfchten, ift unfer Untergang gewefen. Denn als wir zuerft hörten, daß Eure Fahnen fih uns näherten, gingen wir Euch nicht als Feins den, fondern als unfern alten Herren entgegen, Euren Coms miffarius zu treffen; legten unfer Thal, unfer Vermögen nnd uns felbft in feine Hände, und empfahlen uns feiner Treue, in der Hoffnung in feinem Buſen das Herz, wenn auch nicht eines Florentiners, doch wenigftens eines Mens fhen zu finden. Em, Herrlichfeiten werden uns verzeihen; denn daß wir nichts fchlimmeres erdulden Fönnen, als was wir fchon erdulder haben, giebt uns Muth zum ſprechen — 261 — Dieſer Euer Commiſſarius hat von einem Menſchen nichts Jahr als die Perſon, und von einem Florentiner nichts als den” Namen; er ift eine tödtende Peft, eine graufame Beftie, ein fchrecliches Ungeheuer, fo fehr es jemals irgend ein Schriftſteller dargeftelle hat; denn nachdem er uns in unfere Kirche gebracht hatte, unter dem Vorgeben mit uns fpre: hen zu wollen, machte er uns gefangen, zerfiörte und ver: brannte das ganze Thal, fehleppte Menfchen und Sachen daraus fort, vaubte, plünderte, fchlug, tödtete, ſchaͤndete die Weiber, befleckte die Mädchen, und riß fie aus den Armen ihrer Mütter, um fie feinen Soldaten zum Naube zu geben. Hätten wir durch irgend eine Beleidigung gegen das florentinifche Volk, oder gegen ihn felbft, ein fo großes Unglück verdient, oder wenn er uns bewaffnet oder auf der Dertheidigung ergriffen hätte, dann würden wir uns weni; ger beflagen, vielmehr uns anflagen, daß wir durch Belei— digung oder Frechheit es verdient hätten; da wir uns aber freiwillig und unbewaffnet unterworfen haben und er uns nachher beraubt, und mit fo großer Schmadh und Schande geplündert hat, find wir gezwungen uns zu beklagen. Und obſchon wir die ganze Lombardei hätten anfüllen Fönnen mit Klagen, und zur Laft diefer Stadt in ganz Stalien den übeln Ruf eurer Ungerechtigkeit ausfäen, jo haben. wir es doch nicht thun wollen, um nicht eine fo edle und fromme Republik mit der Schäridlichfeit und Graufamfeit eines eins zigen fchlechten Bürgers zu befudeln, deſſen Geiz wir nur vor unſerm Untergange hätten kennen fellen; dann würden wir uns bemüht haben fein gieriges Gemäth, obgleich Fein Hoden oder Maaß darin ift, anzufüllen, und dadurch wuͤr— den wir mit einem Theil unferes Vermögens den andern gerettet haben. Da es aber hierzu nicht mehr Zeit ift, ba: ben wir zu Euch unfere Zuflucht nehmen wollen und Euch) bitten, daß Ihr dem Unglück Eurer Unterthanen zu Hülfe — 2602 — Fahr fommet, damit andere Menfchen durch unfer Beifpiel nicht 2a abgefchreckt werden, unter Eure Regierung zu treten. Und wenn Euch unfer großes Unglück nicht bewegt, fo bewege Euch wenigftens die Furcht vor Gottes Zorn, der feine Tem: pel geplündert und verbrannt gefehn hat, und unfer Volk in feinem Schooß verrathen. Nachdem fie vdiefes gefagt hatten, warfen fie fih zur Erde, fchreiend und bittend, daß man Vermögen und Vaterland ihnen wiedergebe, daß man (da die Ehre fih nicht zurückgeben laffe) wenigfiens die Weiber ihren Männern, die Kinder ihren Eltern zurücge: ben möchte. Da man die Graufamkeit des Berfahrens fhon zuvor erfahren, und hernach aus dem Munde derer felbft vernommen hatte, die es ertragen hatten, fo ward der Rath dadurch bewogen, daß er jogleich Aftorre zuruͤck— fommen ließ, worauf er verurtheilt, und durh Warnung von allen Aemtern ausgefchloffen ward. Man machte Nachz forſchungen über die Güter der Seravezefer, und diejeni: gen, die man wiederfinden konnte, wurden ihnen zurück ges geben, für die übrigen wurden fie mit. der Zeit auf vers ' fhiedene Weife von der Stadt entfchädigt. Meſſer Rinaldo degli Albizzi fand auf der andern Seite in dem übeln Ruf, daß er den Krieg nicht zum Vorteil des florentinifchen Volks fondern zu feinem eignen führe. Seitdem er Commiffarius geworden fei, wäre die Begierde £uffa zu erobern ganz aus feinem Sinn gefommen, weil es ibm fchon genug fei, die Gegend zu plündern, um feine Güter mit Vieh und feine Hänfer mit Beute zu füllen. Da ihm auch die Beute die von feinen Dienern zu feinem eignen Nuzen gemacht wurde, nicht hinreiche, fo Faufe er auch noch die der Soldaten, fo daß er aus einem Commiſſa— rius ein Kaufmann geworden fei. Diefe Anflagen, da fie zu feinen Ohren kamen, empörten fein ſtolzes Gemüth von Grund auf, mehr als es einem gefezten Mann ziemte, und — 263 ‘ brachten ihn fo ins Aufbraufen; daß er in Muth gegen Jahr Magiftrat und Bürger, ohne Erlaubniß zu erwarten, oder 9 auch nur zu fordern, nach Flovenz zurückkehrte, fich zu den Zehnmännern begab und folgendermaßen fprah: Er wife fehr wohl, weldhe Mühe und welche Gefahr es fei, einem zügellofen Volk zu dienen, und einer uneinigen Stadt. Denn einer erfinde alle möglichen übeln Gerüchte, der ans dere hajche blos nach jchlechten Handlungen, die guten be: lohne er nicht und die zweifelhaften Elage er an; fo daß wenn du fiegft, niemand dich lobt, wenn du dich irrſt, ein jeder dich verdammt, und wenn du verlierft, ein jeder dich verlaͤumdet; denn die Parthei deiner Freunde verfolgt dich aus Meid, die deiner Feinde aus Haß; dennoch habe er noch niemals aus Furcht vor einer faljchen Beſchuldigung irgend ein Werk unterlaffen, das feiner Stadt einen wirk— lihen Nuzen hätte bringen koͤnnen. Indeſſen fei es wahr, dag die Schimpflichfeit der gegenwärtigen Beleidigungen feine Geduld überwunden, und feine Natur verändert babe, Er bitte deshalb die Obrigkeit, fie möchte in Zukunft fich geneigter zeigen, ihre Bürger zu vertheidigen, damit auch diefe wieder geneigter fein möchten, wohl für das Vater⸗ land zu handeln; und da es in Florenz nicht gebräuchlich fei, ihnen den Triumph zuzugeftehen, fo folle man wenig: ftens den Gebrauch einführen, fie vor faljchen DBeleidigun: gen zu befhüzen. Sie möchten fih erinnern, daß auch fie Bürger diejer Stadt wären, und daß ihnen zu jeder Stunde irgend ein Auftrag Einnte gegeben werden, durch den fie könnten einfehen lernen, welchen Berdruß unbefcholtene Leute über falfche Befchuldigungen empfänden, Die Zehn: männer fuchten nach den Zeitumftänden ihn zu befänftigen, und überteugen die Beforgung der Commiſſariats-Geſchaͤfte 1430. dem Neri di Gino und Allamanno Salviati, welche das Umherziehn durch das Gebiet von Luffa beifeite fezten, und Bam 264 — Jahr ſich mit ihrem Lager dem Orte naͤherten. Da nun die kalte 240. Jahrszeit noch fortdauerte, ſezten ſie ſich zu Capannole; die Commiſſarien, die auch zu viel Zeit zu verlieren fuͤrchteten, wollten ſich noch mehr dem Orte naͤhern, die Soldaten wollten aber wegen des ſchlechten Wetters ſich nicht dazu bequemen, obgleich die Zehnmaͤnner die Annaͤherung des Lagers durchaus forderten, und keine Entſchuldigung deswe— gen annehmen wollten. Zu jener Zeit lebte zu "Florenz ein vortrefflicher Bau— meifte:, Philipp di Ser Brunelfefho genannt, von deſſen Werken unfere Stadt voll ift, fo daß er nad) feinem Tode die Belohnung erworben hat, daß fein Bild von Marmor in der vornehmften Kirche von Florenz mit einer Inſchrift am Fuß aufgeftelle worden ift, welche noch allen, die fie lefen, ein Zeugniß feiner Bortrefflichkeit ablegt. Dieſer zeigte, wie man Luffa unter Waſſer fezen Eönne, wenn man auf die Lage der Stadt und das Dett des Fluffes Ser: chio Nücdfiche nehme, und machte diefe Meinung fo wahr; fcheinlih, daß die Zehnmänner befchloffen den Verſuch an: fielen zu laffen. Es entftand aber nichts daraus, als Un: ordnung in unferm Lager und Sicherheit bei den Feinden. Denn vie Luffefer erhöhten ihre Erdreih nach der Seite, wo man den Serchto binleitete, mit einem Damm, und durchbrachen darauf in einer Nacht den Damm des Bra: bens, durch welchen die Florentiner das Waſſer führten; fo daß diefes, da es gegen Luffa zu einen Widerfland und den Damm feines Kanals offen fand, fich foweit durch die ganze Ebene ausbreitete, daß das Lager, anſtatt fi) der Stadt nähern zu können, vielmehr davon entfernt werden mußte. Da aljo diefe Unternehmung verunglückt war, fandten die Zehnmänner, die jezt ihre Stellen wechjelten, Meſſer Sohann Guicciardini ale Commifjarius ab. Diefer lagerte fih fo geſchwind als er konnte dicht bei der Stadt. Der — 265 — Herr von Lukka alſo, da er ſich gedraͤngt ſah, ſandte auf Jahr Anrathen eines gewiſſen Meſſer Anton del Roſſo, eines 40. Sieneſers, der in Vollmacht der Gemeinde von Siena ſich bei ihm aufhielt, Salveſtro Trenta und Ludwig Buonviſi an den Herzog von Mailand. Dieſe baten ihn von Seiten ih— res Herrn um Beiſtand, und da ſie ihn kalt fanden, baten ſie ihn inſtaͤndig, daß er ihnen Truppen geben ſollte, dage— gen verſprachen ſie demſelben, ihm von Seiten des Volkes ihren Herrn gefangen zu uͤberliefern, und zugleich auch den Beſiz der Stadt; indem ſie ihn benachrichtigten, daß wenn er nicht eilig dieſen Schritt thue, fo wuͤrde der Herr die Stadt den Florentinern geben, die ihn mit vielen Berfpre; chungen dazu aufforderten,. Die Furcht, die der Herzog vor diefem Ausgang harte, ließ ihn alle Nücdfichten aus den Augen fezen, und er ordnete an, daß der Graf Fran Sforza fein Feldherr fich sffentlic) Urlaub von ihm exbat, um nach Neapel zu reifen. Sobald diefer ihn erhalten hatte, ging er mit feiner Compagnie nad) Luffa, obgleich die Florentiner, die diefen Kunftgriff Eannten, und das was geſchah befürchteten, an den Grafen feinen Freund, Bor; caccino Alamanni, abfandten, um ihn davon abzubringen. Als demnach) der Graf zu Lukka angefommen war, zogen fih die Florentiner mit ihrem Lager nach Librafatta zurück, und der Graf ging eilig zu Pescia ins Lager, wofeldft Ya: golo da Dieiaccetto Stadthalter war, der, mehr der Furcht, als irgend einem andern beſſern Hülfsmittel Gehör gebend, nach Diftoja entfloh. Auch würde der Ort, wäre er nicht durch Johann Malavolta, der dafelbft den Befehl hatte ver; theidigt worden, verloren gegangen fein. Der Graf, da er diefen nicht auf den erſten Angriff hatte nehmen Können, ging nach dem Fleden Buggiano und nahm ihn; Stigliano ein nahgelegenes Kaftell verbrannte er, Die Florentiner, da fie diefe Zerſtoͤrung fahen, nahmen zu denjenigen Mit: — 266 — Fahr teln ihre Zuflucht, die fie fo oft gerettet hatten, eingedenf, 40. daß bei den Miethsſtruppen, da wo die Macht nicht hin— reicht, die DBeftechung hilft. Sie boten daher dem Grafen Geld an, daß er nicht blos abmarfchiren, fondern auch die Stadt ihnen geben folle. Der Graf, der nicht glaubte von Luffa mehr Geld ziehen zu können, entjchloß fich leicht, es von denen zu ziehn, die welches hatten. Er Fam daher mit den Florentinern überein, nicht ihnen Luffa zu geben, denn darin wollte er aus Ehrliebe nicht willigen, fondern daffelbe zu verlaffen, wenn ihm funfzig taufend Dufaten gegeben würden. Nach Abſchluß diefes Vertrages unterftüzte er das Volk von Lukka um feinen Heren zu verjagen, damit diefes Bolt ihn bei dem Herzoge entihuidigen möchte. In Lukka war, wie wir oben gefagt haben, Meffer Anton del Roffo, Sienefifher Gefandter, diefer bewirfte unter der Autorität des Grafen mit den Bürgern Pagalo’s Untergang. Hänpter der Verſchwoͤrung waren Peter Cen- vami und Johann da Chivizano. Der Graf wohnte außerhalb der Stadt am Serchio, und bei ihm befand fih ein Sohn des Heren Namens Lanziloro. Die Verſchwornen gingen alfo vierzig an der Zahl des Nachts bewaffnet zu Pagolo, der auf das Geräufch ihnen ganz erſtaunt entgegen ging, und fie nach der Urſach ihres Kommens fragte. Hierauf antwortete Peter Cennami: Da er fie bereits lange Zeit vegiert und fie nun dahin gebracht hätte, vings umgeben von Feinden vom Schwerdt und Hunger umzufommen, fo hätten fie befchloffen, ſich kuͤnftig felbft zu beherrfchen, und forderten alfo von ihm die Schlüffel der Stadt, und den öffentlichen Schaz. Pagolo antwortete ihnen, der Schaz fei verwandt worden, die Schlüffel aber und er felbft wären in ihrer Gewalt, und er bitte fie nur um das einzige: fie möchten zugeben, daß fo wie feine Herrfchaft ohne Blut angefangen und fortgedauert habe, fie auch ohne Blutver- — 267 — gießen endigen duͤrfte. Pagolo und ſein Sohn wurden von Jahr dem Grafen Franz zu dem Herzoge gefuͤhrt, und ſtarben 3% nachher im Gefaͤngniſſe. Die Abreiſe des Grafen hatte Lukka von dem Tyran— nen, und die Florentiner von der Furcht vor ſeinen Trup— pen befreit, daher jene ſich zur Vertheidigung ruͤſteten, dieſe wieder zum Angriff zuruͤck kehrten. Leztere hatten den Grafen von Urbino zu ihrem Feldherrn erwaͤhlt, und dieſer draͤngte die Stadt ſo ſtark, daß die Lukkeſer von neuem ge— zwungen waren den Herzog um Beiſtand zu bitten, der ih— nen dann auch unter dem nehmlichen Vorwande, als er den Grafen geſchickt hatte, Nikolaus Piccinino zu Huͤlfe ſandte. Als dieſer ankam, um in Lukka einzuruͤcken, gien— gen ihm die unſrigen an den Serchio entgegen, und beim Uebergange deſſelben kam es zum Treffen, worin er ſie ſchlug; nur der Kommiſſarius und wenige von unſern Leu— ten entkamen nach Piſa. Dieſe Niederlage betruͤbte unſere ganze Stadt; und weil die Unternehmung von allen gemein— ſchaftlich gemacht worden, und die Volksparthei alſo nicht wußte gegen wen ſie ſich wenden ſollte, ſo verlaͤumdete ſie diejenigen, die ſie angefuͤhrt, da ſie die nicht verlaͤumden konnte, die ſie beſchloſſen hatten, und erweckten wieder die alten Beſchwerden gegen Meſſer Rinaldo. Keiner aber ward ſchlimmer zerriſſen als Meſſer Johann Guicciardini, den ſie beſchuldigten, er haͤtte koͤnnen nach dem Abmarſch des Grafen Franz den Krieg zu Ende bringen, allein er waͤre mit Geld beſtochen worden; er habe auch eine Summe nach Hauſe geſandt, und man fuͤhrte an, wer ſie gebracht habe und wer empfangen. Dieſe Geruͤchte und dieſe An— klagen wurden ſo laut gehoͤrt, daß der Volkshauptmann, durch die oͤffentliche Stimme bewogen, und von der entge— gengeſezten Parthei angeſtiftet, ihn vorlud. Meſſer Jo— hann erſchien voll Unwillens; und feine Verwandte bewirk— — 268 — Jahr ten um ihrer Ehre willen, daß der Hauptmann feinen Bor: 2455 ſaz fahren ließ. Die Luffefer erhielten nach diefem Siege nicht nur alle ihre Städte zurück, fondern fie nahmen auch die in dem Gebiet von Piſa liegenden ein, ausgenommen Bientina, Ealeinaja, Livorno, und Librafatta: und wäre nicht eine Verſchwoͤrung entdeckt worden, die fih in Piſa angefpon: nen hatte, fo wäre auch diefe Stadt verloren gegangen, Die Florentiner brachten ihre Truppen wieder im Ordnung und machten den Micheletto, einen Zögling Sforzas zu ihrem Heerfuͤhrer. Von der andern Seite verfolgte der Herzog feinen Sieg und um die Florentiner mic defto groͤ— ßerer Macht angreifen zu Eönnen, bewirkte er, daß die Ges nueſer, Sienefer und der Herr von Piombino fih zur Ver: theidigung von Luffa verbündeten, und daß fie Nikolaus Piccinino als Feldhauptmann in Dienfte nahmen; welcher Umftand denn feine ganze Abficht an den Tag brachte. Demzufolge erneuerten die Venezianer und Florentiner ihr Buͤndniß, und man fing an, in der Lombardei nnd in Toskana den Krieg ganz offenbar zu führen, wobei in beis den Provinzen verfchiedene Treffen mit verfchiedenem Aus: gange erfolgten, bis beide Theile ermüdet waren und im Mai 1453 ein Vertrag zwifchen den Partheien gefchloffen ward. Zufolge demfelben vertießen die Florentiner, Siene— fer und Euffefer alle Feftungen, deren fie in dem Kriege einer vom andern fehr viele erobert hatten, und jeder Eehrte in den Defiz der feinigen zuruͤck. Während diefer Krieg geführt ward, brauften immer während die fchlimmen Gährungen der innern Partheien wieder auf, und Kosmus von Medici betrug fich nach dem Tode feines Baters Johann mit lebhafterer Theilnahme an den Öffentlichen Angelegenheiten und mit größerem Eifer N — 269 — und mehr Freiheit für feine Freunde, als fein Vater ge Jahre than hatte; jo daß diejenigen, die über_den Tod Johanns 1455. fi) gefrene hatten, da fie fahben, was Kosmus für ein Hann fei, ſich betruͤbten. Kosmus war ein außerft Eluger Mann, von würdiger und angenehmer Perſon, hoͤchſt freis gebig, hoͤchſt menfchenfreundlih; er unternahm nie etwas gegen eine Parthei oder gegen den Staat, fondern wartete immer auf die Gelegenheit jedermann wohlzuthun und durch feine Freigebigkeit fich viele Bürger zu Anhängern zu mas chen. Durch diefes Beifpiel vermehrte er die Unzufriedenheit mit denen die den Staat regierten, und er felbft hoffte auf dier ſem Wege entweder in Florenz fo mächtig und ficher als irgend ein anderer zu leben, oder wenn es durch die Ehrfucht ſei— ner Gegner zu außerordentlihen Worfällen kommen follte, an Stärke der Waffen und Gunſt der Mächtigere zu feit. Wichtige Werkzeuge zur Gründung feiner Macht waren Averardo de’ Medici und Puccio Pucci. Don diefen brach): te ihm Averardo durch feine Kühnheit, uud Puccio durch feine Klugheit und Scharffiht Gunft und Größe zumege; und fo fehr war der Kath und das Urtheil Puccios geach: tet, und fo fehr von jedermann gefannt, daß die Parthei des Kosmus nicht nach diefem, fondern nach Purcio ges nannt ward. Don diefer fo unelnigen Stadt ward der Ans griff auf Lukka unternommen, in welcher die Gährungen der Partheien fich immer mehr entzündeten ftatt zu erloͤ— ſchen. Obgleich nun die Parthei des Kosmus diejenige gewe— fen war, die den Krieg begänftigt hatte, fo wurden dennoch zur Führung deffelben auch fehr viele von der entgegengefezten Parthei gebraucht, als Leute die in Staatsgefchäften Ruf hatten. Da nun biergegen Averardo von Medici und die anderen nichts thun Fonnten, fo ergriffen ſie mit jeder Kunft und allem Fleiß die Gelegenheit fie zu befchuldigen, und wenn irgend ein Verluſt entfiand, wie es denn häufig — 270 — Jahr gefchah, fo ward nicht die Macht oder das Gluͤck des Fein 24 des, fondern die geringe Klugheit des Commiffarius anges klagt. Dieſes erfchwerte die Schuld des Aftorre Gianni; diefes fezte Meffer Ninaldo degli Albizzi in Wuth und machte ihn feine Befehlshaberftelle ohne Urlaub verlaffen; diefelbe Urſach brachte die Bejchuldigungen gegen den Volks; bauptmann Meſſer Johann uicciardini hervor; hieraus entftanden alle die andern Befchwerden, die man den Com: miſſarien und Magiftratsperfonen zur Laft legte; denn die gegründeten wurden vergrößert, die ungegründeten erdich tet, und fowohl die gegründeten, wie die ungegrändeten wurden von dem Volke geglaubt, das gewoͤhnlich fie haßte. Diefe Befchaffenheit der Umftände und diefe außerorz dentlihe Berfahrungsmweife Fannten Nikolaus von Uzano, und die andern Häupter feiner Parthei fehr wohl, und fie hatten vielmals mit einander uͤber die Gegenmittel geſpro— chen, ohne fie jedoch finden zu Eönnen. Denn die Sache wachſen zu laffen, ſchien ihnen gefährlih, und fie zu uns terdrüden fhwer, und Nikolaus von Uzana war der erfte, dem die außerordentlichen Wege mißfielen. Da mau nun fo, außerhalb im Kriege, und innerhalb in diefen Unruhen lebte, wollte Nikolaus Barbadori den Nikolaus von Uzano dahin ffimmen, in des Kosmus Untergang zu willigen, und ging daher zu ihm ins Haus, wo er ihn ganz gedanfenvoll in feinem Studirzimmer fand. Er ermahnte ihn mit den beften Gründen, die er anzuführen wußte, fih mit Meſſer Rinaldo zu vereinigen, um Kosmus zu verjagen. Darauf antwortete Nikolaus von Uzano in folgendem Sinne, Es wuͤrde beffer fein für did, für dein ganzes Haus und für unfere Republik, wenn du und die anderen, die dir in diefer deiner Meinung beiftimmen, lieber einen Bart von Silber hättet, als von Gold, wie man fagt, daß du — 271 en bhabeft-*), denn alsdann würden eure Nathfchläge, aus einem Zahr filberhaarigen und erfahrungsreichen Haupte hervorgehend, "8%" viel weiſer und für jedermann müzlicher fein, Es fcheint mir, das diejenigen die darauf denfen Kosmus aus Florenz zu verjagen, vor allen Dingen ihre Kräfte mit denen des Kosmus zu meffen haben. Diefe unfere Parthei habt ihre die Parthei der Adlichen getauft und die entgegengefezte die des Volfs. Wenn die Wahrheit mit dem Namen über: einftimmte, fo würde in jeder Ruͤckſicht der Sieg zweifels haft fein, und immer wäre für uns eher zu fürchten, als zu hoffen, wenn wir auf das Beiſpiel des alten Adels die: fer Stadt zurück fehen, der von dem Volke vernichtet wor: den ift. Allein wir haben viel mehr zu fürchten, da unfere Parthei zerriffen, und die der Gegner vollftändig ift. Zur erft Neri di Gino und Nerone di Nigi, zwei unferer ers ften Bürger haben fich niemals fo erklärt, daß man fagen könnte, fie wären mehr unjere Freunde, als die ihrigen. Es giebt viele Familien, vielmehr noch viele Häufer, die getrennt find, denn aus Feindfchaft gegen ihre Brüder oder Verwandte find viele uns feindlich und jener Parthei guͤn— fig. Sch will die nur einige von den wichtigften ins Ge— dächtniß rufen, an die übrigen magft du dich feldft erinnern. Bon den Söhnen von Meffer Mafo degli Albizzi hat fich Lukas aus Feindfchaft gegen Meſſer Rinaldo in die andere Parthei geworfen. Aus dem Haufe der Guicclardini ift von den Söhnen des Meffer Ludwig, Peter ein Feind von Meffer Johann und begünftige unfere Gegner; Thomas und. Nifolaus Soderini find aus Haß gegen ihren Onfel Franz ganz dÖffenclich uns entgegen. Wenn man daher ger nau betrachtet, wer wir find, jo weiß ich nicht, weshalb unfere Parthei eher verdienen möchte, adelic) genannt zu ) Barbadori heißt Goldbart, Sahr werden, als die ihrige. Wenn es etwa wäre, weil fie ganz 4 · und gar dem Volke gefolgt ſind, ſo ſind wir dadurch in ſchlimmerer Lage und ſie in beſſerer, und ſobald es zu den Waffen oder zum Parthieergreifen fommt, fo fünnen wir ihnen nicht widerftehen. Und wenn wir noch, in unferer Würde beftehen, fo gefchieht es durch den alten Ruhm die: fer Regierung der ſich funfzig Jahr hindurch erhalten hatz wenn es aber zu einer Prüfung kommen follte, und unfere Schwäche offenbar würde, fo würden wir biefelbe verlie— ren. Und wenn du fagen wollteft, daß die gerechte Urſach die uns bewegt, unfer Anfehen vergrößern und das Ihrige ihnen nehmen werde, fo antwortete ich dir, daß es nöthig fein würde, daß diefe Gerechtigkeit auch von andern einger fehben und geglaubt werde, nicht blos von uns felbft; aber gerade das entgegengejezte ift der Sal, denn die Urfach die uns bewegt, ift einzig auf dem Argwohn gegründet, daß er fih zum Fürften diefer Stadt machen möchte. Wenn wir diefen Argwohn haben, jo haben die Andern ihn nit; fondern vielmehr, was noch ſchlimmer ift, fie befchuldigen uns deffelben, deſſen wir ihn befchuldigen. Die Handlun: gen des Kosmus, die ibn uns verdächtig machen, find, daß er mit feinem Gelde einem jeden dient, und nicht blos Privarperfonen, fondern auch dem Staat, nicht blos den Slorentinern, fondern auch den Miethstruppen; daß er diefen und jenen Bürger begünftigt, der eines Staatsam— tes bedarf; daß er mit Hülfe des Wohlwollens, deſſen er allgemein genleßt, dieſem oder jenem feiner Freunde zu hoͤ— heren Ehrenftellen verhilft. Man würde alfo die Urfachen anführen müffen, die zu feiner Verbannung da wären, denn er ift fromm, dienftfertig, freigebig und von jeder: mann geliebt. Nun fage mir einmal, welches Gefez ver: bietet denn, oder tadelt und verdammt an einem Menfchen die Frömmigkeit, die Freigebigkeit, die Liebe? Und objchon biefes alles Wege find, die den Menfchen im Fluge zur Iahe hoͤchſten Stelle führen, fo hält man fie doch nicht dafür," und ir find auch nicht im Stande, fie als folche zu er— kennen zu geben; denn unjer Verfahren hat uns das Ber: trauen geraubt, und die Stadt die ihrer. Natur nach zur Partheilichkeit geneigt, und. beftimmt ift, immer zum Theil in verderbtem Zuftande zu bleiben, kann dergleichen Beſchul— digungen nicht ihr Ohr leihen. Aber ſezen „wir auch, daß es euch gelänge,, ihn zu vertreiben, welches, wenn wir eine uns geneigte Signoria haben, leicht gelingen könnte, wie werdet ihr jemals unter fo vielen feiner Freunde, die hier zurücbleiben und vor Begierde nah feiner Zuruͤckkunft brennen würden, verhindern Eönnen, daß er nicht zuruͤck⸗ kehre? Dieſes wuͤrde unmoͤglich ſein, denn da ihrer ſo viele ſind, und ſie das allgemeine Wohlwollen fuͤr ſich haben, wuͤrdet ihr euch niemals davor ſichern koͤnnen. Und jemehr ihr von ſeinen zuerſt entdeckten Freunden verjagen wuͤrdet, deſto mehr Feinde wuͤrdet ihr euch machen, ſo daß er in kurzer Zeit zuruͤckkehren wuͤrde, und damit würdet ihr das gewonnen haben, daß ihr. ihn als einen gut gefinuten vers jagt hättet, und als einen feindlich gefinnten wiederfehren ſaͤhet. Denn feine Natur würde verdorben werden durch die, die. ihn zurückberiefen, denen er fih, aus Verbindlich— £eit gegen fie, nicht würde widerfezen können, Wenn ihr aber die. Abficht hättet, ihn fterben zu laffen, fo. wird euch dies durch Huͤlfe der Negierenden niemals gelingen, denn fein Geld und eure beftechlichen Gemüther werden ihn ftets erretten. Nehmen wir aber auch an, daß er fterbe, oder einmal verjagt nicht wiederfehre, fo ſehe ich nicht, welcher Bortheil dadurch im Innern unferer Nepublit entftchen wuͤrde; denn wenn fie fih von Kosmus befreit, jo macht fie ſich zur Sklavin von Meer Rinaldo; und ich für mein Theil bin einer von denen, welche wuͤnſchen, daß Fein Buͤr—⸗ Erfter Theil, © 433: — 1274 — Jahr ger an Macht und Anſehn den andern üÜbertreffe. Wenn ! 5 aber einer von diefen beiden den andern überwiegen müßte, fo fehe ich nicht aus welchem Grunde ic Meffer Ninaldo mehr lieben folfte als Kosmus. Auch will ich dir nichts weiter fagen, als daß Gott diefe Stadt behuͤten möge, daß irgend einer ihrer Bürger ihr Fürft werde; wenn aber ja unfere Sünden dies verdient haben, fo möge er fie behüten, deſſer Rinaldo gehorchen zu muͤſſen. Wolle alfo ja nicht dazu rathen, daß man eine Maaßregel ergreife, die fo von allen Seiten fchädlich wäre, oder glauben, du werdeft dic) von wenigen begleitet, dem Willen vieler widerfezen Eönz nen; denn alle diefe Bürger find theils aus Unwiſſenheit theils aus Bosheit gleich bereit, diefe Republik zu verfaus fen, und fie haben ſchon den Käufer gefunden. Betrage dih alfo nach meinem Rath, beftrebe dich befcheiden zu leben, und du wirft, was die Freiheit betrifft, die Anz hänger unferer Parthei für nicht weniger verdächtig halten, als die der entgegen gefezten. Wenn aber irgend ein Kampf entfteht, fo wirft dur durch SPartheilofigkeit jeder; mann werth fein, und auf diefe Weife dir felbft nüzen und dem Baterlande nicht ſchaden. Diefe Worte zügelten etwas die Gedanfen des Barba— doro, fo daß die Sachen, fo lange als der Krieg mit Lukka währte, ruhig blieben. Als aber der Friede erfolgt war, und zugleich der Tod des Nikolaus von Uzano, verblieb die Stadt ohne Krieg und auch ohne Zügel, daher denn die ſchaͤdlichen Gaͤhrungen ohne alle Nückfiht wuchſen, und Meffer Ninaldo, der ſich alfein als Haupt der Parthei übrig glaubte, nicht nadhließ, alle die Bürger, von denen er glaubte, daß fie Sonfalonieren werden Eönnten, zu bitten und anzutreiben, daß fie fich waffnen möchten, das Vater: land von diefem Menfchen zu befreien, der nothiwendiger Weiſe durch die Bosheit weniger und die Thorheit vieler fie zue Knechtſchaft führe. Diefes Verfahren des Meſſer Ri- Sahe naldo, und das der entgegengejezten Parthei, erhielten die 1455. Stadt in ſtetem Argwohn, und jo oft eine neue Magi- firatswahl vorgenommen ward, fagte man, fich öffentlich, wie viele von der einen Parthei und wie viele von der ans dern darin fäßen, und wann die Namen der Signoren ge: zogen wurden, war die ganze Stadt im Aufjtande. Jeder Sal, der vor die Oberen gebracht wurde, felbft der unbe; deutendfte gab ihnen Anlaß zum Streit; die Geheimniſſe wurden befannt gemacht; jowohl der Gute, wie der Boͤſe ward begünftige, und befeindet; die Guten, wie die Schlechten wurden gleicherweije gemißhandelt; und feine Obrigkeit that ihre Pflicht. Da nun Florenz in diefer Verwirrung und Meffer Rt: naldo in dem Willen fand, die Macht des Kosmus zu er— niedrigen, und da er wußte, daß Bernhard Guadagni Gon— faloniere werden könnte, fo bezahlte er deſſen Ruͤckſtand an den Auflagen, damit die öffentliche Schuld ihn nicht diefes Ranges berauden möchte. Da man alfo zur Ziehung der Signoren ſchritt, bewirkte der Zufall, der unfern Zwiſtig— £eiten günftig war, daß Bernhard als Gonfaloniere gezogen ward, um in den Monaten September und Dectober zu fijen. Meſſer Rinaldo ging fogleich ihn zu befuchen und fagte ihm, wie fehr die Parthei der Adlichen und ein jeder der ein zufriednes Leben wuͤnſchte, fich erfreut habe, daß er zu diefer Würde gelangt ſei, und daß es für ihn fihicklich fein würde, fo zu verfahren, daß fie fich nicht umfonft ge: freut hätten. Er zeigte ihm darauf die Gefahren, denen man durch Uneinigfeit fi) ausjeze, und daß Fein anderes. Mittel zur Einigkeit führen könne, als die Unterdrückung des Kosmus, weil.diefer allein, durch die Begünftigungen, die feine unmaͤßigen Reichthuͤmer ihm verſchafften, fie in Kraftlofigkeie erhielte; daß er fih ſchon jo hoch hinaufgear- 5 2 — 276 — Jahr beitet habe, daß, wenn man nicht zuvorkaͤme, er Fuͤrſt wer⸗ A den wuͤrde, und daß es eines guten Buͤrgers Pflicht ſei, dem entgegen zu arbeiten, das Volk auf den Plaz zu beru— fen, die Regierung wieder an fih zu nehmen, um dem Baterlande feine Freiheit wieder zu ſchenken. Er führte ihm zu Gemüth, daß Meffer Salveftro de? Mediei nur mit Uns recht der Größe der Guelfen Einhalt thun Fonnte, denen um des vergoßnen Bluts ihrer Vorfahren willen die Regie; vung zufomme, und daß dasjenige, was jener gegen fo viele mit Unrecht thun Eonnte, er wohl mit vollem Rechte gegen dieien Einzigen thun könnte. Er ermahnte ihn, nichts das bei zu fürchten, indem die Freunde mit den Waffen’ zu feis ner Hülfe bereit fiehen würden, und auf das Volk das je nen anbete, gar Feine Nückficht zu nehmen, indem Kos: mus feine andere Gunftbezeigungen von demjelben erlangen werde, als einft Meffer Georg Scali erlangte; auch ſolle er um feiner Reichthämer willen nicht fchwanfen, denn. for bald er in der Macht der Signoren wäre, jo würden fie die ihrigen fein. Er ſchloß endlih, daß diefe That den Staat ficher und einig, ihn aber berühmt machen werde. Auf diefe Morte erwiederte ihm Bernhard Fürzlich, er halte es für hoͤchſt nothwendig, das zu thun, was er ihm gejagt babe; und weil die Zeit nöthig zum Handeln gebraucht werde, fo folle er fih nur beftreben, ſich die nöthige Macht zu verfchaffen, um bereit zu ftehn in der Ueberzeugung, daß ihm auch Freunde nicht fehlen. Als Bernhard fein Amt angetreten hatte, die Gehuͤlfen angewiefen waren, und er mit Meffer Rinaldo übereinge kommen war, fo berief er Kosmus, der, obſchon ihm viele feiner Freunde abrierhen, dennoch erſchien, mehr auf feine Unfchuld vertrauend, als auf das Mitleid der Signoren, Als Kosmus im Pallaft und fefigenommen war, ging Meſ— fer Rinaldo mit vielen Bewaffneten aus feinem Kaufe, mit ihm die ganze Parthei, und fo Famen fie auf den Plaz, Jahr wohin die Signoren das Volk rufen liefen, worauf fie ' Et zweihundert Menfchen zu einem Rath ernannten, um die Negierung der Stadt zu verbeffern. In diefem Rath ver: handelte man fobald als möglich über die Neform und über des Kosmus Leben und Tod. Diele wollten, daß er ver: dannt, viele daß er getödtet würde, viele andere ſchwiegen, entweder aus Mitleid fuͤr ihn, oder aus Beſorgniß fuͤr ſich ſelbſt, und dieſe Verſchiedenheit der Meinungen ließ es zu keinem Schluſſe kommen. In dem Thurm des Pallaſtes iſt ein Ort, der ſo groß iſt, als der Raum des Thurms ſelbſt, Alberghettino genannt: hier ward Kosmus eingeſchloſſen, und dem Friedrich Malavolti in Gewahrſam gegeben. Kos— mus, der von dieſem Orte aus die Geſpraͤche und das Ge— raͤuſch der Waffen auf dem Markte, ſo wie das haͤufige Laͤu— ten zum Stimmenſammeln vernahm, ſtand in Beſorgniß fuͤr ſein Leben; noch mehr aber fuͤrchtete er, daß ſeine per— ſoͤnlichen Feinde ihn auf außerordentliche Weiſe moͤchten ſter— ben laſſen. Er enthielt ſich deshalb der Speiſe, ſo daß er in vier Tagen nichts als ein wenig Brodt hatte eſſen wol— len. Als Friedrich dies bemerkte, ſagte er zu ihm: Du fürchteft vergiftet zu werden, Kosmus, und giebſt dir da; durch den Hungertod, mir aber fchlechte Ehre, indem du glaubft, daß ich zu einer ſolchen Niederträchtigkeit meine Hand leihen Eönnte. Sch glaube nicht, daß du dein Leben verlieren wirft, fo viele Freunde haft du im Pallaft und draußen; aber wenn du es auch verlieren müßtejt, fo fei nur ficher, daß fie andere Mittel ergreifen werden, als mich zum Werkzeug zu brauchen, um es dir zu nehmen; denn ich will meine Hände nicht beflefen mit dem Blute irgend eines Menfhen, und am wenigften mit dem deinigen, der du mich nie beleidigt Haft; fei alfo gutes Muths, nimm die Speife und erhalte dein Leben deinen Freunden und dem — 278 — Jahr Vaterlande. Und damit du mit groͤßerm Vertrauen es thun 4 koͤnneſt, jo will ich ſelbſt von deinen Speiſen mit dir eſſen. Dieje Worte ermutbigten Kosmus völlig; mit Thränen in den Augen umarmte und Eüßte er Friedrich, und dankte ihm mit lebhaften und Eräftigen Worten für einen fo mitleidigen und liebevollen Dienft, ihm feine höchfte Dankbarkeit anbie: tend, wenn je das Gluͤck ihm Gelegenheit dazu gäbe. Da alfo Kosmus ein wenig geftärft war, und die Dir; ger über feinen Fall verhandeltgn, traf es fih, daß Frie— drich um ihm Vergnügen zu machen, einen Diener des Gonfaloniere mit fich zur Mahlzeit brachte, der Fargagnae— cio hieß, und ein luſtiger und fpaßhafter Menfh war. Da fie nun faft abgefpeißt hatten, gab Kosmus, der fich der Gegenwart diefes Menfchen bedienen wollte, meil er ihn fehr wohl kannte, dem Friedrich ein Zeichen, daß er hinweg ginge. Diefer, der die Urſach vermuthete, that als ginge er, um noch Dinge zu holen, die zum Mahle gehörten, und ließ die beiden allein, worauf Kosmus, nachdem er einige freundliche Norte mit dem Fargagnaccio gewechſelt, demielben ein Merfzeichen gab, und ihm auftrug, zu dem Spitalvermwalter von St. Maria Nuova zu gehen, um ein taujend und ein hundert Dufaten zu holen; hundert davon folfe er für fich nehmen, und taufend folle er dem Gonfalo— niere bringen, und ihn bitten, daß er unter irgend einem fchiklihen Vorwande zu ihm fommen mödte, um mit ihm zu veden. Diefer nahm den Auftrag an, das Geld ward bezahle, und Bernhard ward dadurch etwas gemäßigter, wovon dann die Folge war, daß Kosmus nach Padua ver: wiejen ward, gegen Meſſer Ninaldos Willen, der ihn gern ganz vertilgt hätte. Außer ihm ward auch Averardo und viele andere aus dem Haufe Medici, und mit ihnen Puccio und Johann Pucci vermwiefen; und um diejenigen, die mit des Kosmus Vertreibung unzufrieden waren, in Schreden zu fezen, gaben fie den acht Gardehauptleuten und dem Jahr Volkshauptmann die oberfte Vollziehungsgewalt. Nach die— 45. fen Beſchluͤſſen kam Kosmus den zten Oktober 1433 vor die Signoren, welche ihm feine Verweiſung ankuͤndigten, und ihn zum Gehorſam ermahnten, wenn er nicht wolle, daß man mit Härte gegen -feine Güter verfahren follte. Kos: mus nahm mit freudigem Gefiht die Verweilung an, in— dem er verficherte, daß wohin immer die Signoria ihn fende, da werde er gern bleiben. Er bäte ſehr, daß da fie ihm das Leben gerettet habe, fie es ihm auch vertheidigen möchte, denn er merfe wohl, daß auf dem Plaze viele wären, die nach feinem Blute verlangte. Er bot hierauf, an welchem Orte er. fih auch befinden follte, der Stadt, dem Volke und ihren Herrlichkeiten fih und fein VBermögen an. Er ward von dem Gonfaloniere getröftee, und ſo lange im Pallaſt zurückgehalten, bis die Nacht kam. Davaufı führte ihn diefer in fein Haus, und ließ ihn dann, nachdem er ihn hatte mit fich zu Abend fpeifen laffen, von vielen Be— waffneten zu den Gränzen begleiten. : Weberall, wo Kosmus durchreifte ward er ehrenvoll aufgenommen; ja die Venezia: ner befuchten ibn von Staats wegen, und beehrten ihn, nicht wie einen VBerbannten, fondern wie einen Mann vom höchften Range. Da nun Florenz zurückblieb, verwaiſet von einem gro: Ben uud fo allgemein geliebten Bürger, „war jedermann in Beſtuͤrzung, und gleich ſtark war die Furcht derer die, geftegt hatten, und derer die befiegt waren. Meſſer Rinaldo aljo, der fein kuͤnftiges Ungluͤck ſchöͤn ahndete, verfammelte, um weder für fich, noch für feine Parthei etwas zu verfaumen, viele Bürger die zu feinen. Freunden gehörten, und ſprach zu ihnen: Er fehe fchon ihren Untergang bereitet,. weil.fie ſich hätten bewegen laffen durch die Bitten, durch die Thrä- nen und durch das Geld ihrer Feinde; und fie. jähen nicht, — 280 — Jahr daß in kurzer Zeit an ſie die Reihe kommen werde, zu bit— 45. ten, und zu weinen, daß aber dann ihre Bitten nicht wuͤr— den gehoͤrt werden, und ihre Thraͤnen niemand finden, der Mitleid dafür zeige; von dem genommenen Gelde aber wuͤr— den fie das Kapital zurückgeben müflen, und die Zinfen. be zahlen in Qualen, Tod, und Verbannung. Biel beffer hät ten fie gethan in ihrem vorigen Zuftande zu bleiben, als den Kosmus am Leben zu laffen, und feine Freunde in Florenz; denn mächtige Männer muͤſſe man entweder gar nicht ans greifen, oder fie ganz unterdrücden. Auch fehe er fein an— deres Hülfsmittel, als fih) in der Stadt die möglichfte dacht zu verjchaffen, damit wenn die Feinde wieder auf ftünden, welches fie gewiß bald thun würden, man fie mit den Waffen verjagen koͤnne, da man fie durch die gefezlichen Formen nicht habe vertreiben koͤnnen. Hierzu wäre das dittel diefes, das er ſchon vor langer Zeit in Vorfchlag ge: brache habe: fich die Großen wieder zu gewinnen, indem man ihnen alle Ehrenämter des Staates zurücgebe und zur geftehe, und fich durch diefe Parthei zu ſtaͤrken, weil ihre Gegner fih durch das Volk geftärke hätten. Hierdurch werde ihre Parthei um fo mächtiger fein, je größer in ihr das Leben, je ftärfer die Tugend, je höher der Muth, und je feiter das Zutrauen fei. Er fchloß mit der Verficherung, daß wenn diefes legte und rechte Hälfsmittel nicht ergriffen werde, fo fehe er nicht auf welche andere Weife man unter fo vielen Feinden eine Regierung erhalten wolle, deutlich aber fehe er dann den nahen Untergang ihrer Parthei und der Stadt. Dieſem Kath widerfezte fih Mariotto Boldos pinetti, einer von den VBerfammelten, indem er die Hoch muth der Großen und ihre unerträgliche Natur zeigte; und "daß es nicht rathſam fei, unter einer entjchiedenen Tyrans nei Schuz zu fuchen, um vor den zweifelhaften Gefahren, die man von dem Volke fürchte, zu entfliehen. Da alfo Meſſer Rinaldo fah, daß fein Kath nicht gehört ward, fo Jahr beflagte er feine Parthei, indem er alles Unglüc mehr "19 dem Willen des Himmels, als der Unwiſſenheit und Blind: beit der Menfchen zufchrieb. Wie nun die Sache auf die fem Punkte fand, ohne daß man irgend eine nöthige Vor: fehrung traf, fand man einen Brief von Meffer Agnuolo Acciajuoli an Kosmus, worin er ihm die Stimmung der Stadt gegen ihn anzeigte, und ihm vier), zu bewirken, daß irgend ein Krieg enrftünde, und fih Neri di Gino zum Freunde zu machen; denn feine Meinung fei, daß da die Stadt Geld noͤthig habe, und feinen finden würde, der ihr darin diene, fo würde dadurch fein Andenken bei den Bürs gern wieder erwachen, und zugleich der Wunfch ihn zurück; fehren zu laffen. Und wenn Neri fih von Meffer Rinaldo losreiße, fo würde diefe Parthei fo ſchwach werden, daß fie nicht Kraft genug haben werde, fich zu vertheidigen. Diez fer Brief, der in die Hände der Obrigkeit fiel, gab Veran: faffung, daß Meſſer Aanolo feftgenommen, gefoltert und Landes verwiefen ward. Dennoch ward durch ein fo hartes Beifpiel auch nicht im mindeften die Stimmung gezügelt, die den Kosmus begiinftigte. Es war faft fchon ein Jahr verfloffen, feit dem Tage, 1434, da Kosmus verjagt worden war, als gegen das Ende des Monat Auguft des Jahres 1434 zum Gonfaloniere für die beiden Einftigen Morate Nikolaus von Cocco gezogen ward, und mit ihm acht Signoren, die famtlich Anhänger des Kosmus waren; fo daß eine ſolche Signoria Meffer Ninaldo und feine ganze. Parthet erfchreckte. Da nun die Signoren, bevor fie ihr Amt antreten, drei Tage lang als Privat: feute leben, fo kam Meſſer Ninaldo abermals mit den Häuptern feiner Parthei zufammen, und zeigte ihnen die gewiffe und nahe Gefahr, und daß das Mittel dagegen fei, die Waffen zu ergreifen, und zu bewirken, daß Donate — 282 — Jahr Velluti, der damals als Gonfaloniere ſaß, daß Volk auf 244. dem Plaze verſammele, einen neuen Volksrath mache, die neuen Signoren ihres Amtes entſeze, andere die den Um— ſtaͤnden des Staats angemeſſener waͤren erwaͤhle, die alten Wahlbeutel verbrenne, und neue mit neuen Looſen, aus Freunden beſtehend, anfuͤlle. Dieſe Maaßregel ward von vielen fuͤr ſicher und noͤthig erklaͤrt; von vielen andern aber fuͤr allzu gewaltſam, und als eine ſolche, die allzu viel Be— ſchuldigung nach ſich ziehe. Unter dieſen, denen ſie mißfiel, war auch Meſſer Palla Strozzt, der ein ruhiger, milder und guͤtiger Mann war, und eher geſchickt, den Wiſſen— fchaften fih zu widmen, als eine Parthei zu zügeln und fih den bürgerlichen Zwiftigfeiten entgegen zu ftellen. Dies fer fagte alfo, daß liftige oder Eühne Maafregeln im Ans fange gut fcheinen, nachher aber bei ihrer Anwendung fhwer, und bei ihren Ausgange gefährlih gefunden wer⸗— den; und er glaube, die Deforgniß vor den neuen auswaͤr— tigen Kriegen; da die Truppen des Herzogs in Romagna an unferen Gränzen wären, würde die Signoren mehr auf diefe denken machen, als an die inneren Uneinigfeiten; ins deffen, wenn man fähe, daß fie Aenderungen machen woll: ten (welche fie nicht machen fönnten, ohne daß es bemerft werde) fo würde es noch immer Zeit fein, die Waffen zu ergreifen und dasjenige auszuführen, was für das allgemeine Wohl nothwendig fceheinen werde; und wenn diejes durch Nothwendigkeit gefchehe, fo würde es mit geringerer Verwun— derung des Volks erfolgen und ihnen weniger zur Laft ger legt werden. Man befchloß deshalb, die neuen Signoren ihre Aemter antreten zu laffen, und nur ihre Schritte zu beobachten; und wenn man irgend eine Bewegung gegen die Parthei bemerkte, fo folle ein jeder die Waffen ergrei— fen, und auf dem Plaze von St. Pulinari fih einfinden, einem Orte, der dem Pallaft ſehr nah ift, und von wo aus — 283 — fie fih Teiche wirden binbegeben koͤnnen, wohin es ihnen Jahr nöthig fcheinen möchte. 1454. Mit dieſem Entjchluffe waren fie auseinander gegangen, die neuen Signoren traten ihre Aemter an, und der Gonfalo— niere, um fich Anfehn zu verfchaffen, und diejenigen in De: flürzung zu fezen, die etwa die Abficht hätten, ihm zu wider; fireben, verurtheilte Donato Velluti feinen Vorfahren zum Sefängniß, als einen Mann, der das Staatsgeld für ſich verwandt habe. Hierauf prüfte er feine Kollegen, um Kos: mus zurück£ehven zu laffen, und da er fie dazu geneigt fand, fo fprach er davon mit denen, die er für Häupter der Parthei der Medici hielt; angefeuert von diefen, lud er Meſſer Ninaldo, Rudolf Peruzzi, und Nikolaus Barbadori, als Häupter der Gegenpartbhei vor. Mach diefer Vorladung glaubte Meſſer Ninaldo, daß man nicht länger zögern dürfe, und ruͤckte mit einer großen Anzahl Bewaffneter aus feinem Haufe, worauf fich ſogleich Rudolf Peruzzi und Nikolaus Barba— dori zu ihm gefellten. Dei ihnen waren noch mehrere ans dere Bürger und viele Soldaten, die fih in Florenz ohne Dienft befanden, und alle ftellten fich nach der getroffenen Vebereinfunft auf dem Plaze St. Pulinari. Meffer Palla Strozzi ging, obfchon er viele Leute verfammelt hatte, nicht hinaus; ein gleiches that Meffer Johann Guicciar; dini, daher denn Meffer Ninaldo ausjfandte, um fie anzu: treiben, und ihnen ihr Zögern zu verweilen. Meſſer Johann antwortete, er thue der feindlichen Parthei fhon Schaden genug, wenn er durch fein Zuhaufebleiben verhindere, daß fein Bruder Peter nicht ausginge, dem Pallafte zu Huͤlfe zu kommen, Meſſer Palla Fam endlich, nad) vielen an ihn gerichteten Sefandtichaften, zu Pferde mit zwei unbewaffnes ten Fußgängern nah St. Pulinari; Meffer Ninaldo ging ihm entgegen und verwieß ihm fehr hart feine Nachläflig- feit, indem er binzufügte, das Nichtzufammentreffen „mit Jahr den Anderen rühre entweder aus Mangel an Treue her, oder 2 "aus Mangel an Muth, und eine wie die andere diefer Ber Shuldigungen müßte ein Mann zu fliehen fuchen, der zu derjenigen Klaffe gerechnet fein wolle, zu der man ihn zähle. Wenn er glaube, daß weil er die Pflicht gegen feine Parthei verfäume, der Feind als Sieger ihn von den Tode oder der Verweiſung frei fprechen werde, fo ber rüge er ſich. Was immer ihm felbft auch bevorftünde, wenn ein Ungluͤck aeichehe, fo werde er doch die Beruhigung haben, daß er es vor der Gefahr nicht an feinem Nath, und in der Gefahr nicht am feiner Macht habe fehlen laffen. Meſſer Palla aber und die anderen werden dop— pelten Verdruß empfinden, wenn- fie daran denfen würs den, ihre WBaterland dreimal verrathen zu haben: ein mal, da fie Kosmus vetteten; das andere mal, da fie feine Rathichläge nicht annahmen; und das dritte mal jezt, da fie ihm mit ihren Waffen nicht beiftüinden. Auf diefe Worte erwiederte Meffer Palla nichts, was die Umftehens den hätten verfiehen können, fondern wandte murmelnd fein Pferd um, und vitt nach Haufe. Die Signoren, da fie erfuhren, daß Meffer Rinaldo und feine Parthei die Waffen ergriffen habe, und fich ſelbſt verlaffen fahben, liegen den Pallaft verfchliegen, und wuß— ten, jedes Raths beraubt, nicht was zu thun fei. Da aber Meffer Rinaldo feine Ankunft auf dem Plaze verzögerte, um die Macht zu erwarten, die nicht Fam, benahm. er fich felbft die Gelegenheit zum Siege, und gab ihnen die Kraft, fih zu ſchuͤzen, und vielen Bürgern die, zu ihnen zu gehen und ihnen zu rathen, daß fie Schritte thun möchten, damit die Waffen niedergelegt würden. Einige weniger verdächtige Leute gingen alfo von Seiten der Signoren zu Meffer Ri— naldo und fagten ihm, die Signoria Fenne die Urfache nicht, weshalb diefe Bewegungen gemacht würden; fie habe nie: — 285 — mals daran gedacht, ihn beleidigen zu wollen? wenn man Jahr von Kosmus gefprochen habe, fo habe man doc) nicht dar: 44 auf gedacht, ihn wieder einzuſezen; wenn alſo dieſes die Ur— ſache des Argwohns ſei, ſo wuͤrden ſie daruͤber ſie ſicher ſtellen; ſie moͤchten ſich nur gefallen laſſen, in den Pallaſt zu kommen, fo würden fie ſehr willkommen fein, und ihnen in allen ihren Forderungen willfahret werden. Diefe Worte änderten nicht Meſſer Ninaldos Entſchluß; fondern er erwi— derte, er wolle ſich dadurch ficher ftellen, daß. er fie zu blo— Ben Bürgern mache, und alsdann folle, zum Wohl eines Jeden, die Regierung anders eingerichtet werden. Allein es gejchieht immer, dab wo die lenfenden Mächte gleich und die Meinungen verjchieden find, faft niemals irgend ein heilfamer Entſchluß gefaßt wird. Rudolf Peruzzi, durch diefer Bürger Worte bewogen, fagte, er für fein Theil ver: fange nichts weiter, als daß. Kosmus nicht zurückkehres wenn diefes in Ordnung fei, fo fei er ‚mit feinem Siege zu: frieden, und wolle nicht um einen größeren zu erringen, feine Stadt mit Blut erfüllen, daher werde er der Signo— via gehorchen; und hierauf ging er mit feinen Leuten in den Palaft, wo er fröhlich empfangen ward, - Das Warten Mefler Rinaldos zu St: Pulinari alfo, Meffer Palla’s Mangel an Much, und Rudolfs Abtreten hatten in dieſer Unternehmung Meſſer Ninalde den Sieg entriffen, und die Gemüther der Bürger die ihm folgten, hatten angefan- gen, ein wenig von ihrer Hize nachzulaſſen; wozu nun noch das Anfehn des Pabites Fam. Es befand fih damals Pabft Eugenius, der von dem Volke aus Nom verjagt worden war, zu Florenz. Diefer da er die Tumulte vernahm, und es ihm feines Amtes ſchien, fie zu beruhigen, fandte den Patriarchen Meſſer Jo— hann Bitellefchi einen genauen Freund von Meffer Rinaldo zu diefem, um ihn zu füh zu bitten, indem es, wie er ihm — 286 — Zahr fagen ließ, bet der Signoria ihm weder an Einfluß noch an 2454. Zutrauen fehle, um ihm Zufriedenheit und Sicherheit zu verjchaffen, ohne das Blut und Unheil der Bürger. Meffer Ninaldo aljo, von feinem Freunde überredet, ging mit ſei— nem ganzen bewaffneten Gefolge nah St. Maria Novella, wo der Pabft wohnte. Der Pabſt gab ihm zu verftehen, daß die Signoren ihr ganzes Vertrauen auf ihn gefezt, und allen Zwift feiner Entfcheidung übergeben hätten, und daß fih die Sachen, fobald er die Waffen nievderlege, jo aus— gleichen laffen würden, mie er es für gut halte, Meſſer Rinaldo, der die Kälte Meſſer Palla’s und den Leichtfinn des Rudolf Peruzzi geſehn hatte, warf ſich aus Mangel an einem befferen Auswege in feine Arme, indem er dod) hoffte, daß des Pabftes Anſehn ihn Ichüzen muͤſſe. Der Pabſt ließ aljo dem Nikolaus Barbadori und den andern die ihn draußen erwarteten, anzeigen, fie möchten die Waf— fen niederlegen, denn Mefler Ninaldo bleibe bei dem Pabſte, um mit den Signoren den Verein zu unterhandeln; auf diefe Stimme entfchloß fich ein jeder und entivaffnete fich. Die Signoren, da fie ihre Gegner entwarfnet ſahen, fuhren fort unter VBermittelung des Pabftes den Vertrag zu unterhandeln, und auf der andern Seite fandten fie ins deffen heimlich in das Gebirge von Piftoja nach Fußvolk aus, und liegen diejes mit allen ihren Waffenträgern des Nachts nach Florenz fommen. Nachdem fie dann alle feſten Punkte der Stadt in Beſiz genommen hatten, beriefen ſie das Volk auf den Plaz, und ernannten einen neuen Volks— rath, der, ſobald er ſich verſammelte, Kosmus und die an— deren, die mit ihm verwieſen worden waren, in ihr Vaters land wieder einfezte, und von der Gegenparthei Meſſer Ris naldo Albizzi, Rudolf Peruzzi, Nikolaus Barbadori, und Meſſer Palla Strozzi, nebjt vielen andern Bürgern vers wieß, und zwar in jo großer Anzahl, daß wenige Derter in Stalien übrig blieben, wohin man feine verbannt hätte, Jahr und viele außer Sstalien von ihnen voll wurden; fo daß 2454. Florenz durch folhen Vorfall nicht blos Männer von Recht: fchaffenheit, fondern auh von Reichthum und Fleiß fich entzog. Der Pabſt, da er diefen Untergang über diejenigen hereinbrechen ſah, die auf feine Bitten die Waffen niederge— lege hatten, war darüber höchft mißvergnuͤgt, und beflagte Meſſer Rinaldo wegen der Schmach, die man ihm unter dem Schuze feines Vertrauens angethan habe, und ermahnte ihn zur Geduld, und zur Hoffnung auf fünftiges Wohl durch den MWechfel des Glüds; worauf Meffer Rinaldo antwor— tete: das zu Eleine Zutrauen, das mir diejenigen gezeigt ba: ben, die mir hätten glauben follen, und das zu große, dag ih Euch gezeigt habe, hat mich und meine Parthei geftürzt. Allein ich beflage mich mehr über mich felbft, als über ir— gend jemand anders, weil ich geglaubt habe, daß ihr, der ihe aus eurem eignen VBaterlande vertrieben wart, mic in dem meinigen erhalten Fönntet. Ueber die Spiele des Gluͤcks habe ich fehr gute Erfahrung, und fo wie ich auf die Gluͤcksfaͤlle mich wenig verlaffen habe, fo ſchmerzen au die Unfälle mich weniger; und ich weiß, daß wenn es dem Geſchick gefällt, es fih auch freundlicher mir zeigen kann. Sollte es ihm aber auch nie gefallen, fo werde ich immer wenig Werth darauf legen, in einer Stadt zu leben, wo die Geſeze weniger vermögen, als die Menfchen; denn das Baterland ift wünjchensmwerth, wo man feines Vermögens und feiner Freunde mit Sicherheit genießen Eann, nicht das, wo jenes dir leicht genommen werden kann; und deine Freunde aus Beſorgniß für ihr eignes in deinen höchften Noͤthen dich verlaſſen. Auch war es weiſen und guten Menfchen immer weniger fchmerzlic die Leiden. ihres Vaterlandes zu hören, als fie zu fehen, und fie halten es für ruhmvoller ein ehrenwerther Nebel, als ein jElavifcher Bürger zu fein. I — 288 — Jahr Boll Unmuth verließ er den Pabft, und häufig bei fich 1454 feloft feine Nathfchläge und die Kälte feiner Freunde wieder überdenfend ging er in die Verbannung. Kosmus von der andern Seite Eehrte auf die Nachricht von feiner Wieder⸗ einfezung nach Florenz zuruͤck, und felten ift es gejchehen, daß ein Bürger, der triumphirend von einem Siege zurück £ehrte, von feinem Vaterlande mit fo großem Zulauf des Dolls, und mit fo großer Bezeugung des Wohlwollens - empfangen wurde, als er empfangen ward bei feiner Ruͤck— kehr aus dem Eril, und jedermann grüßte ihn freiwillig Wohlthaͤter des Volks und Vater des Vaterlands. Ende des erften Theile. \ Nitolaus Makhiavelli . Florentiniſche Geſchichten. Aus dem Italieniſchen uͤberſezt von Wilhelm Neumann. Zweiter Theil, — — — — — bei Sohbann Friedrid Weiß 1809. PN 4% . % h mlsı N“ { N S \ fe! Sach. 03 Yan ga Sal a PR > Ra ya Zweiter Theil. pi p le Er k Meikens pflegen die Länder duch die Veränderungen, die fie erleiden, aus der Drönung in Unordnung zu verfallen, und dann wieder von neuem von der Unorönung zur Ord— nung überzugehben; denn da die Natur in den Dingen dies fer Welt Eeinen Stillftand zuläßt, jo muͤſſen fie, fobald fie ihre hoͤchſte Vollkommenheit erreicht haben, weil fie nicht mehr aufwärts fieigen koͤnnen, nothwendig herabſinken; und ebenfo, wenn fie hinunter geftiegen und durch Unord: nungen in den tiefften Verfall gerathen find, muͤſſen fie, da fie nicht weiter abwärts finfen koͤnnen, nothwendiger— weiſe binauffleigen; und jo immer finft man vom Guten zum Uebel, und fleige vom Lebel zum Guten. Denn die Tugend erzeugt Ruhe, die Ruhe Unthätigkeit, die Unthäs tigkeit Unordnung, und die Unordnung Zerjtörung; ebenfo auch) entfieht aus der Zerfidrung Ordnung, aus der Drd: nung Tugend, und aus diefer Ruhm und gutes Glüd, Daher haben die Verftändigen beobachtet, daß die Willen: fchaften den Waffen folgen, und daß in den Ländern und Städten früher Feldherren als Philofophen entftehen. Denn wenn die ftarfen und wohlgeführten Waffen Siege hervor; gebracht haben, und die Siege Ruhe, fo kann die Kraft der Eriegerifchen Geifter durch Feine ruͤhmlichere Muße auf gehoben werden, als durch die der Wiflenfchaften, noch 2 — 4 — kann die Unthaͤtigkeit durch eine ſtaͤrkere und gefaͤhrlichere Taͤuſchung in wohlgeordnete Staaten Eingang finden. Wohl wußte dies Cato, da Diogenes und Carneades, die Philo— ſophen, als Geſandte von Athen an den Senat nach Rom kamen; da er ſah, daß die Roͤmiſche Jugend mit Bewun— derung ihnen zu folgen begann, und weil er das Uebel er— kannte, das aus einer fo ruͤhmlichen Muße feinem Vater: lande erwachfen koͤnnte, fo brachte er es dahin, daß fein Philofoph in Rom durfte aufgenommen werden. Durch diefe Urfachen kommen die Länder zu ihrem Untergange; und wann fie dahin gefommen und die Menfchen durch Un— gemach weife geworden find, jo kehren fie, wie gejagt, zur Ordnung zuräd, wenn fie nicht etwa durch eine außeror- dentlihe Macht unterdrückt bleiben, Dieſe Urſachen mach: ten zuerft vermittelft der alten Toskaner, und hernach durch die Römer Sztalien bald glücklih, bald elend; und wenn gleich auf den Römischen Ruinen nachher Fein Gebäude wie: der errichtet worden ift, das Sstalien aus denjelben empor; gehoben hätte, welches unter einer vollfommenen Regierung hoͤchſt ruhmvollerweife hätte bewirkt werden Fönnen 5; fo lebte doch fo hohe Tugend auf in manchem der neuen Staa; ten und Reiche, die auf den Trümmern des Nömifchen ent: fanden, daß wenn gleich einer nicht über die andern herrſch— te, fie dennoch alle in dem Maaße miteinander einig und wohlgeordnet waren, daß fie Stalien von den Barbaren befreiten und vor ihnen vertheidigten. Unter diefen Reichen war das der Florentiner, wenn auch an Umfang, doch wicht an Anſehn noch an Macht geringer; jondern vielmehr durch ihre Lage in der Mitte Staliens, durch ihren Reich— thum und durch ihre DBereitfchaft zum Angriff, beftanden fie theils mit Glück den Krieg, der gegen fie begonnen ward, theils verjchafften fie dem den Sieg, auf deffen Seite fie fich ftellten, Wenn übrigens auch durch die Trefflichkeie — 5 — dieſer neuen Staaten nicht Zeiten entſtanden, die durch eis nen langen Frieden beglückt waren, fo waren fie doch aud) nicht gefahrvoll durch allzuzerftörende Kriege. Denn Frie— den kann man es zwar nicht nennen, ‚wenn oftmals die Staaten gegenfeitig mit gewaffneter Hand fih angreifen; aber auh Krieg kann man das nicht nennen, wenn bie Menfhen einander nicht umbringen, die Städte nicht zer; flört werden, die Staaten nicht untergehen, denn biefe Kriege verfanfen in fo große Schwäche, daß fie ohne Furcht begonnen, ohne Gefahr geführe, und ohne Schaden ge; endige wurden. So daß jene Tapferkeit, die in andern Ländern durch einen langen Frieden zu erlöfchen pflegt, in Sstalien durch die Armfeligkeit der Kriege verfchwand, wie man deutlich aus demjenigen erfennen wird, den wir von dem: Jahre 1434 bis 1494 befchreiben werden; wo man fehen wird, wie endlich den Barbaren von neuem der Weg eröfnet ward, und Stalien in ihrer Knechtſchaft fich beru: higte. Und wenn man die Thaten unferer Fürften im Felde und im Kabinette auch nicht, ıwie die der Alten, wegen ihrer Tugend und Größe mit Bewunderung lefen wird, fo mird man fie doch wegen ihrer andern Eigenfchaften mit nicht ge: ringerer Bewunderung betrachten, wenn man fehen wird, wie fo viele höchft edle Völker mit fo ſchwachen und fchlecht geführten Waffen in Zaum gehalten wurden. Wenn in der Befchreibung der auf diefe verkehrte Weife erfolgten Bege— benheiten weder von der Tapferkeit der Kriegsleute, noch von der Trefflichkeie der Heerführer die Nede fein wird, jo wird man doch fehen, durch welchen Trug, durch welche Lift und Kunftgriffe, die Fürften, die Krieger, die Häupter der Nepubliken fich in dem Anfehn zu erhalten wußten, das fie nicht verdient hatten; und diefes kennen zu lernen wird vielleicht nicht weniger nüzlich fein, als die Thaten der Alten; denn wenn edle Gemüther durch diefe zur Nach— Jahr 1455. 1454. — ahmung angefeuert werden, ſo werden ſie durch jene gereizt, dieſe Fehler zu meiden und zu verachten. Italien war durch diejenigen, die es beherrſchten, in ei— nen ſolchen Zuſtand verſezt, daß wenn durch Einigkeit der Machthaber ein Friede entſtanden war, er gleich darauf durch die, welche die Waffen in Händen hatten, wieder geftört ward; und fo erlangten fie durch den Krieg feinen Ruhm und durch den Frieden feine Ruhe. Als demnach im Jahr 1433 der Frieden zwiichen dem Herzoge von Mais land und den Verbündeten geichloffen war, fo wandten fich die Soldaten, die im Kriegsftande verbleiben wollten, gegen die Kirche. Es gab damals in Stalien zwei Kriegsheere, das des Braccio und das des Sforza. Won diefem war der Graf Franz, ein Sohn des Sforza, das Haupt, von jenen waren Nikolaus Piceinino und Nikolaus Fortebraccio die Häupter. An diefe Heere fchloffen ſich faft alle andere Krie— ger Staliens an. Das Heer des Sforza ward unter beiden am meiften gejchäzt, ſowohl wegen der Talente des Grafen, als duch das Verfprechen, welches ihm der Herzog von Mailand gegeben hatte, ihm feine natürliche Tochter Bianka zur Gemahlin zu geben, und die Hoffnung auf diefe Ber; mwandfchaft verfchaffte ibm fehr großes Anfehen. Diefe Kriegshaufen alfo griffen nach hergeftelltem Frieden. in der Lombardei aus verfchtedenen Urfachen den Pabſt Eugenius an. Nikolaus Fortebraccio ward dazu durch die alte Feind: fchaft bewogen, die Braccio immer gegen die Kirche gehegt hatte; den Grafen aber trieb der Ehrgeiz dazu; daher denn Nikolaus Rom angriff, und der Graf fich der Mark bes mächtigte. Die Roͤmer alfo, weil fie feinen Krieg wollten, verjagten Eugenius aus Nom, und diefer Fam, nachdem er mit Gefahr und Mühe entflohen war, nad Florenz. Da er num die Gefahr überlegte, in der er fchwebte, und fi von den Fürften verlaffen ſah, die um feinetwillen nicht wieder zu den Waffen greifen wollten, die fie ihrem eifrigs Jahr fien Wunfche nach niedergelegt hatten, fo verglich er fich ‚454, mit dem Grafen und geftand ihm die Herrfchaft über die Mark zu, obgleich der Sraf zu dem Unrecht, dieſelbe ein: genommen zu haben, auch noch eine Schmähung gefügt hatte: wenn er nehmlich den Drt bezeichnete, von wo aus er die Briefe an feine Gejchäftsträger ſchrieb, fo fezte er immer nach dem Sstalienischen Gebrauh in Lateinifcher Sprache darunter: Ex Girifalco nostro Firmiano invito Petro et Paulo. Auch war er mit der Abtretung des Lans des nicht zufrieden, Sondern wollte zum Gonfaloniere der Kirche ernannt fein; alles diefes ward ihm zugeflanden, fo viel mehr fürchtete Eugenius einen gefahrvollen Krieg, als einen ſchmachvollen Frieden, Da nun der Graf zum Freunde des Pabſtes geworden war, fo verfolgte er den Nikolaus Fortebraccio, und es erfolgten zwilchen ihnen auf dem Gebiet der Kirche mehrere Monate hindurch mancherlei Kämpfe, die alle mehr zum Schaden des Pabftes und feiz ner Unterthbanen, als der Eriegführenden Theile ausfielen, bis endlich dnrh DBermittelung des Herzogs von Mailand, vermöge eines MWaffenftillftands ein Vergleich zwiihen ihnen zu Stande kam, wodurch einer wie der andere in den Staus ten der Kirche Herr blieb. Diejer Krieg, der zu Nom beigelegt war, ward durch Baptiſta von Canneto in Nomagna mwiederangefacht. Diefer ermordete zu Bologna einige von der Familie der Grifoni, und verjagte den päbftlihen Stadthalter nebſt andern feiner Feinde aus der Stadt, Um nun diefe Stadt mit Gewalt fih zu erhalten, erbat er fi Hülfe von Philipp, und der Pabſt, um fich für die Beleidigung zu rächen, bat die Ve: nezianer und Florentiner um Beiſtand. Beide erhielten die geſuchten Hülfstruppen, und fo befanden fich plözlih in Romagna zwei große Heere, Philipps Heerführer war — 8 — Jahr Nikolaus Forteblaecio und die Venezianiſchen und Floren— 244. tiniſchen Truppen wurden von Gattamelata und Nikolaus von Tolentino gefuͤhrt. Nahe bei Imola kam es zum Tref— fen; die Venezianer und Florentiner wurden geſchlagen und Nikolaus von Tolentino dem Herzoge als Gefangener zu— geſandt; er ſtarb darauf in wenigen Tagen entweder durch Hinterliſt des Herzogs, oder aus Schmerz uͤber das erlittene Ungluͤck. Nach dieſem Siege verfolgte der Herzog, ent— weder durch die vorigen Kriege geſchwaͤcht, oder weil er glaubte, daß die Verbündeten nad) diefer Niederlage ruhig bleiben würden, fein Glück nicht weiter, und ließ dem Pabfte und den DBundsgenoffen Zeit, fih von neuem zu vereinigen. Diefe erwählten den Grafen Sforza zu ihrem Seldheren, und unternahmen, den Nikolaus Fortebracclo aus Romagna zu verjagen, und zu fehen, ob fie diefen Krieg durchführen Fünnten, den fie zu Gunſten des Pabftes bes sonnen hatten. Die Roͤmer, da fie den Pabft mächtig in feinen Lagern ſahen, fuchten fih mit ihm zu vergleichen, fandten zu ihm, und nahmen einen Bevollmächtigten von ihm an. Nikolaus Fortebraccio befaß unter andern Staͤd— ten auch Tiboli, Montefiasconi , Eitta di Caſtello und Ascefi. Sn leztere Stadt hatte fih Nikolaus, der fich im Felde nicht halten Eonnte, zurücgezogen, und der Graf bes lagerte ihn daſelbſt. Da fich nun die Belagerung im, die Länge zog, weil Nikolaus fich tapfer vertheidigte, fo hielt es der Herzog für nöthig, entweder die Verbündeten an diefem Siege zu hindern, oder fih, nachdem er ihnen ges lungen wäre, auf die VBertheidigung feines Eigenthumes gefaßt zu mahen. Um alfo den Grafen von der Belages rung abzuwenden, befahl er dem Nifolaus Piccinino, daß er auf dem Wege von Nomaana fih nach Toskana zöge; das ber denn die Verbündeten, die es für nöthiger hielten, Tos— fana zu vertheidigen, als Ascefi einzunehmen, dem Grafen — 9 — auftrugen, dem Nikolaus, der ſchon mit ſeinem Heer in Jahr Furli war, den Paß zu verwehren. Der Graf auf der ans 2434. dern Seite fezte fich mit feinen Truppen in Bewegung und fam nach Eefena, indem er feinem Bruder Leo die Sorge für die Mark und für feine eigne Staaten uͤberließ. Waͤh— rend nun Piceinino durchzufommen, und der Graf ihn dar— an zu hindern fuchte, griff Nikolaus Fortebraccio den Leo an, nahm ihn mit großem Ruhm gefangen und vernichtete feine Truppen, worauf er feinen Sieg verfolgend in demfel; ben Andrang viele Städte in der Mark einnahm. Diefer Borfall betrübte den Grafen fehr, indem ev alle feine Staa: ten für verloren hielt; er ließ alfo einen Theil feines Heers gegen Piceinino zurück, gieng mit dem andern auf Forte: braceio los, -befämpfte diefen und ſchlug ihn. In dieſer Niederlage ward Fortebraccio gefangen genommen und ev: biele eine Wunde, an der er ſtarb. Dieſer Steg gab dem Dabft alle die Städte zurück, die ihm Nikolaus Fortebraccio genommen hatte, und zwang den Herzog von Mailand, um Srieden zu bitten, der auch durch Vermittelung des Niko; laus von Efte, Herzogs von Ferrara, gefchloffen ward. Diefem Frieden zufolge wurden alle von dem Herzoge im Romagna eingenommenen Städte der Kirche zurückgegeben, und die Truppen des Herzogs kehrten nach der Lombardei zurück; Baptiſta von Canneto aber hatte das Schickſal aller derer, die fih nur durch die Macht und Tapferkeit Anderer in der Regierung erhalten, denn fobald des Herzogs Trup— pen Romagna verlaffen hatten, entfloh er, unfähig durch eisne Tapferkeit und Mache fih zu erhalten, aus Bologna, und Meffer Anton Bentivogli, das Haupt der Gegenparthei, kehrte dahin zuruͤck. Alle dieſe Dinge erfolgten waͤhrend der Verbannung des Kosmus, und nach ſeiner Zuruͤckkunft dachten diejeni— gen, die ihn wieder eingeſezt hatten, und die vielen an— Jahr dern beleidigten Bürger darauf, ohne alle Ruͤckſicht ſich 4 4. ſelbſt die Erhaltung der Regierung zu ſichern. Die Signo— ria alſo, die im November und December in die Aemter eintrat, nicht zufrieden mit dem was ihre Vorgaͤnger zum Vortheil ihrer Parthei gethan hatten, verlaͤngerte und ver— aͤnderte vielen Perſonen ihre Verweiſung, und verwies noch viele andere von neuem. Vielen Buͤrgern ſchadete hierbei nicht ſo ſehr die Feindſchaft dieſer Parthei, als ihre Reich— thuͤmer, ihre Verwandſchaften, und ihre perſoͤnlichen Ver— bindungen. Fa, wenn dieſe Achtserklaͤrung auch mit Blut-⸗ vergießen begleitet geweſen waͤre, fo würde fie mit des nen des Dftavianus oder Silla Aehnlichkeit gehabt haben; obgleich) fie aud) zum Theile wenigftens, mit Blut fi färbte, denn Anton Guadagni des Bernhard Sohn ward enthauptet, und vier andere Bürger, unter denen ſich Zano— bius Belfratelli und Kosmus Barbadori befanden, wurden da fie ihren Bann überfchritten hatten und fih zu Venedig befanden, von den Venezianern, die des Kosmus Freund: fchafe höher achteten, als ihre eigne Ehre, ins Gefaͤngniß geworfen, woſelbſt fie fchändlich ermordet wurden, dieſer Borfall fezte die Parthei in großes Anfehen und ihre Feinde in das größte Schreden, angeſehen dag eine fo mächtige Republik ihre Freiheit den Florentinern verkaufte, welches fie, wie man glaubte, gethan hatte, nicht fowohl dem Kos: mus zu gefallen, als um die Partbeien in Florenz noch mehr zu entflammen, oder um vermittelft des Blutes die Trennung unferer Stadt noch gefährlicher zu machen, weil die Venezianer Eeinen größern Gegner, als die Einigkeit von Florenz zu haben glaubten. Da nun die Stadt derer entledigt war, die der Regie— rung feindlic oder verdähtig waren, wandten fie fih zu Wohlthaten gegen Andere, um ihre Parthei zu verftärken: alle Große, fehr wenige ausgenommen, fezten fie zurüc in den Bürgerftand; die DBefizungen der Rebellen veräußerten Jahr fie unter fi zu geringen Preifen. Außerdem ftärften fie 84- fih) durch neue Gefeze und Anordnungen, und veranftalteten neue Amtsmwahlen, indem fie die Namen ihrer Feinde aus den Wahlbeuteln herausnahmen und diefe mit denen ihrer Freunde anfüllten, Und gewarnt durch den Untergang ihrer Gegner urtheilten fie, daß diefe auserlefenen Amtswahlen noch nicht hinreichten, ihre Parthei zu befeftigen, und fannen daher aus, daß diejenigen Magiftratsperfonen, die über das Leben Macht haben, immer aus den Häuptern ihrer Pars thei beftehen müßten, und verordneten alfo, daß die Auf— jeher, die bei dem Gefchäfte, die Namen zu neuen Amts— mwahlen in die Wahibeutel zu thun, den DBorfiz führten, vereint mit der alten Signoria das Necht haben follten, die neue zu wählen. Den acht Befehlshabern der Bürgermiliz gaben fie das Hecht über Leben und Tod; auch fezten fie feft, daß die Vermwiefenen, auch nach Berlauf ihrer Verban: nungszeit, nicht zuräckehren durften, wenn nicht von dem Signoren und Kollegen, deren Anzahl 37 ift, 34 zu ihrer Wiedereinfezung einftiimmten, Den Berwiefenen zu fehreiz ben oder von ihnen Briefe zu empfangen verboten fie; und jedes Wort, jedes Zeichen, jeder Gebrauch, der den Itegies renden auf irgend eine Weife mißfiel, ward aufs härtefte beftraft. Wenn irgend ein Verdächtiger in Florenz zurück blied, der von diefen Angriffen nicht getroffen worden wäre, fo ward er von den Auflagen, die fie von neuem ausfchries ben, bedrüct; und fo verficherten fie fich durch Verjagung und VBerarmung der feindlichen Parthei in kurzer Zeit der Megierung. Um aber auch auswärtiger Huͤlfe nicht zu er: mangeln, und fie denen zu entziehen, die zur Abdficht Haben möchten, fie anzugreifen, verbanden fie ſich mit dem Pabft, den Venezianern und dem Herzog von Mailand zur gegens feitigen Vertheidigung ihrer Regierungen. Jahr Da die Sachen in Florenz nun auf dieſem Punkte 1485. fanden, ftarb die Königin Johanna von Neapel und hinter: lieg durch ein Teftament Rainer von Anjou als Erben ihres Reichs. Es befand fih damals Alphons König von Aragon in Sizilien, der fich vermöge der Freundfchaft, die er mit vielen Baronen hatte, jenes Königreicd in Beſiz zu nehmen anſchickte. Die Neapolitaner und viele Baronen begünftig: ten Rainer; der Dabft von der andern Seite wollte, daß weder Rainer noch Alphons es befäße, fondern wuͤnſchte, daß es durch einen von ihm beftellten Stadthalter verwaltet würde. Alphons fam alfo im Königreih an, und ward von dem Herzog von Seſſa aufgenommen; er nahm darauf einige Fürften in Sold, in der Abfihe (da er Kapua befaß, welches der Prinz von Tarent in Alpbons Namen ber herrſchte) die Deapolitsner zu feinem Willen zu zwingen, und fandte feine Flotte zum Angriff von Gaeta, welches von den Mespolitanern vertheidigt ward. Die Neapolitaner baten deshalb Philipp um Hülfe. Diefer überredete die Senuefer, fich der Unternehmung zu unterziehen, welche auch, nicht allein um dem Herzoge, ihrem Herrn, Genüge zu leiften, fondern auch, um ihre Waaren zu vetten, die fie in Neapel und Gaeta hatten, eine mächtige Flotte ausräfter ten. Alphons von der andern Seite, da er dies hörte vers größerte die feinige, und gieng in Perſon den Genuefern entgegen; da es nun bei der Inſel Ponzio zur Schlacht fam, wurde die Aragonefifche Flotte gefchlagen, und Alphons nebft mehreren Fürften gefangen genommen und von den Genueſern Philipps Händen überliefert. Diefer Sieg beftürzte alle die Mächte, die in Stalien Philipps Macht zu fürchten hatten, indem fie urtheilten, daß er die befte Gelegenheit habe, fich des Ganzen zu bes meiftern, Er aber (fo ſehr find die Meinungen der Mens fchen verfchieden) ſchlug einen Weg ein, der diefer Meinung ganz entgegen war. Alphons mar ein Eluger Mann und Jahr fobald als ‚er mit Philipp fprechen Eonnte, bewies er ihm, 1435. wie fehr er fih irre, indem er Rainer begünftige, und ihm widerftrebe; denn Rainer, ſobald er König von Neapel würde, babe alle feine Kräfte anzuwenden, um Mailand dem Könige von Frankreih zu verfchaffen, damit ev die Hülfstruppen nahe habe und nicht erſt nachzufuchen bramz - che, daß feinen Hülfsvölfern der Weg eröffnet werde, wenn er in Moth fei. Diefes Vortheils koͤnne er fih auf eine andere Weiſe verfichern, als durch des Herzogs Uns tergang, indem er feinen Staat an Frankreich bringe. Das Gegentheil aber würde erfolgen, wenn er König von Nea— pel würde: denn da er feinen andern Feind zu flirchten habe, als die Franzofen, fo würde er genöthigt fein, den: jenigen zu lieben und dem zu ſchmeicheln, ja was nod) mehr ift, dem zu gehorchen, der feinen Feinden den Weg öffnen könne. Deshalb werde der Titel eines Königs von Neapel bei Alphons, Anſehn und Macht aber bei Philipp fein. Daher kaͤme es dem Herzoge viel mehr als ihm felbft zu, die Gefahren. der einen Maafregel und die Nuͤz— lichEeit der andern zu überlegen, wenn er nicht etwa lieber irgend einem Gelüfte folgen, als feinen Staat ſich ſichern wolle; denn in dem einen Falle werde er Herrſcher ſein und frei, in dem andern aber, in der Mitte liegend zwi— fhen zwei fehr mächtigen Fürften, werde er entweder feis ven Staat verlieren, oder in fteter Furde leben, und jenen als ein Knecht gehorchen muͤſſen. Dieje Worte ver: mochten foviel über des Herzogs Gemuͤth, daß er feinen Entſchluß aͤndernd Alphone befreite, und ehrenvoll nach Genua und von da in das Königreich zuruͤckſandte. Er be gab ſich darauf nach Gaeta, welches, fobald feine Befreis ung fund ward, von einigen Herren, feinen Anhängern, war in Beſiz genommen worden. — 14 — Jahr Die Genueſer, da ſie ſahen, daß der Herzog ohne auf 1455 fie Nücficht zu nehmen, den König befreit hatte, daß jener von ihren Gefahren und Koften die Ehre davon trug, und daß Ihm der Danf der Befreiung, ihnen dagegen der Haß für die Gefangennehmung und Niederlage bleibe, fo entrüs fteten fie fich jeher gegen ihn, In der Stadt Genua, wenn fie ihrer Freiheit genieße, erwählt man durch freie Stim— menfammlung ein Oberhaupt, das fie Doge nennen, nicht, weil er unbefchränfter Herrfcher ift, noch weil fein Rath— fchluß allein gilt, fondern weil er als Haupt dasjenige vor fchlänt, worüber die Magiftratsperfonen und Näthe berath: fchlagen follen. In diefer Stadt ſind viele edle Familien, die fo mächtig find, daß fie nur muͤhſam der Herrfchaft der Magifträte gehorchen. Bor allen find die Familien Fregofa und Adorna fehr mächtig. Von diefen gehen die Uneinigfei- ten diefer Stadt aus, und die Verderbniß der bürgerlichen Einrichtungen; denn weil fie mit einander nicht auf gefezliche Weiſe, fondern meiftens mit gewaffneter Hand um jene hoͤchſte Würde kaͤmpfen, fo erfolgt daraus, daß immer ein Theil unterdruͤckt ift, und der andre herrſcht. Zumeilen gez fchieht es auch, daß diejenigen, die ihrer Würde beraube worden find, zu fremden Waffen ihre Zufluht nehmen, und das Vaterland, das fie felbft nicht vegieren koͤnnen, der Herrfchaft eines Fremden unterwerfen, Daraus entffand es, und entfteht noch, daß diejenigen, die in der Lombardei vegieren, meiftens auch über Genua befehlen, fo wie es da: mals, als Alphons von Aragon gefangen ward, der Fall war. Unter den erſten Genuefern, die die Unterwerfung diefer Stadt an Philipp veranlaft hatten, war Franz Spis nola, der bald nachdem er feine Vaterſtadt in die Sflaverei geftürzt hatte, wie es in folhen Fällen immer zu gehen pflegt, dem Herzoge verdächtig ward. Voll Verdruß hatte er ſich daher gleichfam ein freimwilliges Eril zu Gaeta erkoh— — 15 — ven, woſelbſt er ſich befand, als die Seeſchlacht mit Al⸗Jahr phons erfolgte. Da er fih nun zur Befsrderung diefer Un '#5- ternehmung männlich gehalten hatte, jo glaubte er fich das durch von neuem foviel Verdienft um den Herzog erworben zu haben, daß er wenigftens zur Belohnung feiner Dienfte fiher in Genua würde leben koͤnnen. Da er aber fah, daß der Herzog in feinem Argwohn beharrte, weil derfelbe nicht Hlauben Eonnte, daß derjenige, der feines eignen Vaterlan— des Freiheit nicht geliebt habe, ihn lieben werde; fo befchloß er, das Gluͤck von neuem zu verfuchen, und mit einem Streidh dem Vaterlande die Freiheit und fich felbft Ruhm und Sicherheit wieder zu geben, in der Meinung, daß bei feinen Mitbürgern ihm fein anderes Mittel übrig fei, als das, eine Ihat zu vollbringen, vermöge welcher diefelbe Hand, die die Wunde verfezt habe, ihr auch Balfam und Heilung braͤchte. Da er nun den allgemeinen Unmwillen fah, der durch die Befreiung des Königs gegen den Herzog ent fianden war, fo hielt er dafür, daß die Zeit nun gekom— men fei, feine Abfichten durchzuführen, und theilte diejen feinen Plan einigen mit, von denen er wußte, daß fie glei: her Meinung waren, und überredete und beftimmte fie ihm zu folgen. Der Fefttag St. Johannes des Täufers war gefom: men, an welchem Arismino, der neue von dem Herzog ge: fandte Stadthalter in Genua einzog; uud da er bereits her: eingefomen war, begleitet von Dpieino, dem alten Stadt: halter, und von vielen Genuefern, fo glaubte Franz Spi— nola nicht länger zögern zu dürfen; er gieng daher mit de: sen, die an feinem Plane TIheilnehmer waren, bewaffnet aus feinem Haufe, und als er auf dem Plage war, der vor demfelben ift, rief er den Namen der Freiheit aus. Es war bewundernswürdig zu fehen, wie diefes Volk und diefe Dürger bei diefem Worte zufammenftrömten, fo daß von — 16 — Jahr denen, die um ihres Nuzens willen, oder aus irgend einer 2955 andern Urfah den Herzog liebten, nicht nur Feine Zeit hatte, die Waffen zu ergreifen, fondern fie kaum im Stande waren, ihre Flucht zu bewerkftelligen. Arismino flüchtete fich mit einigen bei ihm befindlichen Genuefern in die Feftung, die in des Herzogs Namen bejezt gehalten wurde, Opieino aber, in der Meinung, er würde, wenn er in den Pallaft fih flüchtete, wofelbft zwei Tauſend Bewaffnete zu feinem Defehl fanden, entweder fich retten oder feinen Freunden zur BVertheidigung Muth einflößen können, wandte ſich auf diefen Weg, allein noch ehe er auf dem Play anfam, ward er getödtet und in viele Stüde zerriffen durcy ganz Genua gefihleppt. Nachdem nun die Senuefer ihre freie VBerfaffung wieder eingeführt hatten, nahmen fie in wenigen Tagen das Kaftell und die andern feften Drte, die der Herzog inne hatte, im Beſiz, und befreiten fich gänzlich von dem Joch des Herzog Philipp. Diefer Gang der Begebenheiten, fo wie er anfangs die Mächte Italiens erfchreckt hatte, indem fie fürchteten, daB der Herzog zu mächtig werden möchte, gab ihnen jezo, da fie faben, welches Ende er nahm, wieder Hoffnung, den Herzog in Zaum halten zu koͤnnen, und troz dem von neuem eingegangenen Bündniffe, vereinigten fich die Florentiner und Venezianer mit den Senuefern. Da nun alfo Meſſer Rinaldo degli Albizzi und die andern Häupter der. vertrie: benen SFlorentiner die Verhältniffe fih verwirren und die Welt eine andere Seftalt annehmen ſahen, fo faßter fie Hoffnung den Herzog zu einem offenbaren Kriege gegen Florenz bewegen zu koͤnnen. Sie gingen aljo nach Mailand, und Meffer Ninaldo fprad folgendermaßen zum Herzoge: Wenn wir, einft deine Feinde, jezt mit Vertrauen zu dir kommen, um uns deine Hälfe zu unferer Nückehr ins Bas, terland zu erbitten, fo davfft weder du, noch irgend ein ats — ii — derer, der den Lauf derimenfchlihen Dinge, und foie dag Jahr Gluͤck fo wandelbar iſt erwägt) darüber ſich verwundern 46. obſchon wir auch fuͤr unſere vergangenen und gegenwaͤrtigen Handlungen, ſowohl bei dir fuͤr die, welche wir vormals vollbracht, als bei unſerm Vaterlande für die, welche wir jezt vollbringen, unverwerflihe und billige Entfchuldigungen anführen Finnen. Kein guter Menfch wird jemals einen tadeln, daß er fein Vaterland" zu vertheidigen ſucht, " auf welche Weife er es auch vercheidigen möge. Auch war es niemals unfere Abſicht, dich zu beleidigen, fondern vielmehr unfer Vaterland vor Beleidigungen zu fchüzen; - ja- du ſelbſt kannſt bezeugen, daß im Laufe der größten Siege unferes Bundes, wenn- wir dich als zu einem wahrhaften Frieden geneigt erkannten, wir Begieriger danach waren, "als du ſelbſt; wir find daher völlig überzeugt, niemals etwas ge: than zu haben, was uns fünnte zweifeln machen, daß wir jede Gefälligkeit von dir erwarten Eönnen, Eben ſo wenig aber kann ſich auch unfer Vaterland beklagen, wenn wir dich jezt überreden, die nehmlichen Waffen gegen daſſelbe wieder zu ergreifen, gegen welche wir es mit fo großer Der havrlichkeie vercheidige haben 5; denn nur ein ſolches Vater: fand verdient von allen feinen "Bürgern geliebt zu werden, welches alle feine Bürger in gleichem Grade liebt, nicht aber ein folches, das, mit Hintanfezung aller übrigen, einige wenige Bürger vergöttert. Auch verdamme nur keiner die Waffen, die gegen das Vaterland geführt werden, auf welche Meife es auch fein mag; denn die Staaten, obfchon fie zu: fammengefezte Körper find, haben doch mit den einfachen Körpern Aehnlichkeit, und fo wie in diefen vielmals Krank; heiten entftehen, die ohne Eifen und Feuer nicht geheilt werden koͤnnen, fo entftehen auch in jenen häufig fo große Mipverhältuiffe, daß ei frommer und guter Bürger, wenn gleich er notwendig das Eifen zur Heilung anwenden müßte, Iweiter Theil, B Jahr dennoch eine größere Sünde begeben würde, fie ungeheilt 2456. u faffen, als fie zw heilen. Welche Krankheit kann nun wohl dem Körper einer Republic gefährlicher fein, als die Knechtſchaft? Welches Heilmittel iſt es nöthiger anzuwen— den, als das, welches: von diefer Krankheit ihn heilt? Nur diejenigen. Kriege find gerecht, die nöthig find; nur dann fönnen Waffen fromm genannt, werden, wenn es außer ihnen Fein Huͤlfsmittel mehr giebt. Sch weiß nicht welche Nothwendigkeit ftärfer ift, als die, die uns gebietet, oder welche Frömmigkeit höher ift, als die, die das Vaterland aus der Sklaverei reißt. Es ift demnach gewiß, daß unfere Sache fromm ift und gerecht, - und fo muß fie fid) zeigen, fowohl vor deinen als; vor unjern Augen. Auch der Ans theil den du daran nimmſt, iſt nicht von Gerechtigkeit ent- bloͤßt; denn die Florentiner haben fih nicht gefhämt, nad) einem mit fo großer Feierlichfeit gefchloffenen Frieden, fich mit den Senuefern, die fich gegen dich empörten, zu ver binden. Wenn - alfo unfere -Sache dic) nicht beiwegen kann, fo bewege dich der Unwille, und fo viel mehr noch, je leich— ter fich die Unternehmung für dich zeigt. Denn die vergan: genen Beifpiele dürfen dich nicht abſchrecken, wo du bie Macht diefes Volks und feine Beharrlichfeit in der Ver— theidigung gefehen haft; freilich follten diefe beiden Dinge . dir billig auch jeze noch furchtbar fein, wenn fie noch in derfelben Kraft als damals wären; allein jezt wirft du ganz das Gegentheil gewahr werden, denn welche Macht: willft du, daß eine Stadt befizen foll, die noch neuerlich den größten Theil ihrer Reichthuͤmer und ihres Kunftfleißes von ſich ausgeftoßen hat? Welche Beharrlichfeit willt du, daß ein Volk zeigen foll, das durch fo vielfache, fo neue Feind: fchaften entzweit it? Diefe Zwietracht ift die Urſache, daß auch felbft diejenigen Reichthuͤmer, die dort zurickgeblieben find, nicht auf folche Weife wie damals Finnen aufgewandt werden; denn die Menfchen wenden gern ihr Erbthell dar: Fahr an, wenn fie fehen, daß es zu ihrer eignen Ehre, zu ihrem 46. eignen Ruhm und Wohlftande verwandt wird, hoffend, im Frieden die Güter wieder zu erwerben, die der Krieg ihnen entreißt; nicht aber dan, wenn fie im Kriege wie im Fries den ſich unterdrückt fehn, gezwungen in jenem die Angriffe des Feindes, in diefem die Ungerechtigkeie ihrer Beherrfcher zu ertragen, MWeie fchädlicher aber ift den Völkern der Geiz ihrer eignen Bürger, als die Raubſucht ihrer Feinde; denn von diefer hat man immer einige Hoffnung das Ende zu fehen, von jenem aber niemals. In den verfloffenen SKrie- gen alfo führteft du die Waffen gegen eine ganze Stadt, jezt aber führft du fie nur gegen einen fehr Eleinen Theil diefer Stadt; du kamſt, um vielen und guten Bürgern die Regierung zu nehmen, jezt Fommft du, um fie wenigen und fehlechten zu entziebn; du Famft, um einer Stadt ihre Freis heit zu entreißen, jezt Fommft du, fie ihr wieder zu geben, Es ift daher nicht der Vernunft gemäß, daß bei einer fol; chen Verſchiedenheit der Urſachen gleiche Wirkungen erfolgen follten, vielmehr ift ein ficherer Sieg davon zu hoffen. Wie fehr fih nun durch diefen die Macht deines Staates vers mehren werde, kannſt du leicht urtheilen, denn durch ihn wird Toskana dir befreundet und durch einen fo großen Dienft dir verpflichtet werden, dies Rand, das dir bei deis nen Unternehmungen nüzlicher fein wird, als Mailand; und wenn dir zu einer andern Zeit die Erwerbung deffelben als Ehrfuht und Gewaltthat wäre ausgelegt worden, fo wird fie jezt für gerecht und heilig geachtet werden. Laß alfo nicht diefe Gelegenheit vorübergehn, und bedenfe, daß wenn deine anderen Unternehmungen gegen diefe Stadt bei ihrer großen Schwierigkeit die Koften und Schimpf gebracht ha: ben, diefe mit Leichtigkeit dir den größten Nuzen und den ehrenvollften Ruf erwerben werde, B 2 — 20 — zehr Es waren nicht viele Worte noͤthig, um den Hewi zum 1436. Kriege gegen die Floventiner zu überreden, denn er ward fhon dazu angetrieben durch einen angeerbten Haß und eis nen blinden Ehrgeiz, die ihm dies befahlen; um jo mehr, da die neuen Beleidigungen der Florentiner, die er in ihrem Vertrage mit den Genuefern ſah, ihn noch anreizten; ob— gleich ſeine vorher aufgewandten Koſten, die Gefahren, de— nen er ſich ausgeſezt hatte, ſo wie das Andenken an ſeinen noch ganz neuen Verluſt, und die eitlen Hoffnungen der Verbannten ihn ſchreckten. Der Herzog hatte, ſobald er die Empoͤrung von Genua vernommen hatte, Nikolaus Piccinino mit allen feinen Truppen und foviel Fußvolk, ale er im Lande zufammentreiben Fonnte, gegen diefe Stadt ger ſchickt, um fih die möglihfte Mühe zu geben, fie wieder zu gewinnen, ehe die Bürger ihre Gemüther befeftigt, und die neue Regierung eingerichtet hätten; wobei er fich fehr auf das Kaftell verließ, das innerhalb Genua durch feine Anz bänger befezt war. Obgleich nun Nikolaus die Genuefer von den Bergen hinunter jagte, ihnen das Ihal von Poze veri nahm, woſelbſt fie fich befeftigt hatten, und fie in den Mauern ihrer Stadt einfperrte, fo fand er dennoch durch den beharrlichen Muth, womit die Bürger fich vertheidig- ten, fo große Hinderniffe, weiter vor zu dringen, daß er gezwungen ward, wieder von dort abzuziehen. Der Herzog alfo, durch die vertriebenen Slorentiner überredet, be: Tabl ihm den Fluß Levante anzugreifen, und nahe an den Piſaniſchen Gränzen den Krieg in dem Gebiet der Genuefer fo mächtig zu führen, als er Eönnte, indem er glaubte, daß diefe Unternehmung Ihm von Zeit zu Zeit die Maaßregeln zeigen werde, die er würde nehmen müffen. Nikolaus griff alfo Serezana an und nahm es. Darauf richtete er immer mehr Verwuͤſtungen an, um die Florentiner in Schrecken zu ſezen, und kam ſo nach Lukka, indem er aus— N — 21 = ſprengte, er gienge durch nach dem Königreih um dem Koͤ-Jahr nige von Aragon beizuftehen. Auf diefe neuen Begebenhei: "I: ten reifte Pabft Eugenius von Florenz ab und ging nad) Bologna, woſelbſt er neue Vergleichsvorfchläge zwiſchen dem Herzoge und den Verbündeten unterhandelte, indem er dem Herzoge zeigte, daß wenn er nicht in den Vergleich ein: willige, fo würde er gensthige fein, den Verbündeten den Srafen Franz abzutreten, der damals als fein Mitverbinder ter in feinem Solde Kriegsdienfte that. Dbgleich der Pabft fih nun hierin die größte Mühe gab, fo waren dennoch alle feine Bemühungen umfonft; denn der Herzog wollte fih ohne Genua niche vergleihen, und die Verbündeten wollten, "daß Genua frei bleibe, daher denn beide Theile, an dem Frieden verzweifelnd, fih zum Kriege väfteten. Da alſo Nikolaus Piceinino nach Lukka gefommen war, fo argwohnten die Slorentiner neue Bewegungen und ließen Neri di Gino mit ihren Reutern in das Pifanifche Land ziehen, auch erlangten fie von dem Pabfte, daß der Graf Franz fih mit ihm vereinigte, worauf fie mit ihrem Heere zu St. Gonda halt machten. Piceinino, der zu Luffa war, verlangte freien Durchmarfh, um nach dem Königreich zu - gehen, und da er ihm abgefchlagen ward, fo drohte er, ihn mit Gewalt zu nehmen. Beide Heere waren fowohl an Macht, als an Heerführern gleich; da alfo Feiner von ihnen das Gluͤeck verfuchen wollte, da fie noch von ver Falten Sahrszeit zurückgehalten wurden, denn es war im Dezem: ber, fo weilten fie mehrere Tage, ohne fich anzugreifen. Der erfte von ihnen, der fich im Bewegung fezte, mar Nikolaus Piceinino, dem gezeigt ward, daß wenn er Vico Pifano des Nachts angriffe, er es leicht würde wegnehmen koͤnnen. Nikolaus verfuchte die Internehmung, und da es ihm nicht gelang Vico zu nehmen, fo verheerte er das um; liegende Land und beraubte und yerbrannte den Flecken St. — 22 — Jahr Giovanni alla Vena. Dieſe Unternehmung, obſchon ſie dem 2456. groͤßten Theile nach mißlang, gab dennoch Nikolaus den. Muth, noch weiter vorzudringen, vorzüglich weil er gefehen hatte, daß der Graf und Neri fich nicht bewegt hatten; da; ber er denn auh Santa Maria in Caftello und Filetto ans griff und überwand. Auch hierdurch) liegen fih die Florenz tinifchen Truppen noch nicht aus der Ruhe bringen, nicht weil der Graf Furcht gehabt hätte, fondern weil die Regie: rung zu Florenz den Krieg noch nicht bejchloffen hatte, aus Ehrfurcht vor dem Pabft, der den Frieden unterhandelte, Das was die Florentiner aus Klugheit thaten, gejchah, nach der Meinung der Feinde, aus Furcht, und dies gab diefen den Muth zu neuen Unternehmungen; fo daß fie den Ent fhlug fasten Barga zu erobern, und ſich mit ihrer ganzen Macht davor zeigten. Diefer neue Angriff machte, daß bie Slorentiner, alle Nücfichten bei Seite fezend, nicht. blos Darga zu. Hülfe zu eilen, fondern auch das Gebiet von Lukka anzugreifen befchloffen, Der Graf ging alfo Niko: laus entgegen, griff ihn unter den Mauern von Barga an, befiegte ihn, und zwang ihn, faft ganz zu Grunde gerichtet, 1457. diefe Belagerung aufzuheben. Die Venezianer indeflen, des nen es fehien, als habe der Herzog den Frieden gebrochen, fandten Johann Franz von Gonzaga, ihren Feldherrn, nad) Ghiaradadda, und diefer zwang den Herzog, indem er fein Land Außerft befchädigte, den Nikolaus Piceinino aus Toss fang zurückzurufen. Diefe Zuräcdberufung, vereint mit dem Giege über Nikolaus, ermuthigte die Florentiner zu der Unternehmung gegen Luffa, und ließ fie deſſen Eroberung hoffen; auch hatten fie dabei weder Furcht, noch irgend eine Ruͤckſicht, da fie fahen, daß der Herzog, den fie allein zu fürchten hatten, von den Venezianern befämpft ward, und dag die Luffefer, weil fie ihre Feinde bei fih aufgenommen und ihnen fie anzugreifen erlaubt hatten, fih auf feine Meife befshweren durften. Alſo im Monat April 1437 fezte der Graf das Heer Jahr in Bewegung, und da die Florentiner, bevor fie andere an: 1437. griffen, erft das ihrige wieder erobern wollten, fo nahmen fie Santa Maria in’ Caftello, und alle andere von Picci— nino mweggenommenen Pläze wieder, Hierauf wandten fie fih gegen das Gebiet von Luffa und griffen Camajore an, deffen Bewohner, obfhon ihren Herren treu, dennoc, mehr der Furcht vor dem naheftehenden Feinde, als der Treue ge gen den entfernten Freund nachgebend, fich ergaben, Maſſa und Serezana wurden auf gleiche Weife genommen. Mit dem Ende des Mai waren diefe Thaten vollbracht, worauf das Lager nach Luffa zu verlegt ward, und die Florentiner alle Saaten und alles Korn verdarben, die Städte ver; brannten, Weinſtoͤcke und Bäume ausrotteten, das Vieh raubten, und auch nicht ein Unheil ungefchehen ließen, das man feinem Feinde anzuthun pflegt und anthun kann. Die Luffefer von der andern Seite, die fih von dem Herzoge verlaffen fahen, und nicht hoffen durften, ihr Land vers theidigen zu Eönnen, hatten diefes aufgegeben, und befeftig: ten mit Bollwerken und allen andern anwendbaren Huͤlfs— mitteln ihre Stadt, denn diefe, die voll war von Vertheidi— gern, zweifelten fie nicht, eine Zeit lang vertheidigen zu fönnen, und fie gründeten diefe Hoffnung auf das Beifpiel der vorigen Angriffe, welche die Florentiner gegen fie unters nommen hatten. Nur von dem wanfelmäthigen Sinn der Menge fürchteren fie, daß fie, der Delagerung überdrüffig, vielleicht mehr Nückfiht auf ihre-eigenen Gefahren, als auf die Freiheit anderer nehmen , und fie zu irgend einem ihimpflihen und nachtheiligen Vertrage zwingen möchte, Um fie alfo zur Verteidigung anzufeuern, verfaminelten fie fie auf dem Play und einer von den älteften und rn ſprach zu ihnen im folgendem Sinne. She werdet immer gehört haben, daß man von denjent: Jahr gen Dingen, die man aus Nothiwendigkeit thun muß, Lob "157° per Tadel einerndten. weder foll noch kann. Wenn ihr uns ‚alfo bejchuldigen wolltet, in-dev Meinung, daß wir diefen Krieg, den jezt die Florentiner.gegen euch führen, herbei— geführe hätten, indem wir die Truppen des Herzogs bei uns aufgenommen, und ihnen jene anzugreifen erlaubt hät; ten, So würdet ihr euch gröblich betrügen. Es ift euch die alte Feindfchaft des Florentinifchen Volkes gegen euch bes fannt, von der weder eure Beleidigungen noch ihre, Furcht die. Urſach iſt, fondern vielmehr eure Schwäche und ihr Ehrgeiz; denn jene ‚giebt ihnen die Hoffnung, eucd unter: drücen zu können, und diefe treibt fie an, es zu verfuchen. Glaubet auch nur nicht, daß irgend ein Verdienft von eurer Seite fie von diefem Wunſche abwenden, oder irgend eine Beleidigung von euch fie noch mehr anfeuern Fönnte, euch zu beleidigen. Ihr Gedanke muß aljo fein, euch die Frei: heit zu rauben, der eurige fie zu vertheidigen; und über das was fie und, wir zu diefem Zwecke thun, Fann jeder fich be; £lagen, feiner fih wundern. Wir beklagen uns alfo, daß fie uns ‚angreifen, daß fie unfere Städte erobern, unfere Häufer verbrennen, unfer Land verwüften. Aber wer von uns ift fo thöricht, daß er fich darüber wundere? Denn wenn wir könnten, fo würden wir ihnen daffelbe anthun, oder noch fchlimmeres. Und haben fie diefen Krieg begon: nen wegen der Ankunft des Nikolaus, ſo würden fie ihn, auch wenn. er nicht gefommen wäre, um einer andern Ur— ſach willen begonnen haben; und wenn diefes Ungluͤck auf: geſchoben worden wäre, ſo würde, es vielleicht noch größer geworden. fein. So darf man alfo Piceinino’s Ankunft nicht anklagen, fondern vielmehr ‚euer boͤſes Geſchick, und ihre ehrfüchtige Natur; obſchon wir auch dem Herzoge die Aufnahme feiner Truppen nicht verweigern, und da fie eins mal gekommen waren, fie auch nicht abhalten konnten, den Krieg zu führen. Ihr wißt, daß wir) ohne die Unterſtuͤzung Jahr eines Mächtigen uns nicht erhalten Ennen, und es giebt?457 feine Macht, die mit größerer Treue und größerer Kraft uns vertheidigen Eönnte, als der Herzog. Er hat uns un fere Freiheit wieder gegeben, es ift billig, daß er fie uns erhalte; er ift von je an der größte Feind unferer fteten Gegner gewefen. Wenn wir alfo, um die Florentiner nicht zu beleidigen, den Herzog aufgebracht hätten, jo würden wir den Freund verloren, und den Feind mächtiger und zum Angriff gegen uns gefchieter gemacht haben. So ift es alfo viel beffer, mit der Freundfchaft des Herzogs diefen Krieg, als mit feinem Haffe den Frieden zu haben; und wir müffen hoffen, daß er uns aus diefen Gefahren retten werde, in die er ung verfezt hat, wenn wir nur uns felbft nicht auf: geben. Ihr wißt mit welcher Wuth die Florentiner uns angegriffen und mit welchem Nuhme wir uns gegen fie vers theidigt haben. Vielmals hatten wir Feine Hoffnung mehr übrig, als auf Gott, und auf die Zeit, und beide haben unfere Rettung bewirft. Wenn wir alfo damals uns ver theidigten, welche Urſach koͤnnte uns hindern, es auch jezo zu tbun? Damals hatte uns ganz Stalien ihnen zur Beute gelaffen, jezt haben wir den Herzog für uns, und dürfen hoffen, daß die Venezianer nicht eilen werden uns anzugrei— fen, da es ihnen mißfällt, wenn die Macht der Florentiner allzufehe anwaͤchſt. Zu jener Zeit waren die. Slorentiner freien, hatten größere Hoffnung auf Hülfe, und waren ſtaͤr— fer in ſich ſelbſt; wir aber waren in jeder Nücfiche ſchwaͤ— cher, denn damals vertheidigten wir einen Tyrannen, jet vertheidigen wir uns felbft; damals erndteten andere, den Ruhm unſerer Vertheidigung, jezt ift er unſer Eigenthum; damals griffen uns jene vereinigt an, jezt greifen fie uns uneinig an, denn ganz Italien ift voll von ihren Vertriebe— nen. Aber wenn wir auch diefe Hoffnungen nicht hätten, — 26 — Jahr ſo muß die aͤußerſte Nothwendigkeit uns ſtandhaft machen 47.· zur Vertheidigung. Jeden Feind ſollt ihr billigerweiſe fuͤrch— ten, denn alle werden ihren Ruhm und euren Untergang ſuchen; vor allen andern aber muͤſſen die Florentiner uns furchtbar ſein, denn ihnen wuͤrde nicht unſer Gehorſam, nicht unſer Tribut, nicht die Herrſchaft uͤber dieſe unſere Stadt genuͤgen; ſondern ſie wuͤrden auch noch unſere Per— ſonen, unſer Eigenthum verlangen, um mit Blut ihre Grauſamkeit, mit Raub ihren Geiz ſaͤttigen zu koͤnnen; ſo daß jedermann aus jedem Stande ſie fuͤrchten muß. Laßt euch alſo nicht bewegen, nicht durch die Verwuͤſtung eurer Felder, durch den Brand eurer Landhaͤuſer, durch den Ver— luſt euerer Staͤdte; denn wenn wir dieſe unſere Stadt ret— ten, ſo werden jene nothwendig auch gerettet; wenn wir ſie verlieren, ſo wuͤrden jene ohne Nuzen fuͤr uns gerettet ſein; denn erhalten wir uns frei, ſo kann ſie unſer Feind nur mit Schwierigkeit behaupten, verlieren wir die Freiheit, ſo wuͤrden wir ſie umſonſt beſizen. Greift alſo zu den Waffen, und wenn ihr kaͤmpft, ſo denkt, daß der Preis eures Sie— ges das Heil nicht nur eures Vaterlandes, ſondern auch eu— rer Haͤuſer und eurer Soͤhne ſein wird. Die lezteren Worte dieſes Mannes wurden von dem Volke mit großem Feuer aufgenommen, alle verſprachen einſtimmig, eher zu ſterben, als ſich aufzugeben, oder an einen Vergleich zu denken, der auf irgend eine Weiſe ihre Freiheit beflecken koͤnnte, und ſie ordneten mit einander alles an, was zur Vertheidigung ei— ner Stadt nothwendig iſt. Indeſſen verlor das Heer der Florentiner keine Zeit, und nahm nach vielem Schaden, den es dem Lande verur— faht, Monte Carlo durd) Lebergabe ein; nach der Erobes rung diefes Orts gieng es nad) Uzano ins Lager, damit die £uffefer, von allen Seiten eingefchloffen, keine Hülfe zu hoffen hätten, und durch Hunger gezwungen fich ergeben müßten. Das Kaftell war fehr ftark und reichlich befezt, fo Jahr daß feine Eroberung nicht fo leicht war, als die der anderen. 1457. Die Lufkefer, da fie ſich gedrängt fahen, wandten fich wie natürlich) an den Herzog, und empfahlen fich ihm anf alle Meife, fowohl mild als rauh; bald zeigte ihm ihre Rede ihre Verdienſte, bald die Beleidigungen der Florentiner, welchen Muth er feinen andern Freunden einflößen würde durch ihre Vertheidigung, und welchen Schreden, wenn er fie unbefchügzt ließe. Daß jo wie fie mit ihrer Freiheit das Leben, er mit feinen Freunden die Ehre verlieren würde, zugleich mit dem Zutrauen aller derer, die jemals aus Sreundfchaft zu ihm irgend einer Gefahr ſich wirden aus: fezen follen; und diefen Worten fügten fie noch Thraͤnen hinzu, daß wenn nicht Schuldigfeit, doch Mitleid ihn be: wege. Der Herzog alfo, mit feinem alten Hafle gegen die Slorentiner feine neue Verbindlichkeit gegen die Luffejer vers bindend, vor allem aber begierig, die Florentiner an einer fo wichtigen Eroberung zu hindern, beſchloß, eine fiarfe Macht nach Tosfana zu jenden, oder die Venezianer mit folder Wuth anzugreifen, daß die Florentiner genoͤthigt würden, ihre Unternehmungen fahren zu laffen, um jenen zu Hälfe zu eilen, Nach diefem Entfchluffe hörte man plözlich zu Florenz, daß der Herzog fih anſchickte, Truppen nach Tosfana zu fenden, und dies fieng an, den Florentinern die Hoffnung zu benehmen, die fie auf ihre Unternehmung gefezt hatten; und damit der Herzog in der Lombardei befchäftige werde, trieben fie die Venezianer an, ihn mit ihrer ganzen Macht zu bedrängen. Allein auch diefe waren in Furcht gejezt, weil fie der Markgraf von Mantua verlaffen hatte, und in den Sold des Herzogs getreten war. Da fie fih num hier durch gleihfam entwaffner fanden, fo antworteten fie, fie könnten diefen Krieg nicht einmal im Gange erhalten, ge — 28 — Iabr fchmweige denn noch verftärfen, wenn ſie ihnen nicht dew 1457. Grafen Franz zujendeten, ‚um ihr Heer anzuführenz jedoch mit der Bedingung, daß er perfönlich über den Po kommen müfe. Auch wollten fie fih nicht mehr nad) dem alten Vertrage richten, vermöge deffen der Graf nicht verpflichtet war, über diefen Fluß zu geben; denn, fagten fie, ohne Seldheren wollten fie nicht Krieg führen, auf: einen andern koͤnnten ſie jezt ſich nicht verlaſſen, als auf den Grafen, und dieſer koͤnne ihnen nichts helfen, wenn er ſich nicht an— heifchig mache, an jedem Orte Krieg zuführen: ‘Den Flo: ventinern ſchien es zwar nöthig, daß der Krieg in der Lom— bardei mit Kraft geführt werde, von der andern Seite aber fahen fie ihre Unternehmung auf Luffa zu Grunde geben, fobald fie der Graf verließ. Auch erkannten fie fehr wohl, daß die Venezianer diefe Forderung thaten, nicht ſowohl, weil fie des Grafen fo nöthig bedurften, als vielmehr um fie in diejer Eroberung zu fidren. Wonder andern Seite fonnte der Graf ganz nach dem Gefallen der Verbündeten in die Lombardei gehen, aber er wollte an den Bedingungen nichts andern, indem er fich der Hoffnung nicht zu berauben wünfchte, die er. auf die ihm von dem Herzoge verjprochene Berbindung hatte. Die Florenfiner wurden aljo von zwei verfchiedenen Leidenschaften getrieben, nehmlich von der Begierde Lukka zu beſizen, und von der Furcht vor dem Kriege mit dem Herzoge. Dennoch ſiegte, wie es zu geſchehen pflegt, die Furcht, und ſie willigten ein, daß der Graf nach der Er— oberung von Uzano in die Lombardei gienge. Allein es blieb noch eine andere Schwierigkeit, die, weil es nicht in der Macht der Florentiner ſtand ſie zu heben, ſie noch mehr aufbrachte und ihnen noch mehr Beſorgniß einfloͤßte, als die erſte. Der Graf nehmlich wollte nicht über den Po gehen, und die Venezianer wollten ihn auf Feine andere Weiſe ans nehmen. Da es nun Fein’ Mittel gab fie zu vereinigen, fo Jahr daß freiwillig einer dem andern nachgegeben hätte, fo über "P7* vedeten die Florentiner den Grafen, er möchte ſich durch einen Brief, den er an die Signoria von Florenz fchreiben follte ,, verbindlich machen, über jenen’ Fluß zu fezen, indem fie ihm. zeigten, daß diejes Privatverfprechen ja die: öffent: lichen Verträge nicht aufbebe, und daß er nachher dennoch handeln koͤnne, ohne hinüber zu gehen; es würde aber dat; aus der Nuzen entftehen, daß die Venezianer, wenn der Krieg einmal ausgebrochen wäre, genoͤthigt würden, ihn fortzufezen, woraus dann die Abwendung des Uebels erfolz gen würde, das fie befürchteten. Den DBenezianern auf. der andern Seite ftellten fie vor, daß dieſer Privacbrief hinrei— chend fei, den Grafen zu verbinden, und fie möchten fich daher damit begnuͤgen; denn wo fie im Stande wären, die Nückfichten zu fhonen, die der Graf gegen feinen fünftigen Schwiegervater nehme, würden fie wohl daran thun, und daß es weder ihm noch ihnen nmüzlich fei, es ohne augen: fcheinlihe Noth zu entdecken. Auf diefe Weiſe alfo entfchloß man ſich zu dem Marfche des Grafen nad) der Rombardet, der dann auch, nachdem er Uzano erobert, und einige Werke um Lukka angelegt hatte, um die Luffejer eingefchloffen zu halten, den Kommiffarien die Führung diefes Krieges ande; fahl, die Alpen -überftieg und nad Neggio ging. Die Be nezianer aber, denen fein Vorruͤcken verdächtig war, forder; ten ihn, um ſeine Gefinnung zu prüfen, vor allen Dingen dazu auf, daß er über den Po feze, und ſich mit ihren an; dern Truppen vereinige. Der Graf aber jchlug dies gänz- lich ab, und zwifhen ihm und Andreas Mauroceno dem Venezianifchen Abgeordneten wurden beleidigende Morte ger wechjelt, indem fie einer dem andern Ueberfluß an Hochs mut) und Mangel an Treue vorwarfen, und gegenfeitig proteftirten, der eine, daB er nicht zum Dienft, der andere, Jahr daß er nicht zur Zahlung verpflichtet fei; worauf dann der 137. Graf nad) Toskana und der andere nach Venedig zurück £ehrte. Der Graf ward von deu Florentinern in das Ge biet von Piſa einquartirt, und fie hofften ihn dahin bringen zu koͤnnen, daß er den Krieg gegen die: Luffefer erneuerte, allein fie fanden ihn nicht geneigt dazu, denn da der Her— zog vernommen hatte, daß er aus Nückficht gegen ihm den Po: nicht babe pafliren wollen, fo glaubte er mit feiner Hälfe auch die Lukkeſer retten zu Fönnen, und bat ihn daß er einmilligen möchte, einen Vergleich zwifchen den Lukke— fern und Florentinern abzufchliegen, und wenn er es koͤnnte, auch ihn darin einzufchließen, indem er ihm Hoffnung mad): te, alsdann nach feinem Belieben die Vermaͤhlung mit feis ner Tochter zu vollziehen. Diefe Verbindung vermochte fehr viel über den Grafen, denn vermöge diefer hoffte er, da der Herzog Feine männlichen Erben hatte, fih Mailands be: - mächtigen zu fönnen. Deswegen hinderte er die Florentiner immer an ihren Kriegesunternehmungen, und verficherte, er werde nicht einen Schritt thun, wenn die Venezianer ihm nicht fein Gehalt und den Sold feiner Truppen richtig zahl: ten; auch wäre ihm die Zahlung allein noch nicht hinveiz chend, denn wenn er des Befizes feiner. Staaten verfichert bleiben wollte, jo müßte er noch eine andere Stüze haben, außer den Florentinern. Würde er alfo von den Venezia: nern verlaffen, jo wäre er genöthigt, an feine Angelegenhei: ten zu denken; und fo drohte er gefchicktermweife, fich mit dem Herzoge zu vergleichen. 1458. Diefe Schifanen und Trügereien mißfielen den Floren— tinern außerordentlich, denn fie ſahen die Unternehmung auf Lukka mißlungen, und was noch mehr war, fie fürchteten für ihren eignen Staat, fo oft der Graf fich mit dem Herz zoge vereinigen würde, Um aljo die Venezianer zu bewegen, den Grafen in ihrem Solde zu behalten, gieng Kosmus von Medtet nah Venedig, in der Hoffnung, durch fein Jahr Anfehn auf fie zu wirken. Er handelte die Materie in 43% ihrem Senate ausführlich, ab, indem er darthat, in. welchen - Umftänden der Staat von Stalien fich jezt befinde, wie groß die Macht des Herzogs fei, wo das Anfehen und die Kraft der Waffen fei, und fchloß: daß wenn der Graf fich mit dem Herzoge verbinde, beide wieder auf das Meer ihre Macht wenden, und. fie in ihrer Freiheit beeinträchtigen würden. Die Venezianer antmworteten hierauf: fie kennten ihre eigne Macht und die der Sstaliener, und glaubten: fich auf alle Fälle vertheidigen zu koͤnnen; fie verficherten zugleich, fie wären nicht gewohnt, die Soldaten zu bezahlen, die Anderen dienten; deshalb möchten die Florentiner nur dar— auf denken, den Grafen zu bezahlen, meil fie feine Dienfte empfingen; es fei aber für diejenigen, die ihrer Staaten ſich in Sicherheit erfreuen wollten, nöthiger, den Hochmuth des Grafen niederzubeugen, als ihn zu bezahlen; denn die Men: fchen Eennten in ihrer Ehrfuht Feine Gränzgen, und wenn er jezt bezahle wuͤrde, ohne zu dienen, fo würde er bald irgend etwas noch fchimpflicheres oder noch gefährlicheres fordern. Es fcheine ihnen daher nöthig, feiner Unverfihämt: heit einmal Zügel anzulegen, und fie nicht jo fehr wachfen zu laffen, bis fie unheilbar geworden wäre; wenn jedoch fie, entweder aus Furcht oder aus einem andern Grunde ihr ı fih zum Freunde halten wollten, fo möchten fie ihn auch bezahlen. Dennoch lagen die Florentiner dem Grafen ge: waltig an, daß er nicht abfalle von dem Bunde; auch er felbft trennte fih nur ungern davon; aber der Wunſch, diefe Verwandſchaft zu Enäpfen, erhielt ihn ſchwankend, fo daß jeder auch der unbedeutendfte Vorfall, wie es denn auch sefhah, ihn zum Entfchluß beftimmen konnte. Der Graf hatte zur Bewachung feiner Städte in der Mark den Fur: ano, einen feiner evften Offiziere, zuruͤckgelaſſen. Diefer Jahr ward fehr von dem Herzoge angereijt, daß er den Dienft BE des Grafen verlaffen und ſich an ihn anfchliefen möchte; und dies verurfachte,. daß der Graf, jede Nückficht hintan— fezend, aus Beſorgniß für fich felbft mit dem Herzoge fich verglich; und unter den andern Bedingungen war auch die, daß er mit den Angelegenheiten von Zosfana und der Mark fich nicht befchäftigen follte. Nach diefem Vergleich uͤberre— dete der Graf die Florentiner mit Eifer, daß fie fih mit den Luffefern vergleihen möchten, und trieb‘ fie dermaßen dazu an, daß fie, Fein anderes Mittel vor fich fehend, ſich im Monate April des Jahrs 1438 mit denfelben verglichen, durch welhen Vertrag den Luffefern ihre Freiheit und den Slorentinern Monte Carlo und einige andere ihrer Schlöffer zugefichert wurden, Darauf erfüllten fie ganz Stalien mit Driefen voll bitterer Klagen, wodurch fie anzeigten, daß, da Gott und Menfchen nicht gewollt hätten, daß die Luffefer unter ihre Botmäßigkeit kommen follten, fie mit denjelben Frieden gefchloffen hätten: und gewiß ift es felten der Fall, daß jemand fo großes Mipßvergnügen empfindet, feine eignen Beſizthuͤmer verloren zu haben, als damals die Slorentiner empfanden, das Eigenthum anderer nicht erlangen zu können, Dbgleich damals die Florentiner mit einer fo großen Unternehmung befchäftigt waren, fo verfäumten fie doc” nicht, auch an ihre Nachbarn zu denken, und ihre Stadt zu verfchönern. Es war, wie wir erzählt haben, Nikolaus Fortebraccio geftorben, ‚welcher eine Tochter des Grafen von Poppi zur Ehe hatte, Diefer hatte bei dem Tode des Jrikolaus den Flecken Sam Sepolero und die Feſtung diefes Drts in Händen, und führte dafelbft im Namen feines Schwiegerſohnes den Befehl, fo lange diefer lebte. Nach feinem Tode aber fagte er, daß er den Drt als Heirathsgut feiner Tochter befäße, und wollte ihn dem Pabſt nicht aus: liefern, welcher ihn als ein der Kirche entzogenes Gut zu: Jahr rücforderte; fo das der Pabſt den Patriarchen mit feinen 14 Truppen zur Eroberung deffelben abſandte. Der _Graf, welcher einſah, daß er diefem Angriff nicht würde miderfte- ben Eönnen, bot den Drt den Florentinern an, und diefe wollten ihn nicht. Als aber der Pabft nach Florenz zurück gefehre war, fo traten fie zwifchen ihn und den Grafen, um fie zu vergleihen; da ſich indeffen Schwierigkeiten bei dem Vergleich fanden, jo griff der Patriach das Cafentis nifche at, und nahm das alte Prato und Nomena weg, welche Derter ev gleichfalls den Florentinern anbot, doch diefe wollten fie wiederum nicht annehmen, wenn der Pabft nicht zuvor einmilligte, daß fie fie dem Grafen zurückgeben dürften, Nach vielem Wortwechſel war endlih der Pabit damit zufrieden, doch verlangte er, daß die Slorentiner ihm verfprächen, es bei dem Grafen von Poppi dahin zu brin; gen, daß er ihm den Flecken zurückgebe. Da alfo auf diefe Weiſe der Pabſt beruhigt war, ſo gefiel es den Florentinern (da gerade die Kathedralkirche ihrer Stadt, Sankt Reparata genannt, deren Erbauung lange Zeit vorher war angefangen worden, ſo weit vollendet war, daß der Gottesdienſt darin gehalten werden konnte) ihn zu bitten, daß er ſie perſoͤnlich einweihen moͤchte. Der Pabſt willigte gern darin ein, und zu groͤßerer Zierde der Stadt und der Kirche, ſo wie zu hoͤherer Ehre des Pabſtes ward von Santa Maria Novella, der Wohnung des Pabſtes, bis zu der Kirche, die einge— weiht werden ſollte, eine Gallerie gebaut, deren Breite vier, und deren Hoͤhe zwei Ellen betrug, und die oben und an den Seiten ganz mit den reichſten Stoffen bedeckt war. Durch dieſe ging blos der Pabſt mit ſeinem Hofſtaat nebſt denjenigen Magiſtratsperſonen der Stadt und Buͤrgern, die abgeordnet waren, ihn zu begleiten; die ganze uͤbrige Buͤr— gerſchaft und das Volk begab ſich auf die Straßen, an die Zweiter Theil, C + Jahr Fenfter und in die Kirche, um diefes große Schaufpiel mit 2458 anzuſehen. Nachdem nun alle bei einer folhen Einweihung gewöhnliche Feierlichkeiten vollbracht waren, erhob der Pabft, um ein befonderes Zeichen feiner Liebe zu geben, den Julian von Avanzati, damals Sonfaloniere der Gerechtigkeit, einen von jeher hochgeehrten Bürger, in den Nitterftand; und die Signoria, um nicht weniger liebreic, als der Pabſt zu erfcheinen, übertrug demfelben Bürger die Stadthalterfchaft von Pifa auf ein Jahr. 1459. Zu der mehmlichen Zeit waren einige Streitigfeiten zwifchen der Römifchen und Griechiſchen Kirche; fo daß fie nicht in jedem Theile des Gottesdienftes mit einander über; einftimmten; da nun auf der lezten zu Baſel gehaltenen Kirchenverſammlung die Prälaten der abendländifchen Kirche viel über diefe Materie gefprochen hatten, fo befchloß man alles mögliche anzumenden, daß der Kaifer und die Griechi- fhen Prälaten an der Kirchenverfammlung zu Bafel Theil nähmen, um zu verfuchen, ob fie fih mit der Nömifchen Kirche vereinigen koͤnnten. Obſchon nun diefer Beſchluß der Meajeftät des Griechiſchen Kaiferehums entgegen - war, und es dem Stolze feiner Prälaten fehr mißfiel, dem Ro: mifhen Bifchofe zu weichen, fo befchloffen fie dennoch, da fie von den Türken bedrängt wurden, und fich felbft zur Vertheidigung nicht ſtark genug fühlten, diesmal nachzuges ben; und alfo Fam der Kaifer mit dem Patriarchen und anderen Griechifchen Prälaten und Baronen, um fid) dem Defchluffe der Kirchenverfammlung gemäß, in Baſel einzu: finden, nach Venedig; in Schrecken gefezt aber durch die Peſt, befchloffen fie, ihre Streitigkeiten in der Stadt Flos renz beizulegen. Nachdem alfo die Griechiſchen und Roͤmi— fhen Prälaten mehrere Tage in. der Kathedralfirche verſam— melt gewefen waren, fo gaben die Griechen endlid nad) vielen und langen Verhandlungen- nach, und vereinigten ſich endlich mit der Kirche und dem Nömifchen Bifchofe. Nachdem der Frieden zwijchen den Luffefern und den Jahr Slorentinern, fo wie zwifchen dem Herzoge und dem Gra— 1439. fen gejchloffen war, fo glaubte man, daß nun die, Waffen von Stalien, befonders. die, welche die: Lombardei: und) Tos— fana verheerten, niedergelegt ‚werden koͤnnten; denn die, welche im Königreich Neapel Nenatus: von Anjon und Aphons von Arragonien. gegen einander: führten, mußten wohl endlich dur des einen oder des andern Untergang zur Ruhe kommen. . Obgleich nun der Pabſt unzufrieden war, weil er viele von feinen Städten verloren hatte, umd. man auch die große Herrſchſucht des Herzogs und der Ve: nezianer Fannte, jo glaubte man doc), daß der Pabft aus Nothwendigkeit und die andern aus Ermattung ruhig blei— ben würden. Allein der Erfolg war anders)... denn weder der Herzog noch die Denezianer hielten Ruhe, und die Folge davon war, daß die Waffen von neuem ergriffen, und die Lombardei und Toskana wieder mit Krieg erfüllt wur: den. Das flolze Gemüth des Herzogs Eonnte nicht ertra— gen, daß die DBenezianer Bergamo und Brescia befäßen, um fo mehr da er fie bewaffnet und täglich fein Land in vielen: Gegenden durchftreifen und beunrubigen ſah; er glaubte vielmehr, fie nicht allein im Zaume halten, fondern auch feine Städte wieder erlangen zu Eönnen, ſo oft fie von dem Pabft, von den Floventinern. und von dem Grafen verlaffen. wärden. Seine Abficht war alſo, dem Pabſte Romagna wegzunehmen, indem er urtheilte, daß wenn er dies "Land befäße, jener: ihm nicht «würde ſchaden koͤnnen, und daß die Slorentiner, wenn fie das Feuer ſich fo nahe fähen, entweder aus Beforgniß für füch felbft, Feine Bewe—⸗ gung. machen, oder ‚wenn fie es 'thäten, ihm nicht bequem würden angreifen koͤnnen. Auch Fannte der Herzog den Unmwillen der Florentiner gegen die Venezianer, wegen der Angelegenheit von Lukka, und hielt fie daher für weniger € 2 Jahr bereit zu Gunſten ihrer die Waffen zu ergreifen. Was den 459 Grafen Franz betraf, fo glaubte er, daß die neugefchloßne Freundfhaft und die Hoffnung auf die Verwandichaft hin: veichen würden, ihn. ruhig zu ‚halten; um aber Tadel zu vermeiden, und den Mächten defto weniger Urfach zur Un: ruhe zu geben, -vorzüglid aber, weil er nad) dem mit dem Grafen gefihloffenen Vertrage Romagna nicht angreifen durfte, veranftaltete er, das Nikolaus Piceinino, gleichfam ‚als. wenn er. es aus eigner Ehrſucht thäte, die Ausführung über fih nahm. ' Nikolaus befand fih, als der Vertrag zwifchen dem Herzoge und dem Grafen abgefchloffen wurde, in Nomagna, er ftellte fih, mach der mit dem Herzog genommenen Ab: vede, entrüftet über die zwilchen dem Herzoge und dem Grafen, feinem beftändigen Feinde, gefchloffene Freundfchaft, und 308 fich mit feinen Truppen nach Camurata, einem Orte zwifchen Furli und Ravenna; wo er fich befeftigte, als wenn er lange, und bis er neue Bundsgenoffen fände, dort bleiben wollte. Sobald fih nun der Ruf von dieſem feinen Unwillen überall ausgebreitet hatte, fo gab Nikolaus dem Pabfte zu verjtehen, wie aroß feine Verdienfte um den Herzog wären, und wie groß deffen Undank; auch lafe der: Herzog, da er unter den beiden erften Feldherren faft die ganze Kriegsmacht Italiens in Händen habe, deutlich feine Abfiht merfen, es zu erobern; wenn aber feine Heiligkeit wollte, fo £önne er machen, daß von den beiden Feldherren, die jener zu befizen glaube, der eine fein Feind, und der andere unnüz fein werde; denn wenn er ihn mit Geld ver: fähe und feine Kriegsmacht erhielte, fo wolle er die Staaten des Grafen, die er. von der Kirche befize, anfaken, jo daß der Graf, an feine eigenen Angelegenheiten zu denfen ges zwungen, dem Ehrgeize Philipps nicht würde dienen können, Der Pabft glaubte diefen Worten, die ihm vernünftig fehler nen, er fandte dem Nikolaus fünftanfend. Dufaten und Jahr machte ihm viele Berfprehungen, indem er ihm und feinen 89 Söhnen Ländereien santrug. : Obſchon nun der, Pabſt von vielen von dem Betruge, benachrichtigt wurde, fo; glaubte er es doch. nicht, wollte. auch. von. niemand das Gegentheil hören. Die Stadt Ravenna wurde von Oſtaſio da Polenta fiir die Kirche verwaltet. Nikolaus, dem eg Zeit fihten, feine Unternehmungen nicht mehr aufzufchieben, weil fein Sohn Franz zum Schimpf des Pabftes Spoleto. geplündert hatte, befchloß Ravenna anzugreifen,’ entweder, weil er diefe Unter; nehmung für die leichteſte hielt, oder heimlich mit Oſtaſio Ver: fiändniffe unterhielt, und nahm es wenige Tage, nachdem er es angegriffen hatte, duch Vertrag ein. Nach diefer Eroberung wurden Bologna, Imola und Furli. von ihm erobert. Das Bewundernswuͤrdigſte aber iſt, daß von zwanzig Feſtungen, die in jenen Staaten für den Pabſt befezt gehalten wurden, auch nicht eine übrig, blieb, die nicht in Nikolaus Macht gefallen wäre. Aud war es ihm noch nicht genug, mit diefem Anrecht den Pabit beleidigt zu haben, fondern er wollte ihn auch noch durch Worte, wie durch Thaten, verhößnen, und fchrieb, er habe ihm die, Städte nach) Verdienſt weggenommen, weil er ſich nicht gefchämt habe, eine. Freundſchaft trennen ‚zu. wollen, die- zwifchen dem Herzoge und ihm; beftanden hätte, auch Sta: lien mit Briefen erfüllt habe, , welche meldeten, daß er den Herzog verlaffen, und ſich mit den Benezianern vereiniget hätte. “ Nachdem Nikolaus Romagna eingenommen, ‚überließ er es feinem Sohne Franz: zu bewachen, er. aber. ging mit dem größten Theile feiner Truppen in die Lombardei, und geiff, nachdem; er fi mit dem Weberreft der herzoglichen Truppen vereinigt Hatte, das Brescianiſche Gebiet an, welches ev im kurzer Zeit ganz, eroberte. Hierauf begann er Jahr die Belagerung der Stadt felbft. - Der Herzog, welcher 1459. wuͤnſchte, daß ihm die Venezianer als Beute überlaffen würden, entſchuldigte fich bei dem Pabft, bei den Florenti- nern und bei dem Grafen durch das Vorgeben, daß die in Romagna ’von Nikolaus vollbrachten Dinge, wenn fie gegen die Verträge, auch gegen feinen Willen geichehen wären, Auch ließ er ihnen durch geheime Boten anzeigen, daß er von diefem Ungehorſam, ſobald Zeit und Gelegenheit es erlauben würden, einen überzeugenden Beweis führen werde. Die Florentiner und der Graf maßen ihm feinen Glauben bei, ſondern meinten, der Wahrheit gemäß, daß diejer Kriegszug gemacht worden fei, um fie unthätig zu erhalten, bis er Die Venezianer uͤberwunden habe, die voll Stolz, in der Meinung, fie koͤnnten der Macht des Herzogs allein widerftehen, niemand um Huͤlfe zu bitten wuͤrdigten, fon: dern den’ Krieg durch Gattamelata ihren Hauptmans führ: ten. Der’ Graf Franz wuͤuſchte min Beguͤnſtigung der Flo: ventiner dem Könige Renatus zu Hülfe zu gehen, wenn die Begebenheiten in Romagna und der Lombardei ihn nicht zurückgehalten hätten, und auch die Florentiner hätten ihn gern begünftigt, wegen der alten Freundfchaft, die ihre Stadt mir dem Tranzöfifchen Hofe immer gehalten hatte; der Her: zog aber wiirde feine Gunſt dem Alphons zugewandt haben, wegen der Freundfchaft, die er -bei deſſen Gefangenfchaft mit ihm geftiftee hatte. Allein einer mie der andere, be fchäftige durch die Kriege in der Nachbarfchaft, enthielt fi entfernterer Unternehmungen. Die Florentiner alfo, da fie Romagna von den Truppen des Herzogs eingenommen und die Venezianer gefchlagen ſahen, fürchteren, aus dem Unter gange Anderer den ihrigen folgen zu fehen, und baten daher den Grafen nach Toskana zu kommen, um auszumitteln, was man thun muͤſſe, um fich der Macht des’ Herzogs zu widerjezen, die jezo größer fei, als noch niemals vorher; indem fie behaupteten, wenn fein Webermuth nicht auf irgend Jahr eine Weiſe gezuͤgelt werde, fo würden alle Regierungen "9° Sstaliens in kurzer Zeit darunter leiden. Der Graf erkannte die Furcht der Florentiner Für gegründet, dennoch hielt ihn fein Wunſch, die mit dem Herzoge gefnüpfte Verwandſchaft vollzogen zu fehn, in Unentjchloffenheit; und der Herzog, der diefen Wunſch Fannte, gab ihm die größte Hoffnung dazu, im Fall er nicht die Waffen gegen ihn ergriff. Da and) die Jungfrau fchon in dem Alter war, daß die Hoch— zeit gefeiert werden Eonnte, fo führte er die Sache mehr: mals bis auf den Punkt, daß alle dazu erforderlichen Ein: richtungen getroffen wurden; nachher aber wurde immer wieder unter mancherlei Borwänden die ganze Sache aufges hoben. Um fie aber dem Grafen noch glaublicher zu ma; hen, fügte er zu feinen Verfprechungen auch Ihaten hinzu, und fandte ihm dreißig taufend Gulden, die er nach dem Ehevertrage zahlen mußte. Indeſſen griff der Krieg in der Lombardei um fih, die Benezianer verloren täglich mehr Städte; alle Flotten, die fie nad) jenen Strömen gefchieft hatten, waren von den Truppen des Herzogs befiegt, das Gebiet von Verona und Brefeia ganz eingenommen worden, und beide Derter felbft fo end eingejchloffen, dag fie, nach dem allgemeinen Urtheil, fih nur noch Eurze Zeit halten Eonnten. Der Markgraf von Mantua, der lange Jahre hindurch Feldherr im Solde ihrer Republik gewefen war, hatte fie ganz gegen ihre Er: mwartung verlaffen und fih mit dem Herzoge vereinigt, fo daß dasjenige, was im Anfange des Krieges ihnen Stolz eingeflößt hatte, im Fortgange deffelben Furcht verurfachte. Da fie alfo einfahen, daß ihnen fein anderes Hülfsmittel übrig bleibe, als die Freundfchaft der Florentiner und des Grafen, fo fingen fie an, um diefelbe zu bitten, ob ſchon beſchaͤmt und voll Beſorgniß; denn fie fürchteten von den — 10 — Jahr Florentinern jest diefelbe Antwort zu befommen, die jene 2439 hei dem Angriff auf Luffa und in den Angelegenheiten des Grafen von ihnen erhalten hatten. Allein fie fanden fie ger fälliger, als fie gehofft, und durch ihr Betragen verdient hatten; fo viel ftärfer wirkte auf die Florentiner der Haß gegen ihren alten Feind, als die Enträftung gegen eine alte und gewohnte Freundin! Da fie au fehon lange Zeit vor: her die North gefehen hatten, in welche die Venezianer wärs den fommen müffen, fo hatten fie dem Grafen gezeigt, daß der Untergang jener auch der feinige fein würde, daß er ſich betvöge, wenn er glaube, der Herzog Philipp werde im Stück ihn höher achten, als im Unglüf, und das die Ur: fach, weshalb er ihm feine Tochter verjprochen babe, nichts anderes fei, als die Furcht, die er vor ihm hätte, Da aber die Noth diejenigen Dinge, welche fie zu verfprechen zwingt, auch zu halten zwingen koͤnne, fo fei es erforderlich, daß er den Herzog in diefer Noth erhalte, welches ohne die Macht der Venezianer nicht möglich fei, Er folle alſo bedenken, daß wenn die Venezianer gezwungen würden, ihre Befizun: gen auf dem feften Lande aufzugeben, ihm nicht allein die Bortheile fehlen würden, die er von ihnen ziehen könnte, fondern auch alle diejenigen, die er durch die Furcht vor ihnen von andern erlangen koͤnnte. Wenn er die Staaten von Sztalien genau betrachte, fo werde er fehen, daß .diefer arm fei, jener fein Feind; auch wären die Slorentiner allein, wie er felbft mehrmals gefagt habe, nicht im Stande, ihn aufrecht zu erhalten; daher fei es für ihn in jeder Nückfiche nothwendig, die Venezianer auf dem feften Lande mächtig zu erhalten. Diefe Heberredungen, vereint mit dem Haß, den der Graf gegen den Herzog gefaßt hatte, weil es ihm fhien, als habe er in der Heirarhsangelegenheit Spott mif ihm getrieben, bewirften , daß er den Vertrag einging; dem: noch wollte er fih aud für jezt nicht verbindlich machen, über den Po zu geben. Diefe Verträge wurden im Februar Jahr 2458 seichloffen: die Wenezianer verpflichteten ſich darin, 99 zwei Deittheile, und die Floventiner einen Drittheil zu den Koften beizutragen, und beide verbanden fih, auf ihre Ko—⸗ ſten die Staaten, die der Graf in der Mark befaß, zu vers theidigen. Doch felbft mit diefer Macht waren die Verbän: deten noch nicht zufrieden; weshalb fie noch den. Heren von Faenza, die Söhne von Meffer Pandolfus Malatefti von Rimini und Peter Johann Paul Drfino hinzufügten; den Markgrafen von Mantua aber Eonnten fie, obſchon ſie ihn mit großen Verfprehungen verſuchten, dennoch nicht vou der Freundfchaft und dem Dienfte des Herzogs losmachen,, und der Herr von Faenza wandte fih, nahdem die Ver: bindeten feinen: Kriegshaufen fihon in Sold genommen hats ten, da er beffere Bedingungen ‚erlangte, "zu dem Herzoge, wodurd den Verbündeten die Hoffnung entzogen: ward, den Feldzug in Romagna fchnell zu beendigen. Zu diefer Zeit war die Lombardei in großer J——— Brescia ward von den Truppen des Herzogs ſo ſcharf bela— gert, daß man jeden Tag befuͤrchtete, es werde ſich vor Hunger ergeben; auch Verona war dermaßen eingeſchloſſen, daß man daſſelbe Ende voraus ſah; und wenn eine von die— ſen beiden Staͤdten verloren ging, ſo hielten ſie alle ihre Kriegsruͤſtungen fuͤr unnuͤz, und die bis jezt angewandten Koſten fuͤr verloren. Indeſſen gab es dagegen fein anderes fihereres Hälfsmittel, als den Grafen Franz nad) der Lom— bardei gehen zu lafien. Dagegen aber gab es drei Schwier vigfeiten; die eine, den Grafen dahin zu bringen, daß er über den Po ginge, und aller Orten Krieg führte; die ans dere, daß es den SFlorentinern fchien, als blieben fie der Willkuͤhr des Herzogs überlaffen, fobald der Graf fie ver ließ, denn der Herzog konnte leicht ſich in feine feften: Plaͤze zurückziehen und mit einem Theil feiner Leute den, Grafen Jahr befchäftige Halten, indeß er mit den übrigen nach Toskana 49. game verftärke durch die Ausgewanderten, vor welchen die Regierung, die damals an der Spize ftand, die größte Furcht hatte; die dritte Schwierigkeit war, welchen Weg der Graf mit feinen Truppen einfchlagen. follte, der ihn ſicher nach Padua führte, wo die anderen Venezianiſchen Tenppen fanden. DBon diefen drei Schwierigkeiten war die zweite, welche die Florentiner anging, die bedenflichftez doch dieſe, da fie die Nothwendigkeit einſahen, und des’ Andrin— gens der Venezianer müde waren, die mit großem! Ungeftün den’ Grafen forderten, indem fie bewieſen, daß ohne ihn fie preisgegeben würden, ließen die Noth anderer ihren eignen DBeforgniffen vorgehen. ' Nun blieb noch die Schwierigkeit des Meges übrig, der, wie man befchloß, von den Vene; zlanern ‚gefichert werden follte; da nun, um über diefe Ber: träge mit dem Grafen zu unterhandeln und ihn zum Ab: marjch zu bewegen, NMeri di Gino Capponi ernannt worden war, fo gefiel es der Signoria, daß er auch nach Venedig fich begeben folle, um der dortigen Signoria diefe Wohlthat noch annehmlidyer zu machen, und den Weg und fichern Durchmarſch für den Grafen anzuordnen. Neri reiſte alfo von Ceſena ab und verfügte fih zu Schiffe nach Venedig. Niemals ward irgend ein Fürft mie fo großer Ehrenbezeugung von der dortigen Signoria auf: genommen, als er; denn von feiner Ankunft und von dem, was unter feiner Mitwirkung befchloffen und unternommen werden folfte, hing nach ihrem Urtheil das Wohl ihres gans zen Neiches ab. Als Neri nun beim Senat eingeführt war, fprach er in folgendem Sinne: Meine Signoren, durch— kauchtigfter Fürft, waren immer der Meinung, daß die Größe des Herzogs der Untergang diefes Staates, fo wie auch ihrer Nepublif fei, und daß alfo das Wohl diefer bei: den in Eurer und unferer Größe beftehe. Wenn Ew. Herr lichkeiten dag nehmliche geglaubt hätten, fo wuͤrden wir uns Jahr in einer beſſern Lage befinden, und euer Staat würde fiher "99% fein vor den Gefahren, die ihn jezt bedrohen. Neil aber ihr zu der Zeit, da ihr gefolle hättet, uns weder halfet nod Wort hieltet, fo konnten wir nicht eilig zu den Huͤlfs— mitteln gegen euer Mebel greifen, und auch ihr konntet euch nicht fchnell entfchliegen, fie zu fordern, als Leute, die wie in euren Unfällen, fo auch in eurem Gluͤcke, uns wenig gekannt habt, und nicht wißt, daß unfere Gefinnung die ift, immer zu lieber, wen wir einmal lieben, und immer zu haffen, wen wir einmal haffen. Die Liebe, die wir gegen diefe eure durchlauchtigfte Signoria gehegt haben, Fennt ihr felbft, denn mehr als einmal habt ihr zu eurer Hülfe die Lombardei mit unferm Gelde und unfern Truppen ſich an: füllen fehen. Den Haß, den wir gegen Philipp trugen, und gegen fein Haus ftets tragen werden, Eennt die ganze Melt; und es ift nicht möglich, daß alte Liebe. oder "alter Haß durch neue DVBerdienfte oder neue Beleidigung leicht ansgelöfcht werden koͤnnte. Wir waren und find überzeugt, dag mir im diefem Kriege neutral bleiben konnten zum hoͤch— ften Bergnügen des Herzogs und ohne große Gefahr fir uns; denn. obfhon er dur) euren Untergang Herr der Lom: bardei geworden wäre, fo blieb uns dennoch fo viel blühende Kraft in Stalien übrig, daß wir nicht Urfach hatten, an unferm Heil zu verzweifeln. Denn wo Macht und Umfang wachen, da wächft auch Feindfchaft und Meid, woraus dann Krieg und Unglück zu entftehen pflegen. Auch wußten wir, welchen Koften wir durch Vermeidung diefes Krieges ent: gingen, welche drohende Gefahren wir vermieden, und daß diefer Krieg, der jezt in der Lombardei ift, fobald wir uns in Bewegung fezen, ſich nad) Toskana ziehen könne. Doc) alfe diefe Beforgniffe : find durch eine alte: Zuneigung gegen diefen Staat verdrängt worden, und wir haben befchloffen, Jahr mit der nehmlihen Eile euerem Staate zu Hilfe zu kom— 459 men, als win unferem eignen zu Hülfe eilten , wenn er an: gegriffen würde, Da es alfo, nach meiner Signoren Ur— theil, vor allen Dingen nöthig war, Verona und Brescia zu unterftäzen, und diefes ohne den Grafen nicht gefchehen fonnte, jo jandten fie zupor mich ab, um ihn zu dem Mar: fhe nach der Lombardei zu bewegen, und an jedem: Orte Krieg zu führen (denn ihr wißt, daß er über den Po zu gehen nicht verpflichtet ift) und ich habe ihn dazu beftimme, indem id) durch diefelben Gründe ihn bewog, die uns feldft bewogen haben. Und er, fo wie er durch die Waffen un: übermwindlich zu fein glaubt, fo will er auch an Guͤtigkeit nicht überwunden fein, und ftrebte, diefe Aufopferung, mit der. er uns gegen euch verfahren fieht, zu übertreffen; denn er weiß mohl, in melcher Gefahr Toskana nad) feinem Abmarfche zurücbleibt, doch da er ſieht, daß wir eurem Heile unfere Gefahren nachgefezt haben, fo hat aud) er daffelbe allen feinen Ruͤckſichten vorgehn laſſen. Sch fomme alfo, euch den Grafen anzubieten mit fieben taujend Reutern und zwei taufend Fußgängern, bereit den Feind an jedem Drte aufzufuhen. Sch bitte euch ſehr, und fo bitten euch auch meine Signoren und er, daß, da die Zahl feiner Truppen größer ift, als er unter feinem Befehle zu ftellen verpflichtet ift, daß auch ihr eurerfeits durch Freigebigfeit ihn belohnen wollet; damit er nicht bereue, zu eurem Dienffe gekommen zu fein, und wir nicht bereuen, ihn dazu ver; mochte zu haben. Die Rede Neri’s ward von.dem Senate mit nicht geringerer Aufmerkfamkeit gehört, als wenn fie ein’Drafel wäre, und die Zuhörer wurden durch feine Worte fo entzündet, daß fie nicht mit Geduld erwarteten, bis nach der Sitte der Doge ihm antwortete. Aufftehend vielmehr, mit erhobenen Händen, faſt alle weinend, danften fie den Florentinern für diefen liebreichen Dienft, und ihm für die fo forgfältige und ſchnelle Ausführung; und pda daß nie, zu feiner Zeit, nicht blos aus ihren Herzen, nein, "79 felbft aus denen ihrer Nachkommen nicht, das Andenken davon verwijcht werden folle, und daß fie mit den Floren: tinern ſtets nur ein gemeinfchaftlihes Vaterland haben wollten, Nachdem diefe Hize ein wenig abgekühlt war, befprach man fic) über den Weg, den der Graf zu nehmen habe, damit man denfelben mit Brüden, breiten Wegen, und allem noͤthigen verjehen koͤnne. Es gab dazu vier Wege; der eine von Ravenna aus längs der Meereskuͤſte; Ddiefer, weil er großentheils von dem Meere. uud von Süumpfen eingeengt wurde, ward nicht gebilligt. Der andere war der gerade Weg; dieſer ward durch eine Fefte das Wögelchen genannt, geiperrt, die von des Herzogs Truppen befezt war, und die man, um durchzufommen, überwinden mußte, und es war fchwer, dies in fo Eurzer Zeit zu thun, daß es die Gelegenheit zur Hülfe, die Eil und. Schnelligkeit erforderte, nicht vaubte. Der dritte war durch den Seewald; weil aber der Po aus feinen Ufern getreten war, fo machte er den Webergang dadurch nicht nur fchwer, fondern unmöglich. Der vierte endlich ging durch das Bolognefijche Gefilde, führte über die Poledranifche Brücke, über Cento, über die Pieve, und durch das Finalifche und Bondenifche nach Fer: vara, von wo aus fie hernach zu Waſſer und zu Lande fich nach dem Paduanifchen begeben und fich mit den Veneziani— fhen Truppen vereinigen Fonnten. Dieſer Meg, objchon auch er viele Schwierigkeiten hatte, und an einigen Orten von dem Feinde vertheidige werden Fonnte, ward als der wenigftfchlechte gewählt, und fobald dies dem Grafen ange zeigt ward, zog er in der größten Eile ab und langte den 20, Suni im Paduanifchen an. Die Ankunft: diefes Feld: herrn in der Lombardei erfüllte Venedig und. deflen ganzes — 46 — Jahr Gebiet mit guter Hoffnung, und wie die Venezianer erſt an 40. ihrer Rettung verzweifelten, ſo fingen ſie jezt wieder an, auf Vergroͤßerung zu hoffen. Vor allem Andern eilte der Graf zur Unterſtuͤzung von Verona; dieſes zu verhindern, ging Nikolaus mit ſeinem Heer nach Soave, einer zwiſchen dem Vicentiniſchen und Veroneſiſchen gelegenen Feſte, und hatte ſich mit einem Graben umgeben, der von Soave bis zu den Moraͤſten der Etſch ging. Der Graf, der ſich ab: geſchnitten ſah von dem Wege durd) die Ebene, glaubte über die Berge gehen und fih Verona auf diefem Wege nähern zu Fönnen, in der Meinung, Nikolaus werde ents weder nicht glauben, daß er diefen rauhen und beraigten Weg nehme, . oder wenn er es auch glaubte, es doch nicht zeitig genug verhindern koͤnnen; nachdem er fich aljo mit Mundvorrath auf acht Tage verjehen, überftieg er mit ſei— nen Truppen das Gebirge und fam unterhalb Soave in ber Ebne an. Obgleich nun Nifolaus einige Baftionen hatte machen laffen, um dem Grafen auch diefen Weg zu vers fchließen, fo waren fie doc) nicht hinreichend, ihn zuräd zu halten. Nikolaus alfo, da er den Feind ganz. gegen feine Erwartung durchgedrungen ſah, zog fih, um eine Schlacht zu vermeiden, die für ihn nachtheilig gewefen wäre, jenfeits der Etſch zuruͤck, worauf der Graf ohne Hindernig in Ve vona einzog. Nach dem Gelingen diefer erften Arbeit des Grafen, nehmlich der Befreiung Verona’s, blieb ihm nun die zweite übrig, nehmlich Brefeia zu Hülfe zu Eommen. Dieje Stadt liegt fo dicht an dem Gardaſee, daß wenn fie auch zu Lande belagert wird, fie dennoch von dem See her fi immer Le; bensmittel verfchaffen Fann. Aus diejer Urſach hatte der Herzog ſich mit feinen Truppen zum Meifter auf dem See gemacht, und im erften Fortgange feiner Siege aller Derter ſich bemächtigt,, die vermittelft des Sees Brescia unterftäzen konnten. Die PVBenezianer hatten auch aleeren a aber um fich mit des Herzogs Truppen zu jchlagen, waren” fie nicht flark genug. Der. Graf hielt es aljo: für noͤthig, mit den Landtruppen die Venezianiſche Flotte zu unterſtuͤ⸗ zen; denn er hoffte mit Leichtigkeit die Oerter zu erobern, die Brescia die Lebensmittel abſchnitten. Er ſchlug deshalb fein Lager zu Dandolino, einem am See gelegenen Kaftell auf, in der Hoffnung, daß wenn er diejes befize, die andern fi) ergeben würden. Das Gluͤck aber war dem Grafen bei diefer Unternehmung ungünftig, indem ein großer Theil feis ner Leute erkrankte; fo daß der Graf, das Unternehmen aufgebend, nach Zevio, einem Veroneſiſchen Kaftell, ging, wo Weberfluß und gejunde Luft war. Nikolaus, da er den Ruͤckzug des Grafen fah, wollte die Gelegenheit nicht vers fäumen, die er jezt zu haben glaubte, fich zum Herrn des Sees zumachen; er ließ alfo fein Lager zu Vegaſio und ging mit vauserwählten Truppen an den See, wo er: mit ‚dem größten Ungeftüm und Feuer die Venezianifche Flotte angriff und faft ganz wegnahm. Durch diefen Sieg blieben nur wenige Kaftelle an dem See, die ſich nicht an Nikolaus ergeben hätten. - Die Benezianer, durch diefen Verluſt erſchreckt, und deshalb fürchtend, daß die Brescianer fich ergeben möchten, baten den Grafen durch Boten und durch Briefe um Hülfe für diefelben.. Da nun der Graf feine Hoffnung ihnen von der Seite des Sees beizuftehen, fehlgefchlagen fab, und daß es: von der Landfeite unmöglich war, wegen der Graben, Baſtionen und andern von Nikolaus angeordneten Hinder; niffe, fo daß er, wenn er durch fie hin auf den: Feind. los: gehen wollte, feinem offenbaren Untergange entgegen ging; fo befchloß er, daß der Weg über die Berge, der ihn ſchon Verona hatte retten machen, ihm auch zur Unterftüizung Srescias helfen ſollte. Nach dieſem gemgshten Planes alfo Sahrging der Graf von Zevio ab durch das Thal von Acıi at 2459 den See von St. Andreas und gelangte durd) Torboli und Peneda an den Gardafee. Darauf marfhirte er nach Tenna, mo er fein Lager aufichlug, weil, um nah Brescia zu Fomz men, die Einnahme diefes Kaftells durchaus nöthig war. Nikolaus, als er die Abfichten des Grafen vernahm, führte fein Heer nad) Peschiera, worauf er mit dem Markgrafen von Mantua und einigen feiner auserwähltefien Leute dem Grafen entgegen ging. Da es aber zur Schlacht Fam, ward Nikolaus gefchlagen, feine Leute verfprengt und ein Theil von ihnen gefangen; die übrigen flohen, theils ins Lager, theils auf die Flotte. Nikolaus zog fich nah Tenna zuruͤck, und da die Nacht einbrach, jo dachte er, daß wenn er at diefem Orte den Tag erwarte, er dem Ungluͤcke, in des Seindes Hand zu fallen, niche werde entgehen Eönnen, dar ber er denn, um einer geroiffen Gefahr zu entgehen, fich einer zweifelhaften ausfezte. Nikolaus hatte von feiner großen Dienerzahl einen einzigen bei fih, einen Deutfchen von Geburt, aͤußerſt fiarf an Körper, und der ihm immer fehr treu gewefen war. Dieſen überredete er, daß er ihn in einen Sad ftecfte und auf die Schulter nähme und fo, als trage er Gepäde feines Herrn, an einen fihern Det braͤchte. Rings um Tenna war das feindliche Lager, aber wegen des Sieges am vorigen Tage, ohne Wachen und ohne die mindefte Ordnung. Dadurch war es dem Deut: ſchen leicht, feinen Heren zu vetten, denn mit diefer Laft auf der Schulter und als Packknecht gekleidet, ging er ohne das mindefte Hinderniß durch das ganze Lager und — ihn unverlezt zu ſeinen Truppen. Dieſer Sieg alſo, wäre er eben fo gluͤcklich benuzt, als erlangt worden, milde den Brescianern groͤßere Hälfe, den Venezianern größeres Gluͤck verjchaffe haben, Aber der fchlechte Gebrauch deffelben machte, dag die Froͤhlichkeit ſchnell wieder aufhörte, und Brescia in derfelben Verlegen: Fahre beit blieb. Denn da Nikolaus zu feinen Truppen zurücge 1459. kehrt war, fo bedachte er, daß es fih für ihn fchicken würde, durch irgend einen neuen Sieg jenen Verluſt wieder auszus löfhen, und den Venezianern die Unterftizung Brescias unmöglich zu machen. Er kannte die Lage der Eitadelle von Verona, und von den in diefem Kriege gemachten Gefange: nen hatte er gehört, daß fie fchlecht bewacht würde, fo wie die Leichtigkeit und die Art fie zu erobern. Es fchien ihm alfo, als babe das Gluͤck ihm eine Gelegenheit eröffnet, feinen Ruhm wieder zu gewinnen und zu verurfachen, daß die Freude, die der Feind über feinen neuen Sieg empfun: den hatte, durch eine neue Niederlage fih in Schmerz ver: wandelte. Die Stadt Verona liegt in der Lombardei am Fuß der Berge, die Italien von Deutfchland fcheiden, fo daß fie theils auf diefen, theils in der Ebene erbaut ift, Der Flug Etſch entfpringt in dem Thal von Trient, dehnt ſich aber bei jeinem Eintritt in Italien nicht fogleich durch das Gefilde aus, ſondern fih zur Linken längs den Bergen hinwendend, trifft er diefe Stadt an und fließt durch die Mitte derfelben, doch nicht fo, daß beide Theile gleich wär ven, fondern viel mehr davon läßt er nach der Seite der Ebne, als nach der Seite der Berge. Auf diefen nun lie gen zwei Forts, das eine St. Peter, das andere St. Felir genannt, welche ſtaͤrker erfcheinen durch ihre Lage als durch ihre Mauern, und, da fie hoch liegen, die ganze Stadt beherrſchen. In der Ebene diesfeits der Etſch, auf den Mauern der Stadt find zwei andere Feften, eine taufend Schritte von der andern entfernt; die eine heißt die alte, die andere die neue Eitadelle; auf der innern Seite geht eine Mauer von der einen aus, die ſich bis zu der andern zieht, und fo gleichſam die Sehne bilder zu dem Bogen, den die gewöhnlichen Stadtmauern machen, die von der Zweiter Theil, D Zahr einen Eitadelle zur andern gehen. Diefer ganze Raum aber 2439 zwiſchen den beiden Mauern iſt vol Bewohner und wird die Vorftadt von St. Zeno genannt. Dieje Citadellen und diefe Vorſtadt gedachte Nikolaus Piccinino wegzunehmen in der Hoffnung eines leichten Erfolgs, ſowohl wegen der fies ten Nachläßigkeit, mit der die Wachen gefchahen, als aud) meil er glaubte, daß dieſe Nachläßigkeit dur den neuen Sieg noch guößer fein werde, und weil er wußte, daß. im Kriege Feine Unternehmung leichter auszuführen ift, als die, von welcher der Feind glaubt, daß du fie nicht machen. Eön; neft. Nachdem er aljo eine Anzahl feiner Leute auserwählt hatte, gieng er gemeinfchaftlih mit dem Markgrafen von Mantua bei Nacht nad) Verona, wo er, ohne gehört zu werden, die neue Citadelle erftieg und wegnahm. Bon bier aus fliegen feine Truppen hinunter in die Stadt, erbrachen das Thor Sanıt Anton und ließen durch diefes die ganze Reuterei hinein. Diejenigen, die für die Venezianer die alte Eitadelle bewachten, hörten den Lärmen erfi, als die Beſa— zung der neuen ermordet war, und nachher, als das Thor erbrochen ward, erkannten fie, daß es Feinde waren, und fingen an zu fehreien und zu läuten auf das Volk und zu den Waffen. Die Bürger, da fie dies hörten, geriethen-in die größte Verwirrung; diejenigen, die den meiften Muth hatten, ergriffen die Waffen und liefen auf den Plaz der Stadthalter. Indeſſen hatten des Nifolaus Truppen die Vorſtadt St. Zeno geplündert und da fie weiter vordrangen, fo erfuhren die Bürger, daß die Herzoglichen Truppen in der Stadt wären; da fie nun feine Möglichkeit ſahen, fi) zu vertheidigen, fo viethen fie den Venezianiſchen Stadthal: tern fih in die Feftungen zu flüchten, um. ihre Perfonen und den Drt zu retten; indem fie anführten, daß es beſſer fei, fi) das Leben und diejer reichen Stadt die, Hoffnung auf ein beſſeres Schickfal zu erhalten, als, um dem gegen: — 851 — waͤrtigen Ungluͤck auszuweichen, ſich ſelbſt dem Tode und Jahr die Stadt der Armuth zu uͤberliefern. Die Stadthalter alſo 2459. und was nur immer. fih zum Venezianiſchen Namen be; kannte, floh in das Fort von St. Felix. Hierauf gingen einige der erften Bürger dem Nifolaus und dem Markgra— fen von Mantua entgegen, fie bittend, daß fie doch. diefe Stadt lieber mit Ehren als eine veiche, wie mit Schimpf als eine arme befizen wollten, bejonders da fie durch Feine Bertheidigung weder Dank von ihren erfien Herren, noch Haß von ihnen verdient hätten. Nikolaus und der Mark; graf beruhigten diefe Bürger und ſchuͤzten die Stadt vor der Plünderung fo gut als die Ausgelaffenheit der Soldaten es erlaubte. Und weil fie auch fo gut wie überzeugt waren, daß der Graf zur Wiedereroberung derjelben herbei Eommen würde, fo bemuͤhten fie fih mit aller Anftvengung, die feften Plaͤze in ihre Hände zu befommen, und diejenigen, die fie nicht erlangen Fonnten, fonderten fie von dem Lande durch Graben und Verhaue ab, damit dem Feinde fein Einzug in diejelben erjchwert werde. Der Graf Franz war mit feinen Truppen zu Tenna, als er diefe Neuigkeit vernahm. Anfangs hielt er fie für ungegründet, bald aber, als er duch fichere Nachrichten ihre Wahrheit erkannt hatte, wollte er durch Schnelligkeit die vorige Nachläffigkeit wieder gut machen, Obgleich nun alle Hauptleute feines Heers ihm viethen, daß er, die Unter⸗ nehmung auf Verona und Brescia aufgebend, nach Vicenza gehen follte, um nicht, wenn er bier bleibe, von den Feins den belagert zu werden, fo wollte er doch nicht feine Bei: flimmung dazu geben, fondern verfuchen jene Stadt wieder zu gewinnen, daher er fich, mitten in diefer Unentjchloffen: heit zu den Venezianiſchen Proveditoren und zu Bernardetto von Medici, weldher als Kommifjarius von Seiten der Flo: ventiner bei ibm war, wandte, und ihnen die. Wiedererobes D2 Jahr rung der Stadt ganz ficher verjprach, wenn eines von dem 2459. Kaftellen fich bis zu ihrer Ankunft hielte, Nachdem er alfo feine Truppen hatte ordnen laffen, marfchirte er in der größten Schnelligkeit gegen Verona. As Nikolaus ihn erblickte, fo glaubte er, daß er nad dem Nath, den die feinigen ihm gegeben hatten, mach Vicenza gienge; als er aber darauf die Truppen fih gegen die Studt zu wenden, und nach dem Kaftell St. Felir richten fah, fo fieng er an, die DVertheidigung anzuordnen. Doch nicht mehr war es Zeit, denn die Verhacke an dem Kaftell waren noch nicht gemacht, die Soldaten durch die Habſucht nach Beute und Erpreffung zerfiveut; und nicht fchnell genug konnte er fie wieder verfammeln, um den Truppen des Grafen entges gen zu gehen und zu hindern, daß fie nicht der Feftung ſich näherten und durch dieje in die Stadt hinabftiegen, welche fie auch glüdlih zu Nikolaus Schande und feiner Leute Hachtheil wieder eroberten. Nikolaus zog fi) mit dem Markgrafen von Mantua zuerft in die Citadelle und darauf durch die Ebene nad) Mantua zurück, wofeldft fie die geret- teten Weberrefte ihrer Truppen, mit den übrigen, die bei der Belagerung von Brescia ftanden, vereinigten. So ward alfo Verona Binnen vier Tagen von dem Herzoglichen Heere erobert und verloren, Nach diefem Siege ging der Graf, da es Schon Minter und die Kälte groß war, nachdem er mit großer Schwierigkeit Lebensmittel nach Brescia hinein gefchafft hatte, nah Verona in die Minterquartiere, und befahl, daß während des Winters zu Torboli einige Galee— ven gebaut mwirden, um im Frühlinge zn Waſſer und zu Lande fo ſtark zu fen, daß Brescia ganz Eönnte befreit werden. Der Herzog da er den Krieg für den Augenblick ge endigt, und fih der Hoffnung, die er auf die. Eroberung von Verona und Brescia gehabt hatte, beraubt ſah, fer⸗ - ner, daß an allem dieſen das Geld und die-Rathfchläge der Jahr Slorentiner Schuld waren, und daß diefe, weder durch die von den Denezianern erlittenen Beleidigungen von der Sreundfchaft gegen diejelben hatten ‚entfernt, noch durch die Berfprehungen, die er ihnen gethan hatte, für ihn hatten gewonnen werden Finnen: fo befchloß er, damit. fie etwas mehr in der Nähe die Früchte ihrer Ausfaat genießen möchten, Toskana, anzugreifen; wozu er von den vermiefe: nen Slorentinern und von Nikolaus angetrieben wurde; Diejen bewog dazu das Verlangen das er hatte, ‚die Staa: ten Braccios zu erobern und den Grafen’ aus der Mark zu vertreiben; jene trieb der Wunſch, in ihr Vaterland zurück; zufehren; und beide hatten den Herzog mit fchieklihen und ihrem Wunſch entfprechenden Gründen bewogen. Nikolaus zeigte ibm, daß er ihn nach) Toskana fenden- und zugleich Brescia belagert halten koͤnne, weil er Herr des Sees fet, und die ſtarken und wohlverſehenen Feften des Landes. befize, auch Anführer genug und Truppen übrig habe, um, dem Grafen zu widerftehen, wenn er irgend etwas neues unter naͤhme; doch fei es nicht wahrfcheinlich,. daß dieſer es thun werde, ohne Brescia zu befreien, welches indeflen unmög- lich ſei; daß er alfo Krieg in Toskana führen werde, ohne die Unternehmung in der Lombardei aufzugeben. » Er. zeigte ihm ferner, daß die, Florentiner genoͤthigt fein würden, fo- bald fie ihn in Toskana fähen, den Grafen zuräczurufen, oder fih zu Grunde zu richten; und. daß, welches von bei: den aud) gefchehe, der Sieg daraus erfolgen muͤſſe. Die Vertriebenen verficherten, es fei unmöglih, wenn Niko: laus ſich mit feinem Heere Florenz nähere, ‚daß nicht das Volk in diefer Stadt, müde der Auflagen und des Ueber: muths der Mächtigen, ‚die Waffen gegen diefe ergreifen ſollte. Sie zeigten. ihm, daß die Annäheruug an Florenz leicht ſei, indem fie ihm verſprachen, daß der: Weg durchs 1449. — — Jahr Caſentiniſche offen fein ſollte, wegen der Freundſchaft die 2449. eff Rinaldo mit diefem Grafen hielt; daher denn der Herzog, ſchon an ſich dazu geneigt, noch viel mehr durch ihre Ueberredungen zu dieſer Unternehmung beſtimmt ward. Die Denezianer von der andern Geitr, jo rauh der Winter aud) war, unterliegen doch nicht, den Grafen anzutreiben, daß er Brescia mit feinem ganzen Heer zu Hülfe Efomme. Der Graf behauptete, die Sache koͤnne nicht zu diefer Zeit ge fchehen, ſondern man müffe die neue Jahrszeit abwarten, ind in der Zwifchenzeit die Flotte in Stand fezen, um der * nachher zu Waſſer und zu Lande zu Huͤlfe zu kom— Die Venezianer waren hierüber verdrießlich und lange * zu jeder his ſe daß in ihrem Heere viele Leute fehlten." Die Floventiner, als fie alle diefe Dinge erfuhren, er— ſchraken/ denn‘ fie fahen den Krieg gegen fih anziehen, ohne. daß in der Fombardei viel gewonnen worden war. Auch ward ihre: Unruhe nicht geringer, durch die Beforgniß, bie fie vor den Truppen der Kirche hatten; nicht daß der Pabft ihr Feind gewefen wäre, fondern weil fie fahen, daß diefes Kriegsheer mehr dem Patriarchen, der ihr größter Feind war, gehorchte, als dem Pabft. Dies war Johann Bitel: leſchi aus Corneta, zuerft Apoftolifcher Notarius, dann Bifchof von Nicanati und zugleich Patriarch von Alerandria, zulezt aber als er Kardinal ward, wurde er der Florentinifche Kars dinal genannt. Er war muthig und liftig, und wußte es daher dahin zu bringen, daß er vom Pabfte fehr geliebt ward, daß ihm derfelbe den Befehl über alle Truppen der Kirche gab, und daß er Anführer von allen Feldzügen war, die der Pabſt in Toskana, in Romagna, im Königreich und in Nom machte. Hierdurch gewann er eine folhe Ge malt über die Truppen und über den Pabſt, daß diefer fuͤrchtete, ihm zu befehlen, und jene ihm allein und keinem andern’ gehorchen wollten. Da nun diefer Kardinal fich mit Jahr den Truppen in Rom befand, als der Ruf erſcholl, dag“ Nikolaus nad) Toskana kommen wollte, fo verdoppelte ſich die Furcht der Florentiner, weil er immer ein Feind ihres Staates geweſen war, feitdem Meffer Rinaldo verbannt worden, weil er fah, daß die durch feine Vermittelung zwifchen den Partheien zu Florenz gefchloffenen Verträge nicht beobachtet, fondern vielmehr zum Nachtheil von Meffer Ninaldo gebraucht worden waren, indem fie verurs facht hatten, daß er die Waffen niedergelegt und feinen Feinden es möglih gemacht hatte, ihn zu verjagen. Es fhien daher den Vornehmften der Regierung, daß die Zeit gefommen fei, wo man Meffer Rinaldo feinen Schaden werde erfejen müffen, wenn diefer, mit Nikolaus nad) Tos: fana kommend, fich nähere. Sie fürdhteten diefes um fo mehr, da fie den Abmarfch des Nikolaus aus der Lombardet jehr unzeitig fanden, indem er eine faft mißlungene Unter: nehmung verließ, um fich in eine ganz zweifelhafte einzu: laffen; welches er, wie fie meinten nicht ohne irgend ein neues Einverftändniß oder verborgene Zäufhung thäte. Diefen ihren Verdacht theilten fie dem Pabfte mit, der be; reits feinen Fehler erkannt hatte, einem Andern zu große Macht anvertraut zu haben. Aber mitten in diefer Beforgnig und Unfchläffigkeit der Florentiner zeigte das Glüf ihnen den Weg, wie fie des Patriarchen fich verfihern könnten. Diefe Republick unter; hielt an allen Orten forgfältige Kundichafter, befonders auf: merffam auf die Briefträger, um zu entdecken, ob jemand gegen ihre Regierung irgend etwas im Sinne habe, So gefchah es, dag zu Montepulciano Briefe aufgefangen wur: den, welche der Patriarch ohne Beiftimmung des Pabftes an Nikolaus Piceinino fchrieb, und der Beamte, der dem Kriege vorgefezt war, legte fie fogleih dem Pabſte vor. — 56 — Sohr Obgleich fie nun mit ungewöhnlichen Schriftzeichen geſchrie—⸗ 244% hen waren und der Sinn davon fo verhält, daß fich kein ganz beftimmter Gedanfe daraus entwideln ließ, fo fezte doch diefe Dunkelheit und die Unterhandlung mit dem Feinde den Pabft in ſolches Schreden, daß er fid davor zu fichern befchlog, und die Beforgung diefes Geſchaͤfts trug er dem Anton Rido von Padua auf, der die Bes fazung des Kaftells von Rom befehligte. Sobald diefer den Auftrag erhielt, erwartete er, zu gehorchen bereit, die Ges legenheit dazu. Der Patriarch hatte bejchloffen nach Tos— fana zu gehen, und da er am folgenden Tage von Rom abreifen wollte, fo ließ er dem Befehlshaber des Kaftells fas gen, daß er am Morgen auf der Bruͤcke des Kaftells fein follte, weil er im Vorbeigehen noch von einem Gejchäfte mit ihm fprechen wollte. Jezt glaubte Anton daß die Ges legenheit gefommen fei: er befahl feinen Leuten, was fie zu thun hätten, und erwartete zur beftimmten Zeit den Patriarchen auf der Brüde, welche man in der Nähe des Kaftells zu deſſen Sicherheit jf nachdem es nöthig ift, auf ziehen und niederlaffen Eannz; mie alfo der: Patriarch auf derfelben ftand, und er ihn erfi durc das Gefpräch feſtge— halten hatte, fo gab er den Seinigen das Zeichen die Brücde aufzuziehen; fo daß der Patriarch fih in einem Augenblic vom Defehlshaber eines Heers zum Gefangenen eines Burg: hauptmanns herabgefunfen fah. Die Truppen, die bei ihm mwaren, tobten anfangs, nachher aber, als fie den Willen des Pabſtes vernommen hatten, berubigten fie fih» Der Burghauptmann aber redete dem Patriarchen mit freund: lihen Worten zu, und flößte ihm beffere Hoffnung ein, fa: gend, daß große Männer nicht gefangen genommen wärden um wieder losgelaffen zu werden, und daß die, welche Gefangene zu fein verdienten, nicht verdienten losgelaffen zu werden; und fo ſtarb er bald nachher im Gefaͤngniß; der Pabft aber ernannte Ludwig Patriarchen von Aqulleja zum Befehlsha⸗ Jahr ber feiner Truppen. Hiemals vorher hatte er fih in die Mo Kriege der Verbündeten mit dem Herzog mijchen. wollen, jezt aber ließ er fich gefallen, "Iheil daran zu nehmen, und verfprah zur Wertheidignng won Toskana vier -taufend Pferde und zwei taufend Mann bereit zu halten. Da die Florentiner von diefer Furcht befreit waren, fo blieb ihnen nur noch die vor Nikolaus und vor. der Zerrütz tung der Angelegenheiten der. Lombardei, ‚wegen der Miß- helligkeiten die zwifchen dem Grafen und den DBenezianern Statt fanden; um diefe beffer zu verftiehen, fandten fie Neri di Gino Capponi und Meffer Zulian Davanzati nach Be nedig, und trugen ihnen auf, zu verabreden, wie im kuͤnf— tigen Jahre der Krieg geführt werden folle; dem Neri aber trugen fie auf, wenn er die Meinung der VBenezianer ver: nommen, zu dem Grafen zu gehen um auch die feinige anzuhören, und ihn zu demjenigen zu überreden, was für das ‚Befte des Bundes nöthig fein würde. Diefe Gefand: ten waren noch nicht zu Ferrara, als fie hörten, daß Niko: laus Piecinino mit fechs taufend Pferden über den Po ge: sangen ſei. Dies machte fie ihre Reiſe befchleunigen und als fie zu Venedig ankamen, fanden fie die ganze Signoria diefer Stadt des feften Willens, daß Brescia ohne die Ver: änderung der Sahrszeit zu erwarten Hülfe erhalten folle, indem diefe Feftung die Huͤlfe weder bis zur neuen Jahrs— zeit, noch bis zur Vollendung der Slotte, entbehren könne, fondern wenn fie ſonſt feine Rettung fähe, fih dem Feinde ergeben. würde; ‚diefes aber werde dem Herzoge den entſchei— dendften Sieg verfchaffen, und ihnen ihr ganzes Reich auf dem feften Landesentreißen. Neri ging deshalb nad) Verona, um auch den Grafen und das, was er dagegen anführen möchte, zu vernehmen, und diefer zeigte ihm, mit vielen Sünden, daß in diefem Wetter nach Brescia zu reiten für Jahr jezt unnuͤz und fiir den Eiinftigen Feldzug fchädlich fei; denn 2440 angefehen das Wetter umd die Lage, wuͤrde man Brescia gar feinen Nuzen ſchaffeu, fondern einzig die Truppen im Unordnung bringen und ermüden, fo daß wenn dann die neue zum Handeln günftige Jahrszeit einträte, er genöthigt fein würde mit dem Heere nach Verona zurüczufehren um die im Winter verbrauchten und für den kuͤnftigen Sommer nöthigen Vorraͤthe wieder anzufchaffen; wodurch dann die ganze zum Kriege günftige Jahrszeit durch hin und herge— ben würde verfchwender werden. Es waren zu dem Grafen nah Verona Meffer Drfatto Suftiniani und Meffer Johann Difani gejandt worden, um diefe Sachen zu verhandeln. Mit diefen ward nach vielen Ziviihenreden feftgefezt, daß die Benezianer für das kuͤnftige Jahr dem Grafen adhtzig taufend Dufaten, und ihren andern Truppen für den Mann vierzig Dufaten geben follten, daß man eilen folle mit dem ganzen Heere auszuruͤcken, und daß der Herzog folle angegriffen werden, damit er aus Beſorgniß für feine eigenen Angelegenheiten Nikolaus in die Lombardei zurück fommen laffe. Nach diefem Befchluffe Fehrten fie nah Be: nedig zurück, Die VBenezianer aber, weil die Summe Geb des fehr groß war, beforgten alles fehr fchläfrig. Nikolaus Piceinino verfolgte indeffen feinen Weg; fchon. war er in Toskana angefommen und hatte fchon fo viel mit den Söhnen von Mefler Pandolfo Malatefti unterhandelt, daß fie, die Venezianer verlaffend, fih) an den Herzog ange: Schloffen hatten. Diefer Vorfall mipfiel zu Venedig, viel mehr aber zu Florenz, denn auf diefem Wege hatten fie ges hofft dem Nikolaus MWiderftand leiften zu Fönnen. Da fie aber die Malatefti fich empören fahen, fo erfchraden fie, befonders weil fie. fürchteten, daß Peter Johann Paul Or— fino, ihr Feldherr, der fih auf den Gütern der Malatefti befand, ihnen geraubt, und fie dadurch entwaffnet werden Jahr möchten. Ehen fo fehr beſtuͤrzte dieſe Nachricht den Gras" fen, denn er fürchtete die Mark zu verlieren, wenn Niko; laus nach Tosfana gienge; entfchloffen alfo, feiner Befizung zu Hülfe zu fommen, gieng er nach Venedig, und vorge fellt dem Doge, bewieß er ihm, daß fein Marſch nach Toss fana dem Bunde nüzlich fein werde; denn da müfle man den Krieg führen, wo der Feldherr und das Heer des Feins des fei, nicht wo man feine eignen Städte und Befazungen babe; denn ift das Heer befiegt fo ift der Krieg gewonnen, find aber die Feftungen befiege und das Heer unverjehrt, fo wird der Krieg oft viel lebhafter: er verficherte, die Marf und Toskana wären verloren wenn man Niko— laus nicht Eräftigen Widerſtand leiſte, und wären diefe verloren, ſo babe die Lombardei Fein Hülfsmittel mehr; aber wenn fie auch noch ein Häülfsmittel habe, fo fei er nicht gefonnen, feine Unterthanen und feine Freunde zu vers laffen; als ein Hevr fei er in die Lombardei gekommen und nicht als ein Söldling wolle er fie verlaffen. Hierauf ants wortete der Doge, es fei ganz augenfcheinlih, daß nicht blos wenn er die Lombardei verlaffe, fondern auch dann fhon, wenn er nur mit feinem Heere über den Po zurüc- gienge, ihr ganzes Neich auf dem feſten Lande verloren fein würde, und fie würden aud Feine einzige Ausgabe mehr mahen, um es zu vertheidigen; denn derjenige fei nicht weife, der eine Sache zu vertheidigen fucht, die er doch in jedem Fall verlieren muß; und es fei ſowohl der Schimpf, als der Schaden geringer, wenn man nur die Ränder vers liere, als wenn man die Länder und auch das Geld verlöre, Wenn aber ihre Angelegenheiten zu Grunde gehen follten, alsdann erft würde man fehen, wieviel das Anfehen der Benezianer dazu beitrage, Toskana und Romagna aufrecht zu halten. Sie wären daher ganz entgegengefezter Mei: — 60 — Jahr nung als er, denn ſie glaubten, wer in der Lombardei ſiege, 4der werde auch an allen andern Orten ſiegen; dieſer Sieg aber ſei leicht, denn durch Nikolaus Abmarſch ſei das Ge: biet des Herzogs jezt ſehr geſchwaͤcht, ſo daß er eher ſeinen Untergang finden werde, ehe er wuͤrde Nikolaus zuruͤck— rufen oder ſich andere Huͤlfsmittel verſchaffen koͤnnen. Wer aber jeden Umſtand vernuͤnftig unterſuche, der werde finden, daß der Herzog aus keiner andern Urſach Nikolaus nach Toskana geſandt habe, als um den Grafen von dieſer Un— ternehmung abzubringen und dieſen Krieg, der in ſeinem Lande gefuͤhrt werde, wo anders hinzuwenden. Der Graf wuͤrde alſo wenn er ihm nachginge, bevor er durch die aͤußerſte Nothwendigkeit ſich dazu gezwungen ſehe, die Abſichten des Herzogs ſelbſt ausfuͤhren, und ihm den Genuß verſchaf— fen, Seinen Wunſch erfuͤllt zu ſehen; wenn aber die Trup— pen in der Lombardei erhalten wuͤrden und man in Toskana ſich helfe wie man koͤnne, jo werde der Herzog ſeine ſchlechte Maasregel zu fpat und erfi dann erfennen, wann er die Lombardei unmiederruflich verloren und in Toskana nicht den Sieg erhalten haben werde, Machdem alfo ein jeder feine Meinung gejagt und beantwortet erhalten ‚hatte, fo befchloß man, daß man noch einige Tage warten wolle, um zu fehen, was aus diefer Verbindung der Malateftt mit. dem Nifos laus erfolgen werde; ob die Florentiner von Peter Johann Paul würden Gebrauh machen können; und ob der Pabft in gleichem Schritte mit dem Bunde bleibe, wie er es ver: fprochen habe. Wenige Tage nachdem fie diefen Entjchluß gefaßt hatten, wurden fie benachrichtigt, daß die Malatefti diefe Verbindung mehr aus Furcht als aus andern feindlt chen Gründen gefchleffen hätten; daB Peter Johann Paul mit feinen Truppen nad Toskana -gegangen ſei; und daß der Pabft mehr geſtimmt fei den Verbündeten beizuftehen, als vorher, - Dieje Nachrichten berubigten-des Grafen Ger — 61 — muͤth, er beſchloß in der Lombardei zu bleiben, und daß Jahr Neri Capponi mit tauſend von feinen und fünf Hundert an" dern Reutern nach Florenz zurückkehren folle. Wenn aber die Sachen in Toskana eine folhe Wendung nähmen, daß die Thätigkeit des Grafen dafeldft erfordert werde, fo follte man es fchreiben, und alsdann follte der Graf ohne weitere Ruͤckſicht abreiſen. Neri Fam alfo im April mit diefen Truppen in Florenz an, und an dem nehmlichen Tage traf auch Johann Paul ein. Nikolaus Pieeinino, der indeffen die Sachen in Ro; magna in Drönung gebracht hatte, fezte fich vor, nach Toss fana hinab zu gehen, und da er über die Alpen von St. Benedikt und das Thal von Montone gehen wollte, fand er diefe Gegend durch die Tapferkeit: des Nikolaus von Pifa fo. gut bewacht, daß er dafür hielt, alle feine Anftrengungen von diefer Seite würden vergeblich fein. Da nun die Flo; rentiner gegen dieſen plözlichen Angriff fehr schlechte mit Truppen und Hauptleuten verjehen waren, fo hatten fie nach den Pällen jener Alpen mehrere ihrer Bürger mit ſchnell errichtetem Fußvolk abgeſchickt, um fie zu vertheidi- gen; unter diefen war auch Meſſer Bartholomäus Orlan— dini, ein Nitter, der das Kaftell von Marradi und den Pag der dortigen Alpen zu vertheidigen befam. Da alfo Niko: laus Piccinino nicht geglaubt hatte, den Pag von St. Be: medift durchbrechen zu koͤnnen, wegen der Tapferkeit feines Bertheidigers, jo dachte er den von Marradi erkämpfen zu fünnen, wegen der Feigheit deffen, der ihn vertheidigen follte. Marradi ift ein Kaftell, am Fuß der Alpen gelegen, welche Toskana und Romagna fiheiden, aber von der Seite nad) Romagna zu und in dem -Anfange des Ihals von Lamona iſt es, obſchon ohne Mauern, doc durch den Fluß, die Berge, und die Bewohner feft, denn die Männer find krie— gerifehiund treu, und der Fluß hat das Erdreich dermaßen — 62 — Jahr abgeſpuͤlt, und hat ſeine Grotten ſo hoch, daß von der 240. Seite des Thals dorthin zu kommen unmoͤglich iſt, fo lange eine Eleine Brücfe die über den Fluß führt, vertheidige wird; und von der Seite der Berge find die Ufer fo fchroff, daß fie die Lage des Orts Außerft fiher machen, Nichtsdeſto— weniger machte Meffer Bartholomäus Feigheit felbft diefe Leute feige, felbft diefe Lage ſchwach. Denn nicht fobald hörte er das Geräufh der feindlichen Truppen, als er, alles im Stich laffend, mit den Seinigen entflohb, und nicht eher wieder anhielt bis an der Vorftadt zu St. Lorenzo. Niko: laus, der in die verlaflenen Orte einrücdte, voll Verwunde— rung fie nicht vertheidige zu finden, und voll Freude fie ges wonnen zu haben, flieg nach Mugello hinab, wo er einige Kaftelle einnahm, und fiellte fein Heer bei Puliciano, von wo aus er das ganze Land durchftrih bis zu den Bergen von Fiefole, ja er war fo kuͤhn, über den Arno zu gehen, und bis zu einer Nähe von drei Meilen bei Florenz pluͤn— derte und durchſchwaͤrmte er alles. Die Florentiner von der andern Seite —— nicht die Faſſung; vor allen Dingen ſorgten ſie fuͤr die Aufrecht— haltung der Regierung, fuͤr welche ſie wenig zu fuͤrchten hatten, wegen der Gunſt die Kosmus beim Volke genoß, und weil fie die wichtigften Stellen durch wenige Mächtige befezt hielten, die durch ihre Strenge feiten Widerſtand lei- fteten, wenn etwa jemand unzufrieden oder nach Neuerun— gen begierig geweſen wäre, Auch mußten fie durch die in der Lombardei gefchloffenen Verträge, mit welcher Mache Neri zu ihnen zuräckkehre, zugleich erwarteten fie die Trup— pen des Pabftes und diefe Hoffnung erhielt fie bis zu Neris Ruͤckkunft thätig. Neri der die Stadt in diefen Störungen und Beforgniffen fand, beſchloß ins Feld auszuräden und Nikolaus ein wenig zu zügeln, daß er nicht ungehindert das Land ausplündere; und nachdem er ein Corps von mehreren Fußvoͤlkern, ſaͤmmtlich aus dem Volk, aufgeftellt, ruͤckte er Jahr „mit aller Neuterei die er vorfand aus, und nahm Kemoli "41% wieder weg, welches die Feinde bejezt hatten; hier. lagerte er fih, binderte dadurch Nikolaus am Herumftreifen und gab den Bürgern Hoffnung, den fie umgebenden Feind weg: zufchaffen. Nikolaus, der gefehn hatte, daß die Florentiner, da fie von Truppen entblöße waren, nicht die geringfte Be: wegung gemacht: hatten, und jezt hörte, in welcher Sicher: heit man in diefer Stadt lebte, glaubte feine Zeit vergebens zu verfchwenden, und bejchloß daher andere Unternehmuns gen zu machen, damit die Florentiner veranlaßt würden, die Truppen hinter ihn her zu fenden, und ihm dadurch Gele; genheit zu einer Schlacht zu geben, durc deren Gewinn er auch in allen andern Dingen glüclihen Erfolg zu erlangen hoffte. | Dei Nikolaus Heere befand fih Franz Graf von Poppi, der, als die Feinde in Mugello waren, von den Sloventinern, mit denen er verbündet war, abfiel. Ob— gleih nun ſchon früher die Florentiner an ihm zweifelten, fo hatten fie doch, um durch Wohlthaten feine Freundfchaft zu gewinnen, fein Gehalt vermehrt und ihn über alle in feiner Nachbarfchaft liegende Derter zum Commiffarius evs vannt. Allein die Partheifucht vermag foviel über den Menfchen, daß Feine Wohlthat und Feine Furcht feine Zu: neigung zu Meffer Ninaldo und zu den andern, die die vo: tige Regierung in Händen hatten, auslöjchen konnte; fo daß er, jobald er nur hörte, Nikolaus fei in der Nähe, fich mit ihm verband, und mit dem größten Eifer ihm zuredete, ſich von der Stadt zu entfernen und in das Cafentinifche zu ruͤcken, indem er ihm die Feftigkeit des Landes zeigte und wie ficher er von dort aus die Feinde eingefchränft erhalten fönnte. Nikolaus nahm alfo diefen Rath) an, nahm bei fei- ner Ankunft im Caſentiniſchen Romena und DBibbiena ein u. u Jahr und ſchlug darauf fein Lager zu Caſtell St. Niccolo auf. we... Diefes Kaftell liegt am Fuß der Alpen die das Cafentinifche von dem Thal des Arno trennen; da es nun an einem fehr hohen Drte liegt, und hinlängliche Befazung hatte, fo war die Eroberung deffelben fchwer, obgleich Nikolaus es beſtän— dig mit Steinwerfeen *) und ähnlicher Artillerie bejchoß. Diefe Belagerung hatte fchon mehr als zwanzig Tage ger dauert, während welcher Zeit die Florentiner ihre Truppen zufammengezogen hatten, und fie hatten bereits dreitaujend Pferde unter mehreren Anführern bei Fegghine verfammelt unter dem Oberbefehl des Peter Johann Paul als Feld; heren, und des Neri Capponi und Bernhard von Mediet als Kommiffarien. Zu diefen Eamen vier Abgeordnete aus dem Kaftell St. Niccolo, fie zu bitten, daß fie ihnen Hülfe ſchickten. Die Kommiffarien, nachdem fie die Lage unters fuht, fanden, daß fie ihnen nicht zu Hälfe Eommen koͤnn— ten, als nur über die Alpen, die vom Arnothal ausgingen, deren Gipfel früher von dem Feinde als von ihnen konnten eingenommen werden, weil jene einen Fürzern Weg dahin hatten, fie felbft aber ihren Anzug nicht verbergen Eonnten; fe dag man dadurd) eine unansführbare Sache unternommen ba; ben würde und der Ruin ihrer Truppen darans folgen Eonnte. Die Kommiffarien lobten alfo die Treue der Befazung, und fielften ihnen anbeim, wenn fie ſich -länger nicht. halten könnten, fich zu ergeben. Nikolaus nahm alfo dies Kaftelf zwei und dreißig Tage, nachdem er fein Lager dort aufges fihlagen hatte, ein; und der Verluſt fo vieler Zeit um eines fo geringen Vortheils willen war großentheils an dem Mißlins gen feiner Unternehmung ſchuld: denn hielt er fich mit ſei— nen Truppen um Florenz herum, jo bewirkte er, daß die Regierung diefer Stade die Bürger nur mit Vorſicht zu — N Briccola, eine Art von Kriegemaſchine um Steine zu werfen. Geldabgaben anhalten, daß fie mit größerer Schwierigkeit Jahr ihre Truppen verjammeln und für alle andere Bedürfniffe % forgen konnte, da fie den Feind auf dem Nacken hatte, als da fie frei war; auch würden viele Luft gehabt haben, irgend einen DBergleich zu Stande zu bringen, um fich durch den Frieden vor Nikolaus zu fihern, wenn fie die Dauer des Krieges als mwahrfcheinlih vor Augen gefehn hätten. Aber — die Begierde des Grafen von Poppi fih an den Befehlss habern jenes Kaftells zu rächen, die lange Zeit feine Feinde_ gewefen waren, machte daß er diefen Math gab, und Niko: laus nahm ihn an, um ihm Genuuͤge zu leiften, welches dann einen wie den andern zu Grunde richtete. So ift es felten der Sal, daB die perjönlichen Leidenfchaften dem Wohl des Ganzen niche ſchaden jollten, Nikolaus, feinen Sieg verfolgend, nahm Raffina und Chiuſi. In diefer Ges gend überredete ihn der Graf von Poppi halt zu machen, indem er ihm zeigte, daß er feine Truppen zwifchen Chiuſi, Caprefe und der Pieve ausbreiten koͤnne; daß er jo Meifter der Alpen fein würde; mach feinem Gefallen in das Arno— thbal, das Chianathal und in das Tiberthal binabfteigen koͤnne, und gegen jede Bewegung des Feindes gerüftee fei. Nikolaus aber, die Rauhigkeit diefer Orte betvachtend, ers wiederte ihm, daß feine Pferde Feine Steine fräßen, und ging nad) dem Fleden St. Sepolero, wo er freundfchafts ih empfangen ward. Bon bier aus verfuchte er die Ge finnung der Einwohner von Eitta di Kaftello, die aber als Sreunde der Florentiner nicht auf ihn hörten. Er wuͤnſchte auch die Peruginer fich ergeben zu ſehen und ging daher mit vierzig Pferden nach) Perugia, wo man ihn, da er ihr Mitbürger war, liebreih aufnahm. Doch binnen wenigen Tagen ward er dort verdächtig; er fuchte mancherlei Dinge mit dem Legaten und mit den Peruginern ins Werk zu rich: ten, aber nichts gelang ihm; daher er mit acht taufend Du— Zweites Theil, E 40, — — Jahr katen, die er von ihnen empfing, zu feinem Heer zuruͤck⸗ Aue: £ehrte. Von bier aus unterhielt ev Verftändniffe in Cortona, um diefe Stadt den Florentinern zu entreißen; weil aber die Sache vor der Zeit entdeckt ward, fo mißlang fein Vors haben. Zu den vornehmften Bürgern diefer Stadt gehörte Bartholomäus von Senſo. Diefem ward, da er Abends auf Befehl des Hauptmanns an ein Thor auf die Mache ging, von einem feiner Freunde vom Lande zu vers ftehn gegeben, daß er nicht dahin gehn möchte, wenn er nicht ermordet werden wollte. Bartholomäus wollte den Grund der Sache erforfchen, und fand den Gang der mit Nikolaus gefchloffenen Webereinfunft aus, er benachrichtigte hiervon fogleich den Hauptmann, der nachdem er fich der Häupter der Verſchwoͤrung verfihert, und die Wachen an den Ihoren verdoppelt hatte, nach der gegebnen Anzeige des Nikolaus Ankunft erwartete; diefer erfchien des Nachts zur beftimmten Zeit, da er fich aber entdeckt ſah, fo Eehrte er in fein Quartier zurüd. Während nun diefe Gefchäfte auf folche Weife in Tos— kana und zwar mit wenig Vortheil betrieben wurden, ging es auch in der Lombardei für des Herzogs Truppen nicht ruhig zu, bier aber gar zu feinem Verluſt und Schaden, Der Graf Franz nehmlich zog, fobald es nur immer die Jahrszeit erlaubte, mit feinem Heer ins Feld; und weil die Venezianer ihre Flotte auf dem See wiederhergeftellt hatten, fo wollte der Graf vor allen Dingen fih des Waffers be; mächtigen, und den Herzog von dem See vertreiben, weil nach feiner Meinung, wenn er dies gethan habe, das ans dere ihm leicht fein werde, Er griff alfo mit der Flotte der Benezianer die des Herzogs an und fchlug fie, mit den Sandtruppen aber nahm er die Kaftelle weg, die jenem uns terworfen waren; fo daß die andern herzoglichen Truppen, welche Brescia zu Lande belagerten, da fie diefe Niederlage — 67 — vernahmen, ſich ausbreiteten; und fo ward Brescia, nad: Jahr dem es einer dreijaͤhrigen Belagerung ausgeſezt geweſen, be— 2440» “ freit. Gleich nach diefem Siege ſuchte der Graf die Feinde auf, die fich nach Soncino zurücgezogen hatten, einem Ka: fiel, das am Fluffe Oglio liegt, vertrieb fie von dort, und bewirkte ihren Rüdzug nach Cremona, wo der Herzog fie aufftellte und von diefer Seite feine Staaten vertheidigte. Da aber der Graf ihn von Tage zu Tage mehr bedrängte, nnd er befürchtete, feine Staaten entweder ganz oder doch großentheils zu verlieren, fo erfannte er wie ſchlecht die daasregel fei, die er genommen habe, Nikolaus nad) Tos— fana zu fenden, und um diefen Fehler wieder zu verbef: fern, fchrieb er demfelben, in welchen Umftänden er fich ber finde, und wohin es mit feinen Unternehmungen gefommen fei; er möchte daher, fo gefihwind er koͤnne, Toskana ver: laffen und nach der Lombardei zurückehren. Unterdeffen hatten die Florentiner unter Anführung th: rer Kommiffarien ihre Truppen mit denen des Pabftes vers einigt, und halt gemacht zu Anghiari, einem Kaftell das am Fuß der Berge legt, welche das Ziberthal von dem Ehianathal abfondern, vier Meilen von dem Fleden St. Sepolero, wo der Weg eben und die Felder gut befchaffen find, um Reiterei aufzunehmen, und den Krieg darauf zu führen. Da fie nun Nachricht hatten von den Siegen des Grafen und von des Nifolaus Zurückberufung, fo glaubten fie mit dem Schwerdt in der Scheide und ohne einen Schuß zu thun, diefen Feldzug gewonnen zu haben. Sie fchrieben deshalb an die Kommiffarien, daß fie fih in Feine Schlacht einlaffen möchten, weil Nikolaus nicht viele Tage mehr in Zosfana bleiben koͤnnte. Diefer Befehl kam zu Nikolaus Kenntniß, und da er die Nothwendigkeit feines Abmarfches fah, fo befchloß er, um nichts unverfucht zu laffen, eine Schlacht zu liefern, in der Hoffnung die Feinde unvorbereis E 2 a. OB Jahr tet und von dem Gedanfen an eine Schlaht ganz abge 2449 wandt zu finden, Hierin ward er von Meffer Rinaldo, dem Grafen von Poppi und den andern veriviefenen Florenz tinern bejtärfe, die ihren Untergang deutlich vor Augen fa: ben, wenn Nikolaus fich entfernte, wenn es aber. zur Schlacht kaͤme, fo hofften fie entweder ihre Sache zu ge mwinnen, oder doch mit Ehren zu verlieren. Nikolaus alfo führte, nachdem er diefen Entſchluß gefaßt, fein Heer von dem Drte wo es ſtand, nad) der Gegend zwifchen Citta di Caftello und dem Flecken, und da er an den leztern Ort gefommen war, ohne daß die Feinde es merkten, zog er aus demfelben zwei taufend Menfchen, die auf des Feldheren Tapferkeit und feine Ver— fprechungen vertrauend und begierig nad) Beute, ihm folgten. Nikolaus wandte fih alfo mit feinen Schaaren in Schlachtordnung gegen Anghiari, und war den Florentinern fhon auf weniger als zwei Meilen nahe, als Micheletto Attendulo eine große Staubwolke erblickte, und da er bes merkte, daß es die Feinde feien, zu den Waffen vief, Der Tumult in dem Lager der Floventiner war groß, dent tie diefe Heere gewöhnlich ohne die mindefte Kriegsordnung lagern, fo hatte fih hierzu noch die Nachläffigfeit gefellt, weil fie den Feind entferne und mehr geneigt zur Flucht als zur Schlacht glaubten; fo dag jeder waffenlos, entfernt von feinem Quartier, oder an dem Orte war, wohin fein Wille, entweder um fich der großen Hize zu entziehen, oder um irgend einem Vergnügen nachzugehen, ihn geführt hatte Dennoch war die Thätigfeit der Kommiffarien und des Feld— herrn fo groß, daß ehe die Feinde angefommen waren, die Truppen zu Pferde und fo geordnet waren, daß fie dem Angriff derjelben widerftehen Fonnten. Wie nun Micheletto der erfte geiwelen war, den Feind zu entdecken, fo war auch er der erfte, ihm gemwaffnee zu begegnen, und eilte mit feis nen Truppen auf die Brüde des Fluffes; der die Straße — Gi nicht weit von Anghiari, durchfchneidet. Da nun vor der Jahr Ankunft des Feindes Peter Johann Paul die Graben hatte No⸗ ausfüllen laffen, welche die Straße, die zwifchen: der Brücke und Anghiari ift, einjchließen, und Michelerto fich gegen die Brücke zu geftelt, hatte; fo ftellte ſich Simoneino der Hauptmann der Kirche und der Legat auf die rechte Seite, und auf die Linke die Floventinifchen Kommiffarien mit Pe: ter Sohann Paul ihrem Hauptmann; das Fußvolk aber prdneten fie an jeder Seite aufwärts an dem Ufer des Fluſſes. Es blieb daher den Feinden fein anderer Weg. offen, um ihre Gegner aufzufuchen, als der gerade über die Brüde, und auch die Florentiner hatten am feinem andern Drte ale an der Brücke zu kämpfen, ausgenommen, daß fie ihrem Fußvolk befohlen hatten, wenn das feindliche Fußvolk die Straße verlaffen follte, um auf den Flanken feiner Reuterei zu fein, fo follten fie alsdann mit Ihren Armbruͤſten diefels ben befämpfen, damit jene nicht die Florentinifche Reuterei in der Flanfe verwunden koͤnnten, wenn fie über die Brücke gienge. Die erften Truppen alfo die fich zeigten, wurden von Micheletto Eräftig abgehalten, ja fogar von ihm zurück geworfen. Als aber Aftorre und Franz Piccinino mit aus: erlefenen Truppen hinzukamen, ftießen fie mit folchem Un: geſtuͤm auf Micheletto los, daß fie ihm die Brücfe wegnah: men und ihn zuruͤckwarfen bis zu dem Anfange der Anhöhe, die zu der Vorftadt von Anghiari fich erhebt; hierauf wur: den fie wieder zurückgefchlagen und bis jenfelts der Brücke gedrängt von denen, die fie in den Flanken angriffen. Diefe Schlacht dauerte zwei Stunden, während welcher bald Pics einino, bald die Florentinifchen Truppen Herren der Brüde waren. Und obgleich auf der Brüce der Kampf gleich war, fo ſchlug man fi) doch diesfeits und jenfeits derfelben zum größten Nachtheile des Nikolaus; denn wenn feine Truppen über die Brüde kamen, fo fanden fie die Feinde — 70 — Jahr ſtark, weil ſie durch die Ausfuͤllung der Graben ſich leicht A: bewegen, und diejenigen, die ermüdet waren, durch frifche Truppen unterftüzt werden konnten. Hingegen wenn die Slorentinifhen Truppen hinüber gingen, fo Eonnte Nikolaus nicht bequem die feinigen mit friſchen vertaufchen, weil er von den Graben uud Kanälen beengt war, melde die Straße einfaßten; und fo geihah es, daß vielmals des Nikolaus Truppen die Brüde erfämpften und immer von den friihen Truppen der Gegner wieder rückwärts gedrängt wurden. Als aber die Brücde von den Florentinern erobert ward, jo daß ihre Truppen in die Straße eindrangen, fo hatte Nikolaus wegen der Muth der anftürmenden und me: gen der Lnbequemlichfeit der Lage nicht Zeit genug, feine Truppen duch friihe zu unterftüzen; die vorderften vers mifchten fih mit den hinterften auf eine folhe Weife, daß einer den andern in Unordnung brachte, das ganze Heer ward genöthigt den Rüden zu wenden, und jeder floh ohne weitere Ruͤckſicht dem Fleden zu. Die Florentiner gewanz nen eine Beute, die fehr groß war an Gefangenen, Rüz fiungen und Pferden; denn nicht taufend Reuter kamen mit Nikolaus glücklich davon. Die Bewohner des Fledens, die Nikolaus gefolgt waren um zu plündern, wurden aus Beute: machern zur Beute, denn alle wurden gefangen und Ihnen Löfegeld auferlegt; die Fahnen und das Gepäd wurden ges nommen. Diejer Sieg hatte viel mehr Nuzen für Toskana, als Nachtheil für den Herzog; denn wenn die Florentiner die Schlacht verloren hätten, fo war Toskana fein; er aber verlor mit derfelben nichts als die Waffen und Pferde feines Heers, die mit nicht vielem Gelde wieder angefchaffe wers den Fonnten. Auch gab es nie eine Zeit, wo die Kriege, die in fremden Lande geführt wurden, meniger gefährlicd) für den waren, der fie führte, als damals; und bei diefer fo großen Niederlage und fo langen Schlacht, die vier | Stunden dauerte, ſtarben nicht mehr als ein einziger Jahr Menih, der nicht an einer Wunde oder fonft von einem — tapfern Streich getroffen, ſondern durch einen Sturz vom Pferde und zertreten ſein Leben verlor. kit fo großer Sicherheit Fämpften damals die Menfchen, denn da fie alle zu Pferde, mit Nüftungen bedeckt und vor dem Tode ficher waren, jo war, wenn fie fich ergaben, die Urfache davon nicht die, daß fie ſonſt Hätten fterben müffen; denn fo lange fie kämpften, wurden fie durch ihre Nüftung vor dem Tode ge: ſchuͤzt, und wann fie nicht mehr Fämpfen konnten, duch das Ergeben. Dieſe Schlacht ift, wegen der Umftände, die fowohl während des Kampfes als nachher Statt fanden, ein großer Deweis von dem Unglück der ehemaligen Kriege; denn da die Feinde befiegt und Nikolaus in den Flecken zurückgetrie; ben war, wollten die Kommiffarien ihm folgen und ihn in diefem Orte belagern, um den Sieg volljtändig zu machen; aber feiner von den Anführern oder Soldaten wollte ihnen gehorchen, indem fie ſagten, daß fie die Deute bei Seite bringen und die Wunden heilen wollten. Noch merkwuͤrdi— ger aber ift es, dag am andern Tage bei hellem Mittage ohne Erlaubniß oder Nückficht, weder auf die Kommiffarien noch auf den Feldherrn, fie nad) Arezzo gingen, dort ihre Beute zurücließen und dann nach Anghiari zuräckehrten. Ein Betragen, fo ſehr gegen alle Löblihe Ordnung und Keiegsdisciplin, daß die geringften Weberbleibfel irgend eines ordentlihen Heeres leicht und verdientermweife ihnen diejen Sieg wieder hätten entreißen koͤnnen, den fie fo unverdient erlangt hatten. Ueberdies noch, da die Kommiffarien wolls ten, daß fie die gefangenen Reuter zurücbehalten follten, um dem Feinde die Gelegenheit zum Erſaz feines Berluftes zu entziehen, befreiten fie diefe dennoch gegen den Willen der Kommifjavien. So iſt es billig fich zu verwundern, mie Jahr ein folhes Heer foviel Tapferkeit haben konnte, um fiegen nn zu koͤnnen, und wie der Feind ſoviel Feigheit hatte, von fo unregelmäßigen Truppen fich befiegen zu laffen. Mährend des Hingehens und Zurückehrens der Florentiniſchen Trup— pen von Arezzo, batte Nikolaus alfo Zeit mit den feinigen aus dem Flecken abzumarfchiren; er ging von dort nad Romagna, wohin auch die Florentinifchen Vertriebenen ihm folgten, die, da fie jede Hoffnung zur Nückkehr nach Flor vonz verſchwunden fahen, ſich nach verfchiedenen Gegenden Staliens und des Auslandes, jeder mac) ‘feinen Verhaͤlt— niffen, zevftreuten. Unter diefen erwählte Meffer Ninaldo feine Wohnung zu Anfona, und um fich das himmliſche Vaterland zu erwerben, nachdem ev das irrdifche verloren hatte, ging er zum Grabe Chriſti; als er nun von diefem zurücfehrte und die Bermählung einer feiner Töchter feierte, fiard er plözlich beim Mahle fizend. Darin alfo war das Glück Ihm gänftig, daß es an demjenigen Tage feiner Verbannung ihn fterben lief, welcher am wenigften unglüclich war. Er war ein Mann wahrhaft geehrt in jeder Rage; aber noch mehr würde er es geweſen fein, wenn die Natur ihn hätte in einer einträchtigen Stadt geboren werden laffen; denn viele feiner Eigenfchaften mußten in einer uneinigen Stadt ihm fchaden, die in einer einigen ihm Belohnungen ver: Schafe haben würden. Die Kommifjarien alfo zeigten ſich, fobald ihre Truppen von Arezzo zurückgekehrt und Nikolaus abmarfchirt war, vor dem Flecken. Die Flecdenbewohner wollten fih den Florentinern unterwerfen, dieſe aber woll— ten fie nicht annehmen, und während der Verhandlungen, die wegen dieſer Verträge Statt fanden, faßte der Legat des Pabftes Verdacht gegen die Kommiffarten, daß fie die: fen Ort der Kirche wegnehmen wollten. Es Fam fogar hier⸗ über zu beletdigenden Morten, und es würden vielleicht Uns ordnungen zwifchen den SFlorentinifchen und Roͤmiſchen Truppen daraus erfolgt fein, wenn die Sache fich fehr in Fahr die Länge gezogen hätte; da fie aber nach des Legaten Wil len endigte, fo ward alles wieder friedlich. Während diefe Angelegenheiten des Fleckens betrieben wurden, hörte man, daß Nifolaus Piceinino gegen Nom zu gegangen ſeiz andere Nachrichten fagten, in die Mark; dev Legat und Sforzas Truppen hielten es daher für gut, gegen Perugia zu marfchiren, um entweder der Mark oder Nom zu Hülfe zu kommen, wo nun Nifolaus fih bins gewandt habe, und daß Bernard von Mediei mit ihnen ginge; Neri aber follte mit den Florentinifchen Truppen zur Eroberung des Lafentinifchen abgehn. Nachdem diefer Ents ſchluß gefaßt worden, vücte Neri ins Lager nad Raſſina, nahm diefes und im nehmlichen Anlauf auch Bibbiena, Prato-Vecchio, und Romena; nach diefem fchlug er fein Lager bei Poppi auf, und umfchloß es von zwei Seiten, nehmlidh in der Ebene von Certomondo, und auf einem Hügel der nach Fronzole hinuͤbergeht. Der Graf von Poppi, verlaffen wie er fich fah von Gott und Menfchen, hatte fich in diefem Orte eingefchloffen, niche inder Hoffnung dort noch Hülfe zu erhalten, fondern um den Vertrag, wenn er könnte, evz träglicher zu machen. Da alfo Neri ihn bedrängte, fo ver; langte ev zu Eapituliven, welches auf eine folche Art gefchah, wie er es in jener Zeit erwarten konnte, nehmlich daß er fih, feine Kinder, und was er davon tragen koͤnnte, in Sicherheit bringen, den Drt aber und fein Gebiet den Flos ventinern abtreten müffe. Als fie nun bieräber verhandel: ten; flieg er hinab auf die Brücke des Arno, der am Fuß des Orts vorbeifließt und fagte ganz ſchmerzvoll und betruͤbt zu Neri: Hätte ich befier mein Glüf und eure Macht er: mefjen, jo würde ich jezt als Freund kommen, mic über euren Sieg mit euch zu freuen, wicht als Feind um euch anzuflehen, daß mein Untergang weniger fchrecklich fei. Das Jahr gegenwärtige Schickſal, wie es für euch ehrenvoll und froͤh— 2449: lich ift, iſt für mich ſchmerzvoll und elend. Ich hatte Pferde, Waffen, Unterthanen, Land und Reichthuͤmer; was Wunder, wenn ich ungern fie verlaffe. Wenn aber ihre über ganz Toskana befehlen Eönnt und wollt, fo ift es noth— wendig, daß wir andern euch gehorchen; und wenn ich nicht diefen Fehler begangen hätte, fo würde mein Schickſal ſich jeze nicht zu erkennen geben, und eure Großmuth nicht an mir erkannt werden können; denn wenn ihre mid) erhaltet, fo werdet ihr der Welt ein dauerndes Beifpiel eurer Gnade geben. Laßt alfo euer Mitleid mein Unrecht übertreffen, und überlaßt mir wenigftens dies einzige Haus, ererbt von denen, die euren Vätern unzählige Wohlthaten erzeigt haben. Hier: auf antwortete Neri; die zu große Hoffnung auf diejenigen, die wenig vermochten, babe ihn zu jo großen Vergehungen gegen die Republik Florenz verleitet, daß dieſe, zujammens genommen mit den gegenwärtigen Zeitumftänden, es nöthig machten, daß er feine Güter abtrete, und als Feind dee Florentiner diefe Gegend verlaffe, die er als ihr Freund nicht babe befizen wollen; denn ev habe eine ſolche Probe von feiner Gefinnung abgelegt, daß er nicht da koͤnne ges duldet werden, wo er bei jeder Veränderung des Gluͤcks der Republik ſchaden Eönne: nicht er werde gefürchtet, fons dern fein Land. Wenn er aber in Deutfchland felbft Fürft fein Eönnte, fo würde diefe Stadt es gerne fehen, und ihn aus Liebe zu jenen feinen Vorfahren, die er anführe, fogar darin begünftigen. Hierauf antwortete der Graf voller Zorn, daß er wohl wänfchte noch entfernter von den Flo— . ventinern zu fein; und fo gab er alle freundliche Unterre: dung auf, und da er fein Huͤlfsmittel dagegen hatte, fo trat er das Land und alle feine Rechnungen den Florentis nern ab, und ging mit allen feinen Sachen, mit Frau und Kindern weinend davon, fich beflagend ein Land verloren zu haben, dag feine Väter vier hundert Jahr befeffen hatten. Jahr Diefe Siege wurden, da man fie in Florenz hörte, von den Häuptern der Regierung und von dem Volke mit außerors dentlicher Fröhlichkeit aufgenommen, Und da Bernardetto von Medici es ungegründer fand, daß Nikolans gegen die Mark oder nah Rom gegangen fei, fo Eehrte er mit feinen Truppen zurück zu dem Drte, wo Neri war, und beide gingen darauf zufammen nach Florenz, wo ihnen die größ- ten Ehrenbezeugungen zuerkannt wurden, die nad) dem Ge: fez der Stadt ihren fiegreichen Bürgern zugejprochen wer: den können; und von den Signoren, den Partheihauptleus ten und demnaͤchſt von der ganzen Stadt wurden fie nach der Triumphirer Weife empfangen. — * — a J PETe stehe. — —9— — Ausg jur ki nenn Pe: TR % — ragen Du eos re8.5 uw, NINE Zinn — inte war es und muß vernünftigermweife auch immer derjenigen Zweck fein, die einen Krieg beginnen, fich veich, und den Feind arm zu machen; aus feinem anderen Grunde firebt man nach dem Siege, wünfcht aus feiner andern Ur: fach) Eroberungen, als um fi» mächtig, und den Gegner ſchwach zu machen. Hieraus folgt, daß jedesmal, wenn dein Sieg dich Armer macht, oder deine Eroberung dich ſchwaͤcht, das Ziel überfchritten oder nicht erreicht worden ift, welches zu erreichen man Kriege führt. Derjenige Fürft oder Freiſtaat wird durch ſeine Siege und Feldzüge bereis chert, der den Feind vernichtet und zugleich von der Beute und den SKriegsauflagen Meifter bleibt. Derjenige wird durch feine Siege arm, der troz ihnen die Feinde nicht vers nichtet und der die Beute und die Kriegsauflagen nicht für fih nehmen kann, fondern feinen Soldaten überlaffen muß. Ein folder ift durch Niederlagen unglücklich, unglücklicher durch Siege; denn geſchlagen erträgt er der Feinde, fiegend aber der Freunde Mißhandlungen, die, weil fie unbilliger, auch weniger erträglich find, vorzüglich weil er feine Unters thanen mit Auflagen und neuen Bedruͤckungen zu beſchwe— ven fich gezwungen ſieht. Hat er nun einige Menfchlichkeit in fih, fo kann er eines folchen Sieges nieht vollfommen — 830 — ſich freuen, der alle feine Unterthanen in Betruͤbniß ſezt. Die alten und wohleingerichteten Freiſtaaten pflegten bei ihren Siegen die Schazkammer mit Gold und Silber anzu— fuͤllen, dem Volk Geſchenke auszutheilen, ihren Unterthanen die Abgaben zu erlaſſen, und ſie mit Spielen und feierlichen Feſten zu ergoͤzen. Die Freiſtaaten der von uns beſchriebe— nen Zeiten aber leeren zuerſt den Schaz, erſchoͤpfen dann das Volk, und ſichern dich vor deinen Feinden nicht, Alles dies entffand aus der Unordnung, mit der man diefe Kriege führte, denn da man die befiegten Feinde beraubte, und fich auch im Morden nicht mäßigte; fo mwarteten diefe nur fo lange, Ihren Sieger wieder anzugreifen, bis fie von ihren Sührern mit neuen Waffen und Pferden verfehen wurden. Da nun auch Auflagen und Beute den Soldaten gehörten, fo konnten die fiegenden Fürften fie nicht zu den neuen Aus- gaben des Soldes verwenden, jondern mußten diefe aus dem Herzen ihrer Völker reißen, und Feine andere Wohls that gewährte der Sieg den Voͤlkern, als daß er den Für: ſten eifriger und weniger bedenklich machte, fie zu druͤcken. Und diefe Soldaten hatten den Krieg auf den Punkt ger bracht, daß es wie dem DBefiegten, gleich fehr aud dem Sieger Bedärfnig war, wenn er feine Truppen gehorfam erhalten wollte, fich neue Gelder zu verfchaffen, jener, um fie. neu auszuräften, diefer, fie zu belohnen. Denn ohne wieder beritten zu fein, konnten jene, und ohne belohnt zu werden, wollten dieje nicht Fämpfen; moraus entfland, daß einer des Sieges wenig genoß, der andere den Verluſt wer . nig fühlte, denn der Beſiegte batte Zeit fih zu erholen, der Sieger Feine, feinen Sieg zu verfolgen. Jahr Dieſe Unordnung und verkehrte Kriegsfuͤhrung machte, 40. daß Nikolaus eher wieder zu Pferde ſaß, als ganz Italien feine Niederlage mußte, und daß er nach dem Verluſte einen ſchwereren Krieg mis dem Feinde führte, als er vorher gethan. Dies machte, daß er nad der Niederlage vor Tenna, Verona einnehmen Fonnte; dies machte, daß er, feiner Truppen zn Verona beraubt, mit einem großen Heere nach Toskana gehen konnte; dies machte, daß er, gefchlagen zu Anghiari, ehe er nah Romagna Fam, fchon mächtiger im Felde ftand als vorher, und daß er den Herzog mit neuer Hoffnung erfüllen Eornte, die Lombardei vertheidigen zu koͤnnen, die er durch feine Abwefenheit faft fchon verloren glaubte. Denn während Nikolaus Toskana mit Unruhe erfüllte, war es mit dem Herzoge dahin gefommen, daß er den Verluſt feines Landes fuͤrchtete; daß er beforgte, fein Untergang Eönnte eher erfolgen, als Nikolaus Piccinino, den er zurücberufen hatte, im Stande wäre, ihm zu Huülfe zu fommen; und daß er, um den Ungeftüm des Grafen abzuhalten, und durch Lift das Unglück zu verzögern, das er durch Kraft nicht abwehren konnte, zu jenen Mitteln feine Zuflucht nahm, die unter gleichen Umftänden ihm viel: mals fchon geholfen hatten; er fandte nehmlich Nikolaus von Efte, Fürften von Ferrara, nach Defchiera, wo der Graf war, um diefen in feinem Namen zum. Frieden zu bereden und ihm zu zeigen, daß diefer Krieg für ihn nicht nüzlih fe: Denn wenn der Herzog fo fehr gefchwächt werde, daß er fein Anfehen nicht aufrecht erhalten koͤnne, jo werde er der erfte fein, der darunter litte, weil er dann von den Venezianern und Florentinern nicht mehr geachtet werden würde; und zur Beglaubigung, daß der Herzog dem Frieden wuͤnſche, erbot er fih zur Abfchließung der Ver; fohwägerung, zeigte ſich bereit, feine Tochter nach Ferrara zu fenden und fie gleich nad) erfolgtem Frieden feinen Hän: den zu überliefern. Der Graf antwortete, daß wenn der Herzog den Frieden wahrhaft fuche, fo würde er leicht ihn finden, denn auch die Slorentiner und Venezianer wünfche ten ihn; wahr fei es, daß es Mühe Eofte, ihm zu frauen, Zweiter Theil, F Jahr 1440. — 82 — Jahr da man wiſſe, daß er noch niemals Frieden geſchloſſen habe, 2449. als aus Noth, und daß ſobald dieſe wieder aufhoͤre, auch in ihm der Wunſch zum Kriege wieder erwache; eben fo koͤnne er auch dem Verfprechen der Verfhmägerung mit ihm kei— nen Glauben beimeffen, da er damit fchon fo oft von ihm getäufcht worden ſei; dennoch, wenn der Friede gefchloffen werde, fo würde er in Nückficht diefer Verſchwaͤgerung nach feiner Freunde Rath handeln, Die Venezianer, die gegen ihre Soldaten, auch wenn fie Eeinen Grund dazu haben, leicht Verdacht ſchoͤpfen, faßten, diesmal mit Grund, wegen diefer Unterhandlungen den größten Verdacht; und der Graf, um diefen zu entfernen, fezte den Krieg lebhaft fort; dennoch war der Eifer, bei ihm aus Ehrfuht, bei den Venezianern aus Argwohn fo lau geworden, daß während dem Neft des Sommers wenig Unternehmungen gemacht wurden; daher denn, als Niko: laus Piceinino in der Lombardei angefommen, und der Winter ſchon eingebrochen war, alle Heere die Winterquarz tiere bezogen; der Graf zu Verona, zu Cremona der Her: 309, die Florentinifchen Truppen in Toskana, und die Pöbftlihen in Romagna; diefe griffen nach ihrem Siege bei Anghiari Furli und Bologna an, um fie Franz Piecci— nino zu entreißen, der fie in feines Vaters Nahmen ver: waltete; allein es gelang ihnen nicht, denn Franz vertheiz digte fie wacker; ihre Ankunft aber fezte die Ravennaten in fo große Furcht vor einem Ruͤckfall unter die Herrſchaft der Kirche, daß fie in Uebereinftimmung mit Dftafio von Po; lenta, ihrem Heren, fih in die Gewalt der Venezianer bes gaben, die zur Belohnung für die empfangene Stadt, da: mit DOftafio niemals mit Gewalt ihnen wieder entreißen fönne, was er mit allzumenig Klugheit ihnen übergeben hatte, ihn fammt feinem Sohne nad Kandia zum Tode fandten. Zu diefen Unternehmungen fehlte es troz dem Siege bei Anghiari dem Pabft an Geld, daher er das Ra: Jahr ſtell des Fleckens St. Sepolero den Florentinern für fünf RR und zwanzig taufend Dufaten verkaufte, Dei dieſer Lage der Dinge und da jeder glaubte, den 1441. Winter hindurch vor dem Kriege fiher zu ſein, dachte man nihr an den Frieden; am wenigſten der Herzog, da er durch Nikolaus Piccinino und duch die Jahrszeit fich wie: der gefichert jah, daher er auch mit dem Strafen alle Ber: gleichsvorfchläge abgebrochen hatte, mit großem Eifer Niko: - laus mit Pferden ausrüftere, und jede andere Vorkehrung traf, die zu einem Fünftigen Feldzuge nöthig war. Da der Graf hiervon Nachricht erhielt, jo ging er nach Venedig, um dort mit dem Senate fi zu berathen, wie fie im Eünf- tigen Jahre fich verhalten follten. Nikolaus auf: der andern ©eite, da er fich felbft in Ordnung, den Feind aber in Un: ordnung fand, erwartete nicht den Anfang des Frühlings, fondern ging im Fälteften Winter, über die Adda, drang ins Brescianifche ein, und nahm dies ganze Land, außer Adula und Acri, in Beſiz; bier nahm er mehr als zwei taufend Sforzanifche Neuter, die diefen Angriff nicht erwartet hat: ten, gefangen und plünderte fie aus. Was aber den Gras fen am mehrften verdroß, und die Venezianer am mehrften beftürzte, war, daß Liarpellone, einer der erſten Hauptleute des Grafen, fih empörte. Auf diefe Nachricht ging der Graf fogleih nah Venedig, und fand bei feiner Anfunft zu Brescia, daß Nikolaus, nachdem er diefen Schaden an— gerichtet, in die Winterquartiere zurückgekehrt war; daher es der Graf nicht für gut fand, den Krieg, den er ſchon erlofchen jah, von neuem zu entzünden, fondern vielmehr, da die Sahrszeit und der Feind ihm Gelegenheit ließen, fich wieder in VBerfaffung zu fezen, dieſe benuzen wollte, um mit der neuen Jahrszeit fih für die alten Beleidigungen rächen zu koͤnnen. Er ließ daher die VBenezianer ihre Trups 52 Jahr pen, die in Toskana den Florentinern dienten, zuruͤckberu— 244° fon, und in des geftorbenen Gattamelatas Stelle Micheletto Attendulo in Sold nehmen. Da nun der Frühling eintrat, fo war Nikolaus Piccis nino der erfte, der ins Feld rückte; er belagerte Cignano, ein zwölf Meilen von Brescia entlegenes Kaftell; der Graf kam diefem zu Hülfe, und zwifchen diefen beiden Feldherren ward, ihrer Gewohnheit nah, der Krieg geführt. Der Straf, der für Bergamo fürchtete, ging vor Martinengo ins Lager, meil dies Kaftell an einem Drte liegt, von wo aus man, wenn man es erobert hat, fehr leicht Bergamo unterſtuͤzen kann, welche Stadt von Nikolaus hart bedrangt wurde; da diefer nun vorausgefehen hatte, daß der Feind ihn nicht würde hindern Finnen, als nur auf dem Wege von Martinengo, fo hatte er diefes Kaftell mit allen Ver— theidigungsmitteln verfehen, fo daß der Graf nothwendiger—⸗ weife feine ganze Macht zu diefer Eroberung anwenden mußte. Nikolaus ftellte alfo fein ganzes Heer fo auf, daß er dem Strafen alle Lebensmittel abjchnitt, und befeftigte fich durch Graben und Verhacke fo flarf, daß der Graf ihn nur mit offenbarer Gefahr für fich felbft angreifen konnte; mo: durch die Sache auf den Punft fam, daß der Belagerer in größerer Gefahr war, als die Befazung von Martinengo, die belagert wurde. Der Graf konnte alfo wegen des Hun— gers nicht mehr im Lager bleiben und wegen der Gefahr es auch nicht aufheben; fo daB man für den Herzog einen offenbaren Sieg und für die Venezianer und den Grafen eine volllommene Niederlage vorausfah. Das Süd aber, dem es niemals an Mitteln fehle, feinen Freunden zu helfen und feinen Feinden zu jchaden, erregte in Nikolaus Piccinino, durch die Hoffnung auf dies fen Sieg, einen fo mächtigen Ehrgeiz und Uebermuth, daß er, ale Nückfiht gegen den Herzog und gegen fich felbft vergeffend, ihm fagen ließ, daß er nun fchon lange Zelt Jahr unter feinen. Fahnen Kriegsdienfte geleifter, und noch nicht Hr fo viel Land gewonnen habe, um fich darin begraben laffen zu können; er wolle alfo von ihm hören , welche Belohnuns gen er für feine Bemühungen von ihm zu erwarten habe; denn in feiner Gewalt ſtehe es jezt, ihn zum Herrn von der Lombardei zu mahen, und ihm alle feine Feinde in die Hände zu liefern; und da es ihm feheine, daß ein ficherer Sieg ihm auch eine fichere Belohnung zu Wege bringen follte, fo wuͤnſche er, daß der Herzog ihm die Stadt Pia: cenza abtreten möchte, damit er, fo langer Kriegsarbeit müde, ſich auch einmal ausruhen koͤnne. Sa er fchämte ſich nicht, zulezt dem Herzoge zu drohen, die Unternehmung ganz aufzugeben, wenn er ihm diefe feine Forderung nicht bewilligte. Dieſe beleidigende und übermütbhige Art zu for: dern, Eränfte den Herzog fo fehr, und er gerieth darüber in jo großen Zorn, daß er beihloß, viel lieber den ganzen Vortheil aufzugeben, als darin zu willigen. Und denjenigen, den fo große Gefahren, fo viele Drohungen feiner Feinde nicht hatten beugen Finnen, den beugte jezt das übermüthige Berfahren feiner Freunde; er beſchloß einen Vertrag mit dem Grafen abzufchliegen, und fandte ihm Anton Guido Buono von Tortona, durd welchen er ihm feine Tochter und die Bedingungen des Friedens antrug; alles diefes ward ſowohl von ihm, als von allen Verbündeten begierig anges nommen. Als nun die Verträge zwifchen ihnen heimlich abgefchloffen waren, ließ der Herzog dem Nikolaus befehlen, daß ev Waffenftillftand mit dem Grafen auf ein Jahr ab: Schließen follte, vorgebend, daß er durch die Ausgaben ſchon fo. ſehr erfchöpft fei, daß er einen ficheren Frieden nicht. für einen zweifelhaften Sieg aufgeben koͤnne. Nikolaus ftand verwundert über diefe Maasregel, denn. er konnte nicht be’ greifen, welche Urfach ihn bewegen koͤnnte, einen jo ruhm: — 86 — Jahr vollen Sieg zu vermeiden, und Eonnte nicht glauben; dag Fe, um feine Freunde nicht belohnen zu dürfen, feine Feinde vetten wolle; er widerfezte fi) daher fo gut er konnte dieſem Entſchluß; fo daß der Herzog, um ihn nur zu beruhigen, gezwungen war, ihm zu drohen, wenn er nicht darin einmwillige, fo werde er ihn feinen Soldaten und feinen Seinden zur Beute geben. Nikolaus gehorchte alfo mit nicht anderm Herzen, als einer, der gezwungen feine Freunde und fein Vaterland verläßt, Elagend über fein boshaftes Schick: fal, daß bald der Zufall, bald der Herzog ihm den. Sieg über feine Feinde entreiße. Nach gefchloffenem Waffenftill: fand wurde die Bermählung der Madonna Bianka mit dem Grafen gefeiert, und als Mitgift derfelden ward ihm die Stadt Cremona übertragen. Nach diefem ward der Friede im November 1441 gefchloffen, wozu von Seiten der Be nezianer Franz Darbadico und Paul Trono, für die Flo ventiner Meffer Agnolo Acciajoli zufammenfamen, und ver; möge deffen die Venezianer Pefchiera, Afola und Leonato, Kaftelle des Mantuanifchen Markgrafen, gewannen. 2442. Da nun der Krieg in der Lombardei aufgehoͤrt hatte, blieben nur noch im Königreich Neapel die Waffen in Be: wegung, und da diefe nicht beruhigt werden konnten, fo bewirften fie, daß man auch in der Lombardei von neuem danach) griff. Der König Renatus war von dem Könige Alphons von Arragon, während der Krieg in der Lombardei geführt ward, des ganzen Königreiches, mit Ausnahme der Stadt Neapel, beraubt worden; fo daß Alphons, der den Sieg Ihon in Händen zu haben glaubte, beſchloß, während er Neapel belagerte, dem Grafen Benevento und die äbris gen Staaten, die er in jener Gegend befaß, megzunehmen, weil er glaubte, diefe That würde er ohne Gefahr für ſich ausführen Eönnen, da der Graf in den Lombardifchen Krie— gen befchäftige war. Die Unternehmung gelang alfo Alphonfen ganz leicht, und mit geringer Mühe nahm er alle diefe Jahr Städte in Beſiz. Als aber die Nachricht von dem Frieden“ in der Lombardei eintraf, fuͤrchtete er, der Graf moͤchte um ſeiner Staͤdte willen dem Renatus zu Huͤlfe kommen, und dieſer hoffte auf ſeine Ankunft aus denſelben Gruͤnden. Renatus ſandte deshalb zum Grafen, um ihn dazu anzu— treiben, indem er ihn bat, daß er komme, einem Freunde zu helfen, und an einem Feinde ſich zu raͤchen. Alphons von der andern Seite bat Philipp, um der Freundſchaft willen, die er fuͤr ihn habe, dem Grafen ſo viel zu ſchaffen zu machen, daß er, mit wichtigeren Kaͤmpfen beſchaͤftigt, dieſe aufzugeben genoͤthigt werde. Philipp nahm dieſe Ein— ladung an, ohne zu bedenken, daß er denſelben Frieden ſtoͤre, den er kurz zuvor zu ſeinem großen Nachtheil ge— ſchloſſen hatte. Er gab alſo dem Pabſt Eugenius zu verſte— hen, daß es jezt Zeit ſei, die Oerter wieder zu nehmen, die der Graf von der Kirche beſize, und um dies zu thun, bot er ihm Nikolaus Piccinino, nebſt den Ausgaben zu deſſen Defoldung, auf die Dauer, die der Krieg haben würde, an. Diefer hielt fih mit feinen Truppen feit dem Frieden In Romagna auf. Eugenius nahm diefen Rath aus Haß ge: gen den Grafen und aus Verlangen, das feinige wieder zu gewinnen, begierig an; und wenn gleich er vormals von Nikolaus durch diefelbe Hoffnung betrogen worden war, fo glaubte er jezt bei der Dazwifchenfunft des Herzogs Eeinen Betrug befürchten zu dürfen; daher vereinigte er feine Truppen mit denen des Nikolaus und griff die Mark an. Der Graf, betroffen über diefen unvermutheten Angriff, ftellte fih an die Spize feiner Truppen und ging gegen den Feind. Während diefer Zeit nahm König Alphons Neapel. ein, wodurd das ganze Königreich, ausgenommen Caftel nuovo in feine Gewalt kam. Renatus ließ alfo in Caftel nuovo gute Befazung, veifte ab, und ward bei feiner An: * Jahr kunft zu Florenz auf das ehrenvollfie empfangen. Nachdem 4.· on wenige Tage fi hier aufgehalten und gefehen hatte, daß er keinen Krieg führen fönne, reifte er ab nah Marfeille, 1443. Unterdefien hatte Alphons Caftel nuovo genommen und der Graf befand fich in der Mark fhwächer, als der Pabft und Nikolaus; er wandte fich alfo an die VBenezianer und Slorentiner um Hülfe an Truppen und Geld, indem er innen zeigte, daß wenn fie jezt nicht darauf dächten, dem Pabſt und dem Könige Schranken zu fezen, während er noch am Leben fei, fo würden fie bald nachher auf ihre eigene Rettung zu denken haben, denn jene würden fich mit Philipp verbinden und Italien unter fich theilen. Die Flo: ventiner und VBenezianer blieben eine Zeit lang unentfchlofs jen, fowohl weil fie nicht entjcheiden Fonnten, ob es gut fei, fih mit dem Pabft und dem Könige zu entzweien, als auch weil fie mit den Angelegenheiten der Bolognefer be: fchäftige waren. Hannibal Bentivogli hatte den Franz Pic: einino aus diefer Stadt verjagt, und um ſich gegen den Herzog, der Franzen begünftigte, vertheidigen zu koͤnnen, hatte er die Venezianer und Florentiner um Hülfe gebeten, und diefe hatten fie ihm nicht abgefchlagen; fo daß fie, mit diejen Angelegenheiten befchäftigt, ſich nicht entfchliegen konnten, dem Grafen zu helfen. Da aber Hannibal den Franz Piceinino gefchlagen hatte, und diefe Sache nun ab— gemacht ſchien, fo beichloffen die Floventiner, den Grafen zu unterftüzen. Um fih aber vorher des Herzogs zu verfis ern, erneuerten fie das Buͤndniß mit demfelben, wozu fich der Herzog nicht unmillig zeigte, weil er feine Einwilligung, daß mit dem Grafen Krieg geführt werde, nur gegeben hatte, jo lange als der König Nenatus in den Waffen war, fobald aber diefer feines Neiches ganz und gar beraubt war, fo wünfchte er nicht länger, daß dem Grafen feine Beſizun— gen entzogen würden; deshalb willigte er nicht allein in die Unterftüzung des Grafen, fondern fehrieb auch an Alphons, Sahr daß er fich gefallen laffen möchte, in das Königreich zuruͤck— 1445 zufehren und nicht mehr Krieg gegen ihn zu führen. Db: fhon nun Alphons diefes ungern that, fo beſchloß er dens noch, wegen der Verbindlichfeiten,, die er gegen den Herzog hatte, ihm zu willfahren, und 308 ſich mit feinen Truppen jenfeit des Tronto zurüd. Während die Angelegenheiten in Romagna diefen Gang nahmen, waren die Florentiner auch unter fich nicht ruhig. Unter den Bürgern, die in Florenz einen Einfluß in die Negierung hatten, war Neri di Gino Capponi, deffen An: fehen Kosmus von Medici mehr als irgend eines Andern fürchtete; denn zu der großen Achtung, deren er in der Stadt genoß, Fam auch nocd die, in welcher er bei den Truppen fand. Denn da er mehreremal Haupt der Flo: ventinifchen Heere geweſen war, fo hatte er fich diefelben durch feine Tapferkeit und feine Verdienfte gewonnen. Auf ferdem machte ihn das Andenken an die Siege, die man ihm und Gino feinem Water verdanfte, denn diefer hatte Piſa erobert und jener Mikolaus Piceinino bei Anghiari befiegt, beliebt bei vielen, und gefürchtet won denen, die £eine Theilnehmer an der Regierung neben fich leiden woll: ten. Unter vielen andern Häuptern des Florentinifchen Heers war Baldaccio von Anghiari ein vortrefflicher Kriegs: mann, denn damals war in Sstalien Eeiner, der an Stärke des Körpers und des Gemuͤths ihn übertroffen hätte; und er hatte bei dem Fußvolf, denn von diefem war er immer das Haupt geweien, jo großes Anjehen, daß. jedermann , glaubte, mit ihm würden fie fich zu jedem Unternehmen und zu allem, was er wollte, bereit finden laſſen. Bals daccio war dem Neri äuferft zugethan, denn er liebte ihn um feiner Tugenden willen, von denen er immer ein Zeuge geweſen war; dies flößte den andern Bürgern den größten Fahr Argmohn ein; und da fie urtheilten, daß, ihn zu verabſchie— 2485- den, gefährlih, ihn zu behalten aber noch gefährlicher ſei; fo befchloffen fie, ihn aus dem Wege zu räumen, welchen Gedanken das Gluͤck duch folgendes begünftigte. Meſſer Bartholomäus Drlandini war Gonfaloniere der Gerechtigkeit. Diefer war, als man ihn zur Bewachung von Marradi abgejandt hatte, damals als Nikolaus Piccinino, wie wir oben erzählt haben, in Toskana eindrang, als ein Feiger davon geflohen, und hatte jenen Paß verlaffen, der faſt ſchon durch feine natürliche Lage fich felbft vertheidigte.. So große Feigheit verdroß den Baldaccio, und durch beleidigende Worte und Briefe machte er diefen Mangel an Muth be: kannt, wodurch Meffer Bartholomäus großen Schimpf und Berdruß erlitt und hoͤchlich wünjchte, ſich rächen zu Eönnen, in der Meinung, durch den Tod des Anflägers werde er den Schandfleck feiner Schuld auslöfchen. Diefer Wunfch des Meffer Bartholomäus war den an— dern Bürgern befannt, fo daß fie ihn ohne große Mühe überrsdeten, jenen fortzufhaffen, und dadurch mit einem Streich fih für eine Beleidigung zu rächen, snd den Staat von einem Menfhen zu befreien, den man entiveder mit Gefahr erhalten, oder mit Schaden entlaffen muͤſſe. Nach— dem fi alfo Bartholomäus entfchloffen hatte, ihn zu ers morden, verfchloß er mehrere bewaffnete junge Leute in feis nem Zimmer; als nun Baldaccio auf den Plaz fam, den er täglich bejfuchte, um mit den DObrigkeiten wegen feiner Truppen zu unterhandeln, fandte der Gonfaloniere nad) ihm, und er gehorchte demfelben ganz arglos; der Gonfalo— niere ging ihm entgegen, und führte ihn durch den langen Gang, indem er, von feinen Truppen mit ihm fprechend, zwei: oder dreimal die Zimmer der Signoren mit ihm durch— ging. Darauf als es ihm Zeit fhien, und er nahe an das Zimmer gefommen war, das die Bewaffneten verbarg, gab er ihnen das Zeichen; fie fprangen heraus, tödteten den ein⸗ Jahr zelnen unbemwaffneten Mann, und warfen ihn fo durch das · Fenſter, das vom Pallaft aus nach dem Zollhaufe gerichtet if; von dort trugen fie ihn auf den Play, fehnitten ihm den Kopf ab, und machten ihn den ganzen Tag hindurch zum Schaufpiel für das ganze Volk. Er hinterließ einen Sohn, den feine Frau Annalena ihm wenige Sahre vorher geboren hatte, und der nicht lange lebte. Annalena, die ihren Sohn und ihren Mann überlebte, wollte fich Eeinem andern Manne wieder gelellen; fondern machte ihr Haus zu einem Klofter, worin fie ſich mit vielen adlihen Damen, die mit ihr übereinftimmten, einfchloß, und wo fie auf eine fromme WWeife lebte und ftarb. Ihr Andenken wird, durch das von. ihr geftiftete und nach ihr benannte Klofter, fo wie es jezt noch lebt, für immer leben, Diefe Begebenheit verminderte Neri’s Macht etwas, und benahm ihm feinen Einfluß und feine Freunde. Aber auch damit waren die Bürger, die an der Regierung Theil hatten, noch niche zus frieden; denn da bereits zehn Jahre verfloffen waren, feitz dem die Regierung in ihren Händen war, und die Bollmacht der damaligen Hauptverfammlung zu Ende war, viele auch fhon im Sprechen und Handeln lebhafter wurden, als nöthig war; fo glaubten die Häupter der Negierung, daß, wenn fie diefelbe nicht verlieren wollten, fie fich folher von neuem verfihern müßten, indem fie ihren Freunden neue Macht ertheilten und ihre Feinde unterdrücken. Sie er nannten deswegen im Jahr 1444 durch die Näthe eine neue 1444. Hauptverfammlung, welche die Einrichtung der Aemter ver; änderte; einer Eleinen Zahl’ die Macht gab, die Sigroria erwählen zu Finnen; und die Kanzellei der Verbefferungen ernenerte, indem fie Ser Philipp Peruzzi davon abfezte, und ihre Verwaltung einem Mlanne übertrug, der fich mehr nah dem Sinn der Mächtigen zu betragen wußte. Den Jahr Verwieſenen verlängerte fie die Zeit ihrer Vermelfung; 2444 Johann Vespucci, Simons Sohn, fezte fie ins Gefängniß; die Vereiniger der feindlichen Parthei in der Negierung be: raubte fie ihrer Ehrenftellen, und mit ihnen die Söhne von Peter Baroneelli, alle Seragli, Bartholomäus Fortini, Mefler Franz Caftellari und viele andere. Und auf diefe Weiſe verfchafften fie fih von neuem Macht und Einfluß, und den Feinden und Verdächtigen benahmen fie den Stolz. Nachdem fie nun auf foldhe Art die Regierung befeftige und wieder an fich gebracht hatten, wandten fie fih zu den auswärtigen Angelegenheiten. Nikolaus Piccinino war, wie wir oben gefagt haben, von dem König Alphons verlaffen, und der Graf durch den von den Florentinern erhaltenen Beiftand mächtig geworden, fo daß diefer den. Nikolaus nahe bei Fermo angriff, und ihn fo vollfommen ſchlug, daß er, faft aller feiner Leute beraubt, mit wenigen nah Mon— tecchio entfloh, woſelbſt er fich fo gut befeftigte und vertheis digte, daß in kurzer Zeit alle feine Truppen wieder zu ihm zurücffehrten, und zwar in fo großer Anzahl, daß er fi leicht gegen den Grafen vertheidigen Eonnte, beſonders da fhon der Winter gefommen war, dur welchen die Felds herrn genöthigt wurden, ihre Truppen in die Winterquar; tiere zu führen. Nikolaus benuzte den ganzen Winter, fein Heer zu verftärfen, und ward von dem Pabft und dem Könige Alphons unterſtuͤzt. Die beiden Feldherren rückten alfo im Frühlinge ins Feld, da aber Nikolaus überlegne Macht hatte, fo Fam der Graf in die äußerte Noth, und würde befiegt worden fein, wenn nicht der Herzog dem Ni— £olaus feine Plane zerftört hätte. Philipp nehmlich ließ ihn bitten, daß er eilig zu ihm kommen möchte, denn er müßte ihn mündlich wegen der allerwichtigften Dinge fprechen. Nikolaus alfo, begierig fie zu hören, verließ um eines um gewiffen Gutes willen, einen fihern Sieg, und ging, feinen Sohn Franz als Befehlshaber des Heeres zuruͤcklaſſend, Jahr nah Mailand. Der Graf, da er dies hörte, wollte die Gelegenheit zum Kampfe nicht verlieren, während Nikolaus abweſend war; er lieferte alfo bei dem Kaftell von Monte Loro eine Schlacht, worin er des Nikolaus Truppen jchlug, und Franz gefangen nahm. Nikolaus, da er zu Mailand ankam, fich von dem Herzoge getäufcht fah, und die Nachz richt von der Niederlage und Gefangennehmung feines Soh— nes hörte, ftarb vor Schmerz im Sahr 1444 im Alter von vier und fechzig Jahren, ein Feldherr tapferer als glücklich; und hinterließ Franz und Safob, die weniger Talent und noch mehr Unglück hatten als ihr Vater, fo daß diefe Waf— fen des Braccio faft ganz erlofchen, dagegen die des Sforza, immer vom Glück unterftüzt, an Ruhm gewannen. Der Pabſt, da er des Nikolaus Heer gefchlagen und ihn felbjt todt fah, auch auf die Hülfe von Arragon nicht viel Hoff— nung fezte, fuchte den Frieden mit dem Grafen; er ward unter DBermittelung der Florentiner gefchloffen, und ver Pabſt behielt durch denfelben von den Städten in der Mark Dfimo, Fabriano und Nicanati, alles übrige blieb unter der Herrſchaft des Grafen. Nachdem nun der Frieden in der Mark erfolgt war, 1445. wiirde ganz Stalien der Waffenruhe genoffen haben; wäre diefelbe nicht durch die Bolognejer von neuem geftört wor— den. Es gab in Bologna zwei fehr mächtige Familien, die Canneſchi und Bentivogli. Bon diefen war Hannibal, von jenen Baptifta das Oberhaupt. Sie hatten, um gegenfeitig befieres Vertrauen auf einander zu haben, fich mit einander werfchwägert; aber unter Menfchen, die nach einerlei Größe fireben, kann man wohl leicht Berwandfchaft, nicht leicht aber Freundfchaft fliften. Bologna hatte mit den Florentis nern und Venezianern ein Buͤndniß, welches durch Hannts bal Bentivogli, nachdem fie Franz Piccinino verjagt hatten, Fahr war gefchloffen worden; da nun Baptifta wußte, wie fehr A · der Herzog wuͤnſchte, dieſe Stadt ſich geneigt zu ſehn, ſo ſezte er ſich in Einverſtaͤndniß mit ihm, Hannibal zu ermor⸗ den, und dieſe Stadt unter ſeine Herrſchaft zu bringen. Da ſie nun uͤber die Art der Ausfuͤhrung ſich vereinigt hat— ten, ſo griff Baptiſta am vier und zwanzigſten Juni 1445 mit den ſeinigen den Hannibal an, toͤdtete ihn, und lief darauf, den Namen des Herzogs ausrufend, durch die ganze Stadt. Die Venezianiſchen und Florentiniſchen Kommiſſa— rien, die zu Bologna waren, zogen ſich beim erſten Geraͤuſch in ihre Haͤuſer zuruͤck; als ſie aber ſahen, daß das Volk die Moͤrder nicht beguͤnſtigte, ſondern vielmehr in großer Anzahl bewaffnet ſich auf dem Plaze verſammelte, und des Hannibal Tod beklagte; ſo faßten ſie Muth, ſchloſſen ſich mit den Leuten, die ſie gerade bei ſich hatten, an jene an, und griffen an deren Spize die Parthei der Canneschi an, die ſie in wenig Stunden uͤberwanden; einen Theil davon toͤdteten ſie, den andern warfen ſie aus der Stadt. Bap— tiſta hatte nicht Zeit zu entfliehen, und auch ſeine Feinde nicht, ihn zu ermorden, daher er ſich in ſeinem Hauſe in einem Gewoͤlbe, das zur Aufbewahrung von Getreide be— ſtimmt war, verſteckte: als ihn nun ſeine Feinde den ganzen Tag geſucht hatten, und doch wußten, daß er nicht aus der Stadt gegangen ſei, ſo ſezten ſie ſein Geſinde in ſo großes Schrecken, daß einer ſeiner Diener ihnen aus Furcht ihn zeigte; er ward daher, noch mit Ruͤſtung bedeckt, aus die— ſem Ort gezogen, ſodann getoͤdtet, durch die Stadt geſchleppt und verbrannt. So war alſo der Einfluß des Herzogs ſtark genug geweſen, ihn dieſe That unternehmen zu laſſen, aber deſſen Macht nicht ſchnell genug bei der Hand, um ihn un— terſtuͤzen zu koͤnnen. Da alſo durch Baptiſta's Tod und die Flucht der Can— neschi dieſe Unruhen beigelegt waren, blieben die Bologneſer in der größten Berwirrung, da aus dem Haufe der Benti: Jahr vogli Feiner da war, der zur Regierung gefchickt gewefen "+ wäre, denn Hannibal hatte nur einen einzigen fechsjährigen Sohn, Namens Johann, hinterlaffen. Man fürchtete da; ber, daß unter den Freunden der Bentivogli Zwiftigkeiten entftehen möchten, welche bewirken Eöunten, daß die Can— neschi, zum Ruin des Vaterlandes und ihrer Parthei, wie: der zurück kaͤmen. Während nun die Gemüther in diefer Unentichloffenheit befangen waren, fo erklärte Franz, der vormalige Graf von Poppi, der fich gerade jezt in Bologna befand, den vornehmften Bürgern, daß, wenn fie die Re— gierung einem aus, dem Blute Hannibals entfprungenen an— vertrauen wollten, jo koͤnne er ihnen einen folchen anzeigen. Er erzählte ihnen darauf, dag ungefähr vor zwanzig Sahren Herkules, ein Vetter Hannibals, nach Poppi gefommen fei, und, wie er wiffe, mit einem Mädchen aus dem Schloffe Gemeinfchaft gehabt habe; dieſe habe einen Sohn Namens Santi geboren, und Herkules habe ihm mehrmals verfichert, daß es der feinige ſei; auch hätte er es fihmwerlid, läugnen fönnen, denn wer Herkules gekannt habe und diefen Juͤng— ling Eenne, der fände zwifchen ihnen eine ausnehmende Aehn— lichkeit. Die Bürger maßen diefen Worten Glauben bei, und jaumten gar nicht, einige aus ihrer Mitte nach Florenz zu fenden, um den Sjüngling zu erfennen, und es bei Kos; mus und Neri dahin zu bringen, daß er ihnen zugeftanden würde. Derjenige, der für des Santi Vater galt, war todt, der Juͤngling lebte alfo unter der Obhut eines Oheims, Anton von Caſceſe genannt. Anton war veich und Einderlos und ein Freund Neri's; und Neri, als er von der Sache gehört hatte, war der Meinung, man müffe fie weder ver: achten, noch blindlings annehmen, und wollte, daß Santi in Kosmus Gegenwart mit den Abgefandten von Bologna fpräche, Sie kamen alfo zufammen ‚und Santi ward von — 96 — Jahr den Bologneſern nicht geehrt blos, ſondern faſt angebetet, 46 ſo viel vermochte die Partheiſucht uͤber ihre Gemuͤther! Doch ward fuͤr jezt noch nichts beſchloſſen, nur daß Kos— mus den Santi bei Seite nahm und fo zu ihm ſprach: Niemand Ffann dir in diefem Falle beffer vathen, als du dir felbft, denn denjenigen Entfchluß mußt du faſſen, zu dem dein Herz ſich neigt; denn wirft du des Herkules Bentivogli Sohn fein, jo wirft du fo zu handeln fireben, wie es jenes Haufes und deines Vaters würdig fein wird; wirft du aber des Agnolo von Caſceſe Sohn fein, fo wirft du in Florenz bleiben, um bei einer Wollarbeit niedrigerweife deine Tage zu verleben. Diefe Worte bewegten den Süngling, und da er vorher es faſt ſchon abgefchlagen hatte, einen ſolchen Entfhluß zu faſſen, fagte er jezt, daß er fich ganz dem überlaffe, was Kosmus und Neri darüber beftimmen wuͤr— den; da fich alſo diefe mit den Bolognefifhen Gefandten vereinigt hatten, ward er mit Pferden und Dienern beebrt, bald darauf unter ftarfer Begleitung nach Bologna geführt, und ihm die VBormundfchaft der Söhne von Meffer Hanni— bal und die Regierung der Stadt anvertraut. Er betrug fich hierin mit fo aroßer Klugheit, daß, da feine Vorfahren alle von ihren Feinden waren ermordet worden, er dagegen friedlich lebte, und geehre ftarb. Nah Nikolaus Piccinino's Tode, und dem in der Mark erfolgten Frieden, wuͤnſchte Philipp einen Feldheren zu haben, der feine Heere führen Eönnte, und er unterhielt deshalb heimliche Einverftändniffe mit Ciarpellone, einem der erften Hauptleute des Grafen Franz; als fie nun die Lebers einkunft mit einander gefchloffen hatten, fo verlangte Ciar— pellone Urlaub vom Grafen, nach Mailand zu gehen, um einige Schlöffer in Beſiz zu nehmen, die ihm Philipp in den vorigen Kriegen gefchenkt hatte. Der Graf, der den Grund der Sache vermuthete, ließ ihn, damit fich der Herzog deſſelben nicht gegen feine Abfichten bedienen möchte, Jaht erft fefthalten, und bald darauf tödten, unter dem Bor, Hin wande, daß er Ihn auf Betrug gegen fich ertappt habe. Hierüber ward Philipp im höchften Grade unwillig und zor—⸗ nig, und dies machte den Venezianern und Florentinerk Freude, denn fie fürchteten fehr, daß die Waffen des Gra— fen und die Mache Philipps einander freund werden moͤch— ten. Diefer Zorn ward alfo die Veranlaffung zur Erregung eines neuen Krieges in der Mark, Gismondo Malatefti war Herr von Nimini, und da er ein Schwiegerfohn des Grafen war, fo hoffte er die Herrfchaft von Pefaro von ihm zu erlangen; nachdem aber der Graf fie in Beſiz ge nommen, gab er fie dem Alerander, feinem Bruder, worüber Sismondo fehr entrüftee ward, Zu diefem Verdruß Fam noch, daß Friedrich von Meontefeltro, fein Feind, durd) des Grafen Begünftigung die Herrſchaft von Urbino erlangt hatte; und hierdurch bewogen, verband fih Gismondo mit dem Herzöge und forderte den Pabft und den König zum Kriege gegen den Grafen auf. Diefer, um Gismondo die erfien Früchte diefes Krieges Eoften zu laffen, den er fo ſehr wünfchte, befchloß ihm zuvorzufommen, und griff ihn plöze lih an. Dadurch ward fogleich Romagna und die Mark mit Unruhen erfüllt, denn Philipp, der König und. der Pabft fandten dem Gismondo ſtarke Hülfe zu; und die Venezianer und Floventiner verfahen den Grafen, wenn nicht mit Truppen, doch mit Geld. Allein für Philipp war 1446, auch der Krieg in Nomagna noch nicht genugz er wollte auch dem Grafen Eremona und Pontremoli wegnehmen; aber Pontremoli ward von den Florentinern und Cremona von den Venezianern vertheidigt. So erneuerte fih denn alfo auch im der Lombardei der Krieg, und bier ward nach einigen im Cremonefifchen erfolgten Gefechten, Franz Picck nino, des Herzogs Feldherr, bei Cajale von Micheletto und Zweiter Theil, & Jahr den Truppen der Venezianer gefchlagen. Durch diefen Sieg 9 · hofften die Venezianer dem Herzoge ſein Land abnehmen zu koͤnnen: ſie ſandten einen Kommiſſarius nach Cremona, griffen Ghiaradadda an, und nahmen dieſes Land bis auf Cremona, ganz in Beſiz. Darauf gingen ſie uͤber die Adda und ſtreiften bis nach Mailand. Der Herzog nahm daher zu Alphons ſeine Zuflucht und bat ihn um Huͤlfe, indem er ihn auf die Gefahr ſeines Koͤnigreichs aufmerkſam machte, wenn die Lombardei in den Haͤnden der Venezianer waͤre. Alphons verſprach auch, ihm Huͤlfe zu ſenden, aber ohne des Grafen Bewilligung konnten dieſe Truppen nur mit Schwierigkeit durchkommen. Der Herzog wandte ſich alſo mit Bitten an den Gra— fen, er moͤchte doch nicht ſeinen alten blinden Schwiegerva— ter verlaſſen. Der Graf hielt ſich fuͤr beleidigt von dem Herzoge, weil er ihm einen Krieg zugezogen hatte; von der andern Seite machte ihm die zu große Macht der Venezia— ner auch fein Vergnuͤgen, auch fehlte es ihm ſchon am Selde, und der Bund verforgte ihn nur jparfam, denn die Florentiner hatten die Furcht vor dem Herzoge verloren, die fie den Grafen fchäzen machte, und die Venezianer wünfchten feinen Untergang, weil fie urtheilten, die Lom— bardei Eönne ihnen nicht mehr genommen werden, außer vom Strafen. So lange indeffen Philipp noch fuchte, ihn in jeinen Sold zu ziehen, und ihm den Oberbefehl über alle feine Truppen anbot, wenn er nur die Venezianer verlaffen wollte und dem Pabfte die Mark wiedergäbe, fchickten fie ihm noch Gefandte, - indem fie Ihm Mailand verjprachen, fobald fie es nehmen würden, fo wie den beftändigen Ober; befehl über ihre Truppen, wenn er nur den Krieg in der Mark fortſezen und verhindern wollte, daß Feine Hülfss truppen von Alphons nad der Lombardei fämen. Die Veriprechungen der Venezianer waren alfo groß und ihre (9 — Berdienfte um ihn noch groͤßer, da fie diefen ganzen — begonnen hatten, um dem Grafen Cremona zu erhalten; "4° und von der andern Seite waren die Beleidigungen des Herzogs noch ganz frifch und feine Verfprehungen unzuver: läßtg und fchwadh. Dennoch mar der Graf in Zweifel, welche Parthei er nehmen follte; denn auf der einen Seite bewog ihn fein Bündniß, das gegebne Wort, die noch gang neuen Berdienfte und die großen VBerfprechungen für die Zufunftz auf der andern die Bitten eines Schwiegervaterg, vor allen aber die Furcht, daß unter den großen Verſpre— Hungen der Venezianer ein Gift verborgen ſei; denn er fah ein, daß er fowohl in Rüdfiche diefer Verfprechungen, als feines Staates feldft, doch von ihrer Gnade abhängen müffe, fobald fie den Sieg davon getragen hätten, worauf fich ein verſtaͤndiger Fürft doch niemals, es fei denn in der höchften Noth, verläßt. Diefe Schwierigfeiten, die den Entjchluß des Grafen hinderten, wurden ihm durch den Ehrgeiz der Venezianer felbft weggeräumt, welche in der Hoffnung, Eremona durch einige Verbindungen, die fie dafelbft unter; hielten, wegnehmen zu fünnen, unter einem andern Bor wande ihre Truppen diefer Stadt fi nähern ließen; allein diejenigen, die die Stadt für den Grafen befezt hielten, ent: 1447. deeften die Sache, und ihre Abficht ward daher vereitelt; wodurch fie denn Cremona nicht erlangten und den Grafen verloren, der nun, alle Nücfichten bei Seite fezend, mit dem Herzoge ſich verband. Der Pabſt Eugenius war geftorben, und Nifolaus V. zu feinem Nachfolger erwählt; der Graf hatte fchon fein ganzes Heer bei Cotignuola verfammelt, um in die Lombar; dei hinüber zu gehen, als er die Nachricht befam, daß Philipp geftorben fei, melches im Jahr 1447 am lezten Tage des Auguft geſchah. Diefe Neuigkeit erfüllte den Grafen mit Unruhe, denn es fihien ihm nicht, als wenn G 2 — ED Fahr feine Truppen gut geftimmt wären, weil fie nicht ihre volle 2497. Lohnung erhalten hatten; er fürchtete die Venezianer, weil fie bewaffner und feine Feinde waren, da er fie noch kuͤrzlich verlaffen und fi) mit dem Herzoge verbunden hatte; er fürchtete Alphons, feinen immerwährenden Feind; er hoffte nicht auf den Pabft, noch auf die Florentiner; auf diefe nicht, weil fie mit den Venezianern verbündet waren, auf jenen nicht, weil er der Kirche gehörige Städte befaß. Dennoch befchloß er ſeinem Schickfal die Stirn zw bieten, und fih, wie es die Zufälligkeiten deffelben erfordern wär; den, zu rathen, weil man oftmals im Handeln felbft erſt die Rathſchlaͤge entdeckt, die in der Unthätigkeit immer verbors gen bleiben würden. Große Hoffnung gab ihm der Ger danke, daß, wenn die Mailänder ſich gegen die Ehrfucht der Benezianer vertheidigen wollten, fie zu feinen andern Waf— fen als den feinigen, ihre Zuflucht nehmen würden. Er marfchirte alfo mit frohem Muth in das Bolognefifche, und nachdem er durch Modena und Neggio gezogen, machte er mit feinen Leuten an der Lenza halt, und fandte nah Mais land, um fich dort anzubieten. Von den Mailändern wollte nach des Herzogs Tode ein Theil in Freiheit, der andere unter einem Fürften leben; von den leztern wünfchte wieder ein Theil den Grafen, der andere den König Alphons. Da alfo diejenigen, die die Freiheit liebten, einiger waren, fo überftimmten fie die andern, und vichteten nach ihrer Weife eine Republik ein, der aber viele Städte des Herzogthums feinen Gehorfam leifteten, weil auch diefe, wie Mailand, ihrer Freiheit genießen zu können glaubten, und diejenigen, die danach) nicht ftrebten, die Herrſchaft der Mailänder nicht wollten. Lodi alfo und Piacenza übergaben ſich den Vene— zianern; Pavia und Parma machten fih frei. Als der Graf diefe Verirrungen vernahm, ging er nad Cremona, wo feine Gefandte zugleih mis Mailändifchen eintrafen, ua A und ihm den Beſchluß überbrachten, daß er Feldherr der Jahr Mailänder auf diefelben Bedingungen fein follte, welche" +17° | der Herzog Philipp zulezt eingegangen war. Hierzu fügten fie noch, daß Brescia dem Grafen gehören follte; fobald aber Verona eingenommen würde, follte ihm dieſes gehören, und er Brescla zurückgeben, Ehe der Herzog ftarb, fuchte der Pabft Nikolaus nach feiner Erhebung auf den päbftlihen Thron unter den Ita— lienifchen Fürften Frieden zu ftiften. Er bewirkte daher bet den Sefandten, die ihm die Florentiner bei feiner Wahl zu: fandten, daß eine VBerfammlung zu Ferrara gehalten werden folfte, um entweder einen langen Waffenftillftand oder einen feften Frieden zu unterhandeln. Es verfammelten fich aljo in diefer Stadt der päbftlihe Legat, die Venezianiſchen, Herzoglihen und Florentinifchen Gefandten. Bon dem Kös nige Alphons waren keine zugegen. Diefer befand fich mit vielen Truppen zu Fuß und zu Pferde zu Tiboli; von bier aus begünftigte er den Herzog, und man glaubte, daß, for bald fie den Grafen würden auf ihre Seite gezogen haben, fie ganz öffentlich die Venezianer und Floventiner angreifen würden, während der Zeit aber, daß die Truppen des Gra; fen noch nicht in der Lombardei waren, die Friedensunterz handlungen in Ferrara unterhalten wollten, wohin der Kb: nig £einen Geſandten abfchiefte, indem er verficherte, daß er demjenigen beitreten werde, was der Herzog dort ab; ſchloͤſſe. Man unterhandelte viele Tage lang über den Frie— den, und nach vielen Streitigkeiten ſchloß man entweder einen Frieden für immer, vder einen Waffenftillftand auf fünf Sahre ab, je nachdem nun der Herzog. den einen oder den andern wählen würde; als aber die Herzoglichen Ge: fandten nah Mailand gingen, um feinen Willen. darüber zu vernehmen, fanden fie ihn todt. Die Mailänder wollten, ungeachtet feines Todes, diefen Vertrag halten; aber die Jahr Venezianer wollten dies. nicht, weil fie ſich die größte Hoff 447° nung machten, diefen Staat zu erobern, bejonders da fie fahen, daß Lodi und Piacenza nad) dem Tode des Herzogs fogleich fih ihnen ergeben hatten; woraus fie die Hoffnung fchöpften, durch Gewalt oder Vergleich in Eurzer Zeit Mais land feines ganzen Gebiets zu berauben, und diefe Stadt felbft nachher fo zu bedrängen, daß auch fie fich ergeben müßte, ehe ihr jemand zu Hülfe Eommen koͤnnte; und in diefer Mei: nung wurden fie nod) mehr beftärft, da fie die Floventiner in einen Krieg mit dem Könige fich Alphons verwiceln fahen. Diefer König, der zu Tiboli war, mollte den Feldzug gegen Toskana ausführen, dem gemäß, was er mit dem Herzog hierüber bejchloffen hartes da es ihm nun fchien, dag der Krieg in der Lombardei, der bereits feinen Anfang genommen hatte, ihm dazu Zeit und Gelegenheit verfchaffen werde, jo wünfchte er, einen Fuß in dem SFlorentinifchen Gebiet zu haben, ehe er fich ganz offenbar. in Bewegung fezte; er Enüpfte daher eine Unterhandlung an in dem Fort von Cennina im: oberen Arnothal, und nahm diefes Fort ein. Die Florentiner, die über diefen unerwarteten Vorfall be; troffen waren, und den König in vollem Anzuge gegen fich fahen, nahmen Truppen in Sold, erwählten die Zehnmaͤn— ner, und ruͤſteten füch ihrem Gebrauch gemäß zum Kriege. Der König hatte fein Heer fchon in das Gebiet von Siena geführt, und bemühte fih aus allen Kräften, dieje Stadt zu feinem Willen zu bewegen; allein die Bürger derjelben hielten feft an ihrer Freundfchaft für die Florentiner, und nahmen den König weder in Siena, noch in irgend einem andern Drte ihres Gebiets auf. Nur mit Lebensmitteln verfahen fie ihn und hierüber entfchuldigte fie ihre Ohnmacht und des Feindes Stärke. Der König hielt nicht für guf, auf dem Wege des Arnothals einzudringen, wie zuerft: feine Abſicht war, fowohl weil er Cennina wieder verloren hatte, — 105 — als weil die Florentiner an einigen Drten fchon wit Trup: Jahr pen verfehen waren; er fezte ſich alfo gegen Volterra in #7- Marfh, und nahm viele Schlöffer im Volterranifchen weg. Bon da aus ging. er ins Pifanifche und durch die Beguͤnſti— gungen Heinrichs und Facius, Grafen von Gherardesca, nahm er einige Kaftelle; von diefen aus griff er Campiglia an, welches er nicht erobern konnte, weil die Florentiner und der Winter es vertheidigten. Der König ließ alfo in den eroberten Drten Befazungen, um fie vertheidigen und das Land durchftreifen zu Eönnen, und zog fih mit dem übrigen Heer nad) dem Gebiet von Siena in die Winter: quartiere zurück. Indeſſen verfahen fich die Florentiner, unterftüzt von der Jahreszeit, fehr eifrig mit Truppen; Häupter derfelben waren Friederih, Here von Urbino, Gis— mondo Malatefti von Rimino, und obfchon diefe uneinig waren, fo verbielten fie ſich dennoch durch die Klugheit der Kommiffarien, des Neri, Gino’s Sohnes, und Bern bardettos von Medici, in fo weit einig, daß man ins Feld rückte, obgleich der Winter noch hart war; daß man die verlorenen Drte im Pifanifchen, und die Pomerancia im Volterranifchen wieder eroberte, und daß die Soldaten des Königs, die zuerft die Seegegenden durchſtreiften, der: maßen gezügelt wurden, daß fie nur mähfam die ihnen zur Defazung übergebenen Pläze behaupten Eonnten. Beim Anfang des Frühlings aber machten die Kommifjarien mit allen ihren Truppen, an der Zahl fünf taufend Pferde und zwei taufend Mann Fußvolk, bei Spedaletto halt, und der König Fam mit den feinigen, funfzehntaufend an der Zahl, in eine Entfernung von drei Meilen von Campiglia. Als man nun wermuthete, er werde diefe Stadt von neuem be lagern, warf er fih gegen Piombino, in der Hoffnung, diefe Stadt leicht zu erobern, weil fie ſchlecht verſehen war; auch meinte er, diefe Eroberung werde für ihn hoͤchſt nuͤz⸗ — 104 — Jahr lich und fuͤr die Florentiner verderblich ſein; denn von die— 2448. ſem Orte aus Eonnte er diefelben durch einen langen Krieg aufreiben, da er fih vom Meere aus Vorräthe anfchaffen und dag ganze Pifanifche Land beunruhigen konnte. Den Slorentinern war diefer Angriff unangenehm, fie berathfchlags ten fich alfo, was dabei zu thun fei, und fanden, daß wenn man mit dem Heeve in den Wäldern von Campiglia bleiben könnte, der König dadurch genoͤthigt werden würde, entwe— der gefchlagen oder mit Schinpf wieder abzuziehen. Cie bewaffneten deshalb vier große Galeeren, die fie zu Livorno hatten, fandten mit denfelben dreihundere Mann Fußvolk nach Piombino, und fezten fich bei Caldane, einem Ort, wo es fchwierig war, fie anzugreifen, denn fich an den Wäldern in der Ebene zu lagern, hielten fie für gefährlich. Das Florentinifhe Heer erhielt feine Lebensmittel aus den umliegenden Dertern, die aber, weil deren wenige, und diefe wenig bevölkert waren, fie nur mit Mühe verforgten. Die Truppen litten alfo darunter, und vornehmlich fehlte es an Wein; denn da man dort feinen einfammelte, und ihn auch anderswoher nicht erhalten Eonnte, fo war es uns möglich, daß jedermann welchen befommen konnte. Der König aber, obgleich er von den SFlorentinifchen Truppen eng eingefchloffen wurde, hatte einen Weberfluß an Füttes rung, jo wie an allen übrigen Dingen, denn von der See aus ward er mit allem verfehen. Die Florentiner wollten alfo verfuchen, ob fie auch ihre Truppen zur See verforgen fönnten, und beluden ihre Saleeren mit Lebensmitteln; da fie diejelben aber fommen liegen, fließen fie auf fieben Gas leeren des Königs, die zwei davon nahmen und zwei in die Flucht ſchlugen. Diefer Verluft benahm den Florentinifchen Truppen die Hoffnung auf die Erfeifhungen; daher denn zwei Hundert Packnechte, vornehmlich aus Weinmangel, in bas Lager des Königs Übergingen, und die andern Truppen — 105 — murrten, verſichernd, fie wollten nicht in fo heißen Gegen; Jahr den bleiben, wo es feinen Wein gebe und das Maffer fchleche Ho fei. Die Kommiffarien befchloffen alfo den Ort zu verlaffen, und wandten fich zur Wiedereroberung einiger Kaftelle, die noch in des Königs Händen waren. Diefer, obfchon er kei— ven Mangel an Lebensmitteln litt, und an Truppenzahl überlegen war, wurde dennoch fehr gefchwächt durch die häufigen, in feinem Heere herrfchenden Krankheiten, die in dieſer Jahrszeit in den Seegegenden entftehen, und fo hef— tig waren, baß viele daran flarben, und faft alle Frank war ven. Es wurden demnach Unterhandlungen zu einem Ber: gleich angefnüpft, worin der König funzigtaufend Gulden forderte, und daß Piombino feiner Willkühr überlaffen werde. Als man fich hierüber zu Florenz berathfchlagte, fo waren viele, die den Frieden wänfchten, damit zufrieden, indem fie verfiherten, fie wäßten nicht, wie man den Sieg in diefem Kriege zu erlangen hoffen Eönnte, da ſchon die bloße Unterhaltung deffelben fo große Koften mache. Allein Neri Capponi, der nach Florenz Fam, widerrieth den Vergleich mie fo ſtarken Gründen, daß alle Bürger einftimmig ber Ihloffen, ihn nicht anzunehmen, und den Herrin von Piom: bino als einen ihrem Schuz empfohlenen zu betrachten, ihn auch im Kriege wie im Frieden zu unterftüzen verſprachen, wenn er nicht fich felbft aufgabe und fich vertheidigen wolle, wie er bisher gethan habe, Da der König diefen Beſchluß hörte, und ſah, daß er, wegen der Krankheit in feinem Heer, den Ort nicht wiirde erobern koͤnnen, fo hob er, gleichſam wie nach einer Niederlage, fein Lager auf, mwofelbft er mehr als zwei taufend Todte ließ, und zog fich mit dem Ueberrefte feines Franken Heeres ins Sienefifche zurück, von wo er in das Königreich ging, voll Unwillen gegen die Flo: ventiner, und mit der neuen Sahrszeit neuen Krieg ihnen drohend. — 1065 — Sahr Mährend die Angelegenheiten in Toskana auf folche 246. if betrieben wurden, fuchte in der Lombardei der Graf Sranz, da er jezt Feldherr der Mailänder "geworden war, vor allen Dingen fih Franz Piceinino, der für die Mailän: der Kriegsdienfte that, zum Freunde zu machen, damit fer ihn in feinen Unternehmungen begünftigen, oder doch wenig: fiens mit mehrerer Ruͤckſicht feindlicdy gegen ihn auftreten möchte. Er 309 alfo mit feinem Heer ins Feld; da num die Bürger von Pavia fich nicht gegen feine Macht vertheidigen zu fönnen glaubten, und doch von der andern Seite auch nicht den Mailändern gehorchen wollten, fo boten fie ihm die Stadt an, unter der Bedingung, daß er fie nicht der Herrichaft der Mailänder unterwerfe. Der Graf wuͤnſchte den Beſiz diefer Stadt, denn er hielt diefes für einen maͤch— tigen Anfang, feinen Abfichten einen Schein geben zu koͤn— nen. Auch hielt ihn nicht die Furcht oder die Schande fein Wort zu brechen, zurück, denn große Männer nennen den Berluft Schande, aber niht den Gewinn durch Betrug. Allein indem er fie annahm, fürchtete er die Mailänder der: mapen zu erzürnen, daß fie fih den VBenezianern ergeben möchten, und wenn er fie nicht annahm, fo fürdhtete er den Herzog von Savoyen, dem viele Bürger ſich unterwerfen wollten; in jenem aber, wie in diefem Fall, fchien die Herr: fhaft der Lombardei für ihn verloren zu fein. Da er ins deffen bedachte, daß die Gefahr geringer fei, wenn er die Stadt annehme, als wenn er fie einen andern nehmen ließe, fo dejchloß er fie anzunehmen, in der Hoffnung, ev werde die Mailänder beruhigen koͤnnen; diefen gab er dann zu vers fiehen, welche Gefahren es hervorgebracht haben würde, wenn er Pavia nicht angenommen hätte, indem die Bürger diefer Stadt fic entweder dem Herzog oder den Venezia— nern ergeben haben würden, und dann in beiden Fällen ihre Staat verloren gewefen wäre; und daß fie es lieber fehen müßten, ihn zum Nachbarn und Freunde zu haben, als einen Jahr Mächtigen und Feind wie diefe beiden wären. Die Mailänder "448 wurden durch den Vorfall fehr beunruhigt, denn fie glaub: ten dadurch den Ehrgeiz des Grafen offenbar zu erfennen, und den Zweck, den er vor Augen habe; allein fie glaubten nicht, fich entdecken zu dürfen, denn wenn fie von dem Gras fen fich entfernten, fo fahen fie nicht ein, zu wem fie fich hätten wenden follen, als zu den Venezianern, deren Hoch- muth und harte Bedingungen fie fürchteten; fie befchloffen deshalb, fich nicht von dem Grafen loszureißen, und durch ihn für den Augenblick die Uebel abzuwenden, die ihnen drohten, in der Hoffnung, daß fie, von diefen befreit, auch von ihm fich würden befreien koͤnnen; denn fie wurden nicht allein von den DVenezianern, fandern auch von den Genue: fern, und dem Herzöge von Savoyen, im Namen Karls von Orleans, eines Schwefterfohnes von Philipp, angegrif— fen; welchen leztern Angriff der Graf mit geringer Mübe unterdricte. Seine einzigen Feinde blieben alſo die Vene: zianer, welche mit einem mächtigen Heer diefes Land einzu: nehmen fjuchten, und Lodi und Piacenza in Beſiz hatten; diefe Stadt belagerte der Graf, nahm fie nach langer Be: mühung ein, und plünderte fie. Hierauf führte er, da der Winter eingetreten war, feine Truppen in die Quartiere, und er ſelbſt ging nach Eremona, woſelbſt er den ganzen Winter mit feiner Gemahlin fich erholte. ’ Sobald aber der Frühling gefommen mar, 309 das Benezianifche und das Mailändiihe Heer ins Feld. Die Mailänder wänfchten Lodi zu erobern und alsdann einen Vergleich mit den Venezianern zu treffen; denn ihre Kriegs: often waren angewachſen und die Treue ihres Feldheren war ihnen verdächtig, fo daß fie höchlich den Frieden wünfch: ten, um fih auszuruben und vor dem Grafen zu fichern. Sie befchloffen daher, dag ihr Heer zur Eroberung von Ca— — 108 — Jahr ravaggio ſchreiten ſollte, in der Hoffnung, daß Lodi ſich er— 4. geben wuͤrde, ſobald dieſes Caſtell aus des Feindes Hand geriſſen wäre. Der Graf folgte den Mailändern, obgleich fein Plan war, über die Adda zu gehen und das Brescia nijche anzugreifen. Nachdem er alfo die Belagerung von Caravaggio eröffnet hatte, fo befeftigte er fich mit Gräben und andern Verfhanzungen, damit der Feind, im Fall er ihn die Belagerung aufheben machen wollte, ihn mit Nach— theil anzugreifen gezwungen wäre. Die VBenezianer von der _ andern Seite famen mit ihrem Heere unter ihrem Feldheren Micheletto auf die Nähe von zwei Bogenfchüffen an das Lager des Grafen, wo fie mehrere Tage blieben und mehrere Gefechte lieferten. Dennoch fuhr der Graf fort, das Kaftell einzufchliegen, und hatte es fchon auf den Punkt gebracht, daß feine Uebergabe nothiwendig war; diefes war den Vene zianern Höhft unangenehm, denn fie meinten, wenn fie die fes Kaftell verloren hätten, fo wäre auch der Feldzug für fie verloren. Es war daher unter ihren Hauptleuten ein großer Streit über die Art, demfelben zu Hülfe zu kommen, und doc) fah man feinen andern Weg, als gegen feine Ver— fhanzungen los zu gehen, und den Feind an einem Drte aufzufuchen, wo es für fie höchft nachtheilig war; allein fie hielten den Verluſt diefes.Kaftells für fo wichtig, daß der Venezianiſche Senat, troz feiner gewöhnlichen BeforglichFeit und Entfernung von allen unfichern und gefahrvollen Maas: regeln, dennoch lieber, um dies nicht zu verlieren, alles aufs Spiel fezen, als mit dem Verluſte deifelben den Feld— zug verloren fehn wollte. Sie faßten daher den Entfchluß, auf jeden Fall den Grafen anzugreifen, vüfteten fich daher eines Morgens ganz fröh und griffen ihn von der Seite an, die am wenigften bewacht war; im eriten Ungeftüm, brachten fie, wie es bei unerwarteten Angriffen zu gefchehen pflegt, das ganze Heer Sforzas in Unordnung Allein fogleih wußte der Graf Jahr alle Unordnung fo fehr wieder zu verbeffern, daß die Seinde "* nach vielen Anftvengungen, die fie machten um die Gräben zu erfämpfen, nicht allein zurücgeworfen, fondern auch dermaßen in die Flucht gebracht und gefchlagen wurden, daß von dem ganzen Heer, welches aus mehr als zwölftaufend Pferden beftand, fich nicht taufend vetteten, und fämtliches Gepaͤck und Wagen erbeutee wurden; niemals vorher hatten die Venezianer eine größere und fürchterlichere Niederlage erlitten. Unter der Beute und den Gefangenen fand fi auch ganz traurig ein DBenezianifcher Proveditor, der vor der Schlacht und bei der Führung diefes Krieges ſehr fchimpf: lich von dem Grafen gefprochen hatte, ihn einen Baftard und niedrigen Menfchen nennend. Da er fih nun nach der Niederlage gefangen ſah, und fih an feine Bergehungen erinnerte, fürchtere er nach Werdienft belohnt zu werden; als er nun ganz furchtfam und beftürzt vor den Grafen Fam, warf er fich, nach der Natur aller hochmuͤthigen und gemeis nen Menfchen, die im Glück uͤbermuͤthig und im Unglück weggeworfen und Eriechend zu fein pflegen, weinend zu des Grafen Füßen, und bat ihn für die gegen ihn ausgeftoßenen Beleidigungen um Verzeihung. Der Graf hob ihn auf, nahm ihn bei der Hand, machte ihm guten Muth und erz munterte ihn zu guter Hoffnung Hierauf fagte er ihm, er verwundere fich, wie ein Mann von folcher Klugheit und Wuͤrde in einen fo großen Irrthum verfallen fei, fo ſchlecht von jemand zu fprechen, der es nicht verdiene. Was nun die Dinge beträfe, die er ihm vorgeworfen habe, fo wifle er nicht, was Sforza, fein Vater, mit Madonna Lucia, feiner Mutter, vorgenommen haben möge, weil er damals noch nicht auf der Welt gewefen fei, und für die Art ihrer Berbindung nicht habe Sorge tragen koͤnnen; daher er denn, | für dasjenige, was fie gethan hätten, weder Lob noch Tadel [2 — 110 — Jahr verdienen zn Ednnen glaube; er wiſſe aber wohl, daß von A . der Zeit an, wo er habe wirkſam ſein koͤnnen, er ſich auf eine ſolche Weiſe betragen habe, daß niemand ihn zur Rede ſtellen koͤnne, wovon er und ſein Senat ein neues und wahres Zeugniß ablegen koͤnnten. Er ermahnte ihn fuͤr die Zukunft in ſeinen Reden uͤber andere beſcheidner, und in feinen Handlungen vorfichtiger-zu fein. Nach diefem Siege ging der Graf mit feinem fiegreichen Heer in das Brescianiiche, nahm diefes ganze Land ein, und fchlug darauf fein Lager zwei Meilen von Brescia auf. Die Benezianer von der andern Seite, fürchteten nad) ihrer Niederlage, daß Brescia, wie es auch gefchah, den erften Angriff erleiden würde; fie hatten alfo diefe Stadt jo gut und fo fchnell fie gekonnt hatten, mit Defazung verfehen; hierauf fammelten fie mit dem größten Eifer Truppen, zu denen fie auch noch fo viel von den Ueberreften ihres Heeres hinzufügten, als fie erlangen Eonnten; und von den Florenz tinern forderten fie Kraft ihres Bündniffes Hälfstruppen; diefe fandten ihnen dann auch, weil fie von dem Kriege mit König Alphons frei waren, taufend Mann zu Fuß und zweitaufend Reuter zu Hälfe Durch diefe Macht erhielten die Venezianer Zeit, an den Vergleich zu denken. Eine Zeit lang war es der Venezianifchen Republik gleichjam wie vom Schickſal beſtimmt, im Kriege zu verlieren und durch dem Friedensschluß zu gewinnen, und dasjenige was ihnen der Krieg genommen hatte, gab ihnen nachher der Frieden oft mals gedoppelt wieder. Die Venezianer wuften, daß die Mailänder gegen den Grafen argwöhnifch waren, und daß der Graf nicht Feldherr, fondern Herr der Mailänder zu fein wünfchte; da es nun in ihrer Willkühr ftand, mit einem von beiden Frieden zu fchließen, den der eine aus Ehrgeiz, der andere aus Furcht wänjchte, ſo zogen fie es vor, ihn mit dem Grafen zu fchliegen, und ihm Huͤlfe zu feiner Er; = dl — oberung anzubieten, in der Hoffnung, dag wenn die Mai Jahr länder fi) von dem Grafen betrogen fähen, fie, aus En 'H% ruͤſtung darüber, fich eher jedem andern als ihm unterwer; fen würden; und daß, wenn fie erſt auf den Punkt gebracht fein würden, fich weder felbft mehr vertheidigen, noch auf den Grafen trauen zu Eönnen, fie, nicht wiffend, wohin fie fih wenden follten, ihnen in die Hände fallen müßten. Nachdem fie diefen Entfchluß gefaßt, erforfchten fie des Grafen Gefinnung und fanden ihn fehr geneigt zum Frieden, indem er wuͤnſchte den Sieg bei Caravaggio für fih und nicht für die Mailänder errungen zu haben. Sie fchloffen deshalb einen Vertrag, durch welchen fich die Benezianer verbindlich machten, dem Grafen fo lange, bis er die Er— oberung Mailands vollendet habe, dreizehntaufend Gulden für jeden Monat zu bezahlen, und überdies ihm während des Krieges mit viertaufend Pferden und zweitaufend Mann Fußvolk beizuftehen. Der Graf verband fich von feiner Seite, den Venezianern die eroberten Städte und überhaupt alles andere was er ihnen in diefem Kriege abgenommen hatte, zurückzugeben, und ſich blos mit denjenigen Städten zu be; gnügen, die der Herzog Philipp bei feinem Tode bejaß. Diefer Vergleich berrübte die Stade Mailand, als er dafelbft befannt ward, viel mehr, als der Sieg bei Cara; vaggio fie erfreut hatte; die Vornehmen waren traurig, das Volk beklagte fih, Frauen und Kinder meinten, und alle mit einander nannten den Grafen einen Verräther und Um rechtlichen. Obſchon fie nun nicht hofften, weder durch Bitten, noch durch Verfprehungen ihn von feinem undank— baren Vorſaze abzubringen, ſo ſchickten fie doch Gefandte an ihn ab, um zu fehen, mit welchem Geſicht und welchen Worten er feinen Frevel begleite.. Da dieje alfo vor den Grafen gefommen waren, jo fprad einer von ihnen in folgendem Sinne: Es pflegen diejenigen, die von jemand — — Jahr irgend etwas zu erlangen wuͤnſchen, ihn mit Bitten, Ge— 2449 ſchenken oder Drohungen anzugreifen, damit er, entweder durch Mitleid, oder Eigennuz, oder durch Furcht bewogen, dasjenige, was ſie wuͤnſchen, zu thun ſich entſchließe. Aber auf grauſame, hoͤchſt habſuͤchtige, und ihrer eignen Meinung nach maͤchtige Menſchen, haben dieſe drei Mittel gar keinen Einfluß, und daher bemuͤhen ſich diejenigen vergebens, welche hoffen, ſie entweder durch Bitten zu beugen, oder durch Geſchenke zu gewinnen, oder durch Drohungen zu ſchrecken. Wir alſo, die wir jezo, freilich zu ſpaͤt, deine Grauſamkeit, deinen Ehrgeiz und deinen Hochmuth erkennen, kommen zu dir, nicht, um irgend etwas von dir zu erbitten, noch in der Hoffnung, etwas zu erlangen, wenn wir gleich es von dir forderten; ſondern um dich an die Wohlthaten zu erin— nern, die du von dem Mailändifchen Volke erhalten und dir zu zeigen, mit welcher Undanfbarfeit du diejelben er— wiedert haft, damit wir wenigftens, unter fo vielen Webeln, die wir empfinden, doch das Eleine Vergnügen genießen, fie die vorzuruͤcken. Sehr wohl wirft du dich erinnern, welches nach Herzog Philipps Tode deine Lage war; der Pabſt und der König waren dir Feind, die Florentiner und Benezianer hatteft du verlaffen, und du warſt fomohl durch ihren gerechten und noch frifchen Zorn, als dadurch, daß fie dich nicht mehr nöthig hatten, faft ihr Feind geworden. Du warft noch erjchöpft von dem Kriege, den du gegen die Kirche geführt hatteft, mit weniger Mannfchaft, ohne Freunde, ohne Geld, und aller Hoffnung beraubt deine Staaten und deinen alten Nuf behaupten zu koͤnnen; alle diefe Umftände wuͤrden ficher deinen Fall herbeigeführt haben, wenn unfere Arglofigkeit nicht gewefen wäre; denn wir allein nahmen dich bei uns auf, bewogen von der Ehrfurcht, die wir hatten vor dem glücklichen Andenken unfers Herzogs, mie welchem du Verwandtſchaft und erneuerte Freundfchaft gefchloffen Hatteft, welches wir glaubten, dag auch auf feine Jahr Erben feine Liebe übergehen würde, und daß, wenn unfere” Wohlthaten noch hinzugefügt würden zu den feinigen, dieſe Freundſchaft nicht allein feſt, Sondern unzertrennbar fein muͤſſe, daher wir denn auch zu den früher gefchloffenen Ber; bindlichkeiten Verona oder Brescia noch zu deinem Vortheil hinzufügten. Was Fonnten wir mehr dir geben und vers fprehen? Und du, was Eonnteft du, ich will nicht fagen von uns, fondern zu jener Zeit von irgend jemand, erlan— gen, oder auch nur wünfhen? Du alfo empfingft von ung ein unverhofftes Gut, und wir empfangen dafür zur Bes lohnung von dir ein unverhofftes Uebel, Auch haft du nicht bis jezt geſaͤumt, uns dein ungerechtes Herz zu zeigen, denn nicht jobald warft du Meifter von unferen Waffen, fo nahmſt du Schon, allem Recht zum Troz Pavia für dich, welches uns hätte eine Warnung fein follen, wie das Ende diefer deiner Freundſchaft fein werde. Mir ertrugen dies Unrecht, in der Meinung, dieje Befizung werde vermöge ihrer Größe deine Ehrfucht befriedigen. Aber ach! denen, die das Ganze begehren, kann der Theil nicht genügen. Du verſprachſt, daß die Eroberungen, die du nachher machen würdeft, wir genießen follten, denn du wußteſt wohl, daß was du zu vielen Malen uns gabeft, du uns mit einem Male wieder nehmen koͤnnteſt; ſo wie es nach dem Siege von Caravag— gio gefchehen ift, der zuerft mit unferm Blute und unferm Gelde bereitet, zu unferm Untergange angewandt ward, O, unglüdlich die Städte, die gegen den Ehrgeiz derer, die fie unterdrüden wollen, ihre Freiheit vertheidigen muͤſſen; aber viel unglücdlicher noch diejenigen, die genöthiget find mit fäuflichen und untreuen Waffen, wie die deinigen, fich zu vertheidigen. Möge wenigftens dieſes unfer Beifpiek den Nachkommen nüzlich fein, da das von Theben und Philipp von Macedonien uns nicht genuͤzt hat, dev nach dem: Siege Zweiter Theil, H Jahr uͤber die Feinde, erft aus ihrem Feldheren ihr Feind, aus 246 dieſem ihr Herr ward. Wir koͤnnen deshalb keiner anderen Schuld angeklagt werden, als daß wir auf denjenigen zu ſehr vertraut haben, auf den wir nur wenig Vertrauen haͤtten ſezen muͤſſen; denn dein verfloſſenes Leben, dein immer weiter ſtrebendes, niemals mit keinem Rang und Beſiz zufriedenes Gemuͤth, haͤtten uns warnen ſollen, und wir haͤtten keine Hoffnung ſezen ſollen auf denjenigen, der den Herrn von Lukka verrathen, die Florentiner und Vene— zianer durch Erpreſſungen gedruͤckt, den Herzog wenig ger achtet, den Koͤnig veraͤchtlich behandelt, und vor allen Gott und ſeine Kirche mit ſo viel Ungerechtigkeiten verfolgt hat. Niemals auch haͤtten wir glauben ſollen, daß ſo viele Fuͤrſten weniger Einfluß auf Franz Sforzas Herz haben wuͤrden, als die Mailaͤnder, und daß er uns die Treue halten wuͤrde, die er gegen andere ſo viele Male verlezt hatte. Doch dieſer Mangel an Klugheit der uns zur An— klage wird, wird nicht zur Entſchuldigung fuͤr deine Treu— loſigkeit; noch reinigt er dich von der Schande, welche unſere gerechten Klagen durch die ganze Welt uͤber dich bringen werden; noch wird er machen, daß der raͤchende Stachel deines Gewiſſens dich nicht verfolge, wenn dieſe Waſſen, die wir bereitet haben, um andere anzugreifen und zu ſchrek— ken, nun kommen werden um uns zu treffen und zu belei— digen; denn du ſelbſt wirſt dich der Strafe werth erkennen, die den Landesverraͤthern beſtimmt iſt. Wenn aber auch dein Ehrgeiz dich verblenden ſollte, ſo wird die ganze Welt, als Zeugin deiner Ungerechtigkeit dir die Augen oͤffnen; Gott wird fie dir öffnen, wenn Meineid, wenn verlezte Treue, wenn Verraͤtherei ihm mißfaͤllt, und wenn er nicht immer, wie er um irgend eines unbekannten Gutes willen bisher gethan hat, der boͤſen Menſchen Freund ſein will. Verſprich dir alſo nicht mit Sicherheit den Sieg, denn gerechte Zorn Gottes wird dir ihn vermehren, und wir find ent- Jahr fchloffen, nur mit dem Leben die Freiheit zu verlieren, die, 1448 wenn wir fie auch nicht vertheidigen Fünnen, doch jedem andern Fürften eher wir unterwerfen würden, als dir; wenn aber auch unfere Sünden fo groß wären, daß wir, ganz gegen unfern Willen, in deine Hand geriethen, fo glaube fiher, daß die Regierung, die du mit Trug und Schande begonnen haben wirft, auch) du oder deine Söhne mit Schimpf und Unglück enden werden. Der Straf, obſchon er ſich allen Seiten von den Mailändern angegriffen fühlte, antwortete, ohne weder durch Worte noch Geberden irgend eine ungewöhnliche Gemüthss bewegung zu zeigen, er wolle gern ihren erzürnten Gemüs thern die ſchwere Beleidigung ihrer nicht allzumeifen Worte vergeben, denen er ausführlich antworten würde, wenn er vor jemand ſtuͤnde, dem es gebührte, ihres Streites Richter zu fein; denn alsdann würde man fehen, daß er die Mai: länder nicht angegriffen, fondern nur vor ihrem Angriff fich gefichert habe. Denn fie wüßten wohl, wie fie nach dem Siege von Taravaggio ſich betragen hätten; anftatt ihn durch Verona oder Brescia zu belohnen, hätten fie gefucht mit den Venezianern Frieden zu machen, damit er allein die Laften der Seindfchaft, fie allein die Früchte des Siegs mit den Atts nehmlichEkeiten des Friedens und dem ganzen Nuzen, den man aus dem Kriege gezogen habe, behalten möchten. Sie könnten fi alfo gar nicht befchweren, wenn er den Ber; gleich gefchloffen habe, den fie zu fehließen getrachtet hätten; und wenn er einen Augenblick gezögert hätte, diefe Maaß— vegel zu nehmen, fo würde er jezt ihnen diefelbe Undank— barkeit vorzumerfen haben, die fie num ihm zur Laft legten. Ob diefes wahr fei oder nicht, das würde durch den Aus; gang dieſes Krieges Gott zeigen, den fie zum Rächer ihres erlittenen Unrechts aufriefen, und dadurch würden fie dann H 2 — 116 — Zah erkennen, wer von ihnen mehr fein Freund fei, und wer "den gerechteren Kampf gekämpft habe. Tach der Abreife der Gefandten rüftete fich der Graf die Mailänder anzugreifen, dieſe aber bereiteten ſich zur Ver— theidigung, und hofften durch Franz und Jakob Piccinino, die wegen des alten Hafles, den die Waffen von Braccio und Sforza gegen einander hatten, den Malländern treu geblieben waren, ihre Freiheit zu fchüzen, wenn auch nur fo lange bis fie die Venezianer von dem Grafen abziehen fönnten, von denen fie nicht glaubten, daß fie lange treu und freundlic). gefinnt bleiben würden. Der Graf von der andern Seite, der dies auch wußte, glaubte, daß es eine vernünftige Maasregel fei, fie da, wo er ihre eingegangene Verpflichtung nicht für hinreichend hielt, durch Belohnungen feft zu halten. Er willigte alfo, als einem jeden zugetheilt ward, was er in diefem Kriege thun follte, darin ein, daß die Venezianer Crema angreifen follten, und daß er mit den übrigen Truppen den Weberreft des Landes angreife. Diefe Bedingung, die den DBenezianern vorgehalten ward, war Urfah, daß fie fo Lange bei ihrer Freundfchaft gegen dem Grafen beharrten, bis dieſer fchon das ganze Gebiet der Mailänder eingenommen und fie fo in ihre Stadt eingefchiofs fen hatte, daß fie ſich mit Feiner Nothwendigkeit mehr ver: fehen konnten; daher fie denn, am aller andern Hülfe vers zweifelnd, Gefandte nach Venedig fihikten, um die, Vene; zianer zu bitten, daß fie Mitleid mit ihren Angelegenheiten haben und wie es der Nepublifen Sitte fein follte, ihre Freiheit begünftigen möchten, nicht aber einen Iyrannen, den fie, wenn es ihm glüden follte, fich diefer Stadt zu bemeiftern, nachher nicht mehr nach ihrem Gefallen würden zügeln koͤnnen. Auch möchten fie nicht glauben, daB er zufrieden bleiben . werde mit den im Bertrage feftgejezten Gränzen, ſondern daß er fiher die alten Gränzen diefes = 117 — Staates werde hergeftelle wiffen wollen. Noch hatten fich Fahr die Venezianer Cremas nicht bemächtigt, und da fie diefer" Stadt fih Meifter machen wollten, "bevor fie die Maske mwechfelten, fo antworteten- fie öffentlich, fie Fönnten ihnen, wegen des mit dem Grafen eingegangenen Bertrages nicht zu Huͤlfe kommen; im Geheim aber unterhielten fie die Ge: fandten auf folhe Weife, daß fie in Erwartung der Ab: fohliegung eines Vertrages, ihren Herren eine fichere Hoffs nung darauf machen konnten. Der Graf war mit feinen Truppen ſchon fo nahe an dailand, daß er die Vorftädte berennte, als die Venezianer 1449. Erema einnahmen, und alfo nicht mehr zögern zu dürfen glaubten, Freundfchafe mit den Meailändern zu fchliegen, mit welchen fie. einen Vertrag machten, worin fie der Mais ländifchen Freiheit ihren ganzen Schuz verfprachen. Nach abgefchloffenem Vertrage trugen fie Ihren Truppen, die fie bei dem Grafen hatten, auf, daß fie fein Lager verlaffen und fih ins Venezianifche zurückziehen follten. Auch zeigten fie dem Grafen den mit den Mailändern gemachten Frieden an, und gaben ihm zwanzig Tage Bedenkzeit um ihm bei: zutreten. Der Graf wunderte fih gar nicht über die von den Venezianern genommene Maasregel, denn er hatte fie lange zuvor vorausgefehen, und befürchtete das Eintreten ders ſelben alle Tage; dennoch Eonnte er, als die Sache nun erfolgte, nicht umhin, ſich darüber zu betrüben, und daffelbe Mipvergnügen zu empfinden, das die Mailänder, bei feinem Abfall von ihnen empfunden hatten. Er. forderte von den Gefandten, die von Venedig kamen, um ihm den Friedens⸗ ſchluß anzuzeigen, zwei Tage Zeit zur Antwort, während' welcher er die DVenezianer zu unterhalten, und feine Unternehmung nicht fahren zu laffen befchloß. Oeffentlich fagte er daher, er wolle den Frieden annehmen, und fchickte feine Geſandten nach Venedig mit binveichender Vollmacht — ı13 — Jahr ihn abzuſchließen; im Geheim aber trug er ihnen auf, daß 2449. fie ihn auf feine Weife vollziehen, fondern den Abſchluß durch täujchende Erfindungen und Einwendungen verzögern follten. Um nun die Venezianer deſto ficherer glauben zu machen, daß er die Wahrheit fage, jchloß er mit den Mai: ländern auf einen Monat Waffenftillftand, entfernte ſich von Mailand, und vertheilte feine Truppen zur Einquartirung in die Derter, die er in der umliegenden Gegend inne hatte. Diefe Maasregel ward die Urfache feines Sieges und des Untergangs der Mailänder, denn die Venezianer wurden, im Vertrauen auf den Frieden, langfamer in ihren Vorkeh— rungen zum Kriege; und die Mailänder, die den Waffen: ffilljtand gefchloffen, den Feind entfernt, und die Venezianer als ihre Freunde ſahen, glaubten ficher, daß der Graf die Unternehmung fahren laffen werde, Diefe Meinung jchadete ihnen auf zweierlei Weiſe; die eine, daß fie die Einrichtun— gen zu ihrer VBertheidigung vernachläßigten; die andere, daß fie in dem vom Feinde befreiten Lande, weil grade die Saatzeit war, viel Getreide faeten; woher es Fam, daß der Graf fie eher aushungern Eonnte. Dem Grafen auf der andern Seite halfen alle diefe Umftände, die dem Feinde fohadeten; und überdies gab ihm diefe Zeit noch Gelegenheit Athem zu jchöpfen und ſich Hülfe zu fchaffen. In diefem. Kriege in der Lombardei hatten ſich die Flo: ventiner für Eeine der Partheien erkläre, auch hatten fie dem Grafen feine Gunft erwiefen, weder als er die Mair länder vertheidigte, noch nachher; denn der Graf, der deflen nicht bedurfte, hatte nicht eifrig darum nachgeſucht. Blos nach der Niederlage von Caravaggio hatten fie den Venezia— nern in Kraft der eingegangenen Verbindlichkeiten Huͤlfs— truppen geſandt. Als aber der Graf Franz allein blieb, und nicht wußte, wohin er feine Zuflucht nehmen follte, ward er genöthigt, die Floventiner inftändig um Huͤlfe zu * bitten, ſowohl öffentlich bei der Negierung, als auch ins: Jahr befondere bei feinen Freunden, vornehmlich bei Kosmus von 1449. Medici, mit dem er immer eine fortdauernde Freundfchaft unterhaiten, und von dem er ftets in allen feinen Unter; nehmungen treulich berathen und Eräftig unterftüzt worden war. Auch in diefer großen Noth verließ ihn Kosmus nicht, ſondern unterftüzte ihn als Privatmann reichlich und machte ihm Much die Unternehmung fortzufezen. Er mwünfchte aber dag ihm die Stadt auch äffentlich beiſtuͤnde, wobei ſich Schwierigkeiten fanden. Neri Capponi, Ginos Sohn, war in Florenz fehr mächtig: dieſem ſchien es Fein Vortheil fir die Stadt zu fein, wenn der Graf Mailand einnehme, fondern er glaubte vielmehr, daß es mehr zum Wohl Staliens gereichen werde, wenn der Graf den Frieden abfchlöffe, als wenn er_ den Krieg fortfeze. Erſtlich fürchtete er, daß die Mailänder wegen des Unwillens, den fie gegen den Grafen empfanden, fih ganz den Venezianern unterwerfen möchten, welches für alle verderblich fein würde; zweitens, wenn es ihm auch gelingen follte, Mailand einzunehmen, fo fchienen ihm fo mächtige Waffen und ein fo großer Staat mit einander verz einigt furchtbar zu fein; und wenn er fchon als Graf uner- träglich fei, fo werde er als Herzog höchft unerträglich fein. Er behauptete deshalb, daß es für die Republik Florenz und fuͤr Italien beſſer ſei, daß der Graf blos das Anſehen ſeiner Waffen behalte, und die Lombardei in zwei Republiken vertheilt werde, die niemals zum Angriff gegen die anderen ſich vereinigen, und deren jede fuͤr ſich nicht ſchaͤdlich ſein koͤnne. Dieſes zu bewerkſtelligen ſei kein beſſeres Mittel, als dem Grafen nicht beizuſtehen und den alten Bund mit den Venezianern aufrecht zu erhalten. Dieſe Gruͤnde fanden bei des Kosmus Freunden keinen Eingang, denn ſie glaub— ten Neri werde zu dieſer Sprache nicht dadurch bewogen, daß er dieſes dem Wohl der Republik angemeſſen finde, — EBD — Jahr ſondern weil er nicht wolle, daß des Kosmus Freund Herzog 2440. werde, in der Meinung, daß Kosmus dadurch zu viel Macht erlangen werde. Kosmus von der andern Seite zeigte durch Gruͤnde, daß es fuͤr Italien und fuͤr die Republik ſehr nuͤzlich ſein werde, dem Grafen zu helfen; denn es ſei eine ganz falſche Meinung, wenn man glaube, daß die Mailaͤn— der ſich frei erhalten koͤnnten, weil der Charakter der Buͤr⸗ gerfchaft, ihre Lebensart, der eingewurzelte Parteihaß in diefer Stadt jeder bürgerlihen Negierungsform zuwider wären, fo daß alfo nothwendig entweder der Graf ihr Herzog, oder die Venezianer ihre Herren werden müßten. Dei diefer Wahl aber wäre niemand fo thöriht, daß er ſchwanken könne, welches von beiden beſſer fei, einen mäch: tigen Freund zum Nachbarn zu haben, oder einen Aufßerft mächtigen Feind; auch glaube er, es fei nicht zu fürchten, daB die Mailänder, um dem Kriege mit dem Grafen zu entgehen, fich den Venezianern unterwerfen werden, denn der Graf habe eine Partei in Mailand, jene aber nicht; fo daß wenn fie ihre Freiheit nicht würden vertheidigen Eönnen, fie immer eher fih dem Grafen als den VBenezianern unter: werfen würden, Dieſe Berfchiedenheit der Meinungen er: hielt die Stadt in der Unentfchloffenheit und endlich befchioß man, Gefandte an den Grafen zu fohiefen, um über die Art des Vertrages zu unterhandeln, mit dem Auftrage, wenn fie den Grafen flarf genug fänden, um fih den Sieg verjprechen zu Eönnen, fo follten fie ihn abſchließen; wenn aber nicht, fo follten fie ihn aufhalten und verzögern. 1450, Diefe Gefandten waren zu Neggio, als fie erfuhren, dag der Graf Herr geworden fei von Mailand, Als nehms lih der Waffenftillftand abgelaufen war, legte er ſich mit feinen Truppen eng um die Stadt, in der Hoffnung, fie, den Venezianern zum Troy, in Eurem einzunehmen, denn diefe Fonnten ihr blos von der Seite der Adda zu Hülfe =. MIR m fommen, welchen Paß er leicht verfchließen Eonnte. Da: es Jahr Winter war, fo fürchtete er auch nicht, daß die Venezianer 1459. nahe zu ihm heran fireifen würden, und ehe der Winter verfloffen war, hoffte er den Sieg erlangt zu haben, ber fonders da Franz Piceinino geftorben, und nur Jakob, fein Druder, Feldherr der Mailänder war. Die Benezianer hatten einen Gefandten nah Mailand geſchickt, um die Bürger zu ermahnen, daß fie fich thätig vertheidigen moͤch— ten, indem fie ihnen eine ftarfe und baldige Hülfe ver: fprachen. Es erfolgten alfo während des Winters zwifchen den Venezianern und dem Grafen einige unmwichtige Gefechte, als aber die Witterung gelinder wurde, ftellten fich die Bene: zianer mit ihren Truppen unter Pandolfo Malatefta an der Adda; als fie fi hier berathichlagten, ob fie um Mailand zu Hülfe zu kommen den Grafen angreifen und das Gluͤck auf eine Schlacht follten ankommen laffen, war ihr Feld— herr Pandolfo der Meinung, daß man fich diefer Gefahr nicht ausfezen müffe, weil er die Tapferkeit des Grafen und feines Heeres fannte. Er glaubte vielmehr, ohne. Kampf fönne man gang ficher fiegen, weil der Graf durch den Mangel an Heu und Getreide gedrängt werde. Er rieth alfo, daß man diefes Lager beibehalten folle, um den Mai— ländern Hoffnung auf Unterſtuͤzung zu machen, damit fie nicht aus Verzweiflung fi) dem Grafen ergaͤben. Dieſer Plan ward von den VBenezianern gebilligt, ſowohl weil fie. ihn für ficher hielten, als auch, weil fie hofften, daß wenn fie die Mailänder in diefer Noch erhielten, diefe genoͤthigt fein wärden, fich ihnen zu unterwerfen; denn das hielten fie für fiher, daß fie dem Grafen ſich nie ergeben würden, wegen der Beleidigungen, die fie von ihm erlitten hatten. : Indeſſen waren die Mailaͤnder faſt in das alleraͤußerſte Elend gerathen, und da dieſe Stadt ſchon an ſich ſelbſt mit Armen uͤberhaͤuft iſt, ſo ſtarben ſie vor Hunger auf den — IE Fr Sahr Straßen; woraus dann Unruhen und Wehklagen an vielem 245% Orten der Stadt entftanden; hierüber waren die Dbrigfeiten ſehr beforgt und wandten alle mögliche Sorgfalt an, daß fi die Leute nicht verfammelten. Die Volksmaſſe zögert immer fehr lange, ehe fie fih zum Boͤſen neigt; ift fie aber einmal dazu geftimmt, fo fezt der geringfte Zufall fie In Bewegung. "Da alfo zwei von nicht anfehnlihem Stande fi nahe beim neuen Thor von den Bedrängniffen der Stadt unterhielten, und welche Mittel zu ihrer Rettung dienen möchten, fo begannen andere, fih an fie anzufchließen, fo daf ihrer eine beträchtliche Zahl wurde, und dadurch ver: breitete fich das Gerücht in der Stadt, die vom neuen Thor wären gegen die Negierung in den Waffen. Auf diefe Nach— richt kam die ganze Mienge, die nur einen Anftoß erwartete, in Waffen, ernannte Kajpar von VBicomercato zu ihrem Führer und ging zu dem Drt, wo die Obrigkeit verfammlet war, auf weldhe fie mit folcher Wuth einftärmten, daß fie alle diejenigen, die nicht fliehen Eonnten, ermordeten; unter andern tödteten fie auch mit Heftigkeit den Venezianiſchen Gefandten Lionardo als die Urfach ihres Hungers und ihres. Elends. Da fie nun fo gleihfam Herren der Stadt ges worden waren, fo warfen fie unter fih die Frage auf, was man zu thun habe, um aus diefen Unruhen heraus zu foms men, und endlich einmal auszuruhen. Kin Sjeder war der Meinung, man müffe fih, da man doch die Freiheit einmal nicht erhalten fönnte, in den Schuz eines Fürften flüchten, der fie vertheidigen koͤnne; diefer wollte den König Alphons, jener den Herzog von Savoyen, ein anderer den König von Frankreich zu feinem Herrn ernennen; vom Grafen aber fprach nicht ein einziger, fo mächtig war noch der Unwille, den fie gegen ihn hatten! Da fie indeffen wegen der vorhingenannten fih nicht vereinigen konnten, jo war Kafpar von Vicomercato der erfte, der den Grafen nannte, und meitläuftig zeigte, daß, wenn man fich den Krieg vom Jahr Halfe Schaffen wollte, dazu Fein anderes Mittel fei, als ihn — herbeizurufen; denn das Meailändifche Volk beduͤrfe eines fihern und augenbliclichen: Friedens, nicht einer weitaus fehenden Hoffnung und eines Fünftigen Beiſtandes. Er vertheidigte in feiner Nede die Handlungen des Grafen, Elagte die Venezianer an, klagte alle die andern: Fürften Staliens an, welche, diefer aus Ehrfucht, jener aus Neid, nicht gewollt hatten, daß fie frei fein follten. Da fie ihre Freiheit nun einmal hingeben müßten, fo möchten fie lieber einem folchen fie geben, der Klugheit und Macht hätte, fie zu vertheidigen, damit die Knechtſchaft ihnen wenigftens den Frieden brächte, und nicht noch größeres Unglük und ges fährlicheren Krieg. Man hörte die Rede des Mannes mit außerordentlicher Aufmerkſamkeit an, und alle riefen, als er diejelbe geender, daß man den Grafen rufen folle, und machten Kafpar zum Gefandten, um ihn berbeizurufen. Er alfo ging auf Befehl des Volks zu dem Grafen und brachte ihm diefe fo frohe und gluͤckliche Nachricht. Der Graf em pfing fie mit Freuden, und da er am zöften Februar des Ssahres 1450 als Fürft in Mailand einzog, ward er mit der größten und bewundernswärdigften Fröhlichkeit empfangen von denfelben Leuten, die nicht lange zuvor ihn mit jo großem Haſſe befchimpft Hatten. | As die Nachricht von diefer Eroberung nah, Flovenz fam, ward den Florentinifchen Gefandten, die ſchon unter: weges waren, aufgetragen, daß fie, flatt einen Vergleich mit dem Grafen zu unterhandeln, dem Herzoge ihre Freude über feinen Sieg bezeugen follten. Diefe Gefandten wurden von dem Herzöge achtungsvoll empfangen und höchlich ber ehrt, denn er wußte wohl, daß er gegen die Macht der Benezianer feine treueren und ftärferen Freunde in Italien haben Eonnte, als die Slorentiner, die, nachdem fie ihre > — 124 — Jahr Furcht vor dem Haufe ber Biscontt abgelegt, jezt mit der 2450. wacht der Aragonier und VBenezianer zu kämpfen hatten; denn. die: Aragonier und der König von Neapel waren ihre Feinde, wegen. der Freundfchaft, welche die Slorentiner, wie fie mußten, immer mit dem. Franzöfifhen Königshaufe gehalten hattenz die Venezianer aber wußten wohl, daß die Slorentiner ftatt der alten Furcht vor den Visconti jezt eine, neue vor ihnen befommen hatten, und da fie wußten, mit welhem Eifer jene die Visconti verfolge hatten, fo fuchten fie aus Furcht vor den nehmlichen Verfolgungen den Untergang der Florentiner. Diefe Umftände verurfachten, daß der neue Herzog fich gern mit den Florentinern verband und daß die Venezianer und der König Alphons fich gegen ihre gemeinfchaftlichen Feinde verbanden, fich gegenfeitig verflichteten, zu gleicher Zeit die Waffen zu ergreifen, und daß der König die Florentiner angreifen follte, und die Venezianer den Herzog, welcher, wie fie glaubten, weil er noch neu in feinem Lande war, ihnen weder durch eigne Kraft, noch duch fremde Unterftäzung würde widerſtehen fünnen. 1451. Weil aber der Bund zwifchen den Florentinern und Benezianern noch fortdauerte, und der König nach feinem Kriege in Piombino mit jenen Frieden gemacht‘ hatte, ſo hielten fie für gut, denfelben nicht zu brechen, ohne vorher den Krieg durch irgend einen feheinbaren Vorwand zu recht: fertigen. Beide ſchickten daher Gefandte nah Florenz, welche im Namen ihrer Herren zu erkennen gaben, daß das Bindniß zwifchen ihnen nicht zur Abficht habe, jemand anzugreifen, fondern nur ihre Staaten zu befchizen. Hier— auf beklagte fich der Venezianer, daß die Floventiner dem Alexander, einem Bruder des Herzogs, den Durchmarfch durch Lunigiana erlaube hätten, um mit Truppen in die Lombardei zu gehen; daß fie überdies Helfer und Rathgeber bei dem zwifchen dem Herzoge und dem Markgrafen von Jahr Mantua abgefchloffenen Bertrage gewefen wären. Alle dieſe 145% Dinge, behauptete er, wären ihrer Negierung und der zwifchen ihnen beftehenden Freundfchaft entgegen, und ex erinnere fie daher freundlich, daß wer mit Unrecht beleidigt, dem Andern Gelegenheit giebt mit Necht fich für beleidigt zu halten, und daß wer den Frieden bricht, den Krieg er: warten muß. Die Antwort ward von der Signoria dem Kosmus aufgetragen, der in einer langen und weiſen Rede alle die Wohlthaten durchging, welche feine Stadt der Ber nezianifchen Republik erzeigt habe; er zeigte, welch ein Reich diefe durch das Geld, den Nath, und die Truppen der Florentiner erworben hätten; er erinnerte, daß da ja der Grund zu ihrer Freundfchaft von den Florentinern herz rühre, auch fiher der Grund zur Seindfchaft nie von ihnen ausgehen werde, und da fie fiets Freunde des Friedens gez wefen wären, fo lobten fie fehr den Vertrag, den fie unter fich abgefchloffen hätten, wenn dies um des Friedens, niche um des Krieges willen gefchehben wäre. Wahr fei es, daß er über die von ihnen gemachten Befchwerden fich fehr ver— wundern müffe, indem er fehe, daß eine fo mächtige Re: publit von einer fo unbedeutenden und leeren Sache fo genaue Rechnung halte; wenn diefe Dinge indeffen auch der Betrachtung würdig wären, fo wollten fie hier jeder— mann erklären, daB ihrem Willen zufolge ihr Land für einen jeden frei und offen fei, und daß der Herzog in einer folhen Lage fei, daß er, um mit Mantua Freundfihaft zu fchließgen, weder ihres Rathes noch ihrer Beguͤnſtigung be; dürfe. Er fürchte deshalb, daß diefe Befchwerden ein an; deres Gift verdecken möchten, welches fie nicht zeigten; und wenn dies der Fall fei, fo würden fie jedermann leicht ers kennen laffen, daß fo müzlich die Freundſchaft der Florenz tiner, eben fo fchädlich auch ihre Feindſchaft ſei. — 12164 — Sahr Für jezt ging die Sache noch leicht worüber, und es 41 · ſchien, als ob die Geſandten ganz zufrieden abreiſten. Den— noch ließ das geſchloſſene Buͤndniß und das Betragen der Venezianer und des Koͤnigs, die Florentiner und den Herzog mehr einen neuen Krieg fuͤrchten, als einen feſten Frieden hoffen. Deshalb verbanden ſich die Florentiner mit dem Herzoge, und in der Zwiſchenzeit entdeckte ſich die uͤble Geſinnung der Venezianer, denn ſie ſchloſſen ein Buͤndniß mit Siena, und verjagten alle Florentiner und deren Unter— thanen aus ihrer Stadt und aus ihrem Reich. Bald nach— her that Alphons das nehmliche, ohne auf den im vorigen Jahr geſchloſſenen Frieden die mindeſte Ruͤckſicht zu nehmen, und ohne auch nur einen ſcheinbaren, geſchweige denn einen gerechten Grund dazu zu haben. Die Venezianer ſuchten die Bologneſer zu unterjochen, ſie verſtaͤrkten alſo die Ver— triebenen und ſandten ſie mit vielen Truppen des Nachts durch die Abzugsgruben in die Stadt. Auch erfuhr man ihr Eindringen nicht eher, bis ſie ſelbſt das Geſchrei des Aufruhrs erhoben, und Santi Bentivogli, der davon er— wachte, hoͤrte, die ganze Stadt ſei von den Rebellen einge— nommen. Obſchon nun viele ihm riethen, daß er ſein Leben durch die Flucht retten moͤchte, da er durch ſein Dortbleiben den Staat nicht retten koͤnne, fo wollte er dennoch ſeinem Schickſal die Stirn bieten, ergriff die Waffen, feuerte die Seinigen an, worauf er an der Spize einiger Freunde einen Theil der Nebellen angriff, diefen fchlug und viele von ihnen tödtete, die anderen aber aus der Stadt jagte. Hiernach uvtheilte ein jeder, er habe die vollfommenfte Probe abges legt, daß er aus dem Haufe der Bentivogli fei. Diefe Schritte und Bewegungen befeftigten in Florenz den Glauben an den nahen Ausbruch des Krieges; die FSlorentiner wandten ſich alfo zu ihren alten und gewohnten Vertheidigungsmitteln; fie ernannten die Obrigkeit der Zehnmänner, nahmen neue Miethstruppen in Sold, ſchick- Jahr ten Gefandte nach Kom, Neapel, Venedig, Mailand und 49" Siena, um die Freunde um Hülfe zu bitten, was verdächs tig war, aufzuklären, die fchwanfenden für fid) zu gewin— nen, und die Plane des Feindes zu entdecken. Aus dem Pabſt brachte man nichts als allgemeine Neden, gute Stim: mung, und Ermahnungen zum Frieden; aus dem Könige nichts als leere Entfchuldigungen wegen der Verweifung der Slorentiner und das Anerbieten, einem jeden der es fordere, freies Seleit zu geben. Obſchon er fih nun Mühe gab, feine Plane wegen eines neuen Krieges gänzlich zu verberz gen, ſo erkannten die Geſandten dennoch feine feindliche Gefinnung, und entdecten viele feiner Vorbereitungen, um ihrer Republit Schaden anzuthun, Das Buͤndniß mit dem Herzoge ward von neuem durch verfchiedene Verpflichtungen befeftige, auch ward durch feine Vermittelung Freundfchaft mit den Genuefern geſchloſſen, die alten Streitigkeiten wegen Miedervergeltungen und viele andere Beſchwerden beigelegt, obgleich die Venezianer auf alle Weife diefe Verſoͤhnung zu fiöven fuchten. Dieje verfäumten auch nicht, den Kaifer zu Konftantinopel zu erfuchen, daß er die Florentinifche Nation aus feinem Lande jagen follte, Mit fo großem Haffe fehrits ten fie zu diefem Kriege, und foviel vermochte die Herſch— begierde über fie, daß fie ohne alle Ruͤckſicht diejenigen vers nichten wollten, welche die Urfach ihrer Größe gewefen war ven! Indeſſen wurden fie von jenem Kaifer nicht gehört. Den FSlorentinischen Geſandten ward von dem Benezianifchen Senat der Eingang in das Gebiet ihrer Republik verwehrt, unter dem Vorwande, daß, da fie mit dem Könige in Sreundfchaft lebten, fie ohne feine Theilnahme fie nicht anhören dürften, ” Die Sienefer empfingen die Gefandten mit gütigen Morten, aus Furcht, daß fie möchten gefchla; gen werden, ehe noch ihre Verbündeten fie ſchuͤzen koͤnnten; Fahr 21454 1452. — 128 — daher glaubten ſie die Waffen einſchlaͤfern zu muͤſſen, denen ſie nicht widerſtehen konnten. Die Venezianer und der Koͤnig wollten, wie man damals vermuthete, Geſandte nach Florenz ſchicken, um den Krieg zu rechtfertigen. Allein den Venezianiſchen wollte man nicht in das Florentiniſche Gebiet einlaffen, und: da der des Königs das Gefchäft nicht allein abmachen wollte, fo. ward die Gejandtfchaft nicht vollzogen, und die Beneztaner erkannten dadurch, daß diefelben Florenz tiner fie jezt noch geringer achteten, die vor wenigen Mona- ten von ihnen gering gefchäze worden waren. ’ Mitten im der Furcht wegen diefer Bewegungen ging Kaiſer Friedrich II. zur Krönung nad) Italien und zog den 30. Sanuar 1452 mit funfzehnhundert Reutern in Florenz ein, woſelbſt er von der Signoria aufs ehrenvollfte empfanz gen ward; er blieb. bis zum é6ten Februar in der Stadt, worauf er nah Nom abging, um fich Erönen zu laflen. Hier ward er feierlich gekrönt, und feine Vermaͤhlung mie der Kaiferin gefeiert, die zur See nah Rom gekommen war; bierauf Eehrte er nach Deutſchland zuräf, und Fam im Mai abermals durch Florenz, woſelbſt ihm die nehmlis chen Ehrenbezengungen erwielen wurden, als bei feiner Ankunft. Die Floventiner verfäumten nicht, zu gleicher Zeit fih zu dem bevorfiehenden Kriege zu väften, und um fich ſelbſt Anſehen zu verfchaffen, und dem Feinde Schreden einzuflößen, fchloffen fie und der Herzog ein Buͤndniß mie dem Könige von Frankreich zur Vertheidigung ihrer ſaͤmt⸗ lichen Staaten, welches fie dann mit geoßer Feierlichkeit und Freude in ganz Stalien befannt machten. Als der Monat Mai des Sahıs 1452 gefommen wat, glaubten die Venezianer nicht mehr zögern zu dürfen, um mit dem Kriege gegen den Herzog loszubrechen: fie griffen ihn mit fechzehntaufend Pferden und fechstaufend? Manz Fußvolk von der Seite von Lodi an, und zu gleicher Zeit griff der Markgraf von Montferrat entweder aus elgnem Jahre Ehrgeiz oder auf Antrieb der Venezianer ihn ebenfalls von der Seite von Alerandrien an. Der Herzog von der andern Seite hatte achtzehntaufend Neuter und dreitaufend Mann zu Fuß zufammengebracht, und da er Alerandria und Lodi mit Truppen verſehen, und auch alle Drte, mo der Feind ihn hätte angreifen Eönnen, befeftige hatte, fo fiel er mit feis nen Truppeh in das Brescianifche ein, wo er den Venezianern den groͤßten Schaden anrichtete, indem er von allen Seiten das Land auspluͤnderte und die ſchwachen Staͤdte verwuͤſtete. Als aber der Markgraf von Montferrat bei Alexandria von den Truppen des Herzogs geſchlagen ward, Fonnte dieſer nachher mit noch größerer Kraft fich den Venezianern wider ſezen und ihr Land angreifen. Während aljo der Krieg in der Lombardei unter mais nigfahen, aber unbebeutenden und der Erwähnung niche fehr werthen Begebenheiten geführr ward, begann in Tos— £ana ebenfalls der des König Alphons mit den Florentinern, der weder mit größerer Tapferkeit noch mit größerer Gefahr als der Lombardifche betrieben wurde, Ferdinand, ein un: ächter Sohn des Alphons Fam mic zmwölftaufend Soldaten unter der Anführung des Friedrih, Herrn von Urbino nach Toskana. Ihre erfte Unternehmung war, daß fie Fojano im Chianathal angriffen; denn da fie die Sienefer zu Freuns den hatten, fo konnten fie von diefer Seite ins Florentinis fhe Gebiet eindringen. Das Kaftell hatte nur ſchwache Mauern, war Elein, und deshalb nicht voll von Menfchen, aber jenen Zeiten nach hielt man fie für muthig und treus auch waren zweihundert Soldaten von der Signoria als Befazung hinein geſchickt. Bei diefem fo befeftigten Kaſtell ſchlug Ferdinand fein Lager auf, und fo groß war entweder die Tapferkeit der Befazung oder fo Fleim die felnige, daß er es nicht eher als nach fechs und dreißig Tagen einnahm, Zweiter Theil, J Jahr Diefe Zeit verfchaffte der Stadt Florenz Gelegenheit, die 745° abrigen wichtigeren. Derter in Stand zu fezen, ihre Truppen zu fammeln, und fid) beffer, als fie es war, zur Wertheis digung zu rüften. Als die Feinde dies Kaftell eingenommen hatten, gingen fie nah Chianti, mo fie zwei Eleine Land: güter, die Privatperfonen gehörten, nicht erobern Eonnten. &ie verließen: alfo diefe und belagerten Kaftellina, ein an der Gränze von Chianti liegendes Kaftell, zehn Meilen von Siena, ſchwach befeftige und Außerft fchwach durch feine natürliche Lage; aber dennoch Fonnten diefe beiden Schwächen nicht überwunden werden durch die Schwäche des Heers, das fie angeiff, denn nad) acht und vierzig Tagen, die es brauchte, um den Ort zu belagern, zog es mit Schimpf wieder ab. So furchtbar waren jene Heere, fo gefahrvoll jene Kriege, daß folche Pläze, die man jezt, als unmöglich zu vertheidigen, verläßt, damals, als unmoͤglich zu erobern, vertheidige wurden. Während nun Ferdinand mit feinem Heere in Chianti fland, machte er viele Streifereien und Beute im Florentinifchen, und fam fogar bis zu einer Nähe von fehs Meilen an die Stadt, zum großen Schreden und Schaden der Florentinifchen Unterthanen. Die Florentiner, die zu diefer Zeit ihre. Truppen, deren Zahl fich auf acht taufend Mann unter Aftorre von Faenza und Gismondo Malatefti belief, nach dem Kaftell von Colle zu geführt hatten, hielten die: felben vom Feinde entfernt, aus Furcht, daß fie zu einer Schlacht genöthigt werden möchten; indem fie meinten, daß wenn fie feine Schlacht verlören, fie auch den Feldzug nicht verlieren könnten, denn die Eleinen Kaftelle, wenn man fie auch vers liert, befömmt man mit dem Frieden wieder, und wegen der großen Städte waren fie fiher, weil fie mußten, daß fie der Feind nicht angreifen würde. Der König hatte auch eine Flotte von zwanzig Segeln, theils Galeren, theils Kennfchiffen in den Gewäflern von Piſa; während er nun — 131 — zu Lande Caſtellina belagerte, legte er dieſe Flotte an das Jahr Fort von Vada, welches er durch die Nachlaͤßigkeit des 15% Befehlshabers einnahm. Deswegen belaͤſtigten die Feinde hierauf die umliegende Gegend; allein dieſe Belaͤſtigung “ward leicht hinweg geräumt durch einige Soldaten, welche die Slorentiner nach Campiglia fandten, und die den Feind eng an das Meerufer angedrängt hielten. Der Pabft blieb bei diefen Kriegen ganz unbefchäftigt, außer wann er hoffte, die Partheien mit einander vergleichen zu Eönnen, Obſchon er nun des auswärtigen Krieges fich enthielt, fo mußte er doch bei fich einen viel gerährlicheren beftehben. Zu jener Zeit lebte ein gewiffer Meffer Stephan Porcari, ein Römifcher Bürger, edel durch feine Geburt und durch Selehrfamfeit, weit mehr aber noch durch die Vortrefflichkeit ſeines Geiſtes. Diefer wünfchte, nach der Gewohnheit der Männer, die nah Ruhm ftreben, etwas des Andenfens würdiges zu thun, oder doc mwenigftens zu verfuchen. Er glaubte num nichts anderes verfuchen zu koͤn⸗ nen, als daß er fein Vaterland aus den Händen der Geift- lihen zöge, und es wieder in feine alte Form brächte; im der Hoffnung, daß er dadurch, wenn es ihm gelinge, der neue Gründer und zweite Vater diefer Stadt würde genannt werden. Die Hoffnung, die er hatte, diefes Unternehmen glücklich zu Ende zu bringen, fehöpfte er aus den fchlechten Sitten der Geiftlihen, und aus der Unzufriedenheit der Baronen und des Nömifchen Volks; vor allem aber beftärfs ten ihn darin jene Verfe des Petrarca, in der Canzone, welhe anfängt: O edler Geift, der diefe Glieder veget, wo er fagt: Auf der Tarpeia Hügel wirft hu fehen, Mein Lied, den Ritter, den Italien ehret, - Sinnend fir andre mehr, als für fich ſelber. Mefler Stephan mußte, daß die Dichter oft des goͤtt⸗ & 32 — ı2 — Jahr lichen und prophetifchen Geiftes voll find; er meinte alfo, 245% es müßte auf alle Weife hier eben fo feig, daß Petrarca in diefer Canzone prophezeie, und daß er derjenige fet, der eine fo glorreiche Unternehmung auszuführen habe, da es ihm fchien, als fei er an Beredſamkeit, an Gelehrfamfeit, ' an Volksgunſt und an Freunden jedem andern Nömer überz legen. Da er alfo auf diefen Gedanken verfallen war, fo konnte er ſich nicht fo vorfüchtig betragen, daß er nicht duch Worte, Handlungsweife und Lebensart fich verrathen hätte, fo daß er dem Pabfte verdächtig wurde. Diefer, um ihm die Gelegenheit Uebles zu thun, zu entziehen, verwies ihn nach Bologna, und trug dem Befehlshaber diefer Stade auf, daß er ihn täglich vor ſich Eommen laffen folle. Meſſer Stephan Fam durch diefen erften Stoß nicht außer Faſſung, fondern verfolgte vielmehr mit noch größerem Eifer feine Unternehmung, und unterhielt durch die vorfüchtigften Mittel, die er nur anwenden Fonnte, Verbindungen mit feinen Freunden; auch ging er mehrere Male nach Nom, und £ehrte jedesmal mit folcher Schnelligkeit wieder zurück,» daß er noch zeitig genug anfam, um fid) dem Gouverneur vor Ablauf der beftimmten Zeit zu zeigen. Sobald es ihm aber fhien, daß er ſchon eine hinreichende Anzahl Menfchen nach feinen Abfichten geftimme habe, fo befchloß er feinen Verſuch nicht aufzufchieben; er trug feinen Freunden, die zu Rom waren, auf, daß fie zu einer beftimmten Zeit ein prächtiges Mahl anordnen, und bierzu alle Verſchworne einladen follten; mit dem Befehl, daß jeder feine vertrauteften Freunde mitbringen follte, und er verfprach, bei ihnen zu fein, ehe das Mahl vollendet fein würde. Alles ward nach feiner Vorſchrift ausgeführte, und Meffer Stephan war bereits in dem Haufe, wo man fpeifte, angefommen. Als nun das Mahl geendet war, erfchien er, in Goldftoff gefleider, mit Halsferten und anderm Schmuck geziert, wodurch er ein — 155 — majeftätiiches und Eindruck machendes Anfehen erhielt, unter Jahr den Gäften, umarmte fie, und ermahnte fie in einer langen 145% Nede, Feten Muth zu faſſen und fich zu diefer glorreichen Unternehmung zu bereiten. Darauf beftimmte er die Weife und ordnete an, daß am folgenden Morgen ein Theil von ihnen den Pallaft des Pabftes einnehmen, ein anderer durch ganz Kom das Volk zu den Waffen rufen follte. Die Sache ward in der Nacht dem Pabſt gemeldet, einige fagen, durch 1453, eine Zreulofigkeit der Verſchworenen, andere, daß Meffer Stephans Anmefenheit in Nom ruchtbar geworden fei. Wie dem auch fein mag, der Pabft ließ in derfelben Nacht da das Mahl gehalten worden, Meffer Stephan mit dem größten Theile feiner Mitfcehuldigen gefangen nehmen, und fie. nachher, fo wie es ihre Vergehungen verdienten, mit dem Zode beftrafen, Dies war das Ende feiner Unternehmung, und wahrlich, feine Abficht mag von jedermann gelobt wer: den, fein Berftand aber wird immer von einem jeden getas delt werden; denn folche Anternebmungen, wenn fie auch für denjenigen, der den Gedanfen dazu auffaſſen Eann, einen Schein von Ruhm mit fi). führen, verurfachen dennoch durch ihre Ausführung faft immer unausbleiblihen Nach- theil. Der Krieg in Toskana hatte faſt ſchon ein Jahr ge— dauert und das Jahr 1455 war bereits bis zu der Jahrszeit vorgerückt, wo die Heere wieder ins Feld zu gehen pfle sen, als der Herr Alerander Sforza, ein Bruder des Her: 3098, mit zweitaufend Reutern den Florentinern zu Hülfe fam; ba nun das Florentinifhe Heer hierdurch gewachfen, das des Königs aber vermindert war, fo.befchloffen die Florentiner die Wiedereroberung des Verlorenen zu verfuchen, worauf fie dann auch mit geringer Mühe einige Derter wie: der wegnahmen. Darauf belagerten fie Fojano, welches duch Nachlägigkeit der Kommiſſarien verheert wurde; da Jvhr alſo die Einwohner zerftreut worden waren, fo wollten fie A · nur muͤhſam in ihre Wohnungen zuruͤckkehren und mußten durch Befreiung von Abgaben und andern Belohnungen zur Ruͤckkehr bewogen werden. Auch das Fort von Vada ward wieder erobert, denn die Feinde, da ſie ſich außer Stande ſahen, es zu vertheidigen, verließen es, indem fie es anzuͤn⸗ deten.. Während nun das Florentinifche Heer diefe Fort: fohritte machte, hatte fi) das: Arragonifche, nicht muthig genug fih feinen Feinden zu nähern, in die Nähe von Siena zurückgezogen, und machte. häufige Streifereien ins Slorentiniihe, wo es die größten Räubereien, Unruhen und Schredniffe verbreitete. Der König unterließ auch nicht den Verſuch, ob er auf einem andern Wege die Feinde angreiz fen, ihre Kräfte theilen und durch neue Beunruhigungen und Angriffe fie muthlos machen Eönne. Gerhard Sambaccorti war Befizer von Valdibagno; diefer war, fo wie feine Vorfahren, entweder aus Freund: fhaft oder aus Verbindlichkeit, immer im Solde der Slorens tiner, oder doch in ihrem Schuz geweſen. Mit diefem pflog König Alphons geheime Unterhandlungen, daß er ihm fein Gebiet übergeben, und dagegen ein anderes in jeinem Königreiche von ihm zur Vergeltung empfangen follte. Diefe Unterhandlung ward in Florenz ruchtbar, und um Gerhards Sinn zu erforfchen, fchickte man ihm einen Gefandten, dev ihn an die Verbindlichkeit feiner Vorfahren und an feine eigene erinnern, und ihn ermahnen follte, in der Treue gegen diefe Nepublif zu beharren. Gerhard fchien fich zu verwundern, und verfücherte mit ſchweren Eiden, daß ein ſo Shändlicher Gedanke ihm niemals in den Sinn gekommen jel, und daß er in Perfon nach Florenz Eommen würde, um ſich felbft zum linterpfande für feine Treue zu machen; da er aber krank fei, fo folle fein Sohn das thun, was er nicht thun koͤnne; dieſen alfo überlieferte er dem Gefandten als Geißel, um ihn mie nach Florenz zu führen. Diefe Worte und der Jahr Beweis dazu machten die Slorentiner glauben, daß Gerhard 1465. die Wahrheit fage, und daß fein Ankläger ein Lügner und feine Anklage ungegründet fei, daher fie denn duch di®n Gedanken fih beruhigen ließen. Gerhard aber fezte die Unterhandlung mit dem Könige um fo eifriger fort; und als fie beendigt war, fandte der König den Bruder Pucclo, einen SFohanniterritter mit vielen Truppen nah Bal di Dagno, um von den Feftungen und Städten Gerhards Beſiz zu nehmen. Allein die Völker von Bagno, die dem Florenz tinifhen Volk günftig gefinnt waren, verfprahen mit Mißs fallen den Kommiffarien des Königs Gehorfam. Bruder Puccio hatte faft ſchon dies ganze Ländchen in Befiz genommen, bis auf die Feftung Eotzano, die er noch nicht eingenommen hatte. Zu der Zeit, als Gerhard diefe Ueberlieferung beforgte, hatte er unter den Seinigen einen gewiffen Anton Gualandi aus Pifa um fih , der jung und kuͤhn war, und dem ‚diefe Berrätherei Gerhards mißfiel; da er nun die Lage der Feftung und die Perfonen, die ihre Befazung ausmachten, in Betrachtung zog, und in den Minen und Geberden diefer ihre Unzufriedenheit erkannte; fo benuzte er die Gelegenheit als Gerhard fih an der Thür befand, um die Arragonefifhen Truppen hinein zu laffen, indem er fich gegen die innere Seite der Feftung wandte, und mit beiden Händen Gerhard aus derſelben hinausftieß, wobei er der Befazung befahl, vor dem Angefiht eines fo fchändlihen Menfchen die Feftung zu fchliegen, und fie der Slorentinifchen Republik zu erhalten. Als das Geruͤcht bier: von in Val di Bagno und in den benachbarten Drten ge: hört ward, fo ergriffen alle Bewohner derfelben die Waffen gegen die Aragonier, richteten das Pannier der Stadt Slovenz auf, und verjagten jene. Als aber die Sache in Slovenz befannt ward, festen die Florentiner Gerhards = 3 = Jahr Sohn, der ihnen als Geißel gegeben worben war, ine Ge 2455. fangnig, ſandten Truppen nach Val di Bagno, um dies Land für ihre Republik zu vertheidigen, und das Gebiet, das bisher von feinem Herrn vegiert ward, in eine Stadt: balterfchaft zu verwandeln. Gerhard aber, der Verräther feines Oberheren und. feines Sohnes konnte nur mit Mühe entfliehen, und ließ feine Frau und Familie, nebft feinem ganzen Vermögen in der Gewalt feiner Feinde. Zu Florenz legte man auf, diefen Vorfall viel Gewicht, denn wenn es dem Könige gelang, fich diefes Landes zu bemächtigen,. fo fonnte ev mit geringem Aufwande nach feiner Willkuͤhr in DValditevere und ins Kafentinifche eindringen, mo er der Republik foviel.zu Schaffen gemacht haben wuͤrde, daß bie Sloventiner nicht ihre ganze Macht dem Heer des. Königs, das bei Siena ftand, hätten entgegen fezen koͤnnen. Die Slorentiner hatten, außer den Vorkehrungen, die ſie in Italien getroffen hatten, um die Macht der verbüns deren Feinde. abzuhalten, auch Meffer Agnolo Acciajuoli als Sefandten zu dem Könige von Frankreich geſchickt, um mit ihm zu unterhandeln, dag er den König Nenatus von Anjou in den Stand ſezen möchte, zu ihrer und des. Herzogs Unterftüzung nah Sztalien zu kommen, damit er feine Freunde vertheidigen, und nachher bei feiner Anweſenheit in diefem Lande auch an die Eroberung des Königreichs Neapel denken koͤnne, zu welchem Ende fie ihm Hülfe at Zruppen- und Gelde verjprahen. Während alfo in der Lombardei und in Toskana der Krieg, fo mie wir oben erzählt haben, fortgefezt ward, ſchloß der Gefandte den Vertrag mit dem Könige Nenatus ab, daß er im Lauf des Juni mit zwei taufend vier hundert. Keutern nach, Stalien fommen follte, und daß dagegen die Verbündeten ihm bei feiner Ankunft in Alerandria dreißig taufend Gulden und hernach während dem Lauf des Krieges monatlich zehn: taufend Gulden zu bezahlen hätten. Als nun der Koͤnig Jahr dieſem Vertrage yemäg nach Sstalien marfchiven wollte, ward 4 · er von dem Herzoge von Savoyen und dem Markgrafen von Montferrat zuruͤckgehalten, die als Freunde der Vene— zianer ihm den Durchmarſch nicht geſtatteten. Dev Floren— tiniſche Geſandte gab alſo dem Koͤnige den Rath, daß er um ſeinen Freunden Anſehen zu geben, nach der Provence zuruͤckkehren, und von da zur See mit einigem Gefolge nach Italien gehen, zu gleicher Zeit aber bei dem Koͤnige von Frankreich alles anwenden ſollte, daß dieſer den Herzog von Savoyen dahin braͤchte, ſeine Truppen durch dieſes Land ziehen zu laſſen. So wie er gerathen hatte, geſchah es; Renatus begab ſich zur See nach Italien, und ſeine Truppen wurden in Ruͤckſicht auf den Koͤnig in Savoyen aufgenommen. Der Koͤnig Renatus ward von dem Herzoge Franz auf das ehrenvollſte aufgenommen, und die Italieni⸗ fchen und Franzöfifchen Truppen griffen vereinigt die Bene; zianer fo fürchterlih an, daß fie. in. Eurzer Zeit alle Städte, welche diefe im Eremonefifchen eingenommen hatten, wieder: eroberten. Hiermit noch nicht zufrieden nahmen -fie das Drescianische faft ganzlih ein; und das DVenezianifche Heer, das ſich im offnen Felde nicht mehr für füher hielt, zog fich bis nah an die Mauern von Brescia zuräd. Da es aber Winter geworden war, fo, fand der Herzog: für gut, feine Truppen in die Quartiere zu ziehen, und wies dem. Könige Nenatus das feinige. zu. Piacenza an— So verging der Winter des Sahres 1455 ohne die mindefte Unternehmung; als aber der Sommer wieder eintrat, und der Herzog meinte, daß man ins Feld ziehen und die Vene— zianer ihres ganzen Gebiets auf dem feften Lande berauben müfle, zeigte der König dem Herzoge an, daß er genöthigt fei, nach Frankreich, zuruͤckzukehyren. Diefer Entſchluß war für den Herzog nen und unerwartet, daher er das höchfte Jaͤhr Mißvergnügen darüber empfand; obgleich er num fogleich zu 745. dem Könige ging, um ihn von feiner Abreife wieder abzu: veden, fo Eonnte er ihn dennoch weder durch Bitten, 'noch durch Verfprechungen davon abwenden; nur das verfprach ihm der König, daß er einen Theil feiner Truppen dort laffen, und feinen Sohn Sohann fenden wolle, um an feiner Stelle dem Bunde zu dienen. "Den Florentinern mißfiel diefe Abreiſe nicht, denn da fie ihre Kaftelle wieder genommen hatten, fo fürchteten fie den König nicht mehr, und auf der andern Seite wünfchten fie auh nit, daß der Herzog in der Lombardei mehr eroberte, als feine eignen Städte. Renatus veifte alfo ad, und fandte, dem gegebes nen Verfprechen gemäß, feinen Sohn nach Sstalien, der nicht in der Lombardei’ blieb, fondern nah Florenz kam, wofelbft er auf das-ehrenvollfte aufgenommen ward. Die Abreife des Königs verurfachte, daß der Herzog fih gern zum Frieden enefchloß; eben fo wuͤnſchten ihn auch die Venezianer, Alpbons und die Florentiner, weil fie alle erschöpft waren, und auch der Pabft zeigte durch alle feine Handlungen, daß er ihn gewuͤnſcht habe und noch wünfches denn in demfelben Jahr hatte der Großfultan Mahomer Konftantinopel eingenommen und ſich zum Meifter von ganz Griechenland gemacht. Dieſe Eroberung fezte alle Chriften in Deftürgung, vor ‘allen andern aber die Venezianer und den Pabft, denn beide glaubten die Gemalt feiner Waffen fhon in Italien zu fühlen. Der Pabft bat alfo die ta; lienifchen Mächte, ihm Geſandte zu ſchicken mit der Voll: macht einen allgemeinen Frieden zu fchließen; fie gehorchten alle; - da fie aber auf den Grund der Sache kamen, fanden fie in der Ausführung derfelben große Schwierigkeiten. Der König wollte, dag die Florentiner ihn für feine Kriegsfoften entfchädigen follten, und die Floventiner verlangten das nehmlihe von ihm. Die Venezianer forderten von dem Herzoge Eremona, und er von ihnen Bergamo, Brescia, Jahr und Crema; und fo fehlen es, als wenn diefe Schwierigkeis ten unauflöslich wären. Allein was in Nom unter fo. vielen fhwer auszuführen fchien, das ward in Mailand und Bes nedig zwischen zweien fehr leicht; denn während in Nom die Friedensunterhandlungen betrieben wurden, ſchloß ie Herzog und die VBenezianer den gten April’des Jahres 1454 1454 den Frieden ab, in Kraft deffen ein jeder nur die Städte behielt, die er vor dem Kriege: befeffen hatte, dem Herzoge aber zugeftanden ward, die Derter wieder zu erobern, welche ihm die Fürften von Monferrat und von Savoyen abge: nommen hatten; den übrigen Italieniſchen Mächten ward ein Monat Zeit. gegeben, dem Frieden beizutreten.” Der Pabft und die Florentiner, nebft den Sienefern und einigen andern Eleinern Mächten traten: ihm innerhalb diefer Zeit bei; außerdem aber ward zwifchen den Floventinern, dem Herzoge und den Benezianern ein Frieden auf Fünf und zwanzig Sahre abgejchloffen. Der König Alphons fchien unter allen Italieniſchen Fürften der einzige zu fein, "der mit diefem Frieden unzufrieden war, weil es das Auſehn hatte, ale wäre er dabei nicht befonders geehrt worden, indem er nicht als Hauptmacht, fondern nur als beitretende dabei angenommen worden; deshalb blieb er eine Zeit lang ganz ruhig und ließ nichts von fih hören. Doch als von dem Pabfte und von den anderen Fürften fehr feierliche Gefandtichaften an ihn gemacht worden, ließ er fich von diefen und befonders vom Pabfte überreden, und trat mit Jahr feinem Sohne auf dreißig Jahre in diefen Bund ein;- auch" i fiifteten der Herzog und der König eine doppelte Verſchwaͤ— gerung mit einander, und eine doppelte Hochzeit, indem jeder dem Sohn des andern feine Tochter zur Ehe gab. Dennoch wollte er, damit der Same des Krieges in Stalien nie ausgehe, nicht in den Friedensjchluß willigen, wem ihm — 140 — Zahrnicht vorher von den Verbündeten die Erlaubniß ertheilt 55 · wuͤrde, ohne Beleidigung fuͤr ſie mit den Genueſern mit Gismondo Malateſti und mit Aſtorre Fuͤrſten von Faenza Krieg zu fuͤhren. Nach dem Abſchluß dieſes Vertrages kehrte fein Sohn Ferdinand, der ſich zu Siena befand, in dag Königreich zurück, nachdem er durch feinen Zug nach Toskana kein Land erobert und viele Truppen verloren hatte, Da alfo dieſer allgemeine Frieden erfolgt war, fo fürdhs tete. man blos, daß König Alphons durch feine Feindfchaft gegen die Genuefer denfelben ftören möchte, Allein der Erfolg war anders; denn nicht. öffentlid) durch den König, fondern wie es zuvor immer gefhehen war, durch den Ehrs geiz der Mierhsteuppen ward er geftört. Die VBenezianer hatten, der Sitte gemäß, nach gefchloffenem Frieden, ihren Hauptmann Jakob Piccinino aus ihrem Solde entlaffen; mit diefem verbanden fich. ‚einige andere Hauptleute und fo gingen fie nah Romagna, und von da in das Sienefifche, woſelbſt Jakob halt machte, die Sienefer angriff und ihnen einige Städte wegnahm.. Beim Anfange diefer Beweguns gen, nehmlich im Beginn des 1455ften Jahres, farb Pabft Nikolaus und zu feinem Nachfolger ward Calirtus der Dritte gewählt. Diefer Pabſt verfammelte, um diefen neuen und nahen Krieg zu unterdrücken unter Johann Bentimiglia, feinem Hauptmann, fo viel Truppen, als er Fonnte, und fandte diefe nebft Florentinischen und Herzoglihen Truppen, die ebenfalis zur Unterdrückung diefer Unruhen zufammen getreten waren, genen Jakob aus. Als es nun in der Nähe von Bolfena zur Schlacht Fam, ward zwar Venti— miglia zum Gefangenen gemacht, allein doch blieb die Schlacht für Jakob verloren; er zog fich gefchlagen nach Caftiglione della Pescaja zurück, und würde, wenn nicht König Alphons ihn mie Geld unterfiäze hätte, ganz zu Grunde gerichter — ı41 — dort haben bleiben muͤſſen. Dieſer Vorfall brachte jeder⸗ Jahr mann auf den Gedanken, daß dieſe Unternehmung Jakobs 1455. auf Anftiften des Königs erfolgt ſei; und Alphons der fein Berfahren für entdeckt hielt, fuchte fich durch den Frieden die Berbündeten wieder zu gewinnen, die er durch diefen unbedeutenden Krieg fich faft ganz entfremdet hatte, indem er Jakob dahin vermochte, den Sienefern die eroberten Städte zurück zu geben, und diefe, daß fie ihn zwanzig taufend Dufaten auszahlten; nach diefem Bergleich nahm er Jakob mit feinen Truppen im Königreiche auf. Dbgleich in diefer Zeit der Pabft damit befchäftigt war, den Jakob Piccinino zu zügeln, fo verfäumte er deshalb doch nicht, Anftalten zu treffen, um der Chriftenheit zu Hülfe zu fommen, die, wie es fehlen, von den Türken unterdrückt werden follte; er. fandte deshalb nach allen Ehriftlichen Ländern Gefandte und Prediger, um die Fürften und Bölfer zu überreden, ſich für ihre Religion zu bewaff- nen, und mit ihrem Vermoͤgen und ihrer Perjon die Unter: nehmung gegen den gemeinfchaftlichen Feind derfelben zu befördern, Daher wurden auch zu Florenz viele Almofen gefammelt, und viele zeichneten fich auch mit einem vothen Kreuz, um mit ihrer Perfon zu diefem Kriege bereit zu fein. Auch wurden feierliche Prozeflionen angeftellt, und es fehlte nicht an Leuten die öffentlich und insbefondere zu er: fennen gaben, daß fie durch ihren Nath, ihr Geld, und durch geſtellte Mannfchaft bei diefer Unternehmung als die erſten Chriſten erjcheinen wollten. Allein diefer feurige Trieb zum Kreuzzuge ward etwas abgefühle durch eine Meuigkeit, welche eintraf, daß, als der Türke mit feinem Heer um Belgrad, einem in Ungarn am Fluffe Donau ge legenen Kaftell, herum ſtand, um daffelbe zu erobern, er von den Ungarn angegriffen und gefchlagen worden fei. Da alfo der Pabft und die Chriftenheit der Furcht entledige — 142 — Zah waren, die fie durch die Eroberung von Konftantinopel evz 1456. — griffen hatte, ſo fuhr man in den Vorkehrungen zum Kriege mit etwas mehr Lauigkeit fort, und in Ungarn ward eben— falls das Feuer durch den Tod des Waiwoden Johannes, der bei dieſem Siege Feldherr war, wieder abgekuͤhlt. Um aber zuruͤck zu kommen auf die Italieniſchen Anger legenheiten, bemerfe ich, daß es im Lauf des Jahres 1456 war, als die von Jakob Piceinino erregten Unruhen endige ten. Da nun die Menfchen endlich die Waffen niedergelegt hatten, fo fchien es, als ob Gott nunmehro fie ergreifen wollte, fo mädtig war ein Sturm, der damals erfolgte, und der in Toskana bis dahin unerhörte, für den aber, der in Zukunft fie vernehmen wird, böchft wunderbare und denfwärdige Wirkungen hervorbrachten. Am vier und zwan— zigften Auguft eine Stunde vor Tage ging eine große und dicke Wolfe im Wirbel getrieben von den Gegenden des oberen Meeres gegen Anfona zu aus, und flürzte fich, binftreifend über Sztalten, nach Pifa zu in das untere Meer, Faft zwei Meilen nahm fie ein nad) jeder Nichtung. Diefe, von höheren Kräften, natürlichen oder übernatürlichen, getrie— ben, im fich felbft zerriffen, Fämpfte gegen fich felbft, und die zerftückelten Wolken, bald auffteigend gen Himmel, bald niederfinfend zur Erde, fliegen auf einander los, bald auch drehten fie fih mit ungeheurer Schnelligkeit im Kreife herum, und erregten vor fich hin einen über alle Maßen heftigen Mind, und mitten unter ihnen erfchienen häufige Feuer und überaus helfe Lichter im Kampfe. Bon diejen fo zerrißnen und verwirrten Nebeln, von diefen fo wüthenden Stürmen und häufigen Flammen entftand ein Geräufh, mie man noch niemals vorher bei irgend einem Erdbeben, von welcher Are und Gewalt es auch gemwefen fei, noch von irgend einem Ton vernommen bat, und verurjachte fo ungeheure Schreden, daß jeder der es hörte, glauben mußte, das —— 143 — Ende der Welt ſei gekommen, und die Erde, das Waſſer Jahr und der Ueberreſt des Himmels und der Welt würden ſich "4% untereinander mifchen und in das alte Chaos zurück ſtuͤrzen. Diefer furchtbare Sturmwind bradıte überall wo er hinkam unerhörte und bemundernswürdige Wirkungen hervor; aber merkwuͤrdigere als fonft irgendwo zeigten fich in der Gegend des Kaftells von S. Caſciano. Diefes Kaftell liege acht Meilen von Florenz auf dem Hügel, der die Ihäler von Peſa und von Grieve von einander trennt. Zwifchen diefem Kaftell alfo und dem Flecken S. Andrea, der auf demfelben Hügel liegt, ging diefer wäthende Sturm hindurch; S. Andrea berührte er nicht, und S. Caſciano ftreifte er fo, daß er blos einige Zinnen und Schornfleine von einigen Häufern abmwarf, aber in dem Zwijchenraum der beiden genannten Derter, wurden mehrere Häufer bis auf den Grund umgeftürzt. Die Dächer der Kirchen von ©. Mar: tin zu Bagnuole und von ©. Maria des Friedens wurden ganz fo, wie fie waren, über eine Meile weit hinmweggeführt, Ein Fuhrmann fammt feinen Maulefeln ward, fern von ber Landſtraße, in den umliegenden Thälern todt gefunden. Die allerdicften Eichen, die allerftärfften Bäume, die der ſchrecklichen Wuth nicht hatten weichen wollen, wurden nicht blos ausgeriffen, fondern auch weit hinweggeworfen von da wo fie ihre Wurzeln eingefenfe hatten. Als der Sturm vorüber und der Tag angebrochen war, waren die Men; ſchen noch ganz betaͤubt. Das Land ſah man verddet und entftellt, ınan fah den Ruin der Hänfer und Kirchen, man hörte die Wehklagen derjenigen, die ihre Befizungen zerftört fahen, und unter den Ruinen ihr Vieh und ihre Verwandte todt zurüc gelaffen hatteu; alles diefes flößte dem, der es fah und hörte viel Mitleid und Schreden ein. Ohne Zwei: fel wollte Gott Toskana vielmehr bedrohen als züdhtigen; denn wenn biefer gewaltige Sturm in eine Stadt hinein — 144 — Jahr gekommen waͤre zwiſchen Haͤuſer und zahlreiche Bewohner, 46. fo wie er zwiſchen Eichen, Bäumen, und ſparſam zerftreus ten Häufern hinein fuhr; fo würde er ohne Zweifel den größten Nuin, die größte Seißel hervorgebracht haben, die der Verftand nur immer erdenfen kann. Aber Gott wollte, daß diefe Eleine Probe für dasmal genug fei, um in den Menfchen das Andenken an feine Macht zu erneuern. Um nun zuräc zu kehren, von wo ich ausging, fo war König Alphons, wie oben erzählt worden, unzufrieden mit dem Frieden, und da der Krieg, den er durch Jakob Pics einino gegen die Sieneſer ohne die geringfte. vernünftige Urfach erregt hatte, ohne alle Wirkung geblieben war, fo wollte er nun verfuchen, was derjenige hervorbringen würde, den er nach dem Inhalt des gefchloffenen Bündniffes ans fangen durfte. Er begann alſo im Jahr 1457 zu Waffer und zu Lande einen Krieg gegen die Genuefer, weil er wünfchte, die Regierung den Adorni zurück zu geben, und fie den Fregofi, die fie damals in Händen hatten, zu neh⸗ men. Zugleich ließ er Jakob Piceinino gegen Gismondo Mealatefti über den Tronto gehen. Diefer, der feine Städte wohl befeftigt hatte, achtete den Angriff Safobs wenig; fo dag von diefer Seite die Unternehmung des Königs Feine Wirkung hervorbrachte. Die aber gegen Genua erzeugte für ihn und fein Neich mehr Krieg, als er gewünfcht hatte, Es war damals Peter Fregofo Doge von Genua. Dieſer, der befürchtete, den Angriff des Königs nicht aushalten zu können, beichloß dasjenige, was er nicht erhalten Eonnte, wenigftens einem folchen zu geben, der ihn vor feinen Feinz den vertheidigen und ihm auch irgend einmal für foldhe Wohlthat die gerechte Belohnung ertheilen koͤnnte. Er fehiefte deshalb Gefandte an Karl VII. König von Franks veih, und bot ihm die Herrfchafe über Senna an. Karl nahm das Anerbieten an, und fandte zur Beſiznahme diefer "Stade Johann von Anjou, einen Sohn des Königs Nena: Jahr tus ab, der kurze Zeit vorher von Florenz abgereift und "458 nad Frankreich zurückgekehrt war. Karl ftellte fih vor, daß Johann, weil er viel von den Sstalienifhen Sitten “angenommen hatte, befler als jemand anderes diefe Stade würde regieren Eönnen; theils dachte er auch, daß er von dort aus auf die Eroberung von Neapel würde denfen Eöns nen, welches Königreichs fein Vater Nenatus von Alphong war beraubt worden. Johann ging alfo nach Genua, 10: felbft er als Fürft empfangen und ihm die Macht der Stade und ihres Gebiets in feine Gewalt gegeben ward. Diefer Vorfall mißfiel Alphonfen, da es ihm fchien, als habe er fih einen allzu mächtigen Feind auf den Hals gezogen; dennoch fezte er, hierdurch nicht aus der Faffung, mit freiem Muthe fein Unternehmen fort und hatte ſchon feine Flotte unter Billa marina bis nad) Porto fino geführt, als er, angegriffen von einer plözlihen Krankheit, ftarb, Durch diefen Tod blieb Sohann und die Genuefer vom Kriege frei, und Ferdinand, der feinem Vater Alphons in der Regierung folgte, war voller Beforgnig, da er einen Feind von fo großem Anfehn in Italien hatte, denn er zweifelte an der Treue vieler feiner Barone und befürchtete, daß fie, nad) Neuerungen begierig, es mit den Franzofen halten möchten, Auch befürchtete er, dag der Pabft, deffen Ehrgeiz er fannte, die Abſicht haben Fünnte, ihn des Königreichs, in dem er noch neu war, zu berauben. Nur auf den Herzog von Mailand fezte er Hoffnung, der nicht weniger beforgt war für ‚die Angelegenheiten des Königreiches als Ferdinand felbft; denn er befürchtete, daß wenn die Franzoſen fich defjelben bemächtigt hätten, fie den Plan faflen koͤnnten, auch feinen Staat in DBefiz zu nehmen, den fie, wie er wohl wußte, als eine ihnen zugehörige Sache fordern zu koͤnnen glaubten, Der Herzog fandte deshalb fogleich nach Zweiter Theil, K Jahr Alphons Tode Briefe und Truppen an Ferdinand; dieſe um 1458 · hm Huͤlfe und Macht zu geben, jene um ihn zu ermahnen, daß er guten Muth faſſe, indem er ihm anzeigte, daß es gar nicht in feinem Plan liege, ihn zu verlaſſen. Der Pabſt hatte nach Alphons Tode die Abficht, diefes Reich dem Peter Ludwig Borgia, feinem Neffen zu geben; um aber feinem Plan einen ehrenvolleren Schein zu geben, und mehr Zuftimmung bei.den andern Mächten Stallens zu finden, machte er befannt, daß er diefes Königreich unter die Herr— ſchaft der Römischen Kirche bringen wolle; deshalb redete er den Herzog ab, dem Ferdinand Feine Begänftigung zu ertheilen, und bot ihm die Befizungen an, die er in diefem Reiche fhon inne hatte. Allein mitten unter diefen Gedans fen und neuen Unruhen flarb Kalirtus, und es folgte ihm auf dem Päbftlihen Stuhl Pius IL. ein Sienefer von Ge— burt, aus der Familie der Piccolomini, Aeneas genannt. Diefer Pabft, der nur darauf dachte, die Chriften zu ber glücken, und die Kirche zu ehren, ſezte, alle perfänliche Leidenfchaften bei Seite legend, auf des Herzogs von Mai: land Bitten, dem Ferdinand die Krone diefes Neiches aufs weil er. urtheilte, ev werde viel eher die Waffen von Stalien beruhigen, indem er den, der im Beſiz war, aufrecht er; hielt, als wenn er entweder die Sranzofen begünftigt: hätte, diefes Königreich zu erobern, oder wie Kalirtus den Plan gemacht, es für fih zu nehmen. Dennoc machte Ferdinand für diefe Wohlthat den Anton einen Neffen des Pabftes zum Fürften von Malfi, und gab demfelben feine uneheliche Tochter zur Ehe. Auch gab er Denevent und Terracina der Kirche zurüd. 1459. Es fhien demnach daß die Waffen in Sstalien niederges legt wären, und der Pabft ſchickte fih an, die Ehriftenheit gegen die Türken in Bewegung zu jezen, jo wie Kalixtus bereits den Anfang dazu gemacht hatte, als zwilchen den — 147 — Fregoſo, und Johann, dem Herrn von Genua Zwieſpalt Jahr entftand, der größere und wichtigere Kriege, als die bisher 1009 geführten, entzündete. Es befand fich Pietrino Fregofo auf feinem Kaftell in Riviera. Diefer glaubte von Johann von Anjou nicht feinen und feines Hauſes Verdienften gemäß belohnt worden zu fein, da fie die Urfache gewefen waren, daß er zum Fürften diefer. Stadt gemacht worden. Es kam daher zwifchen ihnen zu offenbarer Feindfchaft, Ferdinand fah diefen Umftand gern, als das einzige Mittel, den einzi: gen Meg zu feiner Nettung; deshalb unterftüzte er Pierrino mit Truppen und Geld, und hoffte mit feiner Hälfe Sohann aus jenem Staat verjagen zu koͤnnen. Diefer, als.er es erfuhr, ließ fih Hülfstruppen aus Frankreich kommen, mit welchen er dem Pierrino Widerftand leiftete, der durch viele erhaltene Unterfiüzung fehr ftarf war, fo daß Sohann fich begnügte, die Stadt zu behaupten. Sn einer Nacht aber ging Pierrino hinein und nahm einige Drte derfelben in Beſiz; doc als der Tag gekommen war, mard er: von Johanns Truppen befämpft und getödtet, und alle feine Truppen theils getödtet, theils gefangen. Diefer Sieg flößte Sohann den Murh ein, den Feld: 1460, zug gegen das Königreicy Neapel zu unternehmen. Er ging alfo im October 1459 mit einer mächtigen Flotte von Genua aus, um jenem zu begegnen, umd legte zuerft bei Baja vor Anker, von wo er nach Seſſa ging, woſelbſt er vom dem Herzoge, von Seffa aufgenommen ward. Es fchloffen fich an Johann der Fürft von Tarent, die Aquilaner, und viele andere Städte und Fürften an; fo daß das Reich ganz in Berfall gerieth. Als Ferdinand diefes fah, To bat er: den Pabſt und den Herzog um Hülfe, und um weniger Feinde zu haben, verglich er fih mit Gismondo Malatefti, wo— durch aber Jakob Piccinino, weil er Gismondos natürz licher Seind war, dergeftalt beunruhigt ward, daß er Ferdis 82 — 143 — Jahr nands Dienfte verließ, und fih an Johann anfchloß. Fer— 2460 Anand fandte auch Geld an Friederih, Herrn von Urbino, und verfammelte fo gefchwind als er nur Eonnte, ein für jene Zeiten ganz anfehnliches Heer, worauf er an dem Fluffe Sarni dem Feinde die Stirn bot; als es nun zur Schlacht kam, ward der König Ferdinand gefchlagen, und viele feiner vornehmften Heerführer gefangen. Nach diefer Niederlage blieb nur noch die Stade Neapel nebft einigen wenigen Fürften und Städten dem Ferdinand treu; die meiften aber unterwarfen ſich dem Johann. Jakob Piccinino wollte, daß Johann gleich nach dieſem Siege auf Neapel losgehen und ſich der Hauptſtadt des Reichs bemaͤchtigen ſollte; dieſer aber wollte nicht, indem er ſagte, daß er erſt ihn ſeines ganzen Gebiets berauben und dann angreifen wolle, in der Meinung, daß, wenn alle Staͤdte verloren waͤren, Neapel leichter zu erobern ſein wuͤrde. Dieſe verkehrte Maßregel raubte ihm den Sieg in dieſem Feldzuge, weil er nicht be— dachte, daß die Glieder leichter dem Haupte, als das Haupt den Gliedern folget. 1461. Ferdinand hatte fich nach feiner Niederlage nad) Neapel zurückgezogen; bier empfing er die Vertriebenen aus feinen Staaten, brachte auf die gelindefte Weife, die er anwensen £onnte, Geld zufammen, und bildete fich ein Eleines Kriegs: heer. Er fandte von neuem um Hälfstruppen zu dem Pabſt und zum Herzoge, und ward von beiden mit größerer Ge: ſchwindigkeit und reichlicher unterftüzt als zuvor, denn fie waren in der größten Beſorgniß, daß er das Königreich verlieren möchte, Da aljo der König Ferdinand wieder ftark geworden war, zog er von Neapel aus, und fo wie er anfing fein Anfehn wieder zu gewinnen, fo gewann er aud) von feinen verlorenen Städten wieder. Während nun der Krieg in Neapel geführt ward, .erfolgte eine Begebenheit, wodurch Johann von Anjou fein ganzes Anfehn und die — 149 — Mittel verlor, ſeinen Feldzug gluͤcklich zu enden. Die Jahr Genueſer waren der habſuͤchtigen und hochmuͤthigen Regie— FEN rung der Franzofen uͤberdruͤſſig, fo daß fie die Waffen ev: griffen gegen den Königliden Stadthalter, und ihn zwan— gen, fich in das Eleine Kaftell zu flüchten. In dieſer Unter— nehmung waren die Fregofi und Adorni mit einander einig, und wurden von dem Herzoge von Mailand mit Truppen und Geld unterftüzt, ſowohl zum MWiedergewinnen der Ne: gierung, als zu deren Erhaltung: Als nun der-König Re: natus, der hierauf mit einer Flotte zur Unterſtuͤzung feines Sohnes heranfam, Genua mit Hülfe des Eleinen’ Kaftells wieder zu erobern hoffte, ward er beim Ausfchiffen feiner Truppen dermaßen gefchlagen, daß er mit Schande’ nach der Provence zuräüdzufehren gezwungen war. Diefe Nachricht, fobald ſie im Königreich Neapel befannt ward, fezte Johann von Anjou in große Beſtuͤrzung; dennoch gab er die Unter: nehmung nicht auf, ſondern fezte, mit Hülfe der Baronen, die wegen ihrer Empörung bei Ferdinand Fein Gehör wieder zu finden hofften, den Krieg noch eine beträchtliche Zeit lang fort. Endlich aber Fam es zwiſchen den beiden König: lihen Heeren, nad) vielerlei Begebenheiten zu einer Schlacht, worin Johann nahe bei Troja gefchlagen ward im Jahr 1462 1462. und nicht fo ſchwer traf ihn feine Niederlage, als daß Jakob Piceinino ihn verließ, der ſich an Ferdinand anfıhloß; fo daß er feiner Macht beraubt, fich nach Iſtrien zurüczog, von wo aus er dann nach Frankreich zurückkehrte. Dieſer Krieg dauerte vier Jahre, und derjenige verlor den Sieg durch feine Nachläßigkeit, der ihn durch die Tapferkeit feiner Soldaten mehr als einmal errungen hatte, Die Florentiner wirkten dabei nicht auf eine fichtbare Weiſe mit; zwar wur: den fie von dem Könige Johann von Aragon, der durch “des Alphons Tod in diefem Reiche den Ihron beftiegen hatte, durch Gefandte aufgefordert, feinen Neffen Ferdinand — 150 — Sahr in feinen Angelegenheiten zu unterftüzen, fo wie fie duch s · das neuerdings mit deſſen Vater Alphons eingegangene Buͤndniß verpflichtet wären: allein, die Florentiner antwor— teten hierauf, daß fie Eeine Verbindlichkeit gegen jenen hätz ten; daß fie. dem Sohne nicht beiftehen wirden in einem Kriege, den der Vater durch feinen Angriff erregt: habe; und daß jo wie derfelbe ohne ihren Rath und ohne ihr Mitwiffen begonnen worden fei, fo möchte er num auch ohne ihre Hülfe ihn führen und endigen. Die Gefandten alfo beftanden im Namen ihres Königs auf der Strafe der unerfülten Verbindlichkeit, und auf der Erfezung des Scha; dens, und reilten ab, aufgebracht gegen die Stadt. : Die Florentiner beharrten alſo während dem Lauf diefes Krieges, was die auswärtigen Angelegenheiten betrifft, im Frieden; im Innern aber waren fie Eeinesweges ruhig, wie im fol: genden Buche bejonders gezeigt werden foll. Eh eEen.trs5 Du m. MER. Voeleeicht wird es derjenigen, die das vorhergehende Bud) gelefen haben, ſcheinen, daß ein Gefhichtichreiber. der Flo— rentinifchen: Begebenheiten ſich darin zu weit bei der Erzaͤh— lung der in der Lombardei und dem Königreich vorgefallenen ausgedehnt. habe. Dennoch habe ich dergleichen Erzählungen nicht vermieden, und werde fie auch in Zufunfe nicht vers meiden. Denn obfchon ich keinesweges verfprochen habe, die Begebenheiten von Sztalien zu ſchreiben, ſo glaube ich— darum doch nicht die Erzählung der merfwärdigeren, ‚die im. diefem Lande vorgefallen find, unterlaffen zu dürfen. Denn wenn ich fie nicht erzählte, fo würde unfere Gefshichte we; niger verftändlih und weniger angenehm fein; bejonders weil mehrftens aus den Handlungen der andern Sstalienis fhen Völker und Fürften die Kriege entfliehen, an. welchen die Florentiner Theil zu nehmen gezwungen werden. Go entftanden aus dem Kriege des Johann von Anjou mit dem Könige Ferdinand der Haß und die fchweren Feindfshaften, welche nachher, zwifchen Ferdinand und den Florentinern, vorzüglich aber mit dem Haufe der Medici erfolgten. Denn der König beklagte fih, daß er in diefem Kriege nicht. allein nicht unterſtuͤzt worden fe, Sondern daß man. fogar feinem Feinde Begünftigungen- erzeigt habe; und dieſer Unwille gab — — zu den groͤßten Uebeln Veranlaſſung, wie ſich in unſerer Erzaͤhlung zeigen wird. Da ich nun in der Beſchreibung der auswaͤrtigen Angelegenheiten bis zu dem Jahre 1463 gelangt bin, ſo muß ich nothwendig, um die waͤhrend dieſer Zeit im Innern erfolgten Unruhen zu erzaͤhlen, um viele Jahre wieder zuruͤckgehen. Zuerſt aber will ich nach unſerer Gewohnheit durch eine kleine Unterſuchung zeigen, daß die— jenigen, welche hoffen, daß in einem Freiſtaate jemals Einig— keit herrſchen koͤnne, in dieſer Hoffnung ſich ſehr betruͤgen. Wahr iſt es, daß einige Uneinigkeiten den Republiken zum Schaden, andere zum Nuzen gereichen. Diejenigen nun find ſchaͤdlich, die von Fakzionen um Partheiſuͤchtigen be⸗ gleitet find; diejenigen aber nuͤzlich, die von beiden Uebeln ſich frei erhalten. Wenn alſo der Gruͤnder einer Republik: nicht verhuͤten kann, daß Feindſchaften darin entſtehen, ſo muß er wenigſtens verhütin, daß keine Fakzionen ſtatt fin⸗ den. Man muß daher'wiffen, daB auf ziweistei Meile, die: Bürger einer Stadt fih Einfluß verfchaffen; entweder durch: Öffentliche Mittel oder durch Privatmittel. Oeffentlich er⸗ langt man ihn durch den Gewinn einer Schlacht, Eroberung‘ eines Landes; Verrichtung einer Gefandtfchaft mir Eifer und- Kiugheit, und durch glückliche und weiſe Rathfchläge, dem Staat ertheilt. Durch Privatmittel erlange man denſelben, indem man diefem oder jenem Bürger MWohlthaten erzeigt, ihn vor der Obrigkeit ſchuͤzt, mit Geld unterftäze, ihm un⸗ verdienterweife zu Ehrenftelfen verhilft, und indem man ſich durch öffentliche Luftbarketten und Geſchenke beim Volk ber liebe macht. Durch dieſe Verfahrungsweiſe entftehen Fak— zionen und Partheien; und fo fchädlich der auf diefe Weile erlangte Einfluß iſt, fo möglich iff jener andere, wenn er nicht mit Partheigeift vermifche iſt; denn er iſt auf einem’ gemeinfchaftlichen, nicht auf einem beſonderen Gute gegründ det. Obſchon man nun auch felbft bet folchen Bürgern auf = m = feine Weiſe verhüten kann, daß nicht die größten Feind: fhaften zwifchen ‚ihnen entftehen, fo Eünnen fie doch aus Mangelsan Anhängern, die um ihres eignen Nuzens millen, ihnen folgten, dem Staate nicht Schaden, ſondern müffen- ihm vielmehr nuͤzlich fein; denn um fich ihres Einfluffes würdig zu machen, muͤſſen fie nothwendig zu feiner Erhe— bung beitragen, bejonders ‚aber. auch einer den andern be; obachten, damit; die bürgerlichen Graͤnzen nicht uͤberſchritten werden. Die Feindſchaften zu Florenz waren niemals: frei von Fafzionen, und waren deshalb auch immer fchädlichz auch blieb die ſiegende Fakzion niemals einig, als nur fo lange, bis die ‚feindliche, Fakzion vernichtet war. Sobald aber diefe aufgelöft war, «fo hatte jene weder Furcht mehr, um fie zuruͤckzuhalten, noch innere Ordnung, um fie zw zügeln, jo daß fie fih von neuem fpaltete, Die Parthei des Kosmus; von Medici behielt im Jahr 1434 die Ober— bands erhielt; fih aber, weil die unterdrückte Parthei groß und reich an ‚mächtigen Männern war, aus Furcht eine Zeit lang einig und milde, ſo daß fie wenigftens unter fich: feinen Irrthum begingen, und fich nicht durch ungefchicftes Detragen beim Wolfe verhaßt ‚machten. Daher denn dieſe Negierung, fo oft fie des Volkes bedurfte, um ihre Macht zu erneuern, daſſelbe geneigt fand, ihren Häuptern ‚alles Anfehen der Hauptverfammlungen und alle Macht zuzuges fiehen, die fie verlangten; daher fie vom Jahr 1454 an big 1455, welches ein und zwanzig Jahre find, fechsmal und durch ‚die Raͤthe gemöhnlicherweije die Macht der Haupts verjammlungen fich aneigneten. Dr dass 3, Es waren zu Florenz, wie wir mehrmals. gefage haben, zwei fehr mächtige Bürger, Kosmus von Mediri und Neri Capponi; von dieſen war Meri, einer derjenigen, die fich ihr Anfehen durch, öffentliche Mittel erwerben, daher er viele Freunde und wenig Anhänger hatte. Kosmus von der andern Seite, der ſich ſowohl dem öffentlichen als den Privat- weg zu feiner Macht eröffnet hatte, war. reich an Freunden und Anhängern. Da nun diefe, fo lange fie beide lebten, miteinander einig waren, fo fezten fie alles was fie wollten, ohne Schwierigkeit beim Volke durch; denn mächft ihrer großen Mächt waren fie auch fehr beliebt. Im Jahr 1455 aber, als Neri geſtorben, und die feindliche Parthei gänzlich aufgelöft'war, fand die Regierung Schwierigkeit, ihre Macht zu erneuern, und bieran waren die Freunde des Kosmus feldft, und die Mächtigften in der Negierung fehuld; denn fie fürchteten nicht mehr die aufgelöfte Gegenparthei und wünfchten nun feine Mache zu vermindern. ' Diefe Stim— mung gab die Veranlaffung zu den Spaltungen,’ die nach: mals im Jahr 1466 erfolgten, fo daß fie denen, welche die Hegierung in Händen hatten, in den Nathsverfamlungen, wo man öffentlich von der Staatsverwaltung fprach, den Nach gaben, daß fie die Macht der Hauptverfamlungen nicht wiedernehmen möchten, Sondern daß man die Beutel fihliegen, und die Magifträte nach den Begünftigungen der vorigen Wahlen durch das Loos ziehn ſolle. Kosmus, hatte, um diefe Bewegung im Zaum zu halten, zwei Wege; ent: weder die Regierung durch die Anhänger, die ihm geblieben waren, mit Gewalt wieder zu ergreifen, und-alle die andern zu verdrängen, oder die Sache gehen, und feine Freunde durc) die Zeit erkennen zu laffen, daß fie nicht ihm fondern fich ſelbſt die Regierung und den Einfluß entzögen. Von diefen beiden Mitteln erwählte er das leztere, denn er wußte wohl, daß er bei diefer Einrichtung der Negierung, weil’ die Beutel noch voll waren vor den Namen feiner Freunde, nicht die mindefte Gefahr lief und er alfo nach feiner Will führ die Regierung wieder‘ ergreifen Eonnte. Da alfo die Stadt wieder darauf zuruͤckgekommen war, ihre Magifträte durch das Loos zu wählen, ſo glaubten fämtliche Bürger, allge: daß fie dadurch ihre Freiheit wieder erlangt hätten. Die Obrigfeiten fprachen nicht mehr das Recht nad) dem Willen der Mächtigen, Sondern nach ihrer eigenen Beurtheilung, fo daß bald ein Freund des einen Mächtigen, bald ein Freund des andern geftraft ward, und fo mußten diejenigen, die gewohnt waren, ihre Käufer voll von Aufwartenden und von Gefchenfen zu feben, diefelben an Einkünften und Menfchen leer finden. Auch ſahen fie jezt fich denjenigen gleich geworden, die fie als weit unter ihrem Range be: trachtet hatten, und diejenigen weit über fih, die ihnen gleich zu fein pflegten. Sie waren weder angefehen noch geehrt, fondern vielmehr verhöhnt und verlaht, und von ihnen und von der Republik fprach man auf den Straßen und Plözen ohne die mindefte Ruͤckſicht; fo daß fie alfobald erkannten, daß nicht Kosmus, jondern fie felbft die Regie— vnng verloren hatten. Kosmus ftellte ſich, als ob er alles diefes nicht bemerfe, und wenn irgend ein Beſchluß vorge: fchlagen ward, der dem Volke gefiel, jo war er der erfte ihn zu begünftigen. Was aber die Großen am mehrften erfchresfte, und Kosmus die befte Gelegenheit gab, ihnen ihren Irrthum bemerflih zu machen, war, daß man die Art der Kataftrirung vom Jahr 1427 wieder einführte, vermöge welcher nicht die Menfchen, fondern das Gefez die Auflagen beftimmte. Daß diefes Gefez durchgegangen und bereits die Obrig- Jahr £eit zur Vollziehung deffelben ernannt war, bemirkte, daß 1450. fie fich feft aneinander anfchloffen, und zufammen zu Kos; mus gingen, um ihn zu bitten, daß er einwilligen möchte, fich felbft und fie aus den Händen des Pöbels zu ziehen, und der Negierung wieder das Anfehen zu verfchaffen, welches ihn mächtig und fie geehrt machte. Kosmus ant— wortete, er fei es zufrieden; er wolle aber, daß das Geſez dazu ordentlichermeife, und mit Einwilligung des Volks, — 158 — Jahr nicht aber mit Gewalt, von der ſie ihm uͤberhaupt auf keine . Weiſe reden ſollten, gegeben werde. Man verſuchte in den Raͤthen das Geſez durchgehen zu machen, eine neue Hauptz verfammlung zu Stande zu bringen; allein es gelang nicht. Die vornehmen Bürger alfo kehrten zu Kosmus zuruͤck, und baten ihn in den demuͤthigſten Ausdrüden: er möchte doch zu der allgemeinen Berfammlung feine Beiſtimmung ge ben; allein Kosmus fchlug es gänzlid ab, denn er wollte es auf den Punft bringen, daß fie ihren Irrthum ganz vollſtaͤndig einfähen. Da nun Donatus Cochi, der gerade Gonfaloniere der Gerechtigkeit war, ohne feine. Zuftimmung die allgemeine Berfammlung zu Stande bringen wollte, fo ließ ihn Kosmus durch die Signoren, die feine Beifizer waren, dermaßen verhöhnen, daß er toll ward, und als ein Blödfinniger in fein Haus zurück gefickt wurde, Doch aber, weil es nicht gut ift, die Sachen jo weit fommen zu laffen, daß man fie nachher nicht wieder nach Willkuͤhr in Drdnung bringen kann, fo glaubte Kosmus, da Lufas Pitti, ein leidenfchaftliher und Eühner Mann, Gonfaloniere der Gerechtigkeit geworden war, daß es nunmehro Zeit fei, diefem die Führung der Sache zu überlaffen; damit wenn man fich durch diefe Unternehmung irgend eine Verantworz tung zuzöge, diefe auf Lukas und nicht auf ihn fiele. Lufas fchlug alfo im Anfange feiner Amtsführung dem Volke viel: mals vor, die Hauptverfammlung zu erneuern, und da dies nicht durchging, Jo bedrohte er diejenigen, die in den Näthen foßen, mit beleidigenden und hochmuͤthigen Worten; zu diefen fiigte er bald nachher auch Handlungen, denn im Auguft 1458, am Vorabend des ©. Lorenz Tages, erfüllte er den Pallaft mit Dewaffneten, rief das Volk auf den Paz zufammen, und zwang es mit Gewalt und durch die Waffen in dasjenige zu willigen, worin es vorher freiwillig nicht hatte einwilligen wollen, Nachdem fie aljo nad) der / Willkuͤhr einiger wenigen, die Regierung wieder ergriffen, Jahr darauf die Hauptverfammlung, und nach) diefer auch die "4 erften DObrigfeiten ernannt hatten, fo verbannten fie, um diefe Megierung, die fie mit Gewalt angefangen hatten, mit Schreden zu eröffnen, Meffer Hieronymus Machiavelli nebft einigen andern, und beraubten auch viele ihrer Ehren: ftellen. Diefer Meffer Hieronymus ward nachher, weil er feinen Bann überfehritten hatte, für einen Rebellen erklärt, worauf er Stalien durchfireifte, um die Fürften gegen fein Baterland aufzuregen, hierbei aber im Lunigiana durch Treus lofigfeit eines diefer Herrn gefangen, nach Florenz geführt, und im Gefaͤngniß getödtet ward. Diefe Negierungsform blieb die acht Sahr hindurch, die fie dauerte, unerträglich und gewaltfam. Denn Kos: mus, der fchon alt und erfchöpft, auch durch Körperliche Uebel Schwach geworden war, Fonnte nicht auf feine gewöhns lihe Weife bei den öffentlichen Gefchäften gegenwärtig fein, daher denn einige wenige Bürger die Stadt plünderten. Lukas Pitti ward, zur Belohnung für fein zum Wohl des Staats vollbrachtes Werf, zum Ritter gemacht, und er, um nicht weniger gütig gegen den Staat zu fein, als diejer gegen ihn gewejen war, verordnete, daB diejenigen, die bis dahin Prioren der Zünfte genannt worden waren, jezo, damit fie von dem verlorenen Beſizthum doch wenigftens den Titel wieder befämen, Prioren der Freiheit genannt werden follten. Auch verordnete er, daß der Gonfaloniere, ftatt wie bisher an der rechten Seite der Rektoren zu fizen, fünftig in ihrer Mitte fizen follte. Damit auch Gott felbit an diefer Unternehmung Theil zu nehmen jcheine, beſtellte er öffentliche Umgänge und feierlichen Gottesdienft, um ihm für die wiedererlangten Würden zu danken, Meſſer Lufas ward von der Signoria und von Kosmus reich befchenft; diefen eiferte die ganze Stadt um die Mette hierin nad; + Zahr und man war der Meinung, daß die Gefchenfe ſich auf die 48. Summe von zwanzigtaufend Dufaten beliefen. Hierdurch ftieg fein Anfehn fo fehr, dag nicht Kosmus, fondern Meffer Lufas die Stadt regierte. Auch ward er dadurch jo ficher gemacht, daß er zwei Gebäude anfing, das eine zu Florenz, das andere in Ruciano, einem eine Meile von der Stadt gelegenen Drte, beide prachtvoll und Föniglih; das in der Stadt aber war bei weitem größer, als irgend ein anderes, das von einem Privartmanne bis auf diefen Tag gebaut worden war. Um dieſe zu vollenden, enthielt er fich auch feines außerordentlihen Mittels; denn nicht allein die Bürs ger und Privatleute befchenften ihn, und unterftizten ihn mit den zum Baue nöthigen Dingen, fondern auch die Ger meinden und ganze Völker ſchafften ihm Hülfsmittel herbei, Weber diefes flüchteten fih alle Berbannte, und jeder andere, der einen Mord, Diebftahl oder andere That begangen hatte, wegen welcher er die öffentlihe Strafe fürchtete, wenn er nur bei dem Baue nüzlich werden konnte, mit Sicherheit in diefes Gebäude. Die anderen Bürger, wenn fie auch nicht bauten, wie diefer, waren doch weder weniger gemalt: thätig, noch weniger vaubfüchtig als er; fo daß wenn Flo— vonz auch frei war von ausmwärtigem Kriege, der es vers heerte, es doch von feinen eignen Bürgern verheert ward. Während diefer Zeit erfolgten, wie wir gefagt haben, die Kriege im Königreih, und einige führte auch der Pabft in Romagna gegen die Malatefti, weil er ihnen Rimini und Ceſena wegzunehmen wünfchte, welches fie bejaßen. Auf diefe Unternehmungen alſo und den Gedanken an einen Feldzug gegen die Türken verwandte Pabft Pius die Zeit feines Pabftthumes. 1464. Florenz aber fuhr in feinen Uneinigfeiten und Unruhen fort. Die Uneinigfeit in der Parthei des Kosmus begann im Sahr 1455 durch die angeführten Urfachen, allein durch — 161 — feine Klugheit ward fie, wie wir erzählt haben, wieder Jahr beigelegt. Sm Jahr 1464 aber ward des Kosmus Krank⸗464. heit ernſthafter, ſo daß er aus dem Leben verſchied. Sowohl ſeine Feinde, als ſeine Freunde beklagten ſeinen Tod; denn diejenigen, die ihn aus Staatsgruͤnden nicht liebten, ſahen doch, wie groß die Raubſucht der Buͤrger ſchon bei ſeinem Leben geweſen war, da doch die Achtung vor ihm ſie noch leidlicher machte, und ſie beſorgten daher nach ſeinem Tode gaͤnzlich zu Grunde gerichtet und vernichtet zu werden. Auf Peter, ſeinen Sohn, ſezten ſie wenig Vertrauen; denn obſchon er ein guter Menſch war, ſo glaubten ſie doch, daß weil auch er ſchwaͤchlich und in den Staatsgeſchaͤften neu war, er genoͤthigt ſein werde, jene mit Ruͤckſichten zu be— handeln, wodurch ſie dann, ganz ohne Zuͤgel, noch aus— ſchweifender in ihren Raͤubereien wuͤrden ſein koͤnnen. Er hinterließ alſo jedermann um ſeinetwillen in großer Betruͤb— niß. Kosmus war der angeſehenſte und beruͤhmteſte Bürger unter den nicht Krieg fuͤhrenden, den nicht blos Florenz, ſondern irgend eine Stadt, die wir kennen, beſeſſen hat; denn nicht allein uͤbertraf er alle ſeine Zeitgenoſſen an Macht und Reichthuͤmern, ſondern auch an Freigebigkeit und Klug⸗ heit; denn zu den Eigenſchaften, die ihn zum erſten ſeines Vaterlandes machten, gehoͤrte auch die, alle andere Men— ſchen an Freigebigkeit und Pracht zu uͤbertreffen. Seine Freigebigkeit zeigte ſich am deutlichſten nach ſeinem Tode, als Peter ſein Sohn ſein Vermoͤgen aufnehmen wollte; denn es war auch nicht ein Buͤrger von einiger Bedeutung in der Stadt, dem nicht Kosmus große Summen Geldes geliehen haͤtte; und oftmals hatte er, ohne dazu aufgefor⸗ dert zu ſein, wenn er das Beduͤrfniß eines Edelmannes vernahm, ihn unterſtuͤzt. Seine Pracht zeigte ſich in der Menge der von ihm aufgefuͤhrten Gebaͤude; denn in Flo— renz ließ er die Kloͤſter und Kirchen von S. Markus und Zweiter Theil, ER g | — 102 — Yahr S. Lorenz, und das Klofter von S. Verdiana, auf den 2404 Bergen von Fiefole S. Hleronymus und die Abtei, und in Mugello eine Kirche der Minoriten nicht blos wiederherſtel— len, fondern von Grund aus neu aufbauen. Außer ‚diefem ließ er in S. Croce, bei den Serviten, bei den Agnoli, und in ©. Miniatus fehr glänzende Altäre und Kapellen bauen, welche Kirchen und Kapellen er außerdem noch mit Teppichen und andern zum Schmud der Gottesverehrung nothwendigen Dingen anfüllte. Zu diefen heiligen Gebäuden kamen nun noch folgende Privathäufer; eines in der Stadt, von der Befchaffenheit, wie es für einen folhen Bürger fich ziemte; viere außerhalb, zu Careggi, zu Fiefole, zu Car faggiuolo und am Trebbio, alles Palläfte nicht bürgerlich, fondern Föniglih. Und da es ihm nicht genug war, in Kückfiht auf die Pracht feiner Gebäude in Stalien befannt zu fein, fo baute er auch zu Serufalem ein Hospital für die armen und franfen Pilger; und auf alle diefe Gebäude verwandte er eine außerordentlich große Summe Geldes. Dbfchon nun diefe Wohnungen, jo wie alle feine anderen Werke und Handlungen Eöniglich waren, er auch allein in Florenz das Haupt war, fo war er dennoch durch feine Klugheit fo gemäßigt, daß er die bürgerliche Beſcheidenheit niemals überfchrittz denn in feinen Unterredungen, feiner -Dienerfchaft, feinem Weiten, feiner ganzen Lebensart und in den Verwandfchaften, die er anfnüpfte, betrug er fich immer jedem befcheidenen Bürger gleih; denn er mußte wohl, daß die außerordentlihen Dinge, die. fich zu jeder Zeit zeigen und erfcheinen, den Menfchen viel mehr Neid einflößen, als diejenigen Dinge, die in der That beftehen und mit Anftand bedeckt bleiben. Als er daher feine Söhne verheirathen wollte, fuchte er nicht fürftliche Verwandtſchaf—⸗ ten, fondern verband mit Johann Cornelia Aleflandri und mir Peter Lukrezia Tornabuont, Die Enfelinnen, die er — 163 — durch Peter befam, vermählte er, Blanka mit Wilhelm de Jahr Pazzi, und Nannina mit Bernhard Nuccellai. Sn den — Regierungen der Fuͤrſten und buͤrgerlichen Verfaſſungen gab es zu feiner Zeit keinen, der an Kenntniß und Geſchicklich— feit ihn erreicht hätte. Daher Fam es, daß bei fo großem Wechſel des Gluͤcks, im einer fo veränderlihen Stadt und unter einer fo wanfelmüthigen Bürgerfchaft er die Negier rung ein und dreißig Jahre lang erhielt, denn durch feine große Klugheit erkannte er die Uebel fhon von weiten, und hatte dadurch Zeit, entweder ihren Wahsthum zu verhinz dern, oder wenn fie gewachfen waren, fi fo vorzubereiten, daß fie ihm nicht fehaden Fonnten. Hierdurch. bezwang er nicht bios den häuslichen und bürgerlichen Ehrgeiz, fondern überwand auch den vieler Fürften mit jo großem Glüc und fo großer Klugheit, daß jeder, der fich mit ihm und feinem VBaterlande verband, feinem Feinde entweder widerftchen oder ihn überwinden Fonnte; und daß jeder, der fich ihm entgegen ftellte, entweder Zeit und Geld, oder gar die Nez gierung verlor. Hiervon Fünnen die Venezianer ein gutes Zeugniß ablegen, die mit ihm gegen den Herzog Philipp immer die Oberhand behielten, von ihm getrennt aber zuerft von Philipp und nachher von Franz befiege und gefchlagen wurden. Und als fie fi) mit Alphons gegen die Nepublif Flovenz verbündeten, jo erfchörfte Kosmus durch feinen Kredit Neapel und Venedig jo jehr an Gelde, daß fie ges zwungen wurden, denjenigen Frieden anzunehmen, den mar ihnen zugeftehen wollte. Alle die großen Schwierigkeiten alfo, die Kosmus innerhalb der Stadt und außerhalb zu überwinden hatte, nahmen für ihn ein glorreiches, für die Feinde ein nachtheiliges Ende; daher immer die bürgerlichen Zroiftigkeiten in Florenz feine Regierung befeftigten, und die ‚auswärtigen Kriege feine Macht und fein Anfehen vergroͤ— Berten, Hierdurch fügte er zu dem Gebiet feiner Republik Ya — 164 — Jahr den Flecken S. Sepolero, Montedoglio, das Caſentiniſche, 1404 “und Baldibagno. So vernichtete feine Tugend und fein Gluͤck alle feine Feinde, und erhöhte feine Freunde. Er ward geboren im Jahr 13589 am Tage; der Heiligen Kosmus und Damianus. Seine früheren Sahre waren voll von Drang: falen, wie feine Verbannung, ; feine Gefangenfchaft, feine Todesgefahren beweifen, und von der Kirchenverfammlung zu Koftniz, wohin er mit dem Pabft Johann gegangen war, mußte er nach), deffen Untergange, um fein Leben zu vetten, verkleidet entfliehen. Nah feinem vierzigftien Jahre aber lebte er. Außerft glüklih, - fo daß nicht, allein diejenigen, die fich in Staatsgefchäften an ihn anfıhlofien, fondern aud die, welche dur) ganz Europa feine Schäze verwalteten, an feinem Glüde Theil nahmen. Hieraus entffanden ausnehmende Reichthuͤmer in vielen Florentinis ſchen Familien, fo wie dies mit den Tornabuoni, den Benci, den Portinari, den Saffetti der Fall war, und außer diefen wurden auch alle diejenigen, die von feinem Nat) und Ber: mögen abhingen, ſo ſehr bereichert, daß obgleich er fortwaͤh— vend zum Bau von Kirchen und zu Almofen Geld verwandte, er dennoch) fich zumeilen bei feinen Freunden beklagte, daß er niemals foviel zur Ehre Gottes hätte ausgeben koͤnnen, daß er ihn als Schuldner in feinen Büchern fände. Er war von gewöhnlicher Größe, fein. Gefiht olivenfarbig, feine Perſon ehrwuͤrdig. Er war nicht gelehrt, aber. fehr bered— fam, und voll von natürlicher Klugheit; deshalb, war er dienfifertig gegen feine Freunde, mildthätig gegen Arme, im’ Umgang nüzlih, in Entſchließungen vorfichtig, in der Aus; führung vafch, und in feinen Ausjprüchen fcharffinnig und ernft. Meſſer Ninaldo degli Albizzi lieg ihm in den erften Zeiten feines Erils fagen, daß die Henne brütete, worauf Kosmus antwortete, fie koͤnnte ſchlecht bruͤ— ten, weil fie außer dem Neft wäre. Anderen Rebellen, 165 — die ihm wiſſen ließen, daß ſie nicht ſchliefen, erwiederte er, Jahr er glaube es, denn er habe ſie aus dem Schlaf geſtoͤrt. Von 2494. dem Pabſt Pius, als er die Fürften zum Feldzuge gegen die Türfen antrieb, ſagte er, er fei alt und begeheiek ven Zugendftreih. Den VBenszianifchen Gefandten, die zugleich mit denen des Königs Alphons nach Florenz Famen, zeigte er fein’ bedeftes Haupt, und fragte fie welche Farbe es habe, und als fie antiworteten, weiß, evwiederte er: und niht lange wirdies dauern, fo’ haben es eure Se— natoren fo weiß wie ich. Als feine Gemahlin wenig Stunden vor feinem Tode ihn fragte, warum er. die Augen gefchloffen halte, antwortete er: um ſie zu verſchoͤnern. Als einige Bürger nach feiner Nückunfe aus der Verbanz nung zu ihm fagten, daß man die Stadt verderbe und gegen Gott handle, fo viele wuͤrdige Männer zu verjagen, erwie—⸗ berte er, beffer fei eine verdorbene als eine ver lorne Stadt; fehs Ellen gefhorenen Tuds machten einen würdigen Mann; und Regierungen erhielte man nicht mit Roſenkraͤnzen im der Hand. Diefe Ausfprüche gaben feinen Feinden Stoff ihn zu verläumden, als einen Menfchen, der mehr fich als fein Baterland, mehr diefe Melt als jene liebe. Man koͤnnte noch viele andere feiner Ausfprüche anführen, die aber als unnöthig übergangen werden. Kosmus' war auch ein Liebs haber und Beſchuͤzer der Gelehrten, deshalb" zog er den Argiropolus nach Florenz, der ein Grieche und für jene Zeit fehr gelehrt war, damit von diefem die Slorentinifche Jugend das Griechiſche und feine übrigen Wiffenfchaften erlernen Eönnte. Er ernährte in "feinem Haufe den Marſilius Fir eino, den zweiten Vater der Platonifhen Philofophie, den erraußerordentlich liebte; und damit diefer mit: größerer Ber quemlich£eit das Studium der Wiffenfchaften betreiben, und auch er bequemer: feines‘ Umgangs genießen koͤnnte, bes — 166 — Jahr fchenfte er denfelben mit einer Befizung in der Nähe der 44 ſeinigen zu Careggt: Dieſe feine Klugheit alfo, feine Reich: thümer, feine Lebenswelfe, fein Gluͤck machten ihn bei den Bürgern von Florenz gefürchtet und geliebt, und bei den Fuͤrſten nicht allein von Stalien, fondern von ganz Europa wunderbar geſchaͤzt; hierdurch hinterließ ‚er feinen Nachkom— men eine folhe Grundlage, daß fie an Tugenden ihm gleich: fommen, an Glück ihn bei weitem übertreffen, und das An; ſehen, welches Kosmus in Florenz gehabt hatte, nicht blos in diefer Stadt, fondern in der ganzen Ehriftenheit haben konnten. Dennoch empfand er in der lezten Zeit feines Le bens großes Mifvergnägen; denn von feinen beiden Soͤh— nen Peter und Johann, ſtarb diefer, auf den er das meifte Vertrauen hatte, jener aber war franf, und wegen der Schwaͤchlichkeit feines Körpers zu Öffentlihen und Privarger ſchaͤften wenig geſchickt. Als fich daher Kosmus nad) dem Tode feines Sohnes durch fein Haus tragen ließ, fagte er feufzend, diefes Haus ift zu groß für fo wenig Fa— milie. Die Größe feines Gemuͤths ward auch geängftet durch den Gedanken, daß er das Florentinifche Gebiet nicht durch irgend eine sehrenvolle Eroberung vergrößert babe; und hierüber betrübte er fih um fo mehr, als es ihm ſchien dag er von Franz Sforza darin betrogen worden fei, mel cher, da er noch Graf war, ihm verfprochen hatte, fobald er fih der Stadt Mailand bemächtigt habe, für die Florenz tiner den Feldzug gegen Lukka zu führen; welches aber nicht gefhah, denn mit dem Glück änderte der Graf auch feinen Sinn, und da er Herzog geworden war, fo wollte er im Frieden den Staat genießen, den er duch den Krieg errun— gen hatte; deshalb wollte er weder für Kosmus noch für jemand anders einen Feldzug mehr thun, und führte, nach— dem er Herzog geworden, Feine anderen Kriege mehr, als dies jenigen, zu welchen ihn feine eigne Vertheidigung nöthigte. — 167 — y Dies verurfachte Kosmus den größten Verdruß, meil er Jahr meinte Mühe und Koften ertragen zu haben, um einen un: 21: danfbaren und untreuen Menfchen groß zu maden. Er bemerfte außerdem, daß er wegen der Kränklichkeit feines. Körpers bei feinen öffentlihen und Privargefchäften nicht mehr feinen alten Fleiß anwenden fonnte, jo daß er diefe jo wie jene fich verfchlimmern fab; denn die Stadt ward von den Bürgern, und fein Vermögen von feinen Dienern und Söhnen zerſtoͤrt. Alle diefe Dinge machten, daß er die lez— ten Jahre feines Lebens in Unruhe zubrachte, Dennoch ftarb er im hoͤchſten Ruhm und mie dem größten Namen; fowohl in der Stadt, als außerhalb bezeugten alle Bürger und alle Fürften feinem Sohne Peter ihr Beileid wegen feines Todes; er ward im größten Pompe von allen Bürz: gern zum Grabmahle begleitet, in der St. Lorenzkirche bes graben, und durch eine Staatsverordnung über feinem Grabmale Bater des Vaterlands genannt. Menn ich) bei der DBefchreibung der Thaten des Kosmus diejenigen nachgeahmt habe, welche die Lebensläufe der Fürften, nicht aber die, welche die allgemeine Gefchichte beichreiben, fo verz wundere fih darüber niemand; denn da diefer ein feltner Mann in unferer Stadt war, fo bin ich genöthigt, ihn auf eine außerordentliche Weiſe zu loben. In diefen Zeiten da Florenz uud Sstalien fich in den erwähnten Umftänden befanden, ward Ludwig König von Franfreich von einem fehr fchmweren Kriege angegriffen, wel chen feine Barone mit Hälfe Franzens Herzogs von Bre— tagne und Karls Herzogs von Burgund gegen ihn begannen; diefer Krieg war fo wichtig, daß er nicht daran denken Eonnte, den Herzog Johann von Anjou in feinen Unterneh: mungen gegen Genua und das Königreich zu unterſtuͤzen; fondern vielmehr, da er eines jeden Beiftand nöthig zu har ben glaubte, den Herzog Franz von Mailand in den Bells SR je 168 — der Stadt Savona fezte, welche in der Gewalt der Franzor fen geblieben war, und ihm auch wiffen ließ, daß er um feinetwillen immerhin einen Feldzug gegen Genua unterneh— men möchte, wenn er wolle. Diejen Borfchlag nahm Franz an, und durch den Einfluß, den ihm die Freundfchaft des Königs verfchafte, fo mie durch die Begünftigungen der Adorni bemächtigte er ſich Genuas; um fih nun für die von dem Könige empfangene Wohlthaten nicht undankbar gegen ihn zu beweiſen, fandte er ein taufend fünf Hundert Keuter unter der Anführung feines evfigebornen Sohnes Galeazzo zu feinem Beiftande nach Frankreih. Da nun alfo Ferdinand von Aragon und Franz Sforza, der eine Herzog . der Lombardei und Fürft von Genua, der andere König des ganzen neapolitanifchen Neiches geworden war, fie auch Bluts— freundfchaft mit einander geftiftee hatten, fo dachten fie da- rauf, wie fie ihre Staaten auf eine folche Weiſe befeftigen könnten, daß fie während ihres Lebens derfelben mit Sicher: heit geniegen, nach ihrem Tode aber fie ihren Erben frei Dinterlaffen könnten. Es fehien ihnen deshalb nöthig, daß der König ſich derjenigen Barone verficherte, die in dem Kriege mit Johann von Anjou fid) ihm entgegen gefezt hatten; und daß der Herzog darauf hinwuͤrke, die Waffen des Braccio, die feinem Blute feindlich und unter Jakob Piecinino zu dem höchften Anfehen geftiegen waren, zu uns terdruͤcken; denn Jakob war nun der erfte Feldherr Star liens geblieben, und da er feinen Staat bejaß, fo mußte jeder Defizer von Staaten ihn fürchten, vorzüglich aber der Herzog, der durch fein eigenes Beifpiel belehrt, diefen Staat weder felbft erhalten, noch mit Sicherheit feinen Söhnen binterlaffen zu Können glaubte, fo lange Jakob lebte. Der König alfo fuchte mit dem größten Eifer fich mit feinen Baronen zu vergleichen, und bediente fich jeder möglichen Kunſt um fie gicher zu machen; und dies gelang £ | == 169 — ihm auch glücklich; denn diefe Herren fahen, wenn fie mit Jahr dem Könige im Kriege blieben, ihren Untergang offenbar vor fih, wenn fie aber einen Vergleich mit ihm fehloffen und fid) auf ihn verließen, fo blieb er wenigftens ungewiß. Weil nun die Menfchen immer lieber ein ficheres Uebel flies hen, fo eritfiehe daraus, daß es den Fürften leicht wird, die weniger mächtigen; zu betruͤgen. Diefe Fürften vertrauten auf den Frieden mit dem Koͤnige, da fie in dem Kriege die deutlihften "Gefahren. erkannten; da fie fih aber"in feine ‚Arme geworfen hatten, wurden fie nachher von ihm auf verſchiedene Weife und unter verfchiedenen Vorwaͤnden unters drückt. Dieſer Umſtand beftürzte den Jakob Piccinino, welcher ſich mit ſeinen Truppen zu Sulmona befand, und um dem Könige die Gelegenheit zu feiner Unterdruͤckung zu entziehen, fo Enäpfte er mit dem’ Herzoge Franz Unterhand: fungen an, um. fih durch "Vermittlung feiner Freunde mit demfelben zu verfühnen; da ihm nun der Herzog ſo große Anerbiertungen machte als möglich, fo beichloß Jakob fich in feine Arme zu werfen, und ging, von hundert APR be: Hleitee zu ihm nach Mailand. Jakob hatte unter feinem Vater und hierauf gemein: ſchaftlich mit ſeinem Bruder lange Zeit Krieg gefuͤhrt, zuerſt für den Herzog Philipp und hierauf für das Mailaͤndiſche Volk, fo daß er durch den langen Umgang viele Freunde und allgemeines Wohlwollen in Mailand erworben hatte, welches "durch -die gegenwärtigen Umftände, noch ſehr vers mehrt wurde; denn gegen die Sforza hatte ihr gutes Glück und ihre gegenwärtige Macht Neid erregt, gegen Jakob aber brachten feine Widerwärtigkeiten und feine lange Abwe— fenheit bei dieſem Volke Mitleid und großes Verlangen: nach feinem Anblick zu Wege: Alle diefe Dinge wurden bei fei- 1464. — — ner Ankunft ſichtbar, denn nur wenige von dem Adel gab es, die ihm nicht entgegen gegangen waͤren; die Straßen, ‚ — 170 — Jahr durch welche er. ging, ‚waren ſaͤmmtlich angefülft mit denen, 1465. die ihn zu ſehen wuͤnſchten, und der Name ſeines Hauſes ward überall ausgerufen. Dieſe Ehrenbezeugungen befchleus nigten feinen Untergang, denn bei dem Herzoge wuchs das durch mit dem Argwohn auch der Wunfh ihn aus dem Wege zu räumen; und um biefes auf deſto verdectere Meife thun zu können, wollte er, daß er zuerft die Vermaͤh⸗ lung mit feiner natürlichen Tochter Drufiana feiern follte, welche er ihm lange Zeit vorher verlobt hatte.“ Hierauf fam er mit Ferdinand überein, daß er ihn mit dem Titel als Feldherr feiner Truppen, und hundert taufend Gulden Gehalt, in Sold nehmen follte. Nach diefem Beſchluß ging Jakob mit einem herzoglihen Gefandten und Drufiana feis ner Gemahlin nad Neapel, wo er freudig und ehrenvoll aufgenommen und mehrere Tage hindurch mit: jeder Art von Feften unterhalten ward; da er fich aber Urlaub erbe— ten hatte, um nah Sulmona zu gehen, wo er feine Trup⸗ pen hatte, ward er von dem Könige zum Gaſtmal in das Kaftell eingeladen, nah der Mahlzeit aber, nebft feinem Sohne Franz gefangen genommen und nach einiger Zeit ermordet. So fürchteten unfere Italieniſche Fürften bei andern die Tugend, die ihnen ſelbſt fehlte, und unterdrücken fie; fo daß fie endlich, als Feiner mehr fie bef.ıs, diefes Land dem Berderben überlieferten, wodurch nicht lange nachher es verwüfter und in Trauer verfezt ward, Zu dieſer Zeit. hatte Pabſt Pius die Angelegenheiten von Romagna in Ordnung gebradht; da er nun alfo den allgemeinen Frieden erfolgt ſah, fo ſchien es ihm Zeit die Ehriften gegen den Türken in Bewegung zu fezen, daher er von neuen diefelben Maaßregeln ergriff die feine: Vorgänger genommen hatten; alle Fürften verfprachen entweder Geld oder Truppen, insbefondere aber verfprahen Matthias König von Ungarn, und Karl Herzog von Burgund per ſoͤnlich mitzugehen, und dieſe ernannte der Pabſt zu Feld⸗ Jahr herrn bei dieſem Zuge. Der Pabſt ging in ſeiner Hoffnung "466 fchon fo weit, daß er. Rom verließ und nach Ankona ging, wo, der Beſtimmung gemäß, das ganze Heer zufammen kommen follte, und von mo aus die Venezianer es, nad) ihrem Berfprechen, mit ihren Schiffen nah Sklavonien überjezen wollten. Es famen daher in dieſer Stade nad der Ankunft des Pabftes fo viele Leute zufammen, daß in wenigen Tagen alle Lebensmittel, die in der Stadt vorhan— den waren und aus den ‚umliegenden Gegenden herbei ge: Schaft werden Eonnten, ausgingen, wodurch denn jeder vom Hunger gequält ward. Weberdies EFonnte man auch gar nicht die Nahrungsmittel anfchaffer, deren fie bedurften, noch Waffen für diejenigen, denen fie fehlten; Matthias und Karl erfchienen nicht, und die Venezianer ſchickten ei— nen Hauptmann mit einigen: Galeeren, mehr um ihre Draht zu zeigen und daß fie Wort gehalten hätten, als um diefes Heer uͤberſezen zu koͤnnen. Daher denn der Pabft, der alt und fchwächlich war, in der Mitte dieſer Unruhen und Unordnungen farb. Mach feinem Tode kehrte aber jeder wieder in fein Haus zuruͤck. In die Stelle des ver; fiorbenen Pabftes ward im Jahr 1464 Paul II., ein Vene: zianer, zum Pabſt erwählt, und damit faft alle Staaten Sstaliens eine NRegierungsveranderung erlitten, ftarb im fol: genden Sahre auch Franz Sforza, Herzog von Mailand, 1466, fechzehn Jahre nachdem er diefes Herzogthum in Beſiz ger nommen hatte, und Galeazzo fein Sohn ward zum Herzog ausgerufen. Hi Der Tod diefes Fürften gab die. Veranlaffung, daß die Spaltungen in Florenz wieder heftiger wurden, und fchnel: fer zum Ausbruch »Famen. Nah dem Tode des Kosmus war deffen Sohn Peter der Erbe: feines Vermögens und feines Einfluffes in die Regierung geblieben. Diefer berief — — 27,83 — Jahr den Diotiſalvi Neroni zu ſich, einen Mann von großem 2466: Einfluſſe und in Vergleichung gegen die uͤbrigen Bürger aͤußerſt angeſehen; in dieſen hatte Kosmus ſo großes Ver— trauen geſezt, daß er bei feinem Sterben dem Peter gera— then hatte, ſich im Ruͤckſicht auf ſene Vermögens und Re— gierungs Angelegenheiten ganz nach deſſen Rathſchlaͤgen zu betragen. Peter bezeigte alſo gegen Meſſer Diotiſalvi daſ⸗ ſelbe Vertrauen, welches Kosmus gegen ihn bewieſen hatte; und weil er ſeinem Vater nach deſſen Tode eben fo gehor—⸗ fan als bei feinem Leben fein wollte, fo wuͤnſchte er, fi mit jenem über fein Erbgut und über die Verwaltung der Stadt zu berathen. Um alfo bei: feinem "eigenen Vermögen anzufangen, fagte er zu ihm, er werde alle "feine Rechnun—⸗ gen Eommen Taffen nnd fie feinen Händen überliefern, das mit er deren Ordnung oder Unordnung erkennen, und nach? dem er folche erkannt, ihm nad feiner Klugheit darin rar then koͤnne. Meffer Diotifalvi verfprach in allem Fleiß und Medlichkeit zu zeigenz als aber die Rechnungen gefommen und wohl von ihm durchgeſehen waren, fo erkannte er, daß auf allen Seiten viel Unordnung war. Da nun fein eigner Ehrgeiz mehr auf ihn würfte, als die Liebe zu Peter, oder die vormals von Kosmus empfangenen Wohlthaten, fo fhien es ihm leicht zu fein, jenem fein Anfehn zu entziehen und ihm die Regierung zu entreißen, "welche fein Vater ihm gleichfam erblich Hinterlaffen hatte. Meſſer Diotifalvi Fam alfo zu Peter mit einem Rath, der ganz redlih und ver; nuͤnftig zu fein fehlen, unter welchem aber fein Ruin verborgen lag. Er zeigte ihm nehmlich die Unordnung in feinen Angeles genbeiten, und wie viel Gelder er nothiwendigermweife anfchaf- fen müffe, wenn, er nicht feinen Kredit, und mit diefem fein ganzes Anfehen in allen Angelegenheiten feines Vermögens und der Negierung verlieren.wolle. Deshalb, fagte er, koͤn— ne. er durch Fein anftändigeres Mittel diefen Unordnungen — 175 — abhelfen, als indem er die Summen. geltend‘ machte, die fein Jahr Bater-von mehreren, ſowohl Auswärtigen als Bürgern, zu 4 i fordern habe: denn Kosmus war, um fih Anhänger in Florenz und Freunde im Auslande zu verfchaffen, gegen je— derman, in Mittheilung feines Vermoͤgens, Außerft Treigebig geweien; fo daß die Summe, die, er durch, diefen Umſtand zu fordern hatte, gar niche Elein ‚und unbedeutend. war. Meter hielt, diefen Rath fir gut und anftändig, indem ev den. Unordnungen durch ſein Eigenthbum abhelfen wollte, Sobald er aber zur Einforderung diefer Gelder Anftalten traf, ſo wurden die Bürger, gleich als ob er ihnen das ih: vige entziehen, nicht, das einige zurücfordern wollte, ſehr unwillig, ſprachen ohne allen Nüchale übel von ibm, und verläumbdeten ihn ‚als einen Undankbaren und Geizigen. Da nun alfo Meſſer Diotijalvi diefe allgemeine Uns gunft bemerkte, in welche Peter. durch feinen Rath beim ganzen Volke gefallen war, fo verband er fich mit Meffer Lukas Pitti, Meffer Agnolo Aeciajuoli, und Nikolaus Sode: rini, und fie befhloffen dem Peter Anſehen und Regierung zu entreißen. Alle handelten aus. verfihiedenen Urfachen. Meſſer Lukas wünfhte in Kosmus Stelle zu treten, denn er war fo groß geworden, daß es ihn empoͤrte, nach Peter fih vichten zu muͤſſen. Meffer Diotifalvi, welcher einjah, dag Mefler Lukas zum Haupt der Negierung nicht gefchicke fei, dachte, daß wenn Peter aus dem Wege geräumt fei, nothwen— digermweife ale Macht in Eurzer Zeit in feine Hände fallen müffe, Nikolaus Soderini wuͤnſchte, daß die Stadt größerer Freiheit genießen, und nad) dem Willen der Obrigkeiten vegieret werden möchte. Meffer Agnolo hatte einen Privathaß gegen die Medici, und zwar aus folgenden Urfachen. Sein Sohn Raphael hatte lange zuvor Alerandra de Bardi zur Frau genommen und eine ſehr große Mitgabe erhalten, Diefe wurde, entweder um ihrer eigenen Sehler willen, oder durch Anderer Schuld, von ihrem Schwiegers — 174 — Jahr vater und ihrem Manne ſchlecht behandelt; weshalb Lorenz 466. on Sjlarione , ihe Verwandter, durch Mitleid für die junge Frau bewogen, fie in einer Nacht, begleitet von vielen Ber mwaffneten, aus Meffer Agnolos Haufe raubte. Die Accia— juoli beklagten ſich über diefe ihnen von den Bardi zuges fügte Beleidigung. Das Urtheil ward dem Kosmus überteas gen, welcher es dahin fällte,, daß die Acciajuoli der Alerans dra ihre Mitgabe wieder erftatten müßten, ob aber die Frau zu ihrem Manne zurückkehren wolle, folle ihrer eige— nen Willkuͤhr überlaffen bleiben, Meſſer Agnolo fchien es, als habe ihn Kosmus bet diefem Urtheil nicht als Freund behandelt; und da er fih dafür an Kosmus nicht hatte vr hen fönnen, fo beichloß er, es an deſſen Sohn zu thun. Dei diefer großen VBerfchiedenheit der Gefinnungen machten die VBerjchworenen doch nur einen gemeinfchaftlihen Grund bekannt, indem fie behaupteten, ihr Zwek fei, daß die Stadt durch die Obrigfeiten , nicht aber durch den Rathſchluß eini- ger Wenigen regiert werden folle. Weberdies wurde der Un— wille gegen Peter, und die Veranlaffungen übel von ihm zu veden, noch dadurch vermehrt, daß gerade zu diejer Zeit mehrere Kaufleute zu zahlen aufhörten; diefes ward oͤffent— lich dem Peter beigemefjen, der gegen alle Erwartung fein Geld zurück gefordert, und dadurch zum Schimpf und Nachtheil der Stade ihren Fall bewirkt habe. Hierzu Fam, dag Unterhandlungen im Werke waren, um feinem älteften Sohne Lorenz Klariffa Drfini zur Ehe zu geben, wodurd) jedermann noch größeren Stoff zu VBerläumdungen gegen Ihn erhielt, indem man fagte, es zeige fih nun ganz deut— lih, da er eine Florentinifche Verbindung für feinen Sohn verfhmähe, daß die Stade ihm als Bürger fchon zu Elein fet, und daß er deshalb fih anſchicke, die Herrſchaft dars über an fich zu reißen; denn derjenige, der feine Mitbürger nicht zu Verwandten wolle, der wuͤnſche fie zu feinen Dies en SE nern zu haben, und daher fei es billig, daß er fie auch Jahr nicht zu Freunden habe. Die Häupter diefer Verſchwoͤrung "Io glaubten den Sieg Ihon ‚in Händen zu haben, denn der größte Theil der Bürger folgte ihnen, betrogen durch das Wort Freiheit, welches jene um ihre Unternehmung auszus fhmücen als Zeichen auffteckten. Da aljo diefe Unruhen in der Stadt wieder aufbraugs ten, fo wollten diejenigen, die an bürgerlichen Zwiſtigkeiten ein Mipfallen fanden, verfuchen, ob fie diefelben nicht durch ivgend eine neue Luftbarfeit ftillen Eönnten; denn mehrftens ift es das mäßige Volk, das den Veränderungsjfüchtigen zum Merkzeug dient. Um alfo diefen Müßiggang aufzuheben, und den Menfchen irgend etwas zu denken zu geben, damit fie die Gedanfen an den Staat aufgeben möchten, nahmen fie, nachdem Kosmus bereits ein Jahr tode war, Gelegen— beit, der Stadt eine große Luftbarfeit zu bereiten, und ords neten daher zwei Fefte an, die in Vergleich mit denen, die in diefer Stadt gewöhnlich gefeiert werden, hoͤchſt prächtig waren. Das eine ftellte vor, wie die Heiligen drei Könige aus dem Drient dem Sterne nachfolgten, welcher Chrifti Geburt anzeigte; und diefes war mit fo großen Pomp vers bunden und fo prächtig, daß die Vorbereitungen dazu, und die Feier felbft die ganze Stadt mehr als zwei Monate bes fchäftiget hielten. Das andere war ein Qurnier (denn fo nannte man ein Schaufpiel, welces ein Gefeht von Maͤn— ‚nern zu Pferde vorftellte) worin die erften Sünglinge der — Stadt gemeinfchaftlih mit den vornehmften Edeln von Sstalien fih übten; unter den Slorentinifchen Sünglingen war der angefehnfte Lorenz, Peters ältefter Sohn, welcher nicht durch Gunft, fondern durch feine eigne Tapferkeit den erften Preis davon trug. Machdem aber diefe Schaufpiele gefeiert waren, erwachten in den Bürgern die nehmlichen Gedanken, und jeder folgte mit mehr Eifer als jemals feiner Meinung; er 176 en Fahr woraus denn Uneinigkeiten und Unruhen in Menge entftan- * den, welche durch zwei Vorfaͤlle noch aufs hoͤchſte geſteigert wurden. Der eine war, daß die Macht der Hauptver— ſammlung aufhoͤrte; und der andere der Tod des Herzogs Franz von Mailand. Galeazzo, der neue Herzog, ſchickte alfo Gefandte nah Florenz, um die Verträge zu erneuern, welche fein Vater Franz mit der Stadt gehabt hatte, und worin unter andern auch feftgejezt war, daß dem Herzoge jährlich eine gewiffe Summe Geldes ausgezahlt werden ſolle. Bon diefer Forderung nahmen die den Medici entges gengejezten Häupter Gelegenheit, und widerfezten in den Raͤthen fih öffentlich diefem Entſchluſſe, indem fie zeigten, dag man mit Franz und nicht mit Galeaz50 verbündet ge mwejen, daß alſo mit jenes Tode auch) die Verbindlichkeit er: loſchen, übrigens auch Eeine Urfach da fei, fie wieder zu er— nenern; denn Galeazzo babe nicht jene Trefflichkeit des Sranz, folglich fei von ihm auch nicht derfelbe Nuzen zu erwarten; und wenn man fchon von Franz wenig Vortheil gehabt habe, fo fei von ihm noch weniger zu hoffen. Wollte aber irgend ein Bürger ihn um feiner Macht willen befol den, fo wäre dies gegen die bürgerliche Drdnung und gegen die Freiheit der Stadt. Peter zeigte dagegen, daß es nicht wohl gethan fei, eine fo nöthige Sreundfchaft aus Geiz zu verlieren, und dag nichts in der Welt fo heilſam für die Repu— blik und für ganz Stalien fei, als diefes Bündnig mit dem Herzoge, damit die. VBenezianer, wenn fie ihre Einigkeit ſaͤhen, nicht hoffen dürften, weder durch erheuchelte Freunds ſchaft, noch durch einen offenen Krieg jenes Herzogtum zu unterdrücken; denn nicht fobald. würden diefe jehen, daß die Sloventiner mit dem Herzoge zerfallen wären, jo würden fie and) ſchon die Waffen gegen ihn ergreifen, und ihn dann, da fie ihn jung, neu in der Regierung. und von Freunden verlaffen fanden, entweder durch Lift oder Gewalt leicht für ſich gewinnen Finnen, in diefem aber wie in’ jenem Falle Jahr zeige fih das Verderben der Nepublic als die Folge. ER Diefe Gründe wurden nicht angenommen, und die Feind: haft fing ſchon an fich öffentlich zu zeigen, auch Eam jede der Partheien des Nachts in verſchiedenen Gefellfchaften zufams men; die Freunde der Medici verfammelten. fich nehmlich ir der Erogetta, und ihre Gegner in der Pieta; diefe aber hat: ten, eifrig auf Peters Untergrabung bedacht, viele Bürger als ihrer Unternehmung günftig unterfchreiben: laffen. Da fie nun. einmal in der Nacht zufammen; gekommen waren, fo hielten fie über ihre Berfahrungsweife einen - befondern Kath; jedem fchien es nöthig, die Macht der Medici zu . vermindern, über die Are und Weiſe aber. waren fie, vers fhiedener Meinung. Ein Theil, welcher der gemäßigtfte und befcheidenfte war, verlangte, daß da die Vollmacht der Hauptverfammlung nun zu Ende fei, fo. müffe man fich darauf beihränfen, fich zu widerjezen, daß fie nicht erneuert werde; hierdurch wuͤrde ihrer aller Abfiche erreicht wers den; denn die Näthe und die DObrigkeiten würden die Stade regieren; der Einfluß Peters würde in kurzer Zeit vers fhwinden, und er wide mit dem Verluſt des Anfeheng und der Regierung auch feinen Kredit in den: Handlungsge— fhäften verlieren, denn fein Vermoͤgen ſtuͤnde auf. dem Punkte, dag wenn man feft darauf beftehe, daß er fich der Staatsgelder nicht bedienen dürfe, er nothwendig ruinirt fein würde; wenn aber diefes erfolgt fei, fo habe man, von ihm nichts weiter zu fürchten, und man würde dann dahin gekommen fein, ohne Verbannungen und ohne Blutvergier fen die Freiheit wiedererlangt zu haben, welches jeder ‚gute Bürger wünfhen müßte; wenn man aber der Gewalt fich zu bedienen. fuchte, jo koͤnne man in vielfache Gefahren gerathen, denn mancher laffe einen Menfchen, der. von jelbft fälle, fürgen, den. er, wenn andere ihn ‚zu ſtuͤrzen fuchen, Zweiter Theil, M — 178 —ñi Jahr unterſtuͤze. Ueberdies würde er, wenn man nichts außerorz * dentliches gegen ihn unternehme, keine Veranlaſſung haben, ſich zu bewaffnen, und Freunde zu ſuchen; thaͤte er es aber, fo wuͤrde er fo'großen Vorwurf auf ſich laden, und bei jez dermann fo großen Verdacht erwecken, daß er feinen eignen Untergang um fo viel leichter machen, und den anderen des fto beffere Gelegenheit zu feiner Unterdrückung geben würde, Dielen andern aus der Verfammlung gefiel diefer langwieri— ge Weg nicht; fie behaupteten, die Zeit werde ihn und nicht fie begänftigen, denn wenn fie mit der gewöhnlichen Ein: richtung zufrieden fein wollten, fo würde Peter nicht die geringfte Gefahr dabei laufen, fie aber fehr viele; denn in diefem Falle würden diejenigen Obrigkeiten, die feine Feinde wären, ihn mwenigftens den Aufenthalt und die echte der Stadt genießen laffen, diejenigen aber, die ihm freund wär ten, würden ihn zum Verderben der Verſchworenen, wie im Jahr 1458 gefchehen fei, zum DOberheren machen. Wenn alfo jener der Rath guter Menfchen fei, fo wäre diefer der Rath weifer Männer. Man muͤſſe daher, fo lange die Menfchen noch gegen ihn aufgebracht wären, ihn unterdrüfz fen. Die Art, dies zu bewirken, fei folgende: Junerhalb müffe man fich bewaffnen, außerhalb den Markgrafen von Ferrara in Sold nehmen, um nicht unbewehrt zu bleiben, and um, wenn das Loos eine ihnen günftige Signoria gäbe, bereit zu fein, ſich derfelben zu verfihern. "Sie blieben demnach bei dem Entfchluffe ftehen, die neue Signoria ab- zumwarten, und fi dann derfelben gemäß zu verhalten, Unter den Verſchworenen befand fih ein gemwiffer Ser Ni: folaus Fedini, welcher bei ihnen die Gefchäfte eines Kanz— lers verrichtete. Diefer, von einer gewifferen Hoffnung an- gelockt, entdeckte Petern alle von feinen Feinden gepflogene Unterhandlungen, und brachte ihm die Lifte der Verſchwore⸗ nen und der Unterſchriebenen. Peter wurde beſtuͤrzt, da er die Anzahl und den Stand der Bürger: fah, die ihm en zuwider waren, und nachdem er fich mit feinen Freunden beraz then hatte, beichloß er, ebenfalls die Unterſchriften ſeiner An⸗ haͤnger zu ſammeln; die: Beſorgung dieſes Geſchaͤftes übers ließ er einem feiner Vertrauteſten, und fand dabei ſo groß ſen Wankelmuth und ſolche Veraͤnderlichkeit in den Geſin— nungen der Buͤrger, daß viele von denen, die ſich gegen ihn unterſchrieben hatten, auch wieder zu Gunſten ſeiner unter⸗ fihrieben. Während alfo diefe Vorfälle: —— mit — ee kam die” Zeit, daß die hoͤchſte Obrigkeit erneuert ward, wobei Nikolaus Soderini die. Würde des Gonfalpiiere der Gerechtigkeit erhielt. Es war ein bewundernswerther Anz blick ‘den erftaunlichen Zulauf zu ſehen, nicht blos von geehrten Bürgern, fondern vom ganzen Volke, das ‚ihn nach dem Pallaft begleitete; und auf. dem: Wege ward ihm ein Kranz von Delzweigen aufs Haupt gefezt, um zu zeigen, dag von ihm: das Heil und die Freiheit des Vaterlandes ab— bange. Aus diefer Erfahrung, wie aus ſo vielen andern kann man erkennen, daR es gar nicht wünfchensiwereh ff ein Amt oder eine Regierung mit einem außerordentlichen Ruf anzutreten; denn da man dieſem durch Thaten nicht gleichkommen kann, ‚weil die Menfchen immer mehr ‚vers langen als fie erlangen koͤnnen, fo entſteht Daraus mit-der Zeit immer Unehre und Schimpf, Meſſer Thomas Soderint und. Nifolaus waren Brüder. Nikolaus war wilder und hef— tiger, Meſſer Thomas verftändiger. Diefer, weil er viel Sreundfchaft für Peter hatte, und die Gemüthsart feines Bruders Fannte, auch wußte, daß diejer einzig die Freiheit der Stadt und die Befeftigung, der Negierung ohne irgend jemand dabei weh zu thun, wünjchte, ermahnte ihn eine neue Amtswahl zu veranftalten, vermöge welcher die Wahl⸗ beutel mit den Namen ſolcher Buͤrger angefuͤllt wuͤrden, M 2 146 — 180 — Jahr welche eine freie Verfaſſung liebten ; denn dadurch werde er N fehen, daß die Negierung nach feinem Wunfche, ohne Un; ruhe, und ohne Irgend jemand dabei unrecht zu thun, befe: ſtigt und gefichere werden wuͤrde. Nikolaus traute den Rathſchlaͤgen feines Bruders leicht, und ließ unter diefen - eitlen Gedanken die Zeit feines Amtes verftreihen; auch lies Ben feine Freunde, die Häupter der Verfchworenen, dies zu, weil fie aus Neid nicht wünfchten, daß. die Regierung durch das Anfehen des Mifolaus erneuert werde, und der Meis nung waren, daß unter einem anderen Gonfaloniere es im: mer noch Zeit fein werde, dasfelbe zu bemwirfen. Das Ende . feiner Amtsverwaltung fam aljo heran, und Nikolaus der viele Dinge angefangen und feines vollendet hatte, verließ feine Stelle mit größerer Unehre, als feine Ehre beim An— tritt derfelben gewefen war. Diefes Beifpiel verftärkte Peters Partheiz feine Freunde befeftigten 'fih mehr in der Hoffnung; und die neutralen fchloffen fih an ihn an. Da aljo die Sachen wieder ins Gleichgewicht gebracht waren, fo zogen fie ſich ohne weitere Unruhe mehrere Monste hin, Doch fammelte Peters Par: thei immer mehr Kräfte, fo daß die Feinde dadurd angeregt wurden, ſich fefter aneinander anzufchließen, und darauf dach— ten, dasjenige was fie vermittelft der DObrigfeiten und auf eine leichte Art nicht hatten zu Stande bringen wollen oder £önnen, jezt durch Gewalt zu erzwingen. Cie befchloffen daher, Petern, der fich Frank zu Careggi befand, ermorden zu Taffen; zu diefem Ende den Markgrafen von Ferrara mit feinen Truppen gegen die Stadt fommen zu laſſen; nad Deters Tode bewaffnet auf den Plaz zu fommen, und zu bewirken, daß die Signoria eine Regierung nach ihrem Wil fen einvichtete; denn obſchon diefelbe nicht ganz aus ihren Freunden beftand, fo bofften fie doch die entgegengeſezte Parthei durch Furcht zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Meſſer — 181 — — Diotifalvi, um feine Sefinnung defto beffer zu verbergen, Jahr ‚befuchte Petern häufig, fprah ihm von der Einigmahung 2 der Stadt und gab ihm Rathſchlaͤge. Alle diefe Nänke aber ‚waren Petern entdeckt worden, ja überdies noch hatte ihn Meſſer Dominikus Martelli unterrichtet, daß Franz Neroni, ein Bruder von Meffer Diotifalvi, ihn aufgefordert hatte, auf ihre Seite zu treten, indem er ihm den Sieg als gewiß und die Gegenparthei als unterdrüdt ‚gezeigt: Peter be— ſchloß alfo, der erfte, zu fein, der. die Waffen. ergriffe, und nahm die Gelegenheit dazu. von den Unterhandlungen ber, welche feine Gegner mit dem Markgrafen von. Ferrara ge pflogen hatten. Er erdichtete demnach, daß ev einen Brief von Meffer Johann Bentivogli, Fürften von Bologna, empfan: gen habe, welcher ihm melde, daß der Markgraf von Ferrara ſich ‚mit Truppen an dem Fluffe Albo befände, und daß diefe öffentlich fagten, fie gingen nach Florenz. Auf diefe Nachricht alſo griff Pe— ter zu den Waffen und kam umgeben von einer großen Menge von Bewaffneten nach) Florenz, worauf ſich dann auch. alle diejenigen, die zu feiner Parthei gehörten, ruͤſteten. Die Gegenparthei that dasjelbe, doch die des Peter mit. guößerer "Drdnung, weil fie vorbereitet waren, die anderen ‚aber waren noch nicht ihren Zwecken gemäß in Ordnung. Meſſer Diotifalvi, der fein Haus neben dem. des Peter ‚hatte, hielt ſich in demjel- ben nicht für ſicher, ſondern ging bald in den Pallaft um die Signoria zu ermahnen, daß fie Peter zum Niederlegen der Waffen vermögen möchte, bald zu Meffer Lukas um ihn feft in ihrer Parthei zu erhalten. Lebhafter als alle andere aber zeigten fich Nikolaus Soderini, welcher die Waffen ergriff und faſt von dem ganzen Pöbel feines Viertels begleitet, ward; ‚er ging zu Meſſer Lukas Pitti ins Haus und bat ihn, daß er zu Pferde fteigen und: auf den Plaz kommen möchte, um. der Signoria huͤlfreich zu. fein, die auf ihrer Seite ſei; dort würden, fie ohne Zweifel den Sieg davon fragen, er. möchte ⸗ — 10 — Jahr alſo nicht in feinem Hauſe bleiben, um nicht entweder von * 66. yon bewaffneten Feinden ſchimpflich unterdruͤckt, oder von den unbewaffneten ſchaͤndlich betrogen zu werden. Es werde eine Zeit kommen, "wo er bereuen werde, nicht gethan zu haben, was dann zu thun zu ſpaͤt fein werde, und wein er den Untergang Peters durch Krieg wolle, fo fönne er denfelben leicht bewirken; wolle er aber Frieden, fo fei es viel -beffer, wenn "man im Stande ſei, die Bedingungen dazu zu geben) als anzunehmen. Doc diefe Worte bewo— gen Meffer Lukas nicht, denn er" hatte) feinen Entſchluß ſchon gefaßt und war von Perer durch Verfprechung ‘ neuer Eheſtiftungen und durch andere Bedingungen abgewandt worden; denn man hatte mit Johann Tornabuoni eine ſei— ner Enkelinnen verſprochen, fo daß er jezt Nikolaus zure— dete, die Waffen niederzulegen und wieder nach Hauſe zu gehen; denn das muͤſſe ihm genug ſein, wenn die Stadt von den Obligkeiten regiert werde, und dieſes werde auch geſchehen; die Waffen werde jeder niederlegen, und die! Si— gnoren, von denen die meiſten zu ihrer Parthei gehörten, wuͤrden Richter ihrer Streitigkeiten fein. Da. alſo Nikolaus ihn zu nichts anderem bewegen konnte, ſo kehrte er nach Haufe zuruͤck, indem er ihm ſagte: ich allein kann das Wohl ‚meiner Baterftadt nicht bewirken, wohl aber kann id) das Uebel ihr vorherverkuͤnden. Dieſer Entſchluß, den du ge— faßt haſt wird unſerem Vaterlande ſeine Freiheit koſten, dir die Reglerung, das ——— mir, und den — ihr Vaterland. = ze Die Signoria hatte äh * — den Pellaſt verſchloſſen, und ſich mit ihren anderem Amtsgenoſſen verei⸗ nigt, indem ſie Feiner der Pattheien ſich guͤnſtig zeigte. Die’ Bürger, beſonders diejenigen, die zur Parthei vun Meſſer Lukas Pitti gehoͤrt hatten, da fie Peter bewaffnet und ſeine Feinde entwaffnet ſahen, fingen an, darauf zu — 185 — denken, nicht wie ſie Peter angreifen, ſondern wie ſie ſeine Jahr Freunde werden möchten. Die vornehmſten Bürger alſo, welche, Häupter der Partheien waren, verfammelten fich in Segenwart der Signoria im Pallaft, wobei, fie, vieles über den Zuftand der Stadt, vieles über die Verſoͤhnung ihrer Dürger Sprachen. Und weil Peter wegen feiner. Schwaͤch— lichkeit; nicht dabei zugegen fein. Eonnte, fo.befchloffen fie alle einffimmig;. nach feinem» Haufe zu gehen, ausgenommen Nikolaus: Soderini; viefer befahl feine Söhne und. fein Haus der VBorforge von Mefler Thomas an, und ging auf fein Landgut, um dort das: Ende der Sache abzumarten, welches feiner Meinung nad, unglücklich für ihn, und vers derblich für fein Vaterland ‚ausfallen müßte. Da alſo die andern Buͤrger bei Peter angekommen waren, fo Elagte dev jenige, dem es aufgetragen worden, das Wort zu führen, über: die in der Stadt entfiandenen Unruhen, indem er zeigte, daß hiervon derjenige. die größte Schuld trage, der zuerſt die Waffen ergriffen babe; da fie nun nicht müßten, was- Peter, welchen der erſte gewefen ſei, fie zu ergreifen, verlange 5. fo wären fie gekommen, um feinen Willen zu ver: nehmen, und wenn derſelbe mit dem Wohl der Stadt ver: einbar fei, ihn zu befolgen. Auf: diefe Worte erwiederte Meter: nicht derjenige der zuerſt die Waffen ergreife, fei Schuld an den Unruhen, ſondern derjenige, welcher zuerft die Veranlaffung gebe, fie zu ‚ergreifen; wenn ſie mehr bedenken wollten, welches ihr Betragen gegen ihn ger weſen fei, jo würden fie fich weniger über dasjenige wundern, was er zu feiner eigenen Rettung gethan habe; denn alsdann ‚würden fie fehen, daß die nächtlichen Verſammlungen, die ge⸗ ſammelten Unterſchriften, die Kunſtgriffe, um ihm ſeine Ba: terſtadt und ſein Leben zu rauben, ihn veranlaßt haͤtten, ſich zu bewaffnen; daß aber dieſe Waffen nicht von ſeinem Hauſe ausgegangen waͤren, dies ſei ein deutlicher Beweis ſeiner Ab⸗ — 184 — Jahr ſicht, daß er zu feiner Vertheidigung, nicht zum Angriff anz 2400. derer fie ergriffen habe, Er wuͤnſche nichts anderes und fordere auch nichts anderes, als Sicherheit und Ruhe für ſich; auch habe er niemals einen andern Wunfch zu erken— nen gegeben; denn da die Macht der Hauptverfammlung aufgehört, fo habe er niemals auf irgend ein außerordent: liches Mittel gedacht, um fie ihr wiederzugeben, und wäre fehr gern zufrieden, daß die Obrigkeiten die Stadt regierten wenn nür fie damit zufrieden wären. Sie follten nur ein gedenf fein, daß Kosmus und feine Söhne mit der. Haupk: verlammlung fowohl, als ohne fie mit Ehren in Florenz zu leben wuͤßten, und daß im Jahr acht und funfzig nicht fein Haus, fondern fie diefelbe wieder genommen hätten. Selbſt jezo, wenn fie foiche nicht verlangten, fo verlange auch er fie nicht; doch diefes werde ihnen nicht genügen, denn er Habe gefehen, daß fie glaubten, nicht in Florenz bleiben zu fünnen, fo lange er da bleibe, Eine Sache die er niemals hätte denken, gefchweige denn glauben: Einem, daß die Freunde feines Vaters und die Seinigen nicht mit ihm zur gleich in Flovenz leben zu koͤnnen glaubten, da er doch nie fih anders gezeigt habe, wie als einen ruhigen und friedlie benden Mann. Darauf wandte er feine Nede an Meffer Diotifalvi und an deffen Söhne, die gegenwärtig waren, und warf ihhen in’ ernften und hoͤchſt unwilligen Worten die Wohlthaten die fie von: Kosmus erhalten, das Ver— trauen, daß er im fie gefezt, und ihre große Undankbarkeit vor; und feine Worte waren fo voll Kraft, daß einige Ger genwaͤrtige dergeftalt davon beivegt wurden, daß fie jene, wenn Peter ſie nicht abgehalten hätte, mit den Waffen mißs handelt haben wirden. Endlich ſchloß Peter damit, daß er alfes billigen werde, was fie und die Signoria 'befchliegen würden, und daß er fir fich nichts weiter fordere, als ruhig und in Sicherheit zu leben. Hierauf ward von vielen # — 185 — Dingen geſprochen, fuͤr jezt aber noch nichts beſchloſſen, als Jahr nur im Allgemeinen, daß es noͤthig ſei, die Einrichtung der ! Stadt zu verbeflern, und der — ———— eine. andere Geſtalt zu geben. Bernhard Lotti war damals Bönfnlotdere der Gerechs tigkeit, ein Mann in welchen Peter Eein Vertrauen fezte, fo daß er für gut fand, fo lange diefer im Amte fei, Eeinen Verſuch zu machen; worauf ihm, da jener ſchon nahe am Ende feiner Verwaltung war, nicht viel anzufommen fchien. Als es aber zur Wahl der Signoren Fam, die in den Mo; naten September und Oktober fizen,. fo ward im Jahr 3466 Robert Lioni zur hoͤchſten obrigkeitlichen Würde erwaͤhlt, welcher fogleich, wie ‚er fein Amt angetreten hatte, da alles andere fchon vorbereitet war, das Volk auf den Plaz berief, und. eine neue Hauptverfammlung: errichtete, die ganz aus den Anhängern Peters beftand, und dieſe ernannte bald darauf die Obrigkeiten nach dem Willen der) neuen Negier ung. Diefe Begebenheit erſchreckte die Haͤupter der feind- lichen Parthei; Meffer Agnolo Aeriajwoli entfloh nach. Ne apel, und Meffer Diotifalvi Neroni und Nikolaus Soderini nach Venedig. Meſſer Lukas Pitti blieb" in Florenz, im Vertrauen auf die Verfprechungen die: ihm ı Peter gemacht und auf die neue Berwandtfchaft. Alle: die, welche entflohen waren, wurden für Nebellen erklärt und die ganze Familie der Neroni zerſtreut. Meffer Johann won Nerone, damals 'Erzbifchof von Florenz erwählte, um größerem Webel zu ‚entgehen, ein freiwilliges Ertl zu Nom, Viele andere Buͤrger, die fogleich abreiften, wurden: nach verfchiedenen Drten Hin verbannt. Allein: auch dieſes reichte noch nicht hin, fondern es ward eine Prozeflion veranftaltet, um Gott für die ‚, Erhaltung ‚des Staats zu danken; bei dieſer Seier aber wurden einige Bürger ergriffen und'gefoltert, won. de; nen dann einige 'gefödtet, andere verbannt wurden tel [2 — 186 — * dieſem großen Wechſel der Dinge aber war kein Beiſpiel ſo — ausgezeichnet, als das von Meſſer Lukas Pitti; denn an dieſem erkannte man ſogleich den Unterſchied zwiſchen Sieg und Niederlage, zwiſchen Schande und Ehre. In ſeinem Hauſe enſtand die groͤßte Einſamkeit, wo er vorher die haͤufigen Beſuche fo vieler Bürger angenommen hatte. Auf der Straße fuͤrchteten ſich ſeine Freunde und Verwandte, nicht blos ihn zu begleiten, nein auch nur zu gruͤßen; denn einem Theil von ihnen waren die Ehrenſtellen, anderen das Eigenthum genommen, und alle waren auf gleiche Weiſe bedroht worden: Die herrlichen Gebaͤude, die er angefangen, wurden von den Baumeiſtern verlaſſen. Die Wohlthaten, welche man ihm vorhin erzeigt hatte, verwandelten ſich in Beleidigung, die Ehrenbezeugungen in Schmaͤhungen. Dar ber denn viele von denen, die ihm aus Gunſt irgend ein Gefchent von großem Werth gemacht hatten, dasſelbe als eitie blos gelicherre Sache zuräckforderten, und viele andere, deren Lob ihn bis zum Himmel zuserheben pflegte, als einen Undanfbaren und Gewaltthätigen ihn tadelten. Es reute ihn num zu fpät,. daß er dem Nikolaus Soderini nicht ger folge, und geſucht ‚hatte, lieber „mit den Waffen in ‚der Hand mit Ehren zu ſterben, "als unter * — * 5 ER br Heben. ni, A — waren, begannen nun unter ſich auf mancherlei Mittel zu denken, um die Stadt wieder zu gewinnen, die fie fich zu erhalten nicht verftanden hatten. Meffer Agnolo Aceiajuoli jedoch, der fid) zu Neapel befand, wollte zuvor, ehe er etwas neues zu beginnen fuchte, Pe: ters Gefinnung erforfhen, um zu ſehen, ob es ihm gelin: gen möchte, fich mit ihm zu verſoͤhnen, und fehrieb ihm ei— nen Brief folnenden Inhalts: Ich lache der Spiele des "Slüds, und wie es nach feiner Willkuͤhr Freunde zu — 187 — Feinden, Feinde zu Freunden macht. Du kannſt dich erin⸗ Jahr nern, wie ich bei der Verbannung deines Vaters, dieſe Un— gerechtigkeit hoͤher achtend, als meine eigne Gefahr, dadurch mein Vaterland, und faſt mein Leben verlor; auch habe ich nie, fo lange ich mit Kosmus lebte, euer Haus zu ehren und zu begünftigen aufgehört, noch habe ich mach feinem Zode ‚die Abſicht gehabt, dich zu beleidigen. Wahr ift es, daß deine ſchwache Geſundheit, und das zarte Alter deiner Söhne mich fo beſorgt machten, daß ich es für nöthig: hielt, der Negierung eine Solche Einrichtung zu geben, daß nach deinem’ Tode das Vaterland nihe zu Grunde gehen möchte. Dies war die Veranlaffung zu dem was nicht gegen dich, fondern zum Wohl: meines Baterlandes gefchehen iſt; und wenn dies "auch. ein Irrthum geweſen iſt, fo verdient es durch ‚meine gute Abſicht und durch meine vergangenen Handlungen verwiſcht zu werden Auch kann dich nicht glauben, da dein Haus bei mir ſo lange Zeit hindurch ſo große Treue gefunden hat, daß ich bei dir nicht Mitleid fit: den follte, und daß meine fo. vielfachen Verdienſte durch ei⸗ nen einzigen Fehler ſollten aufgehoben fein: Da Peter vie: fen Brief empfangen hatte, antwortete er ihm folgenderma⸗ ‚Ken: Daß du dort lachſt, macht, daß ich nicht weine; denn wenn du zu. Florenz lachteft, fomurd’ ich zu Neapel: wei: men. Ich geftehe,, dag du gegen meinen Bater gutgeſinnt geweſen bift und du geftehft,. daß du gutes von ihm em—⸗ fangen haft, ſo daß deine Verbindlichkeit um fo .viel die unſrige uͤberſteigt als Thaten höher geachtet werden muͤſſen wie Worte. Da dw alſo für dein Wohlwollen belohnt wor: wen biſt, ſo darfſt du auch dich jeze nicht wundern, ‚dag. du für dein Uebelwollen den gerechten Lohn davon. trägft. Auch kann die VBaterlandsliebe dich nicht entichuldigen, denn nie: ‚mals wird. jemandı glauben, ’ daß dieſe Stadt weniger von ‘den: Mediei geliebt und vergrößert wordenfety als von den — 188 — * Aeciajuolt. Lebe denn alſo dort mit Schimpf, da du m 9 mie Ehren zu leben nicht verftanden haft. ' Da alfo Meffer Agnolo verzweifelte, Verzeihung zu ers langen, fo fam er nah Rom, und verband fich mit dem Erzbifhof und anderen Vertriebenen. Hier bemühten fie fich durch die wirffamften Mittel, die fie anwenden konnten, dem Handlungscomtoir der Medici, das in Nom arbeitete, den Kredit zu entziehen. Hiergegen traf Peter nur mit Mühe Anftalt; indeffen gelang es ihm mit Hülfe feiner Freunde, ihre Abfichten zu vereiteln. Meſſer Diotifalot von der andern Seite und Nikolaus: Soderini: fuchten mit dem größten Eifer den Benezianifchen Staat gegen ihr Baterland aufzuregen, in der Meinung, daß die Slorentiner, wenn fie durch einen neuen Krieg angegriffen würden, demfelben, weil ihre Res gierung neu und gehaßt war, nicht würden widerftehen Eönnen, In Ferrara befand ſich damals Johann Franz ein Sohn von Meſſer Pala Strozzi, welcher bei der Ummälzung vom Jahr 1434 mit feinem Vater: aus Florenz: vertrieben wors den war. Diefer hatte fehr großen Kredit und wurde nach der Meinung der: andern Kaufleute für fehr reich geachtet. Diefe neuen Rebellen zeigten alfo dem Johann Franz die Leichtigkeit, den Aufenthalt in feiner WBaterfiadt wieder zu serlangen, wenn die Venezianer den Krieg: gegen dasfelbe unternähmen. Auch: glaubten fie leicht, daß diefe es thun würden, wenn man einen Theil der Köften dazu beitragen ‘könnte, fonft aber. zweifelten fie daran. «Sjohann Franz, der fih für die erlittenen Beleidigungen > zu rächen wuͤnſchte, folgte gern den Nathichlägen der Vertriebenen, und ver fprach, mit. allen feinen Mitteln zu diefer Unternehmung mitzumwürfen. Sene gingen demzufolge zum Doge und-bes flagten ſich bei diefem über ihre Verbannung, welche fie durch kein anderes Vergehen verwirkt zu haben behaupteten, als weil fie verlangt hätten, daß ihr Vaterland nach feinen Bug 189 — — Geſezen verwaltet, und daß die Obrigkeiten, nicht aber ei: Jahre nige wenige Bürger geehrt werden follten; deshalb habe 2406, Peter von Medici und feine Übrigen Anhänger, die ein ty: rannifches Leben zu führen gewohnt wären, mit Betrug die - Waffen ergriffen, mit Betrug fie zum Niederlegen derfelben gezwungen, und mit Betrug fie aus ihrem Vaterlande vers jagt; aber auch damit noch nicht zufrieden, haben fie Gott als einen Mäkler gebraucht, um noch viele andere zu unters drücden, die im Vertrauen auf das gegebene Wort in der Stadt geblieben wären; und mitten unter den öffentlichen und heiligen Ceremonien und dem feierlichen Gottesdienfte, haben fie, damit auch Gott felbft an ihren DBerräthereien Sheil nehmen müßte, mehrere Bürger eingeferfert und er— mordet: ein gottlofes und verdammungswertbes Beiſpiel. Um dafuͤr nun Rache zu finden, wuͤßten ſie nicht, bei wem ſie mit mehrerer Hoffnung Huͤlfe ſuchen ſollten, als bei ih— rem Senat, der, weil er einer ſteten Freiheit genoſſen habe, Mitleid haben muͤßte mit denen, welche die ihrige verloren haͤtten. Sie wollten alſo die freien Menſchen aufregen ge— gen die Tyrannen, die Frommen gegen die Gottloſen; auch ſollten ſie ſich nur erinnern, daß die Familie der Mediei ih— nen die Herrſchaft der Lombardei entzogen habe, da Kos: mus gegen den Willen der anderen Bürger den Herzog Franz gegen ihren Senat begünftigt und unterftüzt habe; daß alfo wenn die gerechte Sache der Vertriebenen fie nicht bewege, der gerechte Wunſch fich zu rächen fie bewegen müffe. Diefe lezten Worte wirkten mächtig auf den ganzen 1467: Senat und fie befchloffen, dag Bartholomäus Colione, ihr Seldherr, das Gebiet der Florentiner angreifen follte. Das Heer verfammelte fih fo gefhwind als möglih, und mit demfelben vereinigte ſich Herkules von Efte welcher von Borſo Markgrafen von Ferrara abgeſandt wurde. Dieſe — 190 — Jahr perbrannten beim erſten Angriff, da die. Florentiner noch 14 nicht geräftet waren, den Flecken Dovadola, und verur— fahhten einigen Schaden in dem umliegenden Lande, Die Florventiner aber hatten, nachdem die Parthei der Feinde Peters.verjagt war, mit Galeazzo, Herzog von Mailand, ‚und dem Könige Ferdinand ein neues Bündnig gefchloffen, und als Feldheren Friedrich Grafen von Urbino in Sold genommen, fo daß fie, mit ihren Freunden in Ordnung, der Feinde weniger achteten. Ferdinand nehmlich ſandte feinen älteften Sohn Alphons, und Galeazzo Fam in Per; fon, beide mit hinlängliher Macht; und fie ftellten ihre fammtlichen Truppen bei Caftracaro auf, einem Kaftell der Slorentiner, am Fuß der Alpen, die fih von Tosfana nad) Romagna hinab fenfen, Die Feinde hatten fich indeflen gegen Imola zurückgezogen, und fo erfolgten zwifchen bei: den Heeren, nach der Gewohnheit jener Zeiten, einige unbe: deutende Gefechte; weder ein Theil noch der andere berennte_ oder belagerte einen Plaz; auch gab man dem Feinde feine Gelegenheit eine Schlacht zu fiefern, fondern jeder betrug fih in feinen Zelten bleibend mie bewundernswerther Feigheit- Diefes verdroß die Florentiner, da fie fahen, daß fie von einem Kriege gedrückt wurden, der ihnen viel Koſten und wenig Hoffnung machte; daher beklagten fich die. Obrig— Veiten bei den Bürgern, die fie als Kommiffarien bei diefem Feldzuge abgeordnet hatten. Diefe antworteten, an allem diefen fei der Herzog Galeazzo ſchuld, der weil ‚er viel - Macht und wenig Erfahrung hätte, weder felbft nüzliche Maaßregeln zu ergreifen verftände, noch auch denjenigen Glauben beimäße, die es verftänden; es fei ‚daher unmögz li, fo lange diefer bei dem Heer bliebe, irgend eine taps fere oder nüzlihe That auszuführen. Die Slorentiner gaben alfo dem Herzoge zu verftehen, daß zu ihrem Nuzen es ſchon hinreiche, daß er perfünlich. ihnen zu Huͤlfe ger £ommen jei, denn: fein Anfehen allein ſei ſchon genug un Jarh die Feinde in Schreden zu ſezen; doch fchäzten fie fein un” —* ſeiner Staaten Wohl viel hoͤher, als ihren eignen Nuzen; denn wenn jenes in Sicherheit ſei, ſo hofften ſie auch fuͤr alles andere einen guͤnſtigen Ausgang; ſobald aber dasſelbe leide, ſo fuͤrchteten ſie alle moͤgliche Widerwaͤrtigkeiten. Sie hielten es alſo nicht fuͤr allzu ſicher, daß er zu lange Zeit von Mailand abweſend ſei; denn da er in der Regie— rung noch neu, und feine Nachbarn ſtark und verdaͤchtig waͤren, ſo koͤnnte leicht jemand, der etwa Anſchlaͤge gegen ihn gefaßt haͤtte, dieſelben ausfuͤhren; ſie riethen ihm daher in ſeine Staaten zuruͤckzukehren, und einen Theil ſeiner Truppen zu ihrer Vertheidigung zuruͤckzulaſſen. Galeazzo fand Gefallen an dieſem Rath und daher kehrte er ohne weiteres Beſinnen nach Mailand zuruͤck. Da alſo die Florentiniſchen Feldherren von dieſem Hinderniß befreit waren, ſo wollten ſie zeigen, daß die Urſach, die ſie von ihren langſamen Fortſchritten angegeben hatten, gegruͤndet ſei, und ruͤckten naͤher auf den Feind los; daher es denn zu einer regelmaͤßigen Schlacht kam, welche einen halben Tag dauerte, ohne daß ein Theil wich. Dennoch kam dabei nie— mand ums Leben; blos einige Pferde wurden verwundet, und von beiden Seiten einige Gefangene gemacht. Jezt war der Winter, und die Zeit, wo die Heere ihre Quarz tiere zu beziehen gewohnt find, bereits eingebrochen; wes— Halb Meffer Bartholomäus fich gegen Ravenna, die Florenz tinifhen Truppen nah Toskana zuruͤckzogen; die bes Königs aber, und des Herzogs gingen jede in ihres Herrn Staaten zurück, Da aber durch diefen Angriff auch nicht die geringfte Bewegung in Florenz entflanden war, wie die Slorentinifhen Rebellen verfprohen hatten, und für die gemietheten Truppen der Sold fehlte, fo ward ein Berr glei vorgeichlagen, und nad). wenigen Unterhandlungen Zahr gefchlofen. Die Florentinishen Vertriebenen zogen alfe, 1408: ler Hoffnung beraubt, nach verjchiedenen- Gegenden ab. Meffer Diotifalvi begab fih nach Ferrara, wofelbft er von dem Markgrafen Borfo aufgenommen wnd: unterhalten ward. Nikolaus Soderini ging nach Ravenna, wo er bei einem Fleinen Gnadengelde, welches die VBenezianer ihm veichten, alt ward und ſtarb. Diefen hielt man fiir einen vechtlihen und muthigen Mann, aber fuͤr ſchwankend und langfam im Entſchluß. Daher fam es, daß er als Gonfas-- loniere der Gerechtigkeit die Gelegenheit zum Siegen verlor, die er nachher als Privatmann wieder zu ergreifen firebte aber nicht vermochte. Nach erfolgtem Frieden fehien es den Buͤrgern, die in Florenz die Oberhand behalten hatten, als hätten fie noch nicht gefiegt, wenn fie nicht mit jeder möglichen Beleidi— gung, nicht blos die Feinde ihrer Parthei, fondern auch die ihr verdächtigen gekraͤnkt hätten; daher fie es bei Bardo Altovidi, dem damaligen Gonfaloniere der Gerechtigkeit dahin brachten, dag von neuem’ viele Bürger: der Aemter beraubt, viele andere. aus der Stadt verjagt : wurden, Diefe Maafregeln vermehrten ihre Macht und das Schref: fen der Andern. Die erlangte Made übten fie ohne die mindefte Nücficht aus, und betrugen fich fo, daß es fchien, als wenn Gott und das Schickſal ihnen diefe Stadt zum Raube gegeben hätte. Won diefen Dingen erfuhr Peter nur ſehr wenige, und diefen wenigen Eonnte er wegen jeis ner Kränklichfeit nicht abhelfen; denn er war dermaßen gelähmt, daß er fein. anderes Glied als die Zunge brauchen £onnte. Er konnte alſo Feine andere Hülfsmittel anwen— den, als daß er fie ermahnte und bat, daß fie auf einen bürgerlichen Fuß leben und ihre Baterftadt als einer unvers fezten genießen möchten, und nicht als einer zerftörten. Und um die Stadt zu .erheitern befchloß er, die Hochzeit feines Sohnes Lorenz, mit welchem er Klaviffa aus dem Hauſe Jahr Drfino verbunden hatte, auf das glaͤnzendſte zu feiern, * Diefe Hochzeit ward mit demjenigen Prunk der Zurüftuns gen, und mit aller möglichen Pracht. gefeiert, die für einen folhen Mann erforderlich. war. Mehrere Tage, wurden da: bei mit neu erfundenen Bällen, Gaftmälern, und Vorſtel— lungen aus dem Alterthum zugebracht: und hierzu kamen noch um die Größe des Hauſes Medici und des Staates zu zeigen, zwei Kriegsſchauſpiele; das eine, von Menfchen zu Pferde ausgeführt, ftellte eine Feldfchlacht, „das andere die Eroberung einer Feftung dar; und alles ward mit foviel Ordnung eingerichtet und mit foviel Kunft ausgeführt, als nur möglich war *). Während dieje Begebenheiten zu Florenz ftatt fanz den, berrfchte in den übrigen : Theilen von -Sstalien die Ruhe, jedoch mit großer Beſorgniß ‚vor der Macht des Türken, der feine Unternehmungen zur Bekämpfung der Chriften fortfezte, und Negroponte zur guößten Befchims pfung und Bejhädigung des Chriftlihen Namens erobert hatte. In diefen Zeiten ftarb Borfo, Markgraf von Fer vara, und ihm.folgte. fein. Bruder Herkules, Auch ftarb Sigismund von Rimini, der flete Feind. der; Kirche, und feinen’ Staat erbte, fein ‚natürlicher Sohn Ludwig, welcher fih) nachher unter, den Feldherrn Staliens „im Kriege aus; zeichnete. Ferner ſtarb der Pabſt Paul, und zu ‚feinem Nachfolger, ward erwaͤhlt Sirtus dev; Vierte, vorher Franz von, Savona „genannt, ein. Mann von jehr. niedriger Herz kunft, der aber durch feine, Verdienſte General des Franzis; kanerordens, und hernach Kardinal geworden war. Dieſer war der erfte, welcher, zeigte, wası ein Pabſt vermag, und wie fo *). Dierin diefem Paragraphen erzählten Begebenheiten find in dem Zeitraum nom Jahre 1468 ‚bis 1471 erfolgt. . Zweiter Theil, a. — 194 m Zahrvtele Dinge, die unſere Vorfahren Bergehungen nannten 2468 ter dem Päbftlichen Anfehn verdeckt bleiben koͤnnen. Uns ter feiner Familie waren Peter und Hieronymus ‚ die nach der allgemeinen- Meinung feine Söhne waren, die er aber unter andern anftändigeren Namen darftellte. Den Peter, der ein Geiftliher war, hob er bis zur Kardinalswürde des Drdens von St. Sirtus. Dem Hieronymus gab er die Stadt Furli, und entriß diefelbe dem Anton Drdelafft, def: fen Voreltern lange Zeit Fürften diefer Stadt gemwefen wa— ven. Diefes ehrfüchtige Verfahren verfchaffte ihn mehr Ehe: furche bei den Fürften Sstaliens, und jedermann bemühte fich um feine Freundfchaftz daher gab der Herzog von Mailand dem Hieronymus feine natürliche Tochter Catharina zur Gattin, und als Mitgabe derfelben die Stade Imola, die er dem Thaddäus von Alidofi geraubt hatte, Zwifchen dies _ fem Herzoge und dem Könige Ferdinand ward ebenfalls ei— ne neue VBerwandtfchaft geftiftet, es ward nehmlich Elifaberh die Tochter des aͤlteſten Eöniglihen Prinzen Alphons mit Sohann Galeazzo, des Herzogs Sohne verbunden. 1469. Sstalien genoß alſo einer vollfommenen Ruhe, und die vornehmfte Sorge der damaligen Fürften war die, einander behülflich zu fein und durd) Verwandtfchaften, neue Freund- fchaften und Buͤndniſſe fich einer des anderen zu verfichern, Dennoch ward mitten in diefem vollfommenen Frieden Flo: renz von feinen Bürgern Außerft gedrüft, und Peter konnte fih, von feiner Krankheit gehindert, ihrem Uebermuth wicht wiederſezen. Um jedoch fein Gewiſſen zu befreien, und zu verſuchen, ob er fie zur Schaam bewegen koͤnnte, berief er fie alfe in fein Haus und ſprach zu ihnen in folgendem Sinne: Niemals hätte ich geglaubt, daß eine Zeit: fommen Eönnte, wo das Betragen meiner- Freunde mich bewegen würde, meine Feinde zu lieben und herbei zu wuͤnſchen; und der Steg, daß ich zu unterliegeh wuͤnſchte: denn ich > — 395, — glaubte, mit Leuten gejelfe zu fein, die in Ihren Begierden Jahr Maaß und Ziel hätten, und denen es genügen würde, in 46. ihrem Vaterlande ſicher und geehrt zu leben, und was noch mehr iſt, geraͤcht an ihren Feinden. Allein jezt erkenne ich wie ich mich groͤblich betrogen habe, indem ich nur wenig den natuͤrlichen Ehrgeiz aller Menſchen, und noch weniger den eurigen gekannt habe; denn euch iſt es noch nicht ge— nug, in einer ſo maͤchtigen Stadt die Erſten zu ſein, und diejenigen Ehrenaͤmter, Wuͤrden, und Vortheile unter euch wenige zu theilen, womit ehemals fo viele. Bürger ſich ger ehrt zu fühlen pflegten; euch ift es nicht genug die Güter eurer Feinde unter euch getheilt zu haben; euch ift es nicht genug alle die anderen mit den bürgerlichen Laften zu bedruͤ— den, während ihr felbft davon befreit aller Staatsvortheile genießt; fondern ihr kraͤnkt auch nod) jedermann mit allen erdenflihen Beleidigungen. Ihr beraubt den Nachbar ſei— ner Güter, ihr verkauft die Gerechtigkeit, ihr entflieht den Ausfprüchen des bürgerlichen Rechts, ihr unterdrückt die Sriedfertigen, und erhebt die Unverjchämten. Sch glaube nicht, das es in ganz Italien :fo wiele Beilpiele von Gewalt: thätigfeit und Habfucht gebe, als in viefer Stadt. Darum alfo gab uns unfere Bateritadt das Leben, damit wir. es ihr nehmen follten? Darum gab fie uns den Sieg, damit wir fie zerftören follten? Darum ehrt fie uns, damit wir fie beſchimpfen? Sch verfichere euch bei der Treue die brave Männer geben und nehmen follen, daß wenn ihr. fortfahre euch. fo zu betragen, daß ich es bereuen muß, gefiegt zu ha: ben, auch ich mich auf folche Weife betragen werde, daß ihr bereuen werdet, den Sieg gemißbraucht zu haben. Die Bürger antworteten wie Zeit und Ort es forderten , ließen aber dennoch nicht ab von ihrer fchlimmen Handlungsweiſe. So dag Peter heimlich Meffer Agnolo Acciajuoli nah. Car faggiolo kommen ließ und mit ihm weitläuftig über den Zus Na ii 196 — Jahr ſtand der Stadt ſprach. Man kann auch nicht zweifeln, 2469 ya er wenn nicht der Tod ihn daran gehindert hätte, alle Verbannte wieder in ihr Vaterland eingefezt haben würde, um die Näubereien der Einwohner‘ felbft zu zügeln. Doch diefem feinen fo lobenswerthen Vorhaben miderftrebte der Tod; denn belafter von Eörperlichem Uebel und von den Sorgen feines Gemüths farb er im drei und funfzigften Ssahre feines Alters. Seine Tugend und Güte konnte fein Vaterland nicht ganz kennen lernen, weil er faft bis zum legten Theil feines Lebens von feinem Vater Kosmus begleis tet erfchien; die wenigen Jahre aber, die er nach demfelben lebte, in bürgerlichen Kämpfen und in Krankheit zubrachte. Meter ward in der St. Lorenzfirche nahe bei feinem Vater begraben, und fein Begraͤbniß ward mit derjenigen Pracht veranftaltet, die ein folcher Bürger verdiente. Er hinterließ zwei Söhne, Lorenz und Julian, welche obſchon fie in jedem die Hoffnung erregten, daß fie einft dem Staat hoͤchſt nuͤz⸗ lihe Bürger werden würden, dennoch durch ihre. Sugend große Beſorgniß erweckten. Zu den erfien Bürgern, die an der Regierung von Flo; vonz Theil hatten, gehörte Meffer Thomas Soderini, der ‚allen übrigen bei weiten überlegen war; feine Klugheit und fein Anfehn war nicht in Florenz allein, fondern bei allen Mächten Staliens bekannt. Auf diefen richtete nach Peters Tode die ganze Stadt ihre Blicke; viele Bürger befuchten ihn, gleichfam als das Haupt der Stadt in feinem Haufe, und viele Fürften fchrieben an ihn; er aber, der Elug war, - und fowohl feinen Standpunft, als den jenes Haufes genau fannte, antwortete nicht auf die Briefe der Fürften, und gab den Bürgern zu verfiehen, daß nicht fein Haus, fondern das der Medici befucht werden müßte. Um auch durch die That zu zeigen, was feine Ermahnungen vorfchrieben, ver: fammelte er von allen vornehmen Familien die Häupter in 2 Rn dem Klofter St. Anton, wohin er auch Lorenz und Sultan Jahr von Medici Eommen ließ, und handelte hier. in einer, ernften "+ >" und langen Rede von dem. Zuftande, der Stadt und ganz Staliens, und von der Gefinnung der Fürften; und ſchloß, daß wenn fie wollten, dag in Florenz die Einigkeit herrfche, und daß diefe Stadt in Frieden, und in Sicherheit, ſowohl vor den Unruhen im Innern, als vor den auswärtigen Kriegen erhalten werde, es nöthig fei, diefen jungen Leu: ten Achtung zu erweifen. und das Anfehn. diefes Haufes zu erhalten; denn die Menfchen beklagten fich nie über das, was fie zu thun gewohnt wären; das. Neue aber werde ſchnell ergriffen, und eben fo ſchnell auch wieder verlaffen;, auch fei es immer viel leichter eine Macht aufrecht zu erhalten, die durch die Länge der Zeit den Neid vertilgt habe, als eine neue zu errichten, die aus vielen Urfachen fehr leicht _ wieder geftürze werden Eönnte. Nach Meffer Thomas fprad) Lorenz, und zwar, fo jung er auch war, mit ſo viel Würde und Beſcheidenheit, daß er in jedem die Hoffnung erregte, daß er einft der fein werde, der er wirklich ward. Und ehe fie den Drt verließen, ſchwuren die Bürger, fie als ihre Söhne anzufehen, und jene, fie als Väter zu, betrachten. Da es alfo bei diefem Entſchluſſe blieb, fo. wurden Lorenz und Julian als Fürften des Staats geehrt; fie aber. gingen nicht ab von dem Rath, den Mefler Thomas ihnen er theilte. 4 Es herrſchte alfo im Innern mie außerhalb die Ruhe,1470. und fein Krieg unterbrach den allgemeinen Frieden, als plöz: lich ein Tumult ausbrach, der gleichfam ein Vorbote Fünf: tiger Uebel war. Unter den Familien, die, mit, der Parthei von Mefler Lufas Pitti untergingen, war auch die, der Nardi; denn Sylveſter und feine Brüder, die Häupter dies fer Familie, wurden zuerſt verbannt, und nachher durch den von Bartholomaͤus Colione geführten Krieg fuͤr Nebellen ” Jahr erklärt. Unter dieſen "Brüdern des Splvefter war Bern: . - 470 hard, ein raſcher und muthiger Juͤngling. Diefer der we⸗ gen ſeiner Armuth die Verbannung nicht zu ertragen ver— mochte, und dem durch den geſchloſſenen Frieden jede Aus: fiht zud Nückkehr benommen war, bejchloß irgend eine Un: ternehmung zu wagen, vermöge welcher er vielleicht zu ei: nem neuen Ktiege Veranlaffung geben koͤnnte; denn oftmals zieht ein unbedeutende Anfang mächtige Folgen nad) ſich, weil die Menfchen geneigter find einer ſchon in Gang gez brachten Sache zu folgen, als felbft irgend eine in Gang zu ſezen. Bernhard hatte ftarke Befanntfchaft in Prato, fehr große auch in Pıiftoja, befonders mit den von Palandra, eis ner Familie, die obſchon vom Lande, doch reich war an Menfchen, die nach der Piftolefer Gewohnheit in Waffen und Kämpfen erzogen waren. Er wußte, daß diefe mißver: gnuͤgt waren, weil fie in ihren ehemaligen Streitigkeiten von den Florentiniſchen Obrigkeiten ſchlecht behandelt! worden waren. Er Fannte ferner die Stimmung der Pratenfer, und daß fie glaubten auf eine hochmuͤthige und habfüchtige - Art vegieret zu werden; von manchen kannte er aud ihre widrige Geſinnung gegen die Regierung; alle diefe Umftände zufammen genommen machten ihm Hoffnung, dadurch daß er. Prato zur Rebellion bewog, ein Feuer in Toskana anfachen zu können, zu welchem in der Folge fo viele: hinzulaufen würden, um e3 zu ernähren, daß alle die zum loͤſchen herbei kommen möchten, nicht binreichen würden. Diefen Gedanz fen theilte er Meffer Diotijalvi mit, und fragte ihn, auf welche Unterftägung er durch feine Hülfe von Seiten dei Fürften rechnen koͤnnte, im Fall es ihm - gelingen’ follte, Prato einzunehmen. Meſſer Diotiſalvi hielt die Unterneh: mung für aͤußerſt gefährlich, und faſt ganz - unansführbar; da er indeſſen fah, daß er auf! fremde Gefahr von neuem fein Gluͤck verfüchen Eönnte, ſo ermunterte er ihn zu der == — That und verfprach ihm von Seiten Bolognas und Serra: Jahr ras fihere Hülfe, wenn er es dahin bringen Eönnte Prato wenigftens vierzehn Tage lang zu behaupten und zu verthei: digen. Bernhard, den diefes Verfprechen ‚mit der glücklich: fin Hoffnung erfüllte, begab fih heimlih nad) Prato, theilte fein Vorhaben einigen mit, und fand fie fehr geneigt dazu. Denfelben Geift und denfeldben Willen fand er auch bei den von Palandra, und nachdem fie fammtlich über die Zeit und das Verfahren fich vereinigt hatten, benachrichtigte Bernhard Meffer Diotijalvi von allem, Cäfar Petrucci war im Namen des Florentinifchen Volks Podefta von Prato. Dergleihen Befehlshaber von Städten haben die Gewohnheit, die Schlüffel der Thore bei fich zu behalten, und jedesmal, befonders in. Zeiten, wo Fein Argwohn ſtatt findet, wann einer aus der Stadt fie fordert, um des Nachts ein oder auszugehen, jo geftatz ten fie ihm folche. Bernhard, der diefen Gebrauch kannte, begab fi vor Tagesanbruch mit denen von Palandra, und ungefähr hundert »Bewaffneten an das Thor, „das nad Piftoja zu gerichtet ift, und diejenigen, die innerhalb von der Sache unterrichtet waren, bewaffneten ſich ebenfalls; einer von diefen forderte von dem Podeſta die Schlüffel, indem: er vorgab, daß jemand vom Lande. fie zu haben wünfchte, um herein zu fommen. Der. Podefla, der. einen folhen Vorfall im mindeſten nicht ahndete, ſandte einen feiner Diener mit ihnen; und. diefem wurden die Schlüffel von den DVerfchworenen: abgenommen, ſobald ser fih eine Strecke von dem Pallaft entfernt hatte; worauf) denn das Thor» geöffnet und Bernhard mit. feinen Bewaffneten her⸗ eingelaſſen ward. Dieſe theilten ſich ſogleich in zwet Hau fen, von welchen der eine, gefuͤhrt von Silveſter, einem Pratenſer, die Citadelle einnahm; der andere mit. Bern⸗ hard den Pallaſt beſezte, und Caͤſar mit ſeiner ganzen me 806 — Jahr Familie einigen aus ihrer Mitte zur Bewachung uͤbergaben. 40. Hierauf begannen fie den’ Aufruf und liefen, das Wort Sreiheit ausrufend, durch die ganze Stadt. Der Tag war fhon angebrochen und auf den Lermen liefen viele Bürger auf den Marke, die, da fie vernahmen, daß das Kaftell und der Pallaft eingenommen und der Podefta mit dem feinigen gefangen wären, fi hoͤchlich verwunderten, wie doch ein ſolcher Vorfall fich hatte zutragen Eönnen. ‚Die acht Bürger, welche in diefem Orte die hoͤchſte Stelle befleiden, verfammelten fih in ihrem Pallaft, um ſich zu berathfchlagen, was zu thun fei. Bernhard aber und die Seinigen, nachdem fie eine Zeit lang die Stadt durchzogen und gejehen hatten, daß niemand ihnen‘ folge, gingen auf die Nachricht, dag die Achtmänner ſich verfammele hätten, zu diefen, worauf Bernhard ihnen fagte, die Urfach feiner Unternehmung fei die, daß er fie und ihr Vaterland von der Knechtſchaft befreien wollte; daß fie großen Ruhm eiierndten würden, wenn fie ihn in diefer glorreichen Un: ternehmung begleiteten; und daß fie dadurch eine dauernde Ruhe und unvergänglichen Nachruhm fich erwerben wuͤr— den. Er erinnerte fie an ihre alte Freiheit, und an ihren gegenwärtigen Zuftand; und zeigte ihnen die gewiſſe Hülfe wenn fie, nur wenige Tage hindurch, der Macht, welche die Florentiner gegen fie abfenden möchten, gemeinfchaftlid) fih widerfegen ‚wollten. Er verficherte, daß er Verbindun— gen in Florenz habe, welches fich zeigen: werde, fobald man nur hoͤre, daß diefe ‚Stadt‘ vereint ihn folge. Die Acht— männer - ließen fich durch dieſe Worte. nicht bewegen und antworteren ihm, ‘fie wuͤßten nicht ob Florenz in Freiheit oder Ruechtfchaft lebe, denn dies ſel eine Sache deren Kenntnig man von ihnen nicht erwarten dürfe; das aber wüßten fie wohl, daß fie für ihren Theil nie eine andere Sreiheit wuͤnſchten, als denfelben. Obrigfeiten zu gehorchen, — — 201 — die in Florenz regierten, und von denen ſie niemals eine Jahr ſolche Beleidigung erlitten hätten, die ſie veranlaſſen koͤnn⸗470. te, die Waffen gegen fie zu nehmen. Sie riethen ihm das her, den Podefta in feiner Freiheit zu laſſen, die Stadt von feinen Tenppen zu. befreien, und fih aufs eiligfte diefer Gefahr zu entziehen , in die er mit wenig Klugheit fihh begeben habe. Bernhard ließ ſich durch diefe Worte nicht aus der Faffung bringen, fondern befchloß zu vers ſuchen, ob er durch Furcht auf die Pratenfer wirken koͤnn— te, da er durch Bitten nichts über fie vermochte. "Um fie alfo in Schrecken zu fezen gedachte er CAfar tödten zu laf fen; ließ diefen aus dem Gefaͤngniß holen, und befahl, ihn an den Fenftern des Pallaftes aufzuhängen. Käfar war mit dem Strick um den Hals ſchon nahe am Fenfter, als er Bernhard erblickte, der feinen Tod befchleunigte,' er wandte fih alfo zu ihm und fagte: Bernhard, du läßt mich fierben in der Hoffnung, daß nachher die Pratenfer dir folgen werden; gerade das Gegentheil wird erfolgen, denn die Ehrfurcht, die diefes Volk vor den von dem Floren— tiniſchen Volk hieher gefandren Rektoren hat, iſt fo groß, daß wenn es diefes mir angethane Unrecht fehen wird, du fo großen Haß dadurch gegen dich erwecken wirft, daß dein Untergang die Folge davon fein wird. Nicht mein Tod alfo, fondern mein Leben kann dir den Sieg: verfchaffen, denn wenn ich ihnen das, was du verlangen wirft, befehlen werde, fo werden fie-viel eher mir als dir gehorchen, und dadurch daß ich deinen Befehlen Folge leifte, wirft du deine Abſicht erreichen. "Bernhard, der an Rarhichlägen arm war, biele diefen für gut, und befahl ihm, daß er auf eine Gal- levie, die nach dem Play gerichtet war, ‚hinaus kommen und dem Volk gebieten: folle, ihm zu gehorchen. Nachdem Caͤſar dieſes gethan, ward er ins’ Gefängnig zurückgeführt. Die Schwaͤche der Verſchworenen hatte fih Thom ent Jahr 1470. — 208 = deckt, und viele Florentiner, die in der Stadt wohnten, waren zuſammen gekommen; unter dieſen befand ſich auch Meſſer Georg Ginori, ein Ritter von Rhodus. Dieſer war der erſte, der die Waffen gegen ſie brauchte, indem er Bernhard angriff, der auf dem Plaze umherging und bald durch Bitten, bald durch Drohungen zu erlangen ſuchte, daß man ihm folge und gehorche; da nun Meſſer Georg mit vielen, die ihm folgten, auf ihn eindrang, ward er verwundet und gefangen genommen. Nachdem man dieſes vollbracht hatte, war es leicht, den Podeſta zu befreien, und die anderen zu uͤberwinden; denn da ihrer nur wenige, und dieſe noch in verſchiedene Haufen vertheilt waren, ſo wurden ſie faſt alle gefangen oder getoͤdtet. In Florenz war unterdeſſen der Ruf von dieſem Vorfall erſchollen, und zwar noch um vieles vergroͤßert, denn man vernahm, Prato ſet genommen, der Podeſta mit feiner Familie er⸗ mordet, die Stadt voll von Feinden, Piſtoja in Waffen, und viele von den Buͤrgern dieſer Stadt Theilnehmer an der Verſchwoͤrung; ſo daß augenblicklich der Pallaſt voll von Bürgern war, die um ſich mit der Signoria zu bera— then zufammenfamen. Damals lebte zu. Florenz Robert von St. Severino ein: Feldherr von hohem Rufe; man Se: fchloß alſo diefen mit fo vielen Truppen, als er zufammen bringen koͤnnte, nach Prato zu fenden, and trug ihm auf, fih der Stadt zu nähern, und von der Sache genauen Bericht zu erſtatten, zugleich. aber diejenigen Hülfsmittel dagegen anzuwenden, die feiner Klugheit die. zuträglichften fheinen würden. Robert war, erft wenig über das Kaftelf von Campi hinaus, als ihm ein. Bote Cäfars begegnete, mit der Anzeige, daß Bernhard gefangen, feine Begleiter in die Flucht gefchlagen und getödtet, und -aller Aufruhr berus higt fei. Er kehrte alſo nach Florenz zurück, und kurz darauf ward Bernhard dahin gefuͤhrt, und von der DObrig: keit die wahre DBefchaffenheit feiner Unternehmung” unter: Jahr fuhrt; da man nun die Mittel dazu fehr ſchwach fand, fo se fagte er, er habe fie gewagt, weil er, einmal entfchloffen lieber in Florenz zu fterben, als in der Verbannung zu leben, gewollt habe, daß fein Tod: wenigftens von’ aa einer denfwürdigen That begleitet fei. Da alſo diefer Aufruhr faft im nehmlichen Augenblick 1471. entftanden und unterdrückt war, ſo Eehrten die Bürger wieder zu ihrem gewohnten Betragen zurück, indem fie ohne Einfchränfung der Regierung zu genießen gedachten, welche fie fich befeftige und gefichert hatten. Hieraus ent; fanden für die Stadt diejenigen Uebel, welche im Frieden meiftens zu entftehen pflegen: die jungen Leute nehmlich, verfchwendeten, zügellofer als gewöhnlich, in Kleidung, Saftmälern, und anderen Ausfchweifungen diefer Art, über alle Maßen, und da fie mäßig waren, fo verzehrten fie Zeit und Vermögen beim Spiel und bei den Weibern; ihren Fleiß richteten fie darauf, in der Kleidung prachtvoll, im Reden feharffinnig und fchlau zu erfcheinen, und derje— ige der die anderen: am geſchickteſten durchzog, war unter ihnen der Weifefte und am höchften: geachtet. Diefer Zuftand der Sitten wurde durd die Höflinge des Herzogs von Mailand noch verfchlimmert, welcher mit feiner Gemah— lin und dem ganzen berzoglichen Hofe, um, wie. er fagte, ein Geluͤbde zu erfüllen, nach Florenz Fam, wofelbft er mit derjenigen Pracht "aufgenommen ward, die für einen fo ‚ Mächtigen Fürften und fo wichtigen Freund der Republik fi) ziemte. Damals fah man eine Sache, die bis zu der Zeit in unferer Stadt noch nicht war gefehen worden; daß nehmlich in der Faftenzeit, während welcher man, nad) dem Gebot der Kirche, Faften foll ohne Fleiſch zu genießen, fein ganzer Hof ohne Nückficht, weder auf die Kirche nod) auf Gott, fih blos mie Fleiſch ernährt, Weil nun zu: feiner — eh BER Jahr Ehre viele Schaufpiele gegeben wurden, unter andern auch 472. die Miederlaffung des Heil. Geiftes auf die Apoftel in der Heil. Geiſtkirche vorgeftelle ward, und durch die vielen Feuer, die bei folhen Feften gewöhnlich angezündet werden, diefe Kirche ganz in Rauch aufging; fo glaubten viele, daß Gott, gegen uns aufgebracht, diefes zum Zeichen feines Zorns uns habe auferlegen wollen. Wenn alfo diefer. Herz zog die Stadt Florenz ſchon voll fand von hoͤfiſchen Ger nüflen, und jeder wohlgeordneten Bürgergemeinde widerfire: benden Sitten, fo verließ er diefelbe noch fehr damit berels chert. So daß die guten Bürger dachten, daß es nothwen⸗ dig fei, diefem Triebe Zügel anzulegen, und durch eine neue Verordnung der Kleiderpracht, dem Pomp bei Begräbniffen, und den Gaftmalen eine Gräanze festen. Mitten in dieſem Frieden entftand ein neuer und umverhoffter Aufruhr in Toskana. Es ward nehmlich in der Gegend von VBolterra von einigen der dortigen Bürger eine Alaungrube gefunden. Diefe Bürger, da fie den Nuzen davon einfahen, wandten fih, um jemand zu haben, der fie mit Geld unterftäzte und durch fein Anſehn ſchuͤzte, an einige Floventinifche Bürger, und überliegen denfelben einen Antheil an dem Nuzen, der daraus gezogen werden Eonnte. Diefe Sache ward im Ans fange, wie es mit neuen Unternehmungen gewöhnlich zu ges ben pflegt, von dem Bolterranifchen Volke wenig geachtet; mit der Zeit aber, da dasfelbe den Nuzen davon erfannte, fuchte es zu fpät und fruchtlos einem Webel’abzuhelfen, dem es früher mit großer Leichtigkeie hätte abhelfen koͤnnen. Sie fingen nun an, in ihren: Rathsverfammlungen die Sache zu verhandeln, und behaupteten es fet nicht paflend, daß ein Gemwerbszweig der auf dem Grund und Boden der Stadt entdekt worden fei, zum Privarnuzen verwandt werde. Sie fhiften deshalb Gefandte nach Florenz; die Sache ward eintgen Bürgern übergeben, die entweder. von der Parthei — beſtochen, oder weil ſie es ſo fuͤr gut fand, dahin Bericht Jahr erſtattete, daß das Verlangen des Volterraniſchen Volks" nicht gerecht ſei, indem dasſelbe ſuchte, ſeine Buͤrger der Fruͤchte ihrer Bemuͤhungen und ihres Gewerbfleißes zu be— rauben, und daß alſo die Alaunwerke den Privateigenthuͤ— mern und nicht dem Volke gehoͤrten. Indeſſen ſei es billig, daß jene jaͤhrlich eine gewiſſe Summe Geldes bezahlten, als ein Zeichen, daß fie das Volk als Grundherrfchaft anerfenn: ten. Diefer Bejcheid verminderte nicht, fondern vermehrte die Unruhen und den Haß in Bolterra, und Feine andere Angelegenheit ward, nicht allein in ihren Rathsverfammlun: gen, fondern auch in der ganzen Stadt verhandelt; indem die Gemeinde das, was fie fich entriffen glaubte, zurücfor: derte, die Privateigenthümer aber dasjenige erhalten wollten, was fie fich zuerft erworben hatten, und was ihnen hernach durch das Urtheil der Florentiner beftätige worden war, So weit gingen diefe Streitigfeiten, daß dabei ein in diefer Stadt fehr angefehener Bürger, Pecorino genannt, und hernach noch viele andere, die an diefen fich anfchlofien, ge tödter, und ihre Häufer geplündert und verbrannt wurden; und daß fie, von demfelben Ungeſtuͤm angetrieben, nur mit Mühe fih der Ermordung der Nektoren enthielten, die im - Namen des Florentinifchen Volkes dort waren, Nachdem dieſe erfte Beleidigung Statt gefunden hatte, befchloffen fie vor allen Dingen Gefandte nad) Florenz abs zuordnen, um den dortigen Signoren anzuzeigen, daß wen fie ihnen die alten Verträge halten wollten, fie auch ihrer; feits die Stadt in ihrer alten Unterwürfigfeit erhalten woll— ten. Man firiee ſich lange über die Antwort. Meffer Thomas Soderini behauptete, man müffe die Volterraner aufnehmen, auf welche Weife fie auch zum Gehorſam zus ruͤckkehren möchten; denn es fcheine ihm nicht Zeit, fo ſehr in der Nähe eine Flamme zu entzünden, die unfer eignes rn Zahr Haus verzehren koͤnnte; er fürchte die Gemüthsart des 72. Pabſtes, und die Macht des Königs, und verlaffe ſich auch nicht auf die Freundſchaft der Venezianer, noch auf: die des Herzogs, weil er nicht wiſſe wie treu. die eine, und wie tapfer die andere ſei; und erinnerte endlich an jenen alten Denkſpruch, ein magerer Vergleich fei beſſer, als ein fetter Sieg. Lorenz von Medici von der andern Seite, dem dies eine Gelegenheit fehlen, zu zeigen, was fein Rath und feine Klugheit vermöchten, befonders aber auch dazu ermuntert durch diejenigen , die den Einfluß von Meffer Thomas mit Meid betrachteten, vieth zu dem Entichluß, den Feldzug zu unternehmen, und. die Anmaßlichkeit der Volterraner mit den Waffen zu beftrafen; indem er behauptete, daß wenn diefe nicht als ein warnendes Beiſpiel gezüchtige würden, fo würden die andern ohne Achtung und. Scheu fih nicht befinnen bei den unbedeutendften Veranlaſſungen dasfelbe zu thbun. Da alfo der Krieg befchloffen war, fo antwortete man den Bolterranern, fie koͤnnten nicht verlangen, daß man ihnen die alten Verträge halten follte, die fie jelbft ger brochen hätten; und daß fie aljo entweder dem Urtheil der Signoria fih unterwerfen, oder den Krieg erwarten jollten. Die Volterraner aljo, da fie mit diefer Antwort zuruͤkgekehrt waren, vüfteten fich zur Vertheidigung, indem fie die Stadt befeftigten, und zu allen Mächten Staliens fandten, um fich Hülfe zu verfchaften; doch wurden fie von wenigen gehört, denn nur die Sieneſer und der Here von Piombino gaben ihnen einige Hoffnung’ auf Unterftüzung. Die Florentiner von der andern Seite glaubten, daß es bei diefem Siege vorzüglich auf Befchleunigung anfomme, verfammelten alfo zehntaufend Mann Fußvolf und zmweitaufend Reuter, und dieje zeigten fih unter den Befehlen Friedrihs Herrn von Urbino auf dem Volterraniſchen Gebiet, welches fie ohne Mühe ganz einnahmen. Hierauf fchlugen fie ihr Lager: bei der Stade’ anf, die weil fie auf einem hoben, faſt von allen Jahr Seiten ſchroff abgefhnittenen Drte liegt, nur von der Seite, '. wo die Aleranderficche ift, bekämpft werden fonnte. Die Volterraner' hatten zu ihrer Vertheidigung ungefähr taufend Mann in Sold genommen, die weil fie die eifrige Belage— rung der Florentiner fahen, auf die Möglichkeit der Ver⸗ theidigung Eeine Hoffnung hatten, und daher bei der Gegen: | wehr läflig, zu den Mißhandlungen hingegen die fie taͤg— fih den Volterranern zufügten, fehr bereit waren. Dieſe armen Bürger alfo, außerhalb vom Feinde befämpft, innerz halb von den Freunden unterdrüct, verzweifelten endlich am ihrer Rettung, und fingen an auf den Vergleich zu denken, und da fie keinen beſſern erlangen Fonnten, fo warfen fie fih im die Arme der Kommiffarien. Diefe ließen ſich die Thore eröffnen, führten den größern Theil ihres Heeres hinein, und gingen in den Pallaft, wofelbft ihre Prioren verfammelt waren, welchen fie den Befehl ertheilten, in ‚ihre Häufer zu gehen; auf dem Wege aber ward einer dews felben von einem Soldaten as Verachtung beraubt. Aus diefem Anfange entftand, wie nun die Menfchen mehr zum Höfen als zum Guten geneigt find, die Zerftörung und Minderung diefer Stadt, die einen ganzen Tag lang ber Laube und durchzogen ward, wobei man weder der Frauen noch der gebeiligten Orte ſchonte; und die Soldaten, fos wohl diejenigen, die fie fchlecht vertheidigt, als die welche fie belagert hatten, beraubten fie ihres ganzen Vermögens. Die Nahricht von diefem Siege ward von den Slorentinern mit der größten Freude aufgenommen, und weil Lorenz die ganze Unternehmung veranftaltet hatte, fo flieg dadurch fein Anſehen aufs hoͤchſte. Einer feiner vertrauteften Freunde alfo warf Meffer Thomas’ Soderini feinen gegebenen Kath) vor, indem er fagte: Was fagt ihr nun, daß Volterra ers obert it? Meſſer Thomas errwiederte: Mir ſcheint es viels — 208 — Jahr mehr verloren zu fein, denn haͤttet ihr es durch einen Ver⸗ 472gleich erhalten, jo konnte es euch Nuzen und Sicherheit: gez währen; da ihr es aber durch Gewalt behaupten müßt, ſo wird. es euch in midrigen Zeiten Schwächung und Schaden, in Sriedenszeiten Nachtheil und Koften verurſachen. 1473: Zu diefer Zeit hatte der Pabft, welcher. eifrig wünfchte, die Städte der Kirche im Gehorfam zu erhalten, Spoleto plüns dern laffen, welches fih, durch feine inneren Fafzionen ver: anlaßt, empört hatte, Hierauf hatte er Citta di Caftello, das fih einer gleichen Hartnaͤckigkeit fchuldig machte, belagert. In diefer Stadt war Nifolaus Vitelli der Erfte. Diefer hielt mit Lorenz von Medici genaue Freundfchaft, daher es ihm diefer nicht an Hülfe fehlen ließ, die indeß nicht ftarf genug war, um Nikolaus zu fhüzen, wohl aber. ftarf genug, um den erſten Samen der Zwietracht zwifchen Sirtus und den Medici auszuftrenen, der bald nachher die fchlimmften Srüdte trug. Auch würden dieſe nicht lange gezögert haben ſich Öffentlich zu zeigen, wenn der Tod des Druder Paulus, Kardinals. von St. Sirtus nicht erfolgt wäre, denn indem diefer Kardinal durch ganz Stalien. veifte und nad) Benedig und Mailand ging, unter dem Vorwan⸗ de, als wollte er die Hochzeit des Herkules Markgrafen von Ferrara mit ſeiner Gegenwart beehren, erforſchte er die Geſinnungen jener Fuͤrſten, um zu ſehen, wie ſie in Ruͤckſicht auf die Florentiner geſtimmt wären. Da er aber nach Rom zuruͤckkehrte, ſtarb er, nicht ohne Verdacht, daß er von den Venezianern vergiftet worden ſei, weil ſie des Sixtus Macht fuͤrchteten, wenn ſich derſelbe des Geiſtes und der Bemuͤhungen des Bruder Peter haͤtte bedienen koͤnnen. Denn obſchon die Natur ihn nur aus niedrigem Blute erzeugt, und nachher in den Graͤnzen eines Kloſters niedrigerweiſe auferzogen hatte, ſo zeigte er dennoch, ſobald er zur Kardinalswuͤrde gelangt war, einen, ſo großen ‚Stolz — 200 — und ſo viel Ehrſucht, daß nicht einmal; die Paͤbſtliche, ge⸗Jahr ſchweige denn die Kardinalswuͤrde ihm: genuͤgte; denn er 74 enthielt ſich nicht, zu Rom ein Gaſtmal zu feiern, welches, ſelbſt von einem Koͤnige gegeben, fuͤr uͤbermaͤßig wuͤrde geachtet worden ſein, und worauf er uͤber zwanzig tauſend Gulden verwandte. Da alſo Sixtus dieſes Miniſters be— raubt war, ſo verfolgte er ſeine Plane mit mehr Langſam⸗ keit. Doch da die Florentiner, der Herzog, und die Vene: zianer ihren Bund erneuert hatten, indem fie dem Pabſt und. dem Könige Raum ließen, um darin einzutreten; ſo verband auch Sirtus ſich feinevfeits mit dem Könige, indem er den andern Mächten Staliens frei ftellte fih daran anzu; fohließen. So ſah man alſo fchon Italien in. zwei Par: theien getheilt, denn täglich gejchahen Dinge, vie zwifchen diefen beiden Bünden Widerwillen erzeugten, fo wie es durch die Inſel Eypern gefchah, welche der König Ferdis nand zu erwerben fuchte, und die Venezianer in Beſiz nahmen; daher denn auch der, Pabft und der König fich noch enger verbanden. Damals ward in Stalien Friederich Fürft von Urbino für den vortreflichfien Waffenführer ge: halten, welcher lange Zeit bei den Florentinern Kriegs: dienfte geleiftee hatte. Der König und der, Pabft befchloffen deshalb, damit ‚der. Feindliche Bund dieſes Führers beraube werde, Friederich für, ſich zu gewinnen; der Pabſt rieth ihm alſo, und der Koͤnig bat ihn, daß errihn zu beſuchen nach Neapel kommen moͤchte. Friederich folgte zur groͤßten Verwunderung und zum hoͤchſten Mißfallen der Florentiner, welche glaubten, daß es ihm dort wie den Jakob Piccinino gehen würde. Doc es erfolgte das Gegentheil; denn Frie— devich Fehrte von Neapel und von Rom zuruͤck, mit Ehren uͤberhaͤuft, und als Feldherr dieſer beiden: Verbündeten. Der König und der Pabft unterliegen auch nicht, die GSefinnungen der, Herren von Nomagna und der Sienefer Zweiter Theil. D hu Fahr zu verfuhen, um ſich diefelben zu Freunden zu machen, 247% und durch Huͤlfe derſelben die Florentiner noch heftiger angreifen zu koͤnnen. Da nun dieſe es gewahr wurden, fo ſuchten fie fih durch alle möglihe Hülfsmittel gegen die Ehrfucht jener zu waffnen, und nahmen ftatt des Friederich von Urbino, den fie verloren hatten, . dem Robert von Kimino in Sold. Sie erneuerten ihr Bündnig mit den Peruginern "und. fchloffen ein neues mit dem Herren von Faenza. Der Pabft und der König gaben als Urſach ihrer Feindfchafe gegen die Sloventiner an, daß fie von denfelben verlangten, ihre Verbindung mit den Venezignern aufzu: föfen und fich mit ihnen zu verbünden; denn der Pabft fei überzeugt, daß weder die Kirche ihr Anfehn, noch der Graf Hieronymus die Staaten von Romagna behaupten koͤnne, wenn die Florentiner mit den Venezianern verbunden wären. Die Floventiner von der andern Seite beforgten, _ daß jene fie von den Venezianern abziehen wollten, wicht um fie fih zu Freunden zu machen, fondern um fie defto leichter mißhandeln zu Fönnen. Sn diefem Argwohn alfo, und in diefer feindlichen Stimmung blieb Stalten zwei Jahre, ehe eine Unruhe entftand. Die Erfte, obgleich nur unbedeutende, welche ausbrach, erfolgte aber in Tosfana. . 1476. Braccio von -Perugia, ein, wie wir oftmals erwähnt: haben, im Kriege hochberühmter Mann, hatte zwei Söhne hinterlaſſen, Otto und Karl genannt. Diefer war noch von zartem Alter, und jener ward, wie oben gezeigt wor; den, von den Einwohnern des Thals von Lamona umge, bracht. Karl alfo, da er in die Jahre gefommen war, die ihn zum Kriegsdienfte fähig machten, ward von den Bene: jianern, um des Andenfens an feinen Bater und der Hoff nung willen, die man’ auf ihn fezte, unter die von ihrer Republik in Sold genommenen Truppen aufgenommen. Zu der Zeit, wovon wir jezo veden, war gerade fein Kontrakt. — 211 — zu Ende, und er wuͤnſchte nicht, daß ihm derſelbe fuͤr jezt Jahr von dem Senat beſtaͤtigt wuͤrde, ſondern beſchloß vielmehr * zu verſuchen ob er nicht vermoͤge ſeines Namens, und durch den Ruf feines Vaters in ſeine Staaten von Perugia zus ruͤckkehren könnte. Die Benezianer willigten gern. darin ein, wie fie denn gewöhnlich bei jeder neuen Veränderung ihre Herrichaft zu: vergrößern: pflegten. Karl fam alfo nach Toskana, und da er das Unternehmen gegen Perugia fchwer fand, weil diefe Stadt mit den Florentinern verbünder war, er aber doch diefen feinen Auszug nicht gethan haben wollte, ohne etwas der Erwähnung werthes ausgeführt zu haben, griff er die Sienefer an, indem er behauptete, fie wären noch feine Schuldner für Dienfte die fein Vater in den Ge fchäften ihrer Republik geleifter habe, und deshalb wolle er von ihnen befriedigt fein; worauf er fie mit jo gewaltiger Heftigkeit angriff, daß er faft ihr ganzes Gebiet umkehrte. Dieſe Bürger, da fie den Anfall erleiden mußten, bielten es wie fie denn überhaupt von den Slorentinern leichte ſchlim⸗ mes denfen, für ausgemacht, daß diefe zu dem allen ihre Beiftimmung gegeben hätten; und überhäuften deshalb den Pabſt und den König mir Klagen. Auch ſchickten fie Ge: fandte nach Florenz, die fich über diefes große Unrecht ber Flagten, und gefchisfterweife andeuteten, daß Karl fie niche mit fo großer Sicherheit hätte angreifen Fönnen, wenn er nicht Unterftüzung gefunden hätte; die Florentiner entfchuls digen fich deshalb und verficherten, daß ſie alle Mühe ans wenden würden, daß Karl fich aller Angriffe gegen fie ents halten follte; weshalb fie auch Karl den Befehl die Siene: fer unangefochten zu laffen auf die Weiſe zufertigten, wie diefe felbft es verlangten. Hierüber beklagte fih Karl, in: dem er zeigte, daß die Florentiner, indem fie ihn hierbei nicht unterftüzt hätten, fich felbft einer wichtigen Eroberung, ihn aber eines großen Ruhms beraubt hätten; indem er ihr O 2 a — Jahr nen im fehr kurzer Zeit: den Beſiz diefes Orts verfprechen * koͤnnte; ſo feige hatte er die Einwohner und ſo ſchlecht die Anſtalten zur Vertheidigung gefunden. "Karl veifte demnach wieder ab, und kehrte wieder in feinen gewöhnlichen Dienft bei den Venezianern zuruͤck. Die Sienefer aber, obgleich fie duch Hülfe der. Florentiner von: fo großen Uebeln befreit worden, blieben dennoch ‘vol Ingrimm gegen diefe; denn fie glaubten nicht, denjenigen Verbindlich£eit fchuldig zu fein, die fie von einem Uebel befreit hatten, ‚wozu die Veran: laffung von ihnen ſelbſt hergefommen war. Während diefe Vorfälle auf die erzählte Weiſe — dem Pabſt, dem Könige und in Tosfana ſtatt fanden, er: folgte in der Lombardei eine Begebenheit von größerer Wich— tigkeit, und die ein Vorbote größerer Uebel war. Ein ger wiffee Cola aus Mantua, ein gelehrter und ehrgeiziger Mann,’ unterrichtete die vornehmften Sünglinge der Stadt Mailand im der lateinifchen Sprache, Diefer, fei es nun, daß ihm das Leben und die Sitten des Herzogs verhaßt waren, oder daß jegend eine andere Urjach ihn dazu bemweg, verwünfchte in allen jeinen Gefprächen vas Leben unter ei: nem nicht guten Negenten, indem er die Ehre und das Glück derjenigen prieß, denen Natur und Schidfal bie Gunft gewährt hätte, in einer Republik geboren zu werden; indem er. zeigte daß alle berühmte Männer in Republiken, und nicht unter einem Fürften auferzogen worden ſeien; denn jene erzeugten tugendhafte Maͤnner, diefe unterdräcten fie; weil jene ihre Tugenden zum Nuzen des Staats gel: tend machten, dieje aber fie fürchteten. Die Sünglinge mit denen er am vertrauteften umging, waren Johann Andreas Lampognano, Karl Bisconti, und Hieronymus Dlgiato. Mit diejen fprach er häufig von dem abjcheulihen Charak— ter des Fürften und von dem Unglück derer, die von ihm vegieret würden; auch gewann er Über das Gemuͤth und den: Willen. diefer- jungen: Leute eine folhe Gewalt, daß ver Jahr ihnen einen Schwur abnahm, daß ſie febald ihr Alter es 170 erlaubte, ihr. Vaterland von. der Tyrannei diefess Fürften ber freien würden. Da alfo die „jungen Männer von dieſem Wunſch erfüllt waren „.deri,mit den Jahren immer zunahm; ſo beſchleunigten noch die Sitten und: das DBetragen des Herzogs, beſonders aber die perfönlichen, Beleidigungen „ die ers ihnen widerfahren ließ, die Ausführungdeffelben. Gales 0330: war wolluͤſtig und graufam und. die häufigen Beweife die er von beiden Leidenfchaften gegeben 5 hatten ihn Außerft verhaßt gemacht; ‚denn es war ihm noch nicht genug, die sdelihen Damen zu werführen, fondern er machte ſich auch ein Vergnügen daraus, dies: Öffentlich, befanne zu machen; auch war er nicht damit zufrieden die Männer umbringen zu daffen, wenn dies: nicht auf irgend eine guaufame Weiſe geſchah. Auch war er nicht frei von dem fchändlichen Ver⸗ dacht, feine Mutter umgebracht zu haben; denn da er nicht Fuͤrſt zu fein glaubte, ſo lange fie gegenwaͤrtig war, fo be: teug er fih auf eine ſolche Weiſe gegennfie, daß fie dem Wunſch faßte, in den als Ausſteuer ihr gehörigen. Siz, Cre⸗ mona ſich zuruͤck zu ziehen, auf welcher; Reiſe ſie von einer ploͤzlichen Krankheit uͤberfallen ſtarb; daher denn viele glaub⸗ ten daß ſie von ihrem Sohne ſei umgebracht worden. Der Herzog hatte durch Frauen Karl und Hieronymus entehrt, — und dem Johann Andreas hatte er den Beſiz der. Abtei Miramondo nicht zu geſtehen wollen, die feinem: Berwmand; ten vom Pabfte angewiefen war, Dieſe perſoͤnlichen Belei⸗ digungen erhöhten in diefen Zünglingen den Wunſch, indem fien ſich ſelbſt raͤchten, auch das Vaterlandı; von ſo großen Uebeln zu befreien; in der Hoffnung, daß, wenn es ihnen nur gelaͤnge ihn zu toͤdten, nicht nur viele vom Adel, ſon⸗ dern auch das ganze Volk ihnen folgen wuͤrde. Da ſie ſich alſo zu der That entſchloſſen hatten, ſo verſammelten fie ſich Jahr Häufig, melches wegen Ihres langen vertraulichen Umganges 147 "gar Fein Auffehen machte. Immer fprachen fie von »iefer Sache, und um ihren Entfhluß zu dieſer That noch mehr zu befeftigen, fo verwundeten‘ fie fih einer ‚den andern in der Seite oder auf der Bruft mit den Schmwerdtern ‚die fie dazu beſtimmt hatten. Sie ſprachen von der Zeit und von dem Ort. Gm Schloſſe ſchien es ihnen nicht ſicher; auf der Jagd ungewiß und gefährlich; zu den Zeiten, wo er durch die Stadt ſpazieren ging ſchwer und nicht ausfuͤhrbar; bei Saftmahlen zweifelhaft. Sie befchloffen alſo ihn bei irgend einem Aufzuge und öffentlicher: Feierlichkeie zu toͤdten, mo fie gewiß wären, daß er erfcheinen wiirde, "und wobei fie auch unter maticherlei Vorwänden ihre Freuride verfammeln Fönnten. - Sie feßten: auch feft, daß wenn einige von! ihnen aus irgend einer Urſach vom Hofe zuräckgehalten würden, die andern ihn mit Hülfe des Schwerdts und —* * neten Feinde umbringen follten. "Es war im Jahr 1476 und das Feft der Gebur cheiſti nahte herran. Weil nun der Fuͤrſt am Tage des heil. Ste phan in großem Pomp die Kirche dieſes Maͤrtirers zu ber fuchen pflegte; ſo fanden fie, daß diefer Ort und diefe Zeit zur Ausführung ihres Vorhabens bequem fein würde, Am Morgen diefes Fefttages alfo ließen fie einige ihrer vertrau⸗ teften Freunde und Diener bewaffnen, indem fie fagtem, fie wollten dem Johann Andreas zu Hülfe "gehen, der’ gegen den Willen‘ einiger feiner Nachbarn eine Wafferleitung auf feinen Gütern anlegen wolle; und fo führten fie diefe be— wafnet in die Kirche, unter dem Vorwande, noch vor der Abreife von dem Herzoge Abfchted nehmen zu wollen; auch legen fie noch mehrere andere von Ihren Freunden und Ber: trauten unter mancherlei Vorwaͤnde bewaffnet an denſelben Ort kommen; Aindem ſie hofften, daß nach geſchehener That, ‚ein jeder in dem noch uͤbrigen Theil der Unternehmung ih: — BIJ) — nem) folgen werde; Ihr Vorſatz war nehmlich, mern der Jahr Fuͤrſt todt ſein wuͤrde, ſich zu jenen Bewaffneten zuräczu: — ‚ziehen; mit dieſen in demjenigen Theil der Stadt umherzu⸗ gehen wo fie am leichteſten das Volk zum Aufſtande reizen zu koͤnnen glaubten, und dieſes gegen die Herzogin und die Erſten der Regierung zu bewaffnen; indem ſie der Meinung waren, das Volk werde ihnen, wegen des Hungers, von dem es bedrängt wurde, gern folgen ;;deshalb war auch ihr Vorſaz, demſelben das Haus von Meflen Lerco Simonetta, des Johann Botti und des Franz Lucani alle Häupter der Negierung, preis ’zu geben, und durch diefes Mittel fich ſelbſt zw fihern: und dem Volke feine Freiheit wieder zu gebem, Nachdem fie alfo diefen Plan verabredet, und ihr Herz zur Ausführung deffelben geftärft hatten, ging. Johann Andreas mit den andern ſchon bei früher Zeit: in die Kirche, woſelbſt fie mit einander Meſſe hörten; nachdem dieſe geendet, wandte ſich Johann Andreas zu einer Statüe. des heil; Ambrofiugs indem er. ſagte: D du Schuzbeiliger- diefer unferer Stadt, du kennſt unfere Abficht, und den Zweck, um deßwillen wir ſo großen Gefahr uns ausjezen wollen; fei unferer Unter— nehmung günftig, und zeige durch Unterſtuͤzung der, Gerech— tigkeit, daß Ungerechtigkeit dir mißfalle., Dem Herzoge von der andern Seite begegenten, da er in die. Kirche gehen jollte, mehrere Zeichen feines bevorftehenden Todes; als der Tag angebrochen war, ‚legte er wie er oftmals pflegte, einen Pan: zer an; hernach aber zog er ihn plözlich-avieder aus, als wäre ibm der Anblick davon widerwärtig, oder die Tracht läftig, Er wollte die Meffe im Schloß hören, allein fein Kapellan - war mit allem Kirchengeräth nach der; Stephanskirche gegan⸗ gen.» Er; befahl, daß ſtatt deffen der Biſchoff von Como die Meſſe feiern ſollte, diefer aber gab einige unverwerfliche Hinderniffe an. Er beſchloß alſo, gleichſam durch Norhwen: digkeit gezwungen, nach der Stephanskirche zu gehen; vorz Fahr Her aber ließ er'fich feine" Soͤhne Johann Galeazzo und! Her 476. mes kommen, aimarmtenund kuͤßte fie) vielmals und ſchien ſich nicht von ihnen treunen zu koͤnnen. Da er endlich doch ſich zum Gehen entſchloß, verließ er den Pallaſt und ging in der Mitte der beiden Geſandten von Ferrara und von Mantua im die Kirche, Indeſſen hatten ſich die Verſchwo— venen, um weniger Anlaß zum Verdacht gegen ſich zu geben und der großen: Kälte: auspimweichen Tin "eine ‚Kammer des Erzpriefters der: Kirche, ihres Freundesibegeben, und da fie die Ankunft des Herzogs vernahmen, gingen fie indie Kiched Sohann Andreas und Hieronymus ftelltensfich auf die rechte, Karl auf die linke Seite’ des Eingangs 2" Schon‘ traten dies jenigen, die dent’ Herzoge vorangingen, in die Kirche; dann folgte er felbit, „umgeben von einer großen Menge, wie es der herzoglichen Pracht: bei einer ſolchen Feierlichkeit ange meſſen war. Die erſten, die den Angriff machten, waren Lampognano und Hieronymus. Dieſe ſtellten ſich, als woll⸗ ten fie fuͤr den Herzog Plaz machen, und naͤherten ſich ihm fo; darauf zogen fie die kurzen und ſpizigen Waffen, die fie in ihren Aermeln verborgen hatten, hervor, und griffen ihn damit an. Lampogeano verfezte ihm ‚zwei Wunden: einer in den Unterleib, "die andere in die Kehle, Auch! Hieronymins ftieß ihm in die Kehle und: in die Bruft: Karl Visconti aber, der fich naͤher an die Thür geftellt hatte, und dem. der Her⸗ 309 vorbeigegangen war, Eonnte ihn, ale er"von feinen‘ Ge: nofjen angegriffen ward, nicht von vorn 'verwunden, ſondern durchbohrte ihm mit zwei’ Stoͤßen Nüden und Sculteri Diefe fehs Wunden. wurden ſo ſchnell und plözlich beige⸗ bracht, daß der Herzog Ihon auf der Erde lag, fafb noch ehe jemand die, That bemerkte... Auch konnte dieſer nichts anders thun oder ſagen, als daß er im Fall ein einziges Mal den Namentunferer Frau zu feiner. Hälfe vief Als der Herzog zur Erde gefallen. war), entftand ein großes Ges — viele Schwordter wurden entbloͤßt/ und "nie es bel Jahr unvorhergefehenen Vorfaͤllen zu geſchehen pflegt, einer floh * aus der Kirche, der andere lief auf den Tumult los, ohne irgend eine ſichere Kenntniß der Sache oder Veranlaſſung zu haben.’ Diejenigen jedoch die dem Herzoge am naͤchſten geſtanden ſeine Ermordung geſehen and die Moͤrder delkannt Hatten ;' verfolgten dieſe. Von den Verſchworenen kam⸗ Jo⸗ Hann Andreas) daran ſich aus ver Kirche zuruͤckziehen wollte) zwiſchen die Daten Hinneln 5 und’ da) ar dieſe in großer Menge und nach Ihrer Gewohnheitiäuf der Erde ſizeud fand, ward er verwickelt und feſtgehalten in ihren Kleidern), von einem Mohren, des Herzogs Lakalen, errteicht und getoͤdtet Auch Karluward von: den Umſtehenden niedergemachte Hie⸗ ronymus Oligiato aber, ver im Gedraͤnge aus der Kirche kam da er ſeine Geuoſſen ermordet ſah⸗ ging, weil er kei⸗ nen andern girluchtsdte wußte) mach feiner Wohnung, wo aber fein Vater und feine) Bruͤder ihn micht einließen nur die Mutter, die mit ihrem Sohn Erbarmen hatte, empfahl ihn einem Prieſter, einem alten Freunde der Familie, der ihn feine Kleider anzog und ihm nach feiner Wohnung führte. Hier blieb er zwei Tage nicht ohne Hoffnung, daß irgend ein Aufſtand in Mailand entſtehen wuͤrde, der ihn retten koͤnnte. Da dieſes nicht eintraf, ſo befuͤrchtete er an dieſem Orte entdeckt zu werden, und beſchloß daher verkleidet zu entfliehen; allein er ward erkannt, und fiel in die Hand der Gerechtigkeit, wo er dann den ganzen Verlauf der Verſchwoͤ— rung entdeckte, Hieronymus rar drei und dreißig Jahr alt; im Tode zeigte er fich nicht weniger muthig, als er im Handeln ſich gezeigt; denn als er fchon nackt vor dem Scharfrichter fand, der das Eifen in der Hand hielt, womit er ihn treffen follte, fagte er diefe Worte in lateinifcher Sprache, denn er war ein Gelehrter: Mors acerba, fama perpebua, stabit vetus memoria facti. Diefe That ward von den unglüclichen Jahr Zünglingen geheim behandelt, ‚und muthvoll ausgeführt; 147 doch dann mußten fie untergehen, als diejenigen, von denen fie Nachfolge und WVertheidigung gehofft hatten, weder ihnen folgten, ‚noch fie vertheidigten. Mögen. indeffen die Fürften daraus lernen, auf folhe Weiſe ſich zu betragen, und ſich fos viel» Achtung und .Liebe zu erwerben, daß niemand ‚hoffen dürfe, fich zu retten, wenn er fie tödtet sis die andern ‚aber mögen erfennen, daß es ein eitler Gedanke ſei, der uns eine truͤgliche Hoffnung einfloͤßt, zu glauben, daß eine Volksmaſſe, ſelbſt dann, wenn ſie unzufrieden iſt, in unſern Gefahren uns folgen oder begleiten werde. Dieſe Begebenheit ſezte ganz Italien in Beſtuͤrzung, mehr aber noch die Begebenhei⸗ ten,, die kurze Zeit nachher in: Florenz erfolgten, und die den Frieden, der zwölf Jahr hindurch in Italien geherrſcht hatte, ſtoͤrten, wie im folgenden; Buche vor ung gezeigt: werden wird,» deflen Ende trauerwoll und ee fo wie ven **— — * a —*— ſein wird. 7 1908 f 216 «333 m £ He) m te $ BB u db. x At Beer * * * gt EI i "wur u J EEE u u — * M J “ \ u nd 5 E ı ” j , —— — — — —— l 944 Da der Anfang dieſes achten Buches in der Mitte zwiſchen Jahr zwei Verſchwoͤrungen liegt, nehmlich der, die ſchon von uns 2476. erzähle und zu Mailand vorgefallen ift, und der, welche noch erzählt werden ſoll und zu Flovenz erfolgte; ſo Eönnte man für fchicklich halten, daß wir, unferer bisherigen Ge⸗ wohnheit treu, von den Eigenfchaften der Verſchwoͤrungen, und ihrer Wichtigkeit handelten. Auch follte diefes gern ger fhehen, wenn ich nicht theils fehon an einem andern Drte davon gefprochen hätte, theils auch dies nicht ein Gegens fand wäre, den man nicht in der Kürze übergehen kann. Da nun aber diefes eine Sache ift, die große Aufmerffam:- feit erfordert, und fhon an einem andern Drte von mie erwogen worden ift, jo wollen wir fie jezt bei Seite laſſen und zu einem andern Gegenftande übergehen. Wie nehm: lih, nachdem die Mediceifche Regierung alle diejenigen Fein: de, die fie öffentlich bekämpften, befiegt hatte, jezt, wenn diefes Haus die Alleinherefchaft der Stadt Äbernehmen, und fih in feiner bürgerlichen Lebensart von den andern Famir lien abfondern wollte, es nothwendigerweiſe auch noch dies jenigen befiegen mußte, melde im Geheim ihm entgegets arbeiteten, Denn fo lange noch die Medici mit gleicher Jahr 1478. — 08 2 — Macht und gleichem Anſehen gegen einige von den andern Familien kaͤmpften, konnten die Buͤrger, die neidiſch waren gegen ihre Macht, ſich noch ganz oͤffentlich ihnen widerſezen, ohne zu fürchten, daß fie gleich im Anfange der Feindſelig— £eiten unterdräcdt werden würden; denn da die Obrigkeiten frei geworden waren, fo hatte Feine Parthei Urfach etwas zu fürchten, bevor fie niche im Kampf befiegt war. Nach dem Siege aber vom Jahre ſechs und fiebenzig, fiel die ganze Regierung dermaßen in die Hände der Medici, und fie gewannen fo große Macht, daß diejenigen, die damit uns zufrieden waren, entweder mit Geduld diefen Zuftand der Dinge ertragen, oder wenn fie ihn ändern wollten, diejes durch Verſchwoͤrungen und geheimerweife zu thun verfuchen mußten; diefe aber, weil fie ſehr ſchwer gelingen , bringen meiftentheils demjenigen ‚der fie anftiftet, den Untergang, und dem, : gegen: welchen fie angeftiftet werden, größere Macht. Daher denn faft immer der. Negent einer Stadt, der: vom folchen Verſchwoͤrungen angegriffen wird, wenn er nicht. wie der Herzog von Mailand ermordet: wird, was fehr felten geſchieht, zu noch größerer Macht vemporfteigt, viel: mals auch, wenn er vorher gut war, alsdann schlecht wird. Denn die Verſchwoͤrer geben ihm duch ihr Beifpiel Vers anlaffung ſich zu fürchten; die Furcht, fich zu ſichern; die Sicherheit, zu fihaden, woraus dann nachmals der Haß entfteht, und vielmals auch fein Untergang. So unter; drücken alfo diefe Verſchwoͤrungen denjenigen, der fie an— ftiftet, fogleich, dem aber, gegen dem fie gerichter find, ſcha— den fie in jedem Falle mit der Zeit. Stalien war, wie wir oben gezeigt haben, in zwei Partheien getheilt; auf einer Seite Pabft und König; auf der andern die Venezianer, der Herzog und die Florentiner. Obſchon nun zwifchen ihnen noch Fein Krieg ausgebrochen war, fo gab es doc, täglich neue Veranlaſſungen zum Aus zruch deffelben; und vorzüglich bemühte ſich der Pabft durch Fahr alle feine Handlungen die Kegierung von Florenz: zu belei⸗ 2478. digen. Deswegen befleidete der Pabft, da Mefler Philipp von Medici, Erzbifhoff von Pifa, 'geftorben war, gegen den Willen der Signoria von Florenz, den Franz Salviati, der ihm als ein Feind der Familie Medici bekannt war, mit diefem Erzbischume. ' Da nun diefem die Signoria den Defiz nicht zugeftehen wollte, fo erfolgten daraus zwiſchen ihr und. dem Pabft bei der Behandlung diefer Sache neue Beleidigungen 5 überdies erzeigte der lektere zu Rom der Familie der Pazzi die größten Begünftigungen, während er dem Haufe Medici durch alle feine Schritte entgegenhan: delte, Damals waren die Pazzi in Florenz durch Reichthum und Adel vor allen andern Slorentinifhen Familien gläns zend. Ihr Haupt war Meffer Jakob, der wegen feiner Reichthuͤmer und feines Adels vom Volke zum Nitter ger macht worden war. Er hatte feine Kinder, außer einer natürlichen Tochter; aber viele Neffen, Söhne feiner Bruͤ⸗ der Meffer Peter und Anton, nehmlih von erfterm Wils helm, Franz, Nenatus, Sohann, von leßterm Andreas, Ni— folaus und Galeotto, Kosmus von Medici hatte, da er den Reichthum und Adel diefes Haufes ſah, feine En£elin Dlanfa mir Wilhelm vermählt; in der Hoffnung, daß diefe Berwandfchaft die beiden Familien einiger machen und die Seindfhaften und den Haß wegräumen würde, welche aus dem Mißtrauen gewoͤhnlich zu entſtehen pflegen. Aber nichtsdeftoweniger , fo unfiher und truͤglich find unſere Plane!‘ war der Erfolg ganz anders; denn die Nathgeber des Lorenz zeigten ihm, daß es jehr gefährlich und feiner Macht zumider fei, Reichthuͤmer und Antheil an der Re; gierung bei denfelben Bürgern zu vereinigen. ' Dies verurs fachte, dag Meſſer Jakob und feinen Neffen nicht fo hohe Ehrenſtellen zugeftanden wurden, die fie nach dem Verhaͤlt⸗ — 24 — Jahr niß der andern Buͤrger zu verdienen: glaubten. , Hieraus MNb · entſtand bei den Pazzi der erſte Unwille, bei den Mediei die erſte Furcht, und ſo wie jener wuchs,’ gaben auch dieſer Veranlaſſung zuzunehmen, daher denn die Pazzi bei jedem Geſchaͤft, woran die andern Buͤrger Theil nahmen, von den Obrigkeiten nicht gern geſehen waren. Deswegen zwang die Obrigkeit der Achtmaͤnner um einer unbedeutenden Urſach willen, Franz von Pazzi, der ſich zu Rom befand, ohne fuͤr ihn diejenige Ruͤckſicht zu haben, die man für die ange ſehenen Buͤrger zu nehmen pflegt, nach Florenz zuruͤckzu—⸗ fkommen. Die Pazzi beklagten ſich alſo aller Orten mit bez leidigenden und unwilligen Worten; und alles dieſes vers. mehrte das Mißtrauen der Anderen und ihre Kränkungen, Sohann von Pazzi hatte die Tochter des Johann Borro: "mei, eines fehr reihen Mannes, zur Frau, und da derſelbe farb, ohne andere Kinder zu hinterlaſſen, fo kam fein Ver: mögen diefer feiner Toshter zu. Dennoch bemächtigte fich Karl, ein Neffe des Borvomei, eines: Theils von. diejem Vermögen, und da die Sache vor Gericht kam, jo ward ein Geſez gemacht, kraft deſſen Johann von Pazzi’s Frau der Erbſchaft ihres Vaters beraubt, und dieſe dem Karl zuge fprochen ward; und diefe Kränfung fchrieben die Pazzi ganze lich der Medici zu. Hieräber beklagte fich Sulian von Mer diei oftmals gegen feinen Bruder Lorenz, indem er jagte, daß er befürchte, fie würden, indem fie zuviel haben woll⸗ ten, alles verlieren. Lorenz aber, erhizt durch feine, Jugend und Macht, wollte alle Dinge felbft anordnen, und verlangte, daß man für alles nur ihm Berbindlichfeie haben folle. Da nun die Parzi dei ihrem Adel-und bei fo großen Reichthuͤmern, ſo große Kränfungen nicht ertragen Fonnten, ſo fingen ſie an auf Rache dafür zu denken. Der erſte, der einige Reden gegen die Medici zu führen begann, war Franz. Dieſer — 225 — war leidenſchaftlicher und empfindlicher als alle die uͤbrigen; Jahr und er beſchloß daher zu gewinnen, was ihm fehlte, oder 47% zu verlieren, was er hatte. Weil ihm nun die Regierung von Florenz verhaßt war, fo lebte er faft immer zu Nom, woſelbſt er, nad) der Gewohnheit der Florentiniſchen Kaufs leute, mit großen Kapitalien arbeitete; und da er mit dem Grafen Hieronymus fehr vertraut war, fo beklagten fich diefe oftmals einer bei dem andern gegen die Medici. Nach - vielen folhen Klagen kamen fie endlich zu dem Schluffe, daß, «wenn der eine in feinem Gebiet, der andere in feiner Stadt mit Sicherheit leben wolle, es nöthig fei, die Res gierung von Flovenz zu verändern; welches aber, nach ihrer Meinung, ohne Lorenz und Julian's Tod nicht auszuführen fei. Sie urtheilten, daß der Pabft und der König gern darin einwilligen würden, wenn man nur beiden die Leich- tigkeit der Ausführung beweiſe. Da fie nun auf diejen -Gedanfen verfallen waren, fo theilten fie alles dem Erzs Bifchof von Pifa, Franz Salviati mit, der, weil er ehrgeizig und vor furzem von den Medici beleidigt worden war, gern daran Theil nahm. Sie überlegten alſo mit ginander, was zu thun fei, und befchloffen, um der Sache einen leichtern Erfolg zu verfchaffen, Meſſer Jakob von Pazzi mit zu ih— rem Willen zu bewegen, denn ohne diejen glaubten fie nichts ausrichten zu koͤnnen. Man fand daher für gut, daß Franz von Pazzi zu diefem Zwecke nad Florenz gehen, der Erz biſchof aber und der Graf in Rom zurücdbleiben follten, um bei dem Pabſt zu fein, wenn es Zeit fchiene, ihm die Sade mitzutheilen. Franz fand Meffer Jakob ruͤckſichtsvoller und ſchwerer zu uͤberreden, als er gewuͤnſcht haͤtte, und da er dies nach Rom ſchrieb, ſo fand man, daß eine maͤchtigere Einwirkung noͤthig ſein wuͤrde, um ihn zu ſtimmen; der Erzbiſchof und der Graf eroͤffneten alſo alles dem Johann Baptiſt von Monteſeceo, dem Hauptmann der paͤbſtlichen Zweiter Theil. P — — 2:6 — Jahr Miethetruppen, der im Kriegsmefen fehr geachtet und dem 1478 Pabſt fo wie dem Grafen Verbindlichkeiten ſchuldig war. Dennoch fand er die Sache ſchwierig und gefaͤhrlich, und der Erzbiſchof bemühte fih, dieſe Schwierigkeiten und Ger fahren dadurch wegzuräumen, daß er ihn aufmerkfam machte auf die Hülfe, die der Pabft und der König zu der Unter: nehmung leiften würden; auf den Haß der Florentinifchen Bürger gegen die Medici; auf die Verwandten, die im Ge; folge der Salviati und Pazzi wären; die Leichtigkeit, fie zu ermorden, weil fie ohne Begleitung und ohne Argwohn durch die Stadt gingen ; und endlih, wenn fie getödter wären, die Leichtigkeit, die Megierung zu verändern, Alle diefe Dinge glaubte Sohann Baptifta ganz und gar nicht, weil er viele andere Florentiner ganz anders hatte veden hören. Mährend man mit diefen Weberlegungen und Gedanken befchäftigt war, gefchah es, daß der Herr Karl von Faenza frank ward, fo daß man feinen Tod befürchtete. Hierdurch glaubten der Erzbifhof und der Graf Gelegenheit zu haben, Johann Baptift nach Florenz und von da nad Romagna zu fenden, unter dem Schein, einige Städte wieder zu ge mwinnen, die der Herr von Faenza ihnen genommen hatte. Der Graf trug alfo dem Johann Baptifta auf, mit Lorenz zu fprehen und ihn in feinem Namen um Rath zu frageit, wie er fich in den Angelegenheiten von Romagna zu betra— sen babe; dann follte er auch mit Franz von Pazzi fpres chen, und mit ihm gemeinfchaftlich verfuhen, Meſſer Jakob von Pazzi zu beffimmen, daß er gemeinfchaftliche Sache mit ihnen machte. Und damit er ihn durch das Anfehn des Pabſtes dazu bewegen koͤnnte, wollten fie, daß er noch vor feiner Abreife mit diefem davon fpräche, welcher dann auch alle Anerbietungen machte, die in feiner Macht flanden, die Unternehmung zu begünftigen. Als Johann Baptift nach Florenz fam, fprad) er mit Lorenz, und ward von ihm fehr Jahr gätig aufgenommen, auch ertheilte er ihm die verlangten "7 Rathſchlaͤge auf die vernänftigfte und liebreichſte Weiſe; fo daß Johann Baptifta fih fehe darüber vermwunderte; denn es ſchien ihm, als habe er einen ganz andern Menfchen in ihm gefunden, als man ihm vorgeftellt hatte, und er mußte ihn für äußerft wohlgefinne, für ſehr verſtaͤndig, und für fehr freundfchaftlicy gefinnt gegen den Grafen. halten. : Deus noch wollte er mit Franz fprechen, da er ihn. aber nicht ats traf, weil er nach Lukka gereift war, fo fprach er mit Meſſer Jakob und fand ihn im Anfang fehr abgeneigt gegen die Sache. Doch hatte, ehe er abreifte, das Anjehen des: PBabs ſtes noch einige Wirkung auf ihn, und er fagte deshalb: zu Johann Baptifta, er möchte nur nad) Romagna reifen und wieder zurücdfehren; indeffen werde Franz wieder in Florenz fein, und dann würden fie genauer von der Sache veden. Johann Baptift ging und Eehrte wieder, worauf er mit Lorenz von Medict die erdichtete Unterhandlung wegen der Angelegenheiten des Grafen fortfegte, dann aber auch mit deſſer Jakob und Franz von Pazzi fih verband; und mit diefem es dahin brachte, daß Meſſer Jakob in die Unters nehmung willigte. Sie fprahen nun von der Ausführung. Meſſer Jakob glaubte nicht, daß die Sache ausführbae wäre, fo lange noch beide Brüder in Florenz; wären; man müffe deshalb erwarten, daß Lorenz nah Nom ginge, wie der Ruf fagte, daß er thun werde, und. dann die Sache ausführen. Franz meinte gleichfalls, daß es'.gut fei, wenn Lorenz nah Nom ginge, wenn aber dies auch nicht der Fall wäre, Fönnten dennoch, wie er behauptete, beide Brüder, fei es beim Hochzeitmahl, beim Spiel, oder in der Kirche 'weggeräumt werden, Mas die fremde Hülfe betraf, fo glaubte er, daß der Pabft Truppen verfammeln koͤnne unter dem Vorwande, das Kaſtell Montone wegzunehmen, indem P 2 e er. 1479. — 228 — er gerechte Urſach habe, dem Grafen Karl daſſelbe zu ent— reißen, wegen der Aufſtaͤnde, die er, wie ſchon geſagt, im Sienefifhen und Peruginifchen erregt hatte; doch faßten fie noch keinen weitern Entfchluß, als daß Franz von Pazzl und Sohann Baptift nach Nom gehen und dort mit dem Grafen und dem Pabfte alles verabreden follten. Der Ge -genftand ward in Nom von neuem überlegt, und am Ende blieb es dabei, daß, da die Belagerung von Montone- be; fihloffen fei, Johann Franz von Zolentino, ein Hauptmann des. Pabftes, nad) Romagna, und Meffer Lorenzo da Ca ftello, in jein Land gehen, und beide dort mit den Truppen des Landes ihre, Kompagnien in Drdnung bringen follten, “sum dasjenige auszuführen, was ihnen von dem Erzbifchof Salviati und Franz von Pazzi befohlen werden würde, welche mit Johaun DBaptift von Montefeno nach Slovenz kommen und hier. alles bejorgen follten, was zur Ausfuͤh— tung des Unternehmens nöthig wäre, wozu auch der König Ferdinand durch feinen Gefandten alle Hülfe verſprach. Der Erzbiſchof und Franz von Pazzi kamen alfo nach Flo⸗ renz, wo ſie noch Jakob, einen Sohn von Meſſer Poggio, einen gelehrten, aber ehrgeizigen und nach Neuerungen ſehr begierigen jungen Mann zur Theilnahme bewogen; fo wie auch zwei Jakob Salviati, deren einer ein Bruder, der andere ein Verwandter des Erzbiſchofs war. Zu dieſen fuͤgten fie noch Bernhard Bandini und Napoleon Franeeſi, fühne und der Familie Pazzi fehr ergebene Juͤnglinge. Von Fremden traten außer den VBorbenannten noch Meſſer Ans ton von Bolterra, und ein gewiffer Priefter Stephan, der in Meffer Jakob's Haufe feiner Tochter das Lateinifche lehrte, hinzu. Renatus von Pazzi, ein Eluger und gefeßter Mann, der die Uebel, welche aus folhen Unternehmungen entipringen, Sehe wohl Fannte, willigte nicht in die Ver— fhwörung, ſondern verabjsheute fie vielmehr, und fuchte > — 229) — ſie durch alle Mittel, die er mit Ehren anwenden konnte, Jahr zu ſtoͤren. 1478 Der Pabft hatte den Raphael von Riario, einen Nef: fen des Grafen Hieronymus, auf der Univerfität zu Piſa unterhalten, um dort die Eirchlihen Wiffenfchaften zu erz fernen, und ihn noch bei feinem dortigen Aufenthalte zur Kardinalswürde erhoben. Die Berfchworenen alfo fanden für gut, diefen Kardinal nach Florenz zu ziehen, ſowohl um durch feine Ankunft die Verſchwoͤrung zu verdecen, ale. auh um unter feinem Gefolge diejenigen Verfchworenen zu verbergen, die fie nöthig hatten, und hieraus Gelegenheit zur Ausführung zu nehmen. Der Kardinal kam aljo an, und ward von Meffer Jakob von Pazzi zu Montughi, el nem Gute, nahe bei Florenz, empfangen. Mit Hülfe diefes Mannes hofften die Verfchworenen Lorenz und Julian zus fammen zu bringen, und fobald diefes gefchähe, beide zu ermorden. Sie gaben alfo dem Kardinal ein Saftmahl auf ihrem Landgute bei Fiefole, wobei aber Julian entweder zus fällig oder abfichelich niche erfchien, fo daß fie alfo, da ihr - Dan fehlfchlug, urtheilten, daß wenn fie ihn in Florenz be wirtheten, fie nothwendig beide erfcheinen würden. Sie machten alfo hierzu Anftalt, und beftimmten den Sonntag am 26. April des Sjahres 1478 zu; diefem Gaftmahl. Da alfo die Verſchworenen fie in der Mitte des Feſtes tödten zu koͤnnen daten, fo waren fie am Sonnabend Nachts beifammen, und oröneten alles an, was am folgenden Mor: gen gefchehen follte. Als aber der Tag gefommen war, fo wurde Franzen angezeigt, daß Sultan nicht zum Gaſtmahl kaͤme. Die Häupter der Verſchwoͤrung verfammelten fich alfo von neuem, und fihloffen, daß die Ausführung derſel⸗ ben nicht aufgehoben werden dürfe, weil es unmöglic, fei, daß folche, da fie fo vielen bekannt fei, nicht entdeckt würde, Sie befchloffen alfo, fie in der Kathedralkirche St. Neparata — 150 — Jahr zu ermorden, mwofelbft, da der Kardinal dort war, die beiden Nb · Sruͤder, der Sitte gemaͤß, ſich einfinden wuͤrden. Sie wuͤnſchten, daß Johann Baptiſt die Sorge uͤbernaͤhme, Lo— renz, Franz von Pazzi aber und Bernhard Bandine, Julian zu ermorden. Johann Baptiſt aber ſchlug die That aus, entweder, weil der Umgang, den er mit Lorenz gehabt hat— te, ſein Gemuͤth ſanfter gemacht hatte, oder aus irgend einer andern Urſach. Er wuͤrde niemals, ſagte er, den Muth haben, ein fo großes Vergehen in der Kirche zu voll: führen, »und den Verrat noch mit einer Kirchenſchaͤndung zu paaren; und diefes gab die erfte Veranlaffung zum Mißs lingen der Unternehmung. Denn da die Zeit fie drängte, fo waren fie genöthigt, diefe Sorge Meffer Anton von Bols terra und dem Priefter Stephan aufzutragen, melde beide fowohl aus Mangel an GefchicklichEkeit, als auch ihrer Nas tur nach zu einer folhen That Höchft unfähig waren. Denn wenn jemals zu irgend einer That ein ftarfes und feftes, durch mancherlei Erfahrung zum Leben und Sterben mit Entjchloffenheit begabtes Gemuͤth nöthig ift, fo ift es gemiß bei einer ſolchen unentbehrlih, wobei man ſchon häufig waffengewohnten und in Blut gebadeten Männern ; den Muth hat entweichen fehn. Nachdem fie dies befchloffen hatten, beftimmten fie, daß das Zeichen zur That fein follte, warn der Geiftliche, der in der Kirche die Hauptmeſſe läfe, das Abendmahl nähme; und daß mittlerweile der Erzbifchof Salviati mit den Seinigen und mit Jakob Poggio den Raths— pallaſt einnehmen follte; damit die Signoria freiwillig oder "gezwungen, fobald der Tod der beiden Sünglinge erfolge fei, ihnen günftig fein müßte. Nach diefem Befchluffe gingen fie in die Rice, wo⸗ ſelbſt der Kardinal mit Lorenz von Medici ſchon angekom— men war, Die Kiche war voller Menfchen und der Got: tesdienft hatte.fchon begonnen, Julian aber noch nihe in — (N Ne der Kiche. Franz von Pazzi alfo und Bernhard, die ihn Jahr zu tödten beſtimmt waren, gingen in fein Haus, um ihn 1478. aufzufuhen, und brachten ihn duch Bitten und Lift in die Kirche. Es iſt in der That merkwürdig, daß Franz und Dernhard einen fo großen Haß, und den Gedanken eines fo großen Verbrehens mit fo unbewegtem Herzen, mit fo hartnaͤckigem Muthe zu verdecken wußten. Denn ſowohl auf dem Wege, als in der Kirche ſelbſt unterhielten ſie ihn mit Scherzen und jugendlichen Geſpraͤchen. Franz unterließ ſogar nicht, ihn unter dem Schein der Liebkoſung mit Haͤn— den und Armen zu druͤcken, um zu ſehen, ob er ihn mit einem Panzer oder aͤhnlicher Schuzwaffe verſehen faͤnde. Julian und Lorenz kannten die feindliche Geſinnung der Pazzi gegen ſich, und daß ſie wuͤnſchten, ihnen die Macht in der Regierung zu entreißen; allein für ihr Leben beſorg—⸗ ten ſie noch nichts; denn ſie glaubten, wenn jene auch et— was verſuchen ſollten, ſo wuͤrden ſie es auf eine gelindere Weiſe und nicht mit ſolcher Gewaltthaͤtigkeit beginnen; und daher ſtellten auch ſie ſich, da ſie fuͤr ihre eigne Wohlfahrt nichts fuͤrchteten, als waͤren ſie ihre Freunde. Da alſo die Moͤrder geruͤſtet waren, jene an Lorenz Seite, wo ſie wegen der in der Kirche verſammelten Menge leicht und ohne Ver— dacht ſtehen konnten, und dieſe bei Julian, ſo kam die be— ſtimmte Zeit; worauf Bernhard Bandini, mit einer kurzen, zu dieſem Zweck verfertigten Waffe Julians Bruſt durch— bohrte, der nach wenigen Schritten zu Boden fiel; Franz von Pazzi warf ſich ſogleich über ihn her, bedeckte ihn mit Wunden und ftieß mit folhem Eifer auf ihn los, daß er, verblendet durch feinen wuͤthenden Haß gegen ihn, fich ſelbſt ſehr ſchwer am Bein verwundete. Meſſer Anton und Ste: phan von der andern, Seite griffen Lorenz an, und verwuns deten ihn, nachdem fie mehrere Stöße auf ihn gethan hat— ten, mit einer, leichten Wunde an ‚der, Kehle. Entweder ihre — 252 — Jahr Nachläffigkelt, oder des Lorenz Muth, der, da er fich ange "478. griffen fah, mit feinen Waffen fich vertheidigte, oder die —uͤlfe derer die um ihn waren, machte alle ihre Bemuͤhun— gen vergeblich; ſo daß fie beftürzt entflohen, und fich ver ſteckten; bald aber wurden ſie wieder gefunden, ſchimpflicher— weiſe getoͤdtet, und durch die ganze Stadt umhergeſchleppt. Lorenz von der andern Seite vereinigte ſich mit den Freun— den, die um ihn waren und verſchloß ſich in der Sakriſtei der Kirche. Bernhard Bandini toͤdtete, da er Julian er— mordet ſah, auch den Franz Nori, einen vertrauten Freund der Medici, entweder aus einem alten Haß gegen ihn, oder weil er ſich bemuͤht hatte, dem Julian beizuſtehen. Aber auch mit dieſen beiden Morden noch nicht zufrieden, ſuchte er Lorenzo auf, um durch feinen Much und feine Schnel— lig£eit wieder einzuholen, was die andern durch ihre Lang— famfelt und Schwäche verſaͤumt hatten; allein da er ihn in die Safriftei geflüchtet fah, fo Fonnte er dies nicht aus; führen. Mitten unter diejen fehreclichen und tobenden Auf: tritten, die fo fürchterlich waren, daß die Kirche den Eins ſturz zu drohen fchien, drängte fih der Kardinal an den Altar, mo ihn die Beiftlihen fo lange ſchůͤzten, bis die Signoria nach geſtilltem Aufruhr, ihn in ihrem Pallaſt fuͤh— ven konnte, wo er in den größten Beſorgniſſen bis zu feis ner Befreiung verblieb. | Damals befanden fich einige Peruginer in Florenz, die von dem Partheigeift aus ihrer’ Heimath verjagt, jetzt von den Pazzi durch das Verfprechen, fie ‚wieder in ihr Water: land einzufezen, in ihren Plan verwickelt worden waren. Der Erzbifchof Salviati hatte fie alfo, da er vereint mit Jakob, des Mefler Poggio Sohn, und mit feinen Ber wandten und Freunden zur Einnahme des Pallaftes ging, mit fih genommen, und da er beim- Pallalt ankam, ließ er — 233 — | einen Theil der Seinigen unten, mit dem Befehl, fobald Jahr fie das Geräufch hören würden, ſich des Thors zu bemächs 1478. tigen; er felbft aber ging mit dem größten Theile der Pe: ruginer hinauf, und da er die Signoria beit Mittagsmahle fand, denn es war fehon fpät, fo ward er von Cäfar Per trucci, Gonfaloniern der Gerechtigkeit, fogleich eingelaffen. Er ging alfo mit wenigen feiner Gefährten hinein, und ließ die Uebrigen draußen; der größte Theil von diefen ſchloß ſich ſelbſt in die Kanzellei ein, denn die Thuͤr derſelben war ſo eingerichtet, daß ſie, wenn man ſie zumachte, nicht an— ders als mit Huͤlfe des Schluͤſſels weder von innen noch von außen geoͤffnet werden konnte. Der Erzbiſchof, der in— deſſen mit dem Gonfaloniere hinein gegangen war, begann unter dem Schein, als wolle er ihm einige Sachen von Seiten des Pabſtes mittheilen, in unzuſammenhaͤngenden und zweideutigen Worten mit ihm zu reden, ſo daß die Be— wegung, die it feinem Geſicht und in feinen Worten ſicht⸗ bar ward, bei dem Gonfaloniere fo großen Argwohn evs regte, daß er plözlich fehreiend aus dem Zimmer ſtuͤrzte, und Jakob, Meffer Pogsios Sohn, den er-draußen fand, bei den Haaren ergriff und den Händen feiner Häfcher übers lieferte. Darauf geriethen die Signoren in Bewegung, er: griffen die Waffen, die der Zufall ihnen darbot, und fo wurs den alle diejenigen, die mit dem Erzbifchofe hinauf gegangen waren, da ein Theil von ihnen eingefchloffen, der andere in Schreden gefezt war, entweder fogleich ermordet, oder auch lebendig aus den Fenſtern des Pallaftes hinabgeftürzt ; unter ihnen wurden der Erzbifchof, die beiden Jakob Sal; viati, und Jakob, des Mefler Poggio Sohn, aufgehängt. Diejenigen, die unten im Pallaft geblieben‘ waren, hatten fih der Wache und des Thors bemächtigt, und den ganzen unteren Theil des; Gebäudes eingenommen, ſo daß die Bürger, die anf den Lärmen nach dem Pallaft geeilt waren, Jahr der Signoria weder ‚bewaffnet Hülfe, noch unbemwaffnet Rath 1478. zu ertheilen im Stande waren. Spndeffen waren Franz von Pazzi und Bernhard Ban: dini, da fie Lorenz entfommen und einer von ihnen, auf wel: dem die ganze Hoffnung der Unternehmung berubte, ſchwer verwundet fahen, in große Verlegenheit gerathen. Bernhard alſo, der mit eben der Freiheit des Gemüths auf feine, Net tung dachte, als auf die Ermordung der Medici gedacht hatte, entfloh und rettete fich glücklich. Franz aber, der verwunder nah Haufe zurückgefehret war, verfuchte, ob er fih zu Pferde Halten koͤnne, denn nach der genommenen Abrede follten die Verfchworenen bewaffnet durch die Stadt ziehen, und das Volk zur Freiheit zu den Waffen rufen; allein er vermochte es nicht, denn feine Munde war zu tief, und er hatte zu viel Blut dadurd verloren. Er zog ſich alfo aus, warf fih nadt auf fein Bett und bat Mefler Sa: kob dasjenige zu thun, was er felbft nicht im Stande wäre, Meier Jakob, obgleich er alt, und in ſolchen Bolksaufftän: den nicht geübt war, warf ſich dennoch, um diefe legte Probe ihres Gluͤcks zu verfuhen, zu Pferde, und ging mit etwa hundert beivaffneten, die vorher zu diefer Unternehmung ge: rüftee worden, auf den Plaz vor dem Nathepallaft, indem er das Volk und die Freiheit zu feiner Hülfe rief. Weil aber jenes durch das Gluͤck und die Freigiebigkeit der Medici taub gemacht, und dieje zu Florenz nicht befannt war, war feiner da, der ihr geantwortee hätte. Nur die Signoren, die den obern Theil des Pallaftes beherrjchten, begrüßten ihn mit Steinen, und fuchten ihn duch Worte, foviel an Ihnen war, zu erſchrecken. Während nun Meffer Jakob in diefer Unentfchloffenheit ftand, begegnete ihm Johann Gar; eiftori, fein Verwandter, der ihn zuerft wegen der von ihm erregten Unruhe zur Rede fezte, und ihn darauf ermahnte, nah Haufe zurück zu kehren, indem er ihn verficherte, daß das Volk und die Freiheit den andern Bürgern fo fehr als Jahr ihm am Herzen lägen. Meſſer Jakob alfo, jeder Hoffnung 1478. beraubt, da er den Pallaft jich feind, Lorenz am Leben, Franz verwundet, und niemand ihm zu Folgen bereit ſah, befchloß, wo möglich durch die Flucht fein Leben zu retten, und ver ließ mit den Begleitern, die er um fich hatte Florenz, um nach Romagna zu gehen. Unterdeffen war fehon die ganze Stadt in Waffen und Lorenz von Medici hatte fi in Begleitung vieler Bewaffs neten in fein Haus zurückgezogen. Der Pallaft war vom Volke wieder erobert worden, und alle diejenigen, die ſich def: felben vorher bemächtigt hatten, waren gefangen und ermors det. Schon rief man durch die ganze Stadt den Namen der Medici aus; und die Glieder der Ermordeten fah man theils auf den Spizen der Langen, theils in der Stadt um, hergeſchleppt; und jeder verfolgte die Pazzi mit wuͤthenden Worten und graufamen Handlungen. Schon waren ihre KHäufer vom Volke eingenommen, und Franz war nadend aus dem Haufe geriffen, nach) dem Pallaft geführt, und dort zur Seite des Erzbifchofs und der anderen aufgehängt. Keine Deleidigung aber, die man ihm ſowohl untermweges als nach: ber anthat, war im Stande, ihn zum Reden zu bewegen; fondern indem er die andern feft anblicte, feufzte er ſchwei— gend ohne die geringfte Klage weiter hören zu laffen- Wil helm von Pazzi ein Verwandter von Lorenz, vettete ſich fo: ‚wohl durch feine Unfchuld als auch mit Hülfe feiner Ger mahlinn Dlanfa in des leztern Haus. Sn diefer Zeit der Noth gab es feinen Bürger, der nicht bewaffnet oder un; bewaffnet in des Lorenz Haus gefommen wäre, und jeder bot ihm feine Perfon und fein Vermögen an; fo groß war das Gluͤck, und die Gunft, die fid) diefes Haus durch feine Klugheit und Freigebigkeit: erworben hatte. Renatus von Pazzi hatte fih, als die Begebenheit erfolgte, auf fein Lands — 236 — Jahr gut zuruͤckgezogen; da er nun hier den Verlauf erfuhr, 2478. wollte er verfleider entfliehen; aber er ward auf dem Wege erkannt und gefangen, und darauf nach Florenz geführt. Auch Meffer Jakob ward bei dem Uebergange über die Alz pen gefangen; denn da die Alpenhirten den zu Florenz er: folgten Vorfall vernommen hatten, und nun feine Flucht fahen, ward er von ihnen angegriffen und nach Florenz ge: führe. Auch Fonnte er, obgleich er mehrmahls darum bat, dennoch nicht von ihnen erlangen, daß fie ihn auf dem Wege ermordet hätten. Meſſer Jakob und Renatus wurden, vier Tage nach dem Ausbruch der Begebenheit zum Tode verurs theile. Unter fo vielen Ermordungen, die man in diejen Tagen begangen hatte, daß fogar die Straßen mit menfch- fihen Sliedern bedeckt waren, wurde doch Erine mit Mitleid betrachtet, als die des Renatus, weil man diefen für einen vernünftigen und guten Mann bielt, und der nicht den Flecken des Hochmuths an fich trug, den man den Vebrigen aus diefer Familie vorwarf, Damit es nun bei diefer Der gebenheit auch nicht an einem außerordentlichen DBeifpiel fehle, fo ward Meffer Jakob erft in dem Begräbniffe feiner Borfahren beigefezt, denn aber, gleich einem der im Bann ſtirbt, herausgenommen und fern von den Mauern der Stadt beerdigt; auch von hier ward er noch einmal ausge: graben, und an dem Strike, womit man ihn aufgehängt hatte, naft in der ganzen Stadt herumgefchleppt; und end; lich da fich in der Erde Fein Play zum Grabe für ihn fand, von denfelben Leuten, die ihn umbergefchleppt hatten, in den Flug Arm geworfen, deffen Waffer damals fehr hoch war. Ein wahrhaft auffallendes Beifpiel von Gluͤckswechſel, einen Mann von fo großen Reichthuͤmern und aus einer fo überaus glücklichen Lage, in fo großes Ungluͤck, in fo tiefen Fall, In fo großen Schlmpf binabftärzen zu fehen. Man fchreibt ihm einige Lafter zu, unter andern Scherze und Gottesläfte: a Me eungen die ſich feläft für einen ganz verworfenen Menfchen Jahr nicht ſchicken würden. Allein diefe Lafter glich der durch viele 2478. Almoſen wieder aus, denn vielen Häülfsbedürftigen und wohls thätigen Anftalren ließ er veichlihe Hülfe zufommen, Auch ‚das: Gute kann man von ihm fagen, daß er an dem Sonn abende vor jenem Sonntag der zu dem großen Mord be; flimmt war, um niemand zum Iheilnehmer an feinem wid; ‚eigen Geſchick zu machen, alle feine Schulden bezahlte und alle andere Keuten gehörige Waaren, die er auf dem Pad; bofe und im Haufe hatte, mit bewundernswerther Sorgfalt ihren Eigenthämern zufandte. Sobann Baptifta von Mon: ‚tefeno ward nach einer langen gegen ihn, geführten Unterſu— hung enthauptet. Napoleon Francefi entkam durch die Flucht der Hinrichtung. Wilhelm von Pazzi ward verbannt, and feine Bertern die am Leben geblieben waren, in den ‚Kellern des Forts von Volterra gefangen gefezt. Nachdem ‚alle diefe Tumulte geftillt und alle Verſchworne beftraft wa: ven, wurde Julians Beftattung gefeiert, den die TIhränen aller Bürger begleiteten; denn er war von fo großer Frei- ‚giebigkeit und Güte, als man von irgend einem Menfchen, der in einer folchen Lage geboren ift, nur immer wänfchen kaun. Er hinterließ einen natürlihen Sohn, der menige Monate nach des Vaters Tode zur Welt fam, und Julius ‚genannt ward; welchen Tugend und Gluͤck fo fehr ausges zeichner haben, als zur gegenwärtigen Zeit die ganze Welt erfennt, und wie es von uns, fobald wir zu der Befchreis bung. der gegenwärtigen Zeiten fommen, wenn Gott uns das Leben verleiht, ausführlich gezeigt werden wird. Die Truppen, die ſich unter Meſſer Lorenz von Kaftello in Balditevere, und diejenigen, die fi) unter Sohann von Tos lentino in Romagna verfammelt hatten, waren, um die Pazzi zu begänftigen, auf Florenz losgegangen ;. als fie aber das in 258 —* Jahr Mißlingen der Unternehmung erfuhren, kehrten fie tie 2478. der um. Da nun alfo die Staatsveränderung in Florenz niche fo erfolgte war, wie der Pabſt und der König es gewuͤnſcht hatten, fo beidloffen fie das, was fie duch Verſchwoͤrungen nicht hatten zu Stande bringen Fönnen, dur den Krieg zu bewirken. Beide zogen alfo in der größten Geſchwindigkeit ihre Truppen zufammen, um den Florentinifchen Staat ans zugreifen, indem fie bekannt machten, daß fie nichts weiter von der Stadt verlangten, als daß fie Lorenz von Mediet von fich entferne, welhen fie unter allen Floventinern, als ihren einzigen Feind betrachteten. Die Truppen des Könige waren ſchon über den Tronto gegangen und die Päbftlichen waren im Peruginifchen; damit aber die Florentiner außer den zeitlihen auch die geiftlihen Wunden fühlen follten, fo that er fie in den Bann und verfluchte fie. Die Florentis ner alfo, da fie fo große Deere gegen fi) anruͤcken jahen, rüfteten fi mit dem groͤßten Eifer zur VBertheidigung. - Lorenz von Medici befchloß jedoh, da dem Rufe nad) der ‚Krieg gegen ihn geführte wurde, vor allen Dingen bei den Signoren im Pallafte die angefehenften Bürger, der Zahl nach mehr 'als dreihundert, zu verfammeln und ſprach zu dieſen in folgendem Sinne: Ich weiß nicht, erhabene Signos ven, und ihre, hochedle Bürger, ob ich mich über die erfolg: ten Begebenheiten bei euch beklagen, oder ob ich mich dars über erfreuen fol; denn mwahrlih, wenn id bedenfe, mit welcher Hinterlift, mit welchem Haß ich angegriffen und mein Bruder ermordet ward, fo kann ich mich der Trauer nicht enthalten, und muß mich von ganzem Herzen, und von ganzer Seele darüber betrüben. Wenn ich aber hernach betrachte, mit welcher Schnelligkeit, mit welchem Eifer, mit welcher Liebe, mit wie allgemeiner Einftimmung der gefamms ten Stadt mein Bruder gerächt worden ift, und ich verthei: De digt; fo ift es billig daß ich mich nicht allein darüber erfreue, *478 ſondern mein Gluͤck Hoc preife und ruͤhme. Und ficher, wenn die Erfahrung mir gezeigt hat, daß ich in diefer Stade mehr Feinde hatte, als ich glaubte, fo hat fie mir auch be; wieſen, daß ich hier mehr dienfifertige und warme Freunde befize, als ic) erwartet hatte. Sch bin alfo genöthige, mich bei euch über das Unrecht anderer zu beflagen, und mich zu erfreuen über eure Verdienſte; allein doch bin ich gezwun— gen um foviel mehr mich zu beflagen uͤber die Beleidiguns gen, je feltener, je beifpiellofer fie find, und je weniger von uns verdient. Bedenkt hochedle Bürger, wohin das Mif: geſchick unſer Haus gebraht hatte, daß es mitten unter feinen Freunden, feinen Verwandten, ja in der Kirche felbft nicht fiher war. Diejenigen, die ihren Tod befürchten, pfle⸗ gen bei ihren Freunden, pflegen bei ihren Verwandten Hülfe zu fuhen; und wir, mir fanden fie bewaffnet zu unferm Untergange. Ale diejenigen, die eine Öffentliche oder pers fönlihe Verfolgung trifft, pflegen in den Kirchen eine Zus fluht zu fuhen. Alfo von denjenigen, von denen: Andere vertheidige werden, find mir ermordet worden; da, wo Hochverraͤther und Todtjchläger ficher find, haben die Mer die ihre Mörder gefunden, Aber Gott, der bis jeßt noch niemals unfer Haus verlaffen bat, bat auch uns erhalten und die Bertheidigung unferer gerechten Sache übernom: men. Denn welche Beleidigung haben mir irgend jemand angethban, die eine fo große Nachbegierde nach fich ziehen koͤnnte? Wahrlich diejenigen, die ſich uns fo feindlich gezeigt haben, niemals haben wir fie perfönlih angegriffen, - denn wenn wir fie angegriffen hätten, fo würden fie feine Ge; legenheit meht gehabt haben, uns anzugreifen. Schreiben fie aber uns die Beleidigungen von Seiten der Regierung zu, wenn ihnen irgend eine mwiderfahren ift, welches Ich nicht — 240 — Jahr weiß; ſo beleidigen ſie dadurch mehr euch als uns, mehr 2478» diefen Pallaft und die Majeſtaͤt diefer Regterung als unfer Haus, indem fie behaupten, daß ihr um unferetwillen und unverdienterweife eure Bürger mißhandelt, Allein dies ift von aller: Wahrheit entblößt, denn wir würden es nicht ges than haben, wenn wir auch gefonnt, und ihr nicht, wenn wir auch gewollt hätten; .und ein jeder, der die Wahrheit genau unterfuht, wird finden, daß unfer Haus aus feiner andern Urfache mit fo allgemeiner Zuftimmung immer von euch erhöht worden ift, als weil es fich bemüht hat, an Güte, Freigebigkeit und Wohlthaten jedermann zu über: treffen. Wenn wir alfo die Fremden geehrt haben, warum hätten. wir unſere Verwandte beleidigen follen? Wenn fie aber durch Herrfchfucht dazu bewogen worden find, wie es die Einnahme des Pallafies, und das Erfcheinen auf dem Plaze mit Bewaffneten beweifet, jo entdeckt und verurtheilt es fich von felbft, wie abjcheulih, wie ehrfüchtig und ver: dammlich diefe Veranlaffung fei. Haben fie es aus Haß oder Meid gegen unfere Macht gethan, jo beleidigen fie das durch euch, nicht uns, denn ihr habt fie. uns gegeben. Ganz ficher verdient eine folhe Mache gehaßt zu werden, ‚welche die-Menfchen an fich reißen, nicht aber die, welche die Menfchen durch Freigebigfeit, durh Güte und Groß: muth fich erwerben. Auch wißt ihre, daß niemals. unfer Haus zu irgend einer Stufe feiner Größe emporgeftiegen it, ohne von diefem Pallaft und durch euren einftimmigen Willen dazu erhoben zu fein. Nicht durch Gewalt und Waffen Eehrte Kosmus,- mein Ahn, aus der Verbannung zurück, fondern durch eure Einwilligung und Vereinigung. Mein Vater, der ſchon alt und Schwach war, vertheidigte nicht durch feine Perfon die Regierung gegansfo mächtige Feinde, fondern ihr vertheidigtee ihn duch eure Macht und euer Wohlwollen. Ich ſelbſt hätte nach meines Baters ’ — 041 — Tode, da ich gleichſam noch ein Kind war, den Rang mei⸗ Jahr nes Hauſes nicht behaupten koͤnnen, waͤre nicht euer Rath 478 und eure Gunſt geweſen. Nie haͤtte mein Haus dieſe Re— publik regieren koͤnnen, noch wuͤrde es jezt dies koͤnnen, wenns ihre, nicht gemeinſchaftlich mit ihm ſie regiert haͤttet und noch regiertet. Ich weiß alfo nicht, welche Veranlaſ— ſung zum Haß fie gegen uns haben koͤnnen und welche ‚ger rechte Urſach zum Neide. Moͤgen ſie den Haß gegen ihre Vorfahren wenden, die durch ihren Hochmuth und Geiz ſich des Anſehens verluſtig gemacht haben, das die unſrigen durch entgegengeſezte Bemuͤhungen zu gewinnen wußten. Aber wenn wir auch zugaͤben, daß die Beleidigungen, die wir ihnen zugefuͤgt haͤtten, groß waͤren, und daß ſie mit Recht unſern Untergang wuͤnſchten; warum denn; dieſen Pallaſt angreifen? Warum ſich mir dem Pabſt and mit dem Koͤnige gegen die Freiheit diefer Republik verbinden ? Warum Sstaliens langen Frieden unterbrechen ?: dafür has ben fie feine Entfchuldigung ; denn fie mußten den angreis fen, der fie angriff, und micht perfönliche : Feindfchaft, mit Angriffen gegen die Regierung verbinden. Hieraus entſteht, daß nachdem wir fie unterdrückt haben, unſer Uebel: noch heftiger ift, weil auf ihre Veranlaffung der Pabſt und. der König in Waffen gegen uns anziehen; und diefer Krieg, bes baupten fie, fei gegen mich und gegen mein Haus gerichter, Wollte Gott nur, daß diejes wahr. wäre; denn die Hülfs- mittel dagegen würden fchnell und ficher und ich nicht ein jo fchlechter Bürger fein, daß ich mein Wohl höher achten ſollte, als eure Gefahren; fondern vielmehr würde ich die Slamme, die euch träfe, durch meinen Sturz zu loͤſchen fuchen. Weil aber die Mächtigen immer das Unrecht, das fie anthun wollen, durch irgend einen weniger fchimpflihen Vorwand zu bedefen fuchen, jo haben fie diefes Mittel evs griffen, um ihr fehändliches Unrecht zu verdefen. Wenn Zweiter Theil, Q | Jahr ihr indeß darüber anderer Meinung ſein ſolltet, fo: bin ich 2478: in euren Händen: Ihr habe mir zu befehlen oder mich zu verlaſſen. Ihr meine Vaͤter, meine Vertheidiger, was im— mer ihr mir zu thun befehlen werdet, das werd' ich gern vollbringen, und werde nie mid) weigern, wenn ihr es fuͤr gut findet, dieſen Krieg, der meines Bruders vergoßunes Blut begonnen hat, mit meinem Blut zu endemm Die Bürger konnten fih nicht enthalten, noch während Lorenz ſprach, in Thränen auszubrechen, und einer von ihnen, dem die anderen ihm zu antworten auftrugen, bezeigte ihm das Mitleid, mit welchem fie ihn angehört haͤtten, indem er fagte, die Stadt erkenne die großen Verdienſte Seiner felbft und der Seinigen, daher er nur frohen Muthes bleiben möchte; denn mit derjelben Bereitwilligkeit, mit welcher fie feinen Bruder gerächt und fein Leben gerettet hätten, - wuͤr—⸗ den fie ihm auch fein Anjehen und die Regierung erhalten, und niche eher follte er: diefe verlieren, bis fie ihr Vaterland verloren hätten. Damit num ihre Handlungen auch mit diefen Worten überein fimmen möchten, fo verfahen fie. ihn von Seiten des Staats mit einer Anzahl von Bemaffneten zu feiner Leibwahe, um ihn vor Nachftellungen in feinem. Haufe zu fichern. : Hierauf traf man Anftalten zum Kriege, und brachte fo viel Truppen und Geld zufammen, als nur möglid war. Sie forderten Eraft ihres Buͤndniſſes auch Hülfstruppen von dem Herzoge von Mailand und den Venezianern. Weil ; ſich auch der Pabft als ein Wolf und nicht als ein Hirt ger zeigt, fo vechtfertigten fie, um nicht als ſchuldige verſchlun— gen zu werden, auf alle mögliche Weile ihre Sache, und erfüllten ganz Sztalien mit der Erzählung des an ihrem Staat begangenen Verraths, indem fie die Gottlofigfeit des Pabftes, und feine Ungerechtigkeit darthaten, und das er das Pabſtthum, das er anf eine fehlechte Weiſe erlangt — 243 — habe⸗ auch ſchlecht verwaltes) denn er habe diejenigen, die er Jahr zu den hoͤchſten geiſtlichen Winden erhoben, im Geſellſchaft 47% von Verraͤthern und: Meuchelmoͤrdern abgefandt ‚am! in der » Kirche, mitten: unter dem Gottesdienſt, unter der Feter des heiligen Saframents einen ſo ſchaͤndlichen Verrath zu bei gehen, und hierauf belege er, weil es ihm nicht gelungen ſel, die Bürger zu ermorden, die Regierung ihrer Stadt zu veraͤndern, und ſie nach ſeinem Willen zu verheeren, die— ſelbe mit dem Bann, und drohe ihr und greife fie an mit dem priefterlichen Fluch. "Wenn aber Gott gerecht fei, wenn ihm Gewaltthaten mipfielen, fo müßten ihm auch die feines Stadthalters mißfallen, und er zugeben, daß die verlezten Menjchen, wenn fie bei dieſem Feine Aufnahme fänden, zu ihm ihrer Zuflucht naͤhmen. Die Florentiner nahmen alfo das Interdikt gar nicht an, und gehorchten ihm keinesweges, fondern zwangen vielmehr die Geiſtlichen, den Gottesdienft zu vollbringen. Sie veranflalteten eine Kirchenverſammlung in Florenz von allen Toskaniſchen Prälaten, die ihrer Res gierung unterworfen waren, und appellirten im "derfelben wegen der Ungereihtigfeiten des Pabſtes an eine Eünftige allgemeine Kirchenverfammlung. Auch dem Pabft- fehlte es nicht an Gründen, feine Sache zu rechtfertigen; zu diefem Ende führte er an: einem Pabft komme es zu, die Tivannet zu unterdrücken, die Boͤſen zu fiürzen und die Guten zu erheben, und diefes müffe er durch jedes anwendbare Huͤlfs— mittel zu bewirken fuhen; aber das fel'gar nicht das Amt der meltlihen Machthaber, die Kardinäle feftzufezen, die Biſchoͤfe aufzuhängen, die Priefter zu zerftüceln und her: umzjufchleppen, und: fchuldige und unfchuldige ohne den ger ringſten Unterfchied umzubringen. ‚Unter allen diefen Streitigkeiten und Befhuldigungen gaben die Florentiner dennoch den Kardinal, den fie in Haͤn— den hatten, dem Pabfte zuräd, und dies bewirkte, daß nun 22 ⸗ — 244 — Jahr der Pabſt ‚ohne; weitere Ruͤckſicht mit allen ſeinen eigenen 2476. und mit den: Eöniglihen Truppen ſie angriff. Die beiden Heere unter Alphons, dem älteffen Sohne Ferdinands und Herzoge von Kalabrien, und unter der: Anführung Friedrich Grafen von; Urbino, ruͤckten durch Siena, deffen Bürger zur feindlichen Parthei gehörten, im Chianti 'ein,. nahmen Radda und mehrere andere Kaftelles pluͤnderten das ganze Land und brachten endlich ihr Lager vor das Schloͤßchen. Die Floxentiner geriethen durch dieſe Angriffe in guoße Furcht, weil ſie ohne Truppen waren und die Huͤlfe ihrer Freunde nur langſam herankommen ſahen; denn der Herzog ſandte zwar Huͤlfstruppen, die Venezianer aber behaupteten, ſie ſeien nicht verbunden, den Florentinern in Privatange⸗ legenheiten zu helfen; der Krieg werde gegen einzelne Per— ſonen gefuͤhrt, fie ſeien alſo nicht verpflichtet, ihnen in, dem⸗ ſelben beizuſtehen, denn Privatfeindſchaften muͤßten nicht durch Staaten ausgefochten werden. Die Florentiner jands ten alſo, um die Venezianer zu einer billigeren Anſicht der Sache zu fuͤhren, Meſſer Thomas Soderini als Geſandten an ihren Senat, während. der ‚Zeit aber nahmen fie Trup⸗ ven in Sold, und machten Herkules, Marfgenfen „von Ferrara, zum Feldherrn ihrer Heere, Während an dieſen Nüftungen gearbeitet wurde, bedrängte das feindliche Heer das Schlößchen fo. mächtig, daß die Einwohner deffelben am | Entfaz verzweifelten und ſich, nachdem: fie eine vierzigtägige Delagerung ausgehalten hatten, ergaben. Bon bier wand: ten fic) die Feinde gegen Arezzo, und belagerten den Berg zu ©. Savino. ‚Das Florentinifche Heer war nun bereits gerüftet; es ging dem Feinde entgegen, ftellte ſich in einer "Entfernung von drei Meilen gegen ihn auf, und verurfachte ihm fo viel Schaden, daß Friedrich von Urbino auf; einige Tage Maffenftillftand forderte. Diefer ward ihm auch, zur geftanden, und zwar zu fo großem Nachtheil der Sloventiner, — 245 — daß diejenigen, die ihn forderten, ſich wunderten, ihn er⸗ Jahr langt zu haben; denn hätten fie ihn nicht erhalten, ſo wie, 47% den fie. genoͤthigt gewefen fein, ſich mit 1 Schimpf und Schande davon zu machen Nachdem fiesaber fo viel Tage Zeit gehabt hatten ſich zw erholen, fo nahmen fie nach Ab: - lauf des: Waffenſtillſtandes, im Angefiht unſerer Truppen das Kaſtell ein. Da es indeſſen Winter geworden war, ſo zogen ſich die Feinde, um in bequemen Gegenden ihr Win⸗ terquartier zu halten, in das Sieneſiſche zuruͤck. Auch die Florentiniſchen Truppen zogen ſich in bequemere Quartiere zuruͤck, und der Markgrafiivon Ferrara, nachdem er wenig Bortheile für fich und noch weniger für, die anderen erfoch: ten hatte, Eehrte in fein Land zuruͤck. Um diefe Zeit empörte fi) Genua gegen die Mailändi: fhe Regierung aus folgenden Urfachen. Nachdem Galeazzo £odt war, und einen Sohn, Namens Johann Galeazzo, in einem zur Regierung noch unfähigen Alter hinterließ, fo entitand Uneinigfeit zwifchen Sforga, Ludiwig, Dftavian, und - Askanius feinen Oheimen, und Madonna! Bona, feiner Mutter; denn alle wollten die Auffiche über den Eleinen Herzog übernehmen, In dieſer Streitigkeit‘ behielt Madonna Dona, die alte Herzogin, duch den Nath von: Meffer Iho: mas Soderini, der, damals Florentinifcher Gefandte bei ih: ‚ ver Regierung war; und von Meſſer Cecco Simonetta, der Galeazzos Sekretär gemwefen war, ‚die Oberhand. Die Fa: milie der Sforza entfloh alfo aus Mailand, wobei DEta- vian, da er über) die Adda ging, ertrank, die andern aber, nebft dem Herrn Robert von San Severino, der bei diefen Unruhen die Parthei der Herzogin verlaffen und fih an fie angefchloffen hatte, nach verfchiedenen Drten hin verbannt wurden. Als hierauf die Unruhen in: Toskana erfolgten, fo verließen diefe Prinzen: in der Hoffnung, durch ‚neue Vorfaͤlle neues Gluͤck zu finden, ihre Verbannungsoͤrter — 246 — Jahr und alle machten neue Verſuche, um in ihr Vaterland zu⸗ 1478. rückzu£ehrem' Der König Ferdinand, welcher ſah, daß die Florentiner, in ihrer Noch nur allein» von dem Mailändiz fhen Staat unterſtuͤzt worden waren, wollte ihnen auch diefe Hülfe entziehen und dachte daher der Herzogin in ih— rem eignen Lande fo viel u thun zu geben, daß fie auf die Unterftäzung der Florentiner nichtmehr denken könnte. Er bewirkte daher: mit Hülfe des Puosper Adorno, des Herrn Kobert, und der Sforzanifhen Rebellen, daß Genua fid) gegen den Herzog empoͤrte. Nur das kleine Kaftell blieb in feiner Gewalt und in der Hoffnung auf diefes fandte die Herzogin viele Truppen bin, um die Stadt wieder zu ges winnen; allein diefe wurden gefchlagen, und da fie die Ge: fahr einfah, die ihr und ihrem Sohne aus der Fortdauer diefes Krieges entftehen fonnte, da Toskana in Zerrüttung und die Florentiner, auf die fie allein hoffen konnte, ber drängt waren, fo beſchloß fie, die Stadt Genua, da fie folche als Unterthanin nicht befizen Eonnte, wenigftens zue Freundin zu behalten. Sie traf alfo mit Battiftino Sregofo, dem Feinde von Profper Adorno, die Lebereinfunft, daß fie ihm das Eleine Kaftell übergeben und ihn zum Fürften von Genua machen wolle, went er nur Projper daraus verjagen und die Sforzanifchen Rebellen nicht begünftigen wolle. Nach diefem Befchluß bemächtigte ſich Battiftino mit Hülfe des kleinen Kaftells und "feiner Parthei der Stadt Genua, und machte fih nach dortiger Sitte zum Doge. Die Sforzanifchen alfo und Herr Nobert famen, aus. dem Senuefifchen verjagt, mit den Truppen, die ihnen folgten, nach Lunigiana. Der Pabft und der König, da fie die Un— ruhen in der Lombardei beigelegt fahen, nahmen von diefen aus Genua verjagten Gelegenheit, Toskana nad) dem Pi: fanifchen zu in Unruhe zu fezen, damit die Florentiner durch Theilung ihrer Macht gefchwächt wuͤrden; fie bewirkten da- her, da der Winter ſchon vorüber war, daß der Herr Nos Jahr bert mit feinen Truppen Lunigiana verließ und das Piſani— She Land angriff. Der Herr Robert erregte demnach einen 1479. gewaltigen Tumult, _plünderte und eroberte viele Schlöffer im Pifanifchen, und :ftreifte mit feinen Plünderungen bis an die Thore von Pila; Zu dieſer Zeit kamen nah Florenz Gefandte von dem Kaifer, dem Könige von Frankreich, und dem Könige von Ungarn, die von ihren Fürften zum Pabfte geſchickt wurden. Diefe beredeten die Floventiner, Gefandte an den Pabjt zu ſchicken, und verfpraden, alle Mühe bei demfelben anzus wenden, um durch einen’gany vortheilhaften Frieden diejen ‚Krieg zu beendigen. Die Florentiner fchlugen es nit aus, diefen Verſuch zu madhen, um bei jedermann gerechtfertigt zu fein, da fie von ihrer Seite Liebe zum Frieden zeigten. Sie fandten alfo, um fih des Anſehens des Königs von Srankreich zu bedienen, da fie von den Stalienern theils ans gegriffen, theils verlaffen waren, den Donatus Xeciajuoli, einen in den Wiffenfchaften des Griechifchen und Römifchen Alterthums außerft fleißigen Mann, deffen Vorfahren im der Stadt immer einen hohen Rang bekleidet hatten, als Ge; fandten an diefen König ab; allein er farb auf der Reife, als er zu Mailand angefommen war. Das Vaterland alfo, um feine Hinterbliebenen zu belohnen, und fein Andenfen zu ehren, lieg ihn auf Sffentliche Koften hoͤchſt ehrenvoll beerdigen, und gejtand feinen Söhnen die Befreiung von bürgerlihen Laften, und feinen Töchtern angemeffene Mit: gaben zu ihrer Verheirathung zu. An feine Stelle aber er: nannten fie Meifer Guido Anton Vespucei, einen in den Wiſſenſchaften der Nömifchen Neichsverfaffung und Kirche ſehr erfahrenen Mann, zum Gejandten an den König. Der Angriff den der Herr Robert auf das Pifanifche Land machte, beunruhigte die Florentiner ſehr, fo wie es uner: Jahr wartete Dinge zu thum pflegen. Denn da fie auf der Seite ‘47% von Siena einen fehr ſchweren Krieg zu führen hatten, ſo fahen fie nicht ein, wie. fie die Gegend von Piſa ſchuͤzen follten, . Doc famen fie dieferi Stadt durch Truppenaufruf und ähnlihe Vorkehrungen zu Hülfe; und um auch) die Luffefer in guter Gefinnung zu erhalten, daß fie den Feind micht duch Geld oder Lebensmittel unterſtuͤzen möchten, fhieften fie Peter, Sohn von Gino, Sohn von Neri Caps poni als Gefandten dahin ab; allein dieſer ward dajelbft, wegen des Haffes, den dieje Stadt gegen das Florentinifche Volk hegt, und der aus den alten Beleidigungen gegen die felbe, und. aus der fleten Furcht entſtanden ift, mit ſo gro⸗ ßem Argwohn empfangen, daß er vielmals Gefahr lief, durch Volksauflaͤufe ermordet zu, werden. Seine Gefandt- ſchaft gab alſo eher zu neuer Unzufriedenheit, als zu neuer Eintracht Veranlaſſung. Die Florentiner riefen den Mark; grafen von Ferrara zuruͤck, nahmen den Markgrafen von Mantua in Sold, und forderten von den Venezianern ſehr angelegentlich Karl, den Sohn Braccios und Deiphobus, einen Sohn des Grafen Jakob, welche ihnen. endlich nach vielen Chikanen von den Venezianern zugeflanden wurden; denn nachdem diefe mit den Türken einen Waffenftillftano gefchloffen und alſo keinen Vorwand mehr zu ihrer Ent— fhuldigung hatten, fo fehämten fie fih, die Treue des: Bun—⸗ des nicht zu halten. Der Graf Karl und Deiphobus kamen alfo mit einer beträchtlihen Anzahl Truppen; mit diejen vereinigten fie alle diejenigen, ‚die von dem Heere, das uns ter dem Markgrafen von Ferrara gegen die Truppen des Herzogs von Kalabrien foht, nur immer entbehrt: werden konnten, und gingen fo auf Pifa los, um den Herrn Ro; bert anzugreifen, der mit feinen Truppen fih in der Nähe des Aluffes Sirchio befand. Ob er. nun gleich ſich geftellt hatte, als. wolle er unfere Truppen erwarten, fo that er — 249 — ‚ dies dennoch nicht, fondern zog fih nad Runiglana in die Jahr Quartiere zuruͤck, aus denen er beilſeinem Einmarſch ins 1479 Pifanifche Land ausgeruͤckt war. Nach feinem Abmarfch wurden von dem Grafen Karl alle diejenigen Derter wieder genommen, die von den Feinden im Pifanifchen erobert worden waren, ' Soobald die Florentiner von den Angriffen im Pifanis ſchen befreit waren, ließen fie alle ihre Truppen fich zwi⸗ fhen Colle und S. Giminiano zufammenziehen. Da aber bei diefem Heere durch des Grafen Karl Ankunft Sforza— nifche und Bvaccianifche waren, fo fing fogleich ihr alter Haß wieder rege zu werden an; und man glaubte, wenn fie lange Zeit bei einander blieben, fo würde es zwiſchen ihr nen zu den Waffen fommen. Um aljo größeres - Uebel zu vermeiden, befchloß man, die Truppen zu theilen, und einen. Theil derfelben unter: dem Grafen Karl in das Peruginifche zu fenden, den andern aber bei Poggibonzi aufzuftellen, mo fie ein feftes Lager auffchlagen follten, um dem Feinde den Eingang in das Florentinifche zu verwehren. Durch diefes Mittel hofften fie auch den Feind zu zwingen, fetne Truppen zu theilen; denn fie glaubten,: der Graf Karl werde ents weder Perugia einnehmen, wo fie viele Anhänger zu haben glaubten, oder der Pabft werde genöthigt fein, zur Verthei— digung diefer Stadt eine große Macht abzufenden, Außers dem veranftalteten fie, um den Pabſt in noch größere Noth zu bringen, daß Meffer Nifolaus Vitelli, der Eitta di Car „fello, wofelbft Dieffer Lorenz, fein Feind, das Haupt war, verlaffen hatte, fich der Stadt mit Truppen näherte, um zu verfuchen, feinen Gegner mit Gewalt daraus zu vertreiben, und fie der Herrfchaft des Pabftes zu entziehen, Sm Ans fange fchien es, als wolle das Gluͤck die Sache der Floren— tiner begünftigen, denn der Graf Karl machte im Peruginis fchen große Fortſchritte. Mefler Nikolaus Vitelli, obſchon 3a ahr es ihm nicht-gelungen war, sin Kaftello einzubringen, hatte 179 doch im Felde mit, feinen Truppen die Oberhand, und pluͤn— derte vings um die Stadt ohne den mindeften Widerftand. Eben fü flreifter auch die Truppen, die zu Poggibonzi ges blieben waren, täglich bis an die Mauern von Siena. Doch alle diefe Hoffnungen zeigten fih am Ende trüglich. Erſt⸗ lich ftarb, der Graf Karl mitten in der Hoffnung auf feine Siege; indejfen wärde fein Tod die Lage der Florentiner noch verbeffert haben, wenn man nur den daraus erfolgten Sieg zu benuzen werftanden hätte. Sobald nehmlich der Tod des Srafen befannt ward, fo faßten die Truppen der Kirche, die bereits alle zu Perugia verfamntelt waren, fos gleich Hoffnung, die Florentinifchen Truppen unterdrüden zu tönnenz fie rückten alfo ins Feld und ſchlugen ihr Lager an dem See, drei Meilen vom Feinde auf. Jakob Guiceis ardini-hingegen, der als Kommiſſarius fich bei diefem Heer befand, unterfiäzt durch- den Rath des erlauchten Robert von Rimino, der nach des Grafen Karl Tode der erfte und angefehenfte bei. diefem Heer geblieben war, beſchloß mit dies ſem gemeinfchaftlih, da fie. die Urfach von dem Hochmuth des Feindes erkannten, «feinen Angriff zu erwarten. Es kam alfo zum Gefecht an der Seite des Sees, da wo einft der Karthaginenjer Hannibal den Römern jene denkwuͤrdige Niederlage beibrachte, und die Truppen der Kirche wurden- gefchlagen. Diefer Sieg ward zu Florenz mit großem Lobe der Anführer, und allgemeiner Freude vernommen, und würde zur Ehre und zum Nuzen diefes Feldzuges gereicht haben, . wenn: nicht die Unorönungen, die bei dem Heere, das bei Poggibonzi lag, entftanden, alles wieder geftört häts ten. So ward alfo das Gute, welches das eine Heer ſtif— tete, von dem andern wieder ganz vernichtet; da nehmlich diefe Truppen im Sienefifhrn Beute gemacht hatten, ent: ftanden über die Vertheilung derjelben zwifchen dem Mark; grafen wor Ferrara und dem von Mantua Streitigkeiten. Jahr Sie griffen: zu den Waffen und rhaten fich alle) mögliche "479 Seindfeligkeiten an, ja es kam jo weit, "daß die Slorentiner artheilten, fie fönnten fi nun nicht mehr beider, Feldherren bedienen, und daher. zugaben, daß. der Markgraf von Sn rara mit feinen. Truppen nach Haufe ging. Da alſo diefes: Heer gefhwächt und . ohne — war, und ſich in jeder Ruͤckſicht hoͤchſt unordentlich betrug, ſo faßte der Herzog von Kalabrien, der mit ſeinem Heere nahe bei Siena ſtand, den Muth, es anzugreifen. Er führte dies auch fogleic aus, und da die Florentinifchen Truppen fih angegriffen fahen, fo hatten fie. gar kein Zutrauen mehr, weder auf ihre Waffen, nod) auf ihre Menge, denn fie was ren dem Feinde überlegen, noch auf die außerordentlich: fefte Stellung die fie inne hatten, ſondern fie entflohen, ohne auch nur dem Anblick des Feindes abzuwarten, ſchon als: fie den Staub von fern erblidten, und überliegen dem Feinde ihre Vorräthe, ihr Gepaͤck und ihre Artillerie; fo groß war die Feigheit und Unordnung jener Heere, daß die Wendung eines Pferdes mit dem Kopf oder Nüden im Stande war, in einem Feldzuge die Niederlage oder den Sieg zu bewir— fen. Diefe Niederlage gab den Soldaten des Königs reiche Beute, und verurſachte den Florentinern den größten Schrek— fen; denn ihre Stadt war nicht allein von dem Kriege ſon— dern auch von einer ſchweren Seuche bedrängt, welche, in der Stadt jo mächtig herrfchte, daß alle Bürger, um den Tod zu fliehen fich in ihre Landhäufer zurückgezonen hatten. Hierdurch ward nun .die Niederlage noch fürchterlicher, denn diejenigen Bürger, deren Befizungen im Pefathal und im Elſathal lagen und die fich hierher zurückgezogen hatten, flos hen nachdem dieſe erfolgt war, fo eilig als fie nur immer konnten, nicht nur mit ihren Kindern und Habjfeligkeiten, ſondern auch «mit ihren Arbeitern wach’ Florenz; ſo daß es Jahr fehlen, ale fürchte man jeden Augenblick, daß ſich der Seind 979 vor der Stadt zeigen’ werde, ' Diejenigen denen die Befors gung des Krieges uͤbertragen war befahlen, da fie diefe Un— ordnung fahen, den Truppen die im Peruginiſchen fiegreich fochten, den Feldzug’ gegen Perugia aufzugeben und nach dem Elſathal zu Eommen, um fih dem Feinderentgegen zu fezen, der nad) feinem Siege ohne den mindeften) Widerftand das Land durchſtreifte. Obſchon nun diefe Truppen die Stadt Perugia fchow fo eng eingefchloffen hatten, daß man faſt ftändlich ihren: Fall. erwartete, fo. wollten doc die Flo: ventiner eher ihr Eigenthum beſchuͤzen als fremdes eroberm. Das Heer ward alfo von feinen glücklichen: Erfolgen hin: weggeriffen und nah St. Caſciano, einem Kaftell acht Mei: len‘ von Florenz geführt, indem man meinte, daß man dem Feinde an feinen andern Drte die Spize bieten koͤnne, bis fi) die Ueberrefte des’ gefchlagenen Heers gefammelt hätten. Der Theil der Feinde, der zu Perugia frei und durch den Abmarfch der Florentiner Eühn geworden war, machte tägs lich große Beute im Florentinifchen und Cortonefifhen; und der Theil, der unter Alphons Herzog von, Kalabrien bei Poggibonzi gefiegt hatte, nahm zuerft diefe Stadt; dann Bico in Befiz, plünderte Certaldo, und brachte, nach diefen Eroberungen und Erbeutungen fein Lager nah dem Kaftell von Colle, welches zu damaliger Zeit für aͤußerſt feft gehal: ten ward, und da es. von Leuten. bejezt war die der Florenz tinifhen Regierung fehr ergeben waren, den Feind fo lange aufhalten Eonnte, bis die Truppen fih zufammengezogen hatten: Da alfo die Florentiner alle ihrer Truppen bei St. Caſeiano beifammen hatten, und die Feinde Colle mit aller Mache angriffen, fo befchloffen jene, fih ihnen zu naͤ⸗ bern, um dadurch der Befazung Muth zur VBertheidung zu geben, und die Feinde weniger vafch zum Angriff zu machen, da fie ihnen fo nahe ftanden. Diefem Beſchluß zufolge ho— ben fie ihr Lager von: St. Cafeiano auf und ruͤckten damit Jahr nach St. Giminiano, welches fünf Meilen von Colle liege, "479 von hieraus ‚beläftigten. fie mit’ leichter Neuterei und andere beweglicheren Truppen täglich das Lager des Herzogs; Den⸗ noch war. für die Beſazung vom Colle diefe Hilfe) nicht ıhinz reichend; daher fie,nsaus Mangeli:an den mothwendigſten Dingen, ſich am dreigehnten November zum: VBerdruß der Floreutiner und zur größten Freude der: Feinde und. befonz ders: der: Sienefer: ſich ergaben, welche leztere außer- ihrem gemeinfchaftlihen Haffe gegen die Stadt Florenz, noch einen befonderen ‚gegen: die Einwohner von Cole hatten. 7 ‚Der Winter war bereits iihart, und Das Wetter izum Kriege ungänftig, daher der Pabft und: der: König, entweder am: Hoffnung. zum Frieden zugeben, oder um die erlangten Siege friedlicher geniegen zu fönnen, den: Florentineun -einen Maffenftillftand auf drei Monathe anboten, zu deſſen Ans nahme fie zehn Tage: Bedenfzeitigaben, der aber fogleih angenommen ward. Wie es aber allen Berwundeten zu ges hen pflegt, daß: fie nehmlich ihre Wunden: Biel ſchmerzlicher fühlen, wenn das Blut wieder erkaltet iſt, als dann, wann fie dieſelben empfangen, ſo lehrte auch jezt dieſe kurze Ruhe die Florentiner erſt recht erkennen, welche Widerwaͤrtigkeiten ſie erlitten hatten, und nun klagten ſich die Buͤrger ganz frei und ruͤckſichtslos einander an, offenbarten die in dieſem Kriege begangenen Fehler, zeigten die unnuͤzerweiſe verwand— ten Koften, und die ungerechtermeife auferlegten Laſten. Alle diefe Dinge ‚wurden nicht allein in den Gefellfchaften sder Einzelnen, ſondern auch in den öffentlichen. Verfammlungen mit Heftigkeit beſprochen. Ja einer hatte die Kuͤhnheit, fich gegen Lorenz von Medici zu wenden, mit den Worten: Dieſe Stadt iſt erfchöpft und will Feinen Krieg mehr, und daher wäre es nöthig, daß fie an den Frieden dächte, Lorenz, der die Nothwendigkeit davon einfah, vereinigte ſich alfo mit — 2654 — Jahr denjenigen feiner Freunde, die er fuͤr die treuſten und wek 479. feften hielt, und ſie beſchloſſen zuerft, da die Venezianer ſich kalt und: gar nicht treu zeigten, und der Herzog noch ums muͤndig und in bürgerlichen Unruhen verwickelt war, daß man durch neue Freunde ſich neues Glück’ fuchen muͤſſe. Indeſſen waren fie zweifelhaft, weflen. Händen ſie ſich ans vertrauen follten, ob des Pabſtes oder des: Königs. Nach— dem. fie alles überlegt hatten: gaben fie der Freundichaft des Königs, als der befländigeren und ficheren den Vorzug; denn die kurze Lebensdauer der. Päbite, der verschiedene Charakter der Nachfolger, der Mangel an Furcht der Kirche vor den Fürften, und die geringe Nücficht dierfie beider Wahl ih: ver Maaßregeln nimmt, verurfachen, daß ein weltlicher Fuͤrſt nie ein"vollfommenes Vertrauen auf einen Pabſt fezen oder mit Sicherheit fein Schieffal' mit, dem des Pabſtes vereinis gen Fan! Denn wer in Krieg und“ Gefahr des Pabftes Freund it, der wird bei, den Stegen begleiten, beirden Nie derlagen allein ſein, weil der Pabſt durdy > geiftliche Macht und geiſtliches Anjehen aufrecht gehalten, und befchüzt wird. Da fie alſo der Meinung waren, daß es müzlicher fei, den König zu gewinnen, jo urtheilten fie, daß dieſes auf Feine beffere und fichere Weife geſchehen Eönne, als durch Lorenzos Perſon ſelbſt; weil fie.glaubten, daß jemehr, Anftand man gegen den König beobachte, defto leichter werde man Mittel finden, die vorgefallenen Feindjeligfeiten zu vertilgen. So bald alfo Lorenz zu diefer Reife entfchloflen war, empfahl er die Stadt und die Regierung an Meffer Thomas Sodes rind, der damals Gonfalonieve der Gerechtigkeit war, veijte im Anfange des December von Florenz ab, und meldete der Signoria von Pifa aus die Urfache feiner Abreiſe. Die damaligen Signoren aber ernannten ihn, um ihn zu ehren, . und damit er den Frieden mit dem Könige mit größerem Anfehen unterhandeln fönnte, zum Gejandten des Slorentis nifhen Volks und: "gaben ihm Vollmacht mit demfelben ein Jahr Buͤndniß zu fchließen, fo wie es ihm für * Staat am MNgs KO DR, fcheinen würde. Zur nehmlichen Zeit geiff der Herr Hobert ‚von &t, — gemeinſchaftlich mit Ludwig und Askanius, deren Bruder Sforza bereits geſtorben war, von neuem den Math laͤndiſchen Staat an, um die Regierung deſſelben zu veraͤn— dern; da fr nun Tortona eingenommen hatten, und Mais fand und dejlen games’ Gebiet in Waffen war, ſo ward der Herzogin Bona gerathen, die Sforza wieder in ihr Waters land einzufegen ‚und, fie, um diefe bürgerlichen Zwiftigfeiten wegzuräumen In die Regierung aufzunehmen, Der Urheber dieſes Raths war Anton Taffini aus Ferrara, der, von hieds riger Geburt, als er nach Mailand 'gefominen, dem Herzoge ” Galeazzo empfohlen, und von diefem feiner Gemahlin als Kammerdiener zugegeben worden war, Dieſer ſtieg, entives der um feiner Eörperlihen Schönheit ‚oder irgend eines ank dern verborgenen, Talentes willen, nach des Herzogs Tode, bei der Herzogin im fo großes Anfehen, daß ev’ gleichfam den Staat regierte; woran Meſſer Cecco, ein durch) Klugheit und lange Erfahrung ausgezeichneter Mann, fehr großes Mipfallen fand. Daher fuchte diefer, wo er nur Eonnte, fowohl bei der Herzogin, als bei den andern Sliedern der Regierung, den Einfluß des Taffino zu vermindern. Dieſer der es bemerkte, vieth der Herzogin, ſowohl um fich für diefe Angriffe zu rächen, als auch um jemand bei fich zu haben, der ihn gegen Meffer Ceceo vertheidigte, die Sforza ner im ihr Vaterland wieder einzufezen; worauf dann die Herzogin auch, feinem Nathe folgend, ohne Meſſer Eerco das mindefte davon zu fagen, fie wieder aufnahm. Hieruͤber fagte diefer zu ihr: Du haft eine Maaßregel genommen, die mir das Leben und dir die Neglerung Foften wird, Beiden: geſchah auch bald darauf, dern Mefler Cecco ließ der Herr — 256 — Jahr Ludwig umbringen, und da mac) iseiniger Zeit‘ Teffino 247% aus dem Herzogthum gejagt ward, ſo wurde die Herzo⸗ gin fo unmillig darüber, dag fie Mailand verließ und die Vormundſchaft über ihren Sohn den «Händen Ludwigs anvertraute; ı Da nun Ludwig hierdurch der einzige, Re⸗ gent des Herzogthums Mailand blieb, for bewirkte er in der Folge, wie man ah wird, den Umstaung Italiens. i Lorenz von Medici war ai Neapel abgereif # — Waffenſtillſtand dauerte noch fort, als gegen alle Erwartung Ludwig Fregoſo, der. im Einverftändniffe mit einem, gewiſſen Serezaner geftandenshatte, durch Lift mit Bewaffneten in Sevezana einrücte, den Ort in Beſiz, und den der daſelbſt im Namen des Florentiniſchen Volks den Befehl fuͤhrte, gefangen nahm. Dieſer Vorfall verurſachte den Haͤuptern der Floxrentiniſchen Regierung großes Mißvergnuͤgen, denn fie, hielten ſich fuͤr überzeugt, daß alles auf Befehl des Koͤ⸗ nigs Ferdinand erfolge ſei. Sie beklagten ſich deshalb bei dem ‚Herzog, von Kalabrien, daß fie während des Waffenſtill— fiandes mit einem, neuen Kriege angegriffen würden. Der Herzog bewies auf alle Weiſe durch Briefe: und duch Ger fondte, ‚daß diefer Vorfall ganz ohne feines Vaters eder feine. Einwilligung erfolge fei. Dennoch; hielten die Flovens tiner ihre Umftände für, fehr ſchlimm, da fie ſich eutbloͤßt von Geld, das Haupt des Staats in des Koͤnigs Haͤnden, ihre Republik in einem alten Kriege mit dem Pabſt und dem Koͤnige und in einem neuen mit den Genueſern ver— wickelt ſahen, und dabei ohne Freunde waren; denn auf die Venezianer hofften ſie nicht, und die Mailaͤndiſche Regierung fuͤrchteten ſie eher, weil dieſelbe veraͤnderlich und wankend war. Nur eine Hoffnung hatten die Florentiner, nehmlich auf das, was Lorenz von Medici mit, dem Könige unterhan— deln würde. Lorenz war zur, See in Meapel angekommen, und ward Jahr daſelbſt nicht nur vom Könige, fondern auch von der ganzen 47% Stadt,’ fehr ehrenvoll und mit gefpannter Erwartung aufge: nommen ;'' denn da blos zu feiner Unterdruͤckung ein fo gro; ßer Krieg erregt worden war, ſo machte ihn. die Größe der Feinde, die er gehabt hatte, außerordentlich groß. Da er aber in Perſon vor den Koͤnig kam, ſprach er auf eine ſolche Weiſe von dem Zuſtande von Italien, von: der: Stimmung ſeiner Fuͤrſten und Voͤlker, und von dem, was der Frieden hoffen, der Krieg fuͤrchten ließe, daß der Koͤnig, nachdem er ihn gehoͤrt hatte, ſich mehr uͤber die Groͤße ſeines Geiſtes, uͤber die Gewandtheit ſeines Verſtandes, und die Schaͤrfe ſeines Urtheils wunderte, als er vorher ſich verwundert hat— te, daß er allein einen ſo ſchweren Krieg hatte beſtehen koͤn⸗ nen. Daher verdoppelte er ſeine Ehrenbezeugungen gegen ihn, und fing an zu bedenken, daß ev beſſer thun würde, ihn als feinen: Freund von fich zu laffen, wie.als Feind ihn zuruͤck zu halten: Dennoch hielt er ihn durch mancherlei Gruͤnde vom December bis zum Maͤrz auf, nicht allein um ihn ſelbſt, ſondern auch, um die Stadt Florenz noch genauer zu pruͤfen. Denn es fehlte Lorenzen nicht an Feinden in Florenz, die gewuͤnſcht haͤtten, daß der Koͤnig ihn zuruͤckbe⸗ halten und wie Jakob Piceinino behandelt haͤtte, und die, unter dem Scheine ſich daruͤber zu beklagen, in der ganzen ' Stadt davon ſprachen, auch wohl bei dem öffentlichen Be rathſchlagungen dem, was zu des Lorenz: Gunften war, fid) omiederfezten. Durch diefes Berfahren „hatten fie: den - Ruf verbreitet, daß wenn der König ihn lange in Neapel behielte,, fo würde die Negierung- in Florenz eine Veraͤnde— rung» erleiden. Dieſes war die Urſach, daß der König fo lange Anftand. nahm), ihn zu. entlaffen, weil er ſehen wollte, ob in Florenz etwa eine Unruhe entfiehen möchte, Da er aber fah, daß alles ruhig voräberging, fo entließ er ihn am Zweiter Theil, R — ess — Jahr ſechſten Maͤrz 2480, vorher aber ſuchte er ihn duch, alle Ar⸗ 240. ten von Gefaͤlligkeiten und Freundſchaftsbezeugungen fuͤr ſich zu gewinnen, und ſo wurden zwiſchen ihnen Uebereinkuͤnfte auf alle: Zeiten zur Erhaltung. ihrer beiderſeitigen Staaten _ gefchloffen. War alfo Lorenz ſchon ſehr groß von Florenz abgereiſt, ſo kehrte er viel groͤßer noch dahin zuruͤck, und ward mit einer ſolchen Freude von den Buͤrgern empfangen, wie es ſeine vorzuͤglichen Eigenſchaften und ſeine ſo eben ge⸗ leiſteten Dienſte verdienten, indem er ſein eignes Leben in Gefahr geſezt hatte, um ſeinem Vaterlande, den Frieden wiederzugeben. Denn zwei Tage nach ſeiner Ankunft ward der zwiſchen der Republick Florenz und dem: Könige abger fehloffene Vergleich bekannt gemacht, durch welchen ſich beide Theile verpflichteten, ‚ihre beiderfeitigem Staaten zu erhalten, ferner, daß es auf. den Willen des Koͤnigs ankomme, die den Florentinern im: Kriege weggenommenen ‚Städte ihnen zurückzugeben, daß die Pazzi, die indem Thurme von Bol terra faßen, befreit: werden, und dem Herzoge von Kalabrien auf eine gewifle Zeit eine — Summe Ri: * werden ſollte. äh Sobald diefer Bertrag an Kain erregte er Ay dem Pabft und den DBenezianern ven größten Zorn. . Denk der Pabſt fand fich von dem Könige, und die Venezianer von den Florentinern. wenig geachtet, denn da fie (beide Theilnehmer an dem Kriege gewefen waren, ſo beklagten fie fih, Eeinen Theil. an dem’ Friedenzu haben. Da man die; fen Unwillen in Flovenz vernahm und daran glaubte, fo er⸗ vegte ev bei jedem die Beforgniß, daB aus. diefem: Frieden ein noch fehlimmerer Krieg entftehen möchte. Die Häupter des Staats befchloffen alfo, die Regierung noch mehr einzus fhränfen, und die wichtigeren Berathichlagungen auf eine £leinere Zahl zurückzuführen; fie ernannten deshalb einen Kath von fiebenzig Bürgern mis der ausgedehnteſten Volk — — — macht zu den wichtigſten Verhandlungen. Dieſe neue Ord⸗ Jahr nung noͤthigte diejenigen zur Ruhe, die etwa Neuerungen Meo· haͤtten einfuͤhren wollen. Um ſich auch: Anſehen zu verſchaff fen, beſtaͤtigten ſie vor allen Dingen den zwiſchen Lorenz und dem Könige geſchloſſenen Frieden, und, ernannten Ger fandte:.an ‚den Pabſt, wozu, ſie Meſſer Anton Ridolft und Peter. Naht ernannten; Allein ungeachtet, dieſes Friedens ging Alphons Herzog von. Kalabrien „dennoch; mit: ſeinem Heere nicht von Siena ab, indem er vorſchuͤzte, daß er durch die Uneinigkeiten der dortigen Buͤrger zuruͤckgehalten werde, und dieſe waren wirklich ſo groß, daß ſie ihn, der vor der Stadt einquartirt war, in dieſelbe hineinfuͤhrten, und zum Schiedsrichter ihrer Streitigkeiten machten. Der Herzog bediente ſich dieſer Gelegenheit, um viele Buͤrger mit Geld— ſtrafen, viele mit Gefaͤngnißſtrafe, viele mit Verweiſung, und einige mit der Todesſtrafe zu belegen; und durch dieſes Berfahren: ward er wicht. allein, den Sieneſern, ſondern auch dem Florentinern ſehr verdächtig, dab ‚er, im Sinne haben möchte, ſich zum Oberherrn der Stadt zu machen. Auch ſah man dagegen kein Mittel, da die, Stadt; mit. dem Koͤ⸗ nige eine neue Freundſchaft geſtiftet hatte, mit dem Pabſt aber und den Venezianern dm Feindſchaft war. Dieſe Be⸗ ſorgniß zeigte ſich nicht blos bei dem ganzen Florentiniſchen Volke, welches alle Dinge ſehr fein zu deuten weiß, ſon— dern auch bei den Haͤuptern des Staats, und jedermann verficherte,, daß unſere Stadt niemals in ſo großer Gefahr geweſen ſei, ihre, Freiheit zu verlieren.) Aber Gott, der im mer in ſolchen Zeiten der aͤußerſten Noch beſondere Sorge für fies getragen hat, bewirkte: eine nieht gehoffte Begeben— heit . welche dem Pabſt, dem Koͤnige und den Venezianern wichtigere Angelegenheiten zu bedenken ne als die, Toss kaniſchen un ; und ı na Mahomet, der. Großtärfe,. war J einen ‚großen; ‚Hesse R2 Jahr zur Belagerung von Rhodus "gegangen und hatte dasfelbe 489 ige Monare Aang bekaͤmpft; allein obgleich: feine "Macht groß und feine" Beharrlichkeit beider Belagerung des Orts ſehr groß war, ſo fand er beides bei den Belagerten doch noch groͤßery denn dieſe vertheidigten ſich mit ſolcher Tapferkeit gegen feinen) Ungeſtuͤn⸗ daß Mahomet genoͤthigt war, dieſe Belagerung mit Schande aufzugeben. Da er alſo von Rhodus abgegangen warz” ſo ging ein Theil feiner Flotte unter «dem Paſcha Jakob nach Velona zus. ſei & nun, daß dieſer die Leichtigkeit der Unternehmung ſah, oder dag er wirklich nach ſeines Herrn Befehl handelte, er ſezte, indem ei um die Kuͤſten von Itallen herumſegelte, ploͤzlich wiertähfend- Soldäten ans’ Land; mit dieſen ‘griff er die Stade Dtranto an, nahm' ſie fogleich, plünderte fie, und er mordete alle ihre Einwohner! Hierauf fuchte er füh, fo gut er nur immer konnte, ſowohl in der Stadt, als auch im Hafen zu befeſtigen, brachte gute Reuterei hinein/ und durchſtreifte und pluͤnderte mit dieſer das umliegende Land Der König," da er dieſen Angriff Jah, And erkannte, von welchem maͤchtigen Fürften die Unternehmung’ herrüßtez vers fandte Boten nach allen Seiten, um fie anzuzeigen, und gegen den gerteinfchaftlichen Feind um Huͤlfe zu bitten; den Herzog von Kalabrien aber und deſſen Truppen, die in Siena waben, rief er fehr angelegenelich zurüd, »" one. So ſehr 'diefer Angriff den. Herzog und das übrige Stalien beunruhigte, eben ſo ſehr erfreute er Florenz und Siena; - denn diefe Stadt glaubte ihre Freiheit wieder. g& wonnen zu haben; Lund jene fahe -fich befreit von den Ges fahren, die ihr den Verluſt derſelben drohten. Dieſe Mei⸗ nung ward noch beſtaͤrkt durch" die Klagen des Herzogs bei feinem’ Abmarſch“ von Siena, indem er das Schickſal an—⸗ klagte, daß es durch einen unverhofften und durch" Feine Vernunft vorherzufehenden Schlag ihm die Herrſchaft von — 0261 — Toskana entriſſen habe. Derſelbe Vorfall änderte auch die Jahr Entſchlleßung des Pabſtes, der zuvor niemals einen toren tinifhen Geſandten hatte anhören wollen, hierdurch aber fo milde, ward, daß er einen jeden anhoͤrte, der won dem allger nieinen Frieden mit ihm ſprach. Die Florentiner erhielten; alfo die Verſicherung, daß wenn fie ſich geneigt finden laſ⸗— fen wollten, den Pabſt · um Berzeihung: zu bitten, ſo wuͤrden fie. ſolche erhalten. Man hielt alfo nicht: fuͤr gut, dieſe Gen legenheit vorbei gehen zu laſſen, und ſchickte zwölf Geſandte an den Pabſt ab, die derſelbe, da fie in Nom angekommen waren; duch mancherlei Mittel aufbielt, bevor er ihnen Audienz gab. Doch endlich ward zwifchen den Theilen abs, gemacht, wie man. fih in Zufunft verhalten, und wieviel jeder, fowohl in Friedens als: Kriegeszeitem beizutragen :haber Hierauf gelangten die Gefandten zu den Füßen des Pabſtes, der in der Mitte feiner Kardinaͤle im hoͤchſten Pomp fie erwartete. Sie entfchuldigten die vorgefallenen. Begeben— heiten, indem fie die. Schuld davon bald auf die Nothwen⸗ digkeit, «bald auf die Bosheit anderen, bald auf die Wuth des: Volks, bald auf: ihren gerechten. Zorn warfen ;. und, darz ſtellten, wie unglücklich diejenigen find,» die: genoͤthigt wer⸗ den’, entweder zu Fämpfen oder zu: fterben, «Da man alles, ertragen müfle, fagten fie, um dem Tode zu entgehen, ſo hätten fie auch: dieſen Krieg, den Bannfluch, und all das. andere Ungemach ertragen, welches aus den vorgefallenem Begebenheiten erfolgt fei, damit ihre Republik der Sklave; vei entgehen möchte, welche der Tod der Sreiftaaten zu ſein pflegte. Wenn fie indeſſen, wiewohl gezwungen, einen Fehler begangen haͤtten, ſo wollten ſie denſelben wieder gut zu machen ſuchen, und vertrauten auf ſeine Gnade, welche fie: nach dem Beiſpiele des hoͤchſten Erloͤſers in feine erbars mungsvollen Arme aufnehmen werde. Auf dieſe Entſchuldi⸗ gungen antwortete der Pabft mit Worten voll. Hodhmuth —f 6 — Jahr und Zorn, indem er ihnen alles dasjenige vorwarf, was ſie 2489: iu, vergangenen Zeiten gegen die Kirche vollbracht "hatten; dennoch feier, um die Vorſchriften Gottes zu beobachten, willig, ihnen die’ verlangte Verzeihung zuzugeftehenz.' allein er muͤſſe ihnen zu verftehen geben, daß fie gehorchen müß« ten, und daß, fobald fie den Gehorfam brächen, fie alsdantı die Freiheit ‚verlieren müßten, die fie ſchon jezt haͤtten ver⸗ lieren follen, und zwar gerechterweiſe: denn diejenigen feien gerechterweife frei, die fi in guten, nicht in böfen Merken üben, weil eine uͤbelangewandte Freiheit ſich und anderen ſchade; daß man aber im Stande ſei, Gott wenig und die Kirche noch weniger zu achten, dies ſei nicht die Handlungs: weife eines freien, fondern eines’ ziigellofen und mehr zum Boͤſen, als zum Guten geneigten Menfchen, deſſen Beſſe—⸗ rung nicht blos den Fuͤrſten, ſondern einem jeden Chriſten zuftehe; alfo hätten fie wegen der worgefallenen Dinge fich über fich felbft zu beklagen, da fie durch böfe Werke zum Kriege Anlaß gegeben, und durch noch böfere Ihn unter: halten hätten; welcher Krieg’ jezt mehr durch die guͤtige Sefinnung anderer, als durch ihre Verdienfte beendet werde. ! 1481. Hierauf ward die Formel des Vertrages und des Segens abgelefen; und zu dieſer fügte der Pabft außer den ſchon verhandelten und feftgefezten Dingen noch hinzu, daß wenn die Florentiner die Früchte des! Segens genießen mollten, fie mic ihrem Gelde funfzehn bewaffnete Galeeren fo lange unterhalten - müßten, als der Türke das Koͤnigreich befämpfte. Die Sefandten beklagten fich fehe über diefe Laft, die ihnen noch außer dem gefchloffenen Bertrage auferlegt ward, allein fie konnten auch nicht den kleinſten Theil davon durch Feis nerlei Mittel oder Gunſt, und durch feine Klage abwälzent. Als fie aber nach Florenz zurückgekehrt waren, fo ſandte die Signoria, um den Frieden zu befeſtigen, Meſſer Guidantos nio Veſpucci, der kurz vorher aus. Frankreich zuruͤck gekehrt war, als Gefandten an den Pabſt. Dieſer brachte durch Jahr feine Klugheit alles in einen evträglichen Zuftand, und eu" * hielt von dem Pabſte viele ae welches: ein Zeichen‘ befferer VBerföhnung war, . Nachdem alfo die Floventiner ihre Angelegenheiten mit dem Pabft in Drönung gebracht hatten, Siena frei, und auch fie’ felbfe durch den Abmarfch des Herzogs von Kalas brien aus Toskana, von der’ Furcht vor! dem Könige befreit waren; fo drängten fie den König auf alle mögliche Weiſe zu der Zurückgabe ihrer Feftungen, welche der Herzog von Kalabrien bei feinem Abmarfche in den: Händen der Siene⸗ fer zurückgelaffen Hatte, Der König’ beforgteialfo, daß die Florentiner in dieſer feiner ‚großen Noth von ihm abfallen, und durch einen’ Krieg gegen die Sienefer, ihm die Hulfer truppen abhalten möchten, welche er vom Pabſte und den andern Italienern hoffte. Er willigte deshalb in die Zur ruͤckgabe derfelßen, und"verband ſich die Florentiner aber: mals durch neue Wohlthaten. So find) es alfo die Macht und die Noth, nicht Schriften und Verträge, welche die Fürften zwingen, ihr Wort zu halten. Durch die Zurück nahme dieſer Feftungen ‚und die Befeſtigung dieſes neuen Bündniffes alfo erlangte Lorenz von’ Medici das Anſehn ‚wieder, welches zuerft der Krieg und dann der Frieden, ale man vor dem Könige beforge war, ihm entzogen hatte, Denn damals fehlte esinicht an Leuten, die ihn öffentlich verläumdeten, behauptend, er babe, um fich felbft zu retten, fein Baterland verfäuft; und wie man im Kriege die Feftun: gen verloren: habe,: fo werde man im Frieden die Freiheit verlieren. =; Als aber die Feftungen zurückgegeben und mit dem Könige ein ehrenvoller Vergleich abgeichloffen, auch die Stadt wieder zu ihrem. alten Anfehn gelangte war, fo ver: änderte Florenz dieſe Stadt, die nach dem; ‚Sprechen jo. be⸗ gierig iſt, und alle Dinge micht nach dem Rath, fondern Sahr nach dem Erfolg beurtheilt, ihre Reden: Lorenz ward bis 248 1, zum Himmel erhoben, und man fagte, er habe durch feine Klugheit im Frieden ſich dasjenige wieder zu erwerben gez wußt, mas das Unglück ihm im: Kriege geraubt habe; und fein Rath und fein Verftand habe mehr vermocht, als die Waffen und die Macht feines Gegners. en; | Die Angriffe der Türken hatten den Krieg be ben, der durch den Unmillen der) Venezianer und des Pabs ſtes über den Frieden im Begriff; war -auszubrechen. So wie aber diefer Anariff in feinem Beginn unverhofft: und der Anlaß zu vielem Guten gewefen war, fo war fein Ende unerwartet und verurfachte viel Schlimmes. Mahomet der Großtürfe ftarb nehmlich gegen alle Erwartung 5. es» kam zwischen feinen Söhnen zu Uneinigfeitenz; und die. Türken, die fih in Puglia befanden, übergaben, da fie fih von ihs rem Heren verlaffen fahen, Dtranto durch einen Vergleich dem Könige. Da alfo diefe Furcht, die den Pabft umd die Venezianer ruhig erhalten hatte, hinweggeraͤumt war, ſo mar man allgemein vor neuen Unruhen beſorgt. Auf einer Seite waren der Pabft und die Venezianer verbünder, und an diefe fchloffen fich die Senuefer, Sienefer, und andere weniger mächtige an; auf der andern waren die Florentiner, der König und der Herzog, mit welchen ſich die Bolognefer, und viele andere Herren verbanden. Die Venezianer wuͤnſch⸗ ten ſich Ferraras zu bemaͤchtigen, und ſie glaubten zu dieſer Unternehmung eine billige Urſach, und auf ihr Gelingen eine gegründete Hoffnung zu haben. Die Urſach war fol gende: Der Markgraf behauptete, er fei nicht mehr gehalten, den Gerichtshalter *) und das Salz’ von ihnen zu nehmen, InAta sn“ 5 Fr} 4 ") Obgleich die Stadt Ferrara der Familie von Efte gehörte, fo ftand doch den Venezianern die Rechtspflege in derfelben zu, und | fie fandten deshalb einen ſogenannten Vicedominus (Statienifch da man durch einen Vertrag feftgefezt babe, daß nach fie Jahr benzig gahren die Stadt von dieſer ſowohl, wie von jener Laſt frei ſein ſolle. Die Venezianer auf der andern Seite: antworteten, daß ſo lange er das Poleſiniſche behalte, ſo lange muͤſſe er auch den Gerichtshalter und das Salz von ih⸗ nen nehmen. Da nun der Markgraf hierin nicht willigen wollte, ſo glaubten die Venezianer eine gerechte Urſach zu haben, die Waffen gegen ihn zu ergreifen; auch ſchien ihnen die Zeit zur Ausführung bequem, da fie den Pabſt ſehr un- willig gegen den König und die Florentiner fahen. Um ſich den Pabſt nun noch geneigter zu mahen, nahmen ſie den Grafen Hieronymus, der nah Benedig kam, hoͤchſt ehren:- voll auf, und ſchenkten ihm das Buͤrgerrecht und den Adel der Stade Venedig, welches immer ein Zeichen der höchften Beehrung iſt für diejenigen, die fie damit beſchenken. Um zu dieſem Kriege geruͤſtet zu fein, hatten fie neue Steuern aufgelegt und zum Feldheren ihrer Heere den Herrn Robert von ©. Severino ernannt, . der erzuͤrnt gegen den Herrn. Ludwig Stadthalter von Mailand nach Tortona entflohen,; und nachdem: er. dort einige Unruhen’ erregt, nach Genua’ gegangen: war, von wo ihn die Venezianer zu fich gerufen: und zum Befehlshaber ihrer Truppen ernannt hatten. Diefe Zurüftungen zu neuen Angriffen machten; als fie dem feintlichen Bunde befanne wurden, daß auch dieſer fich zum: Kriege ruͤſtete. Der Herzog von Mailand, ernannte zu feinem Feldherrn Friedrich, Heren von Urbino, und die, Florentiner den Herrn Conftanz von Pefaro. Um auch die Gefinnung des Pabftes zu;erforfhen und zu erfahren, ob die Venezianer in Uebereinffimmung mit ihm den ‚Krieg gegen Ferrara anfingen, fandte der König Ferdinand Alphons Visdomine) oder Gerichtshalter dorthin, um über alle: dort vor⸗ kommende Rechts faͤlle zu entfcheiden. — 1462. — 266 — Jahr Herzog von Kalabrien mie feinem Heer uͤber den’ Tronto, 1402 und verlangte von dem Pabft Erlaubnig zum Durchmarſch um nach der Lombardei dem Markgrafen zu Hülfe zu ger ben ; ‚allein der Pabft fchlug diefes gänzlich ab. Da alſo der König und die Florentiner hierdurch einen’ ficheren Ber weis feiner Gefinnung zu haben glaubten, » fo. befchloffen fie ihn mie Gewalt zu "zwingen, daß er aus Noth ihr Freund werden müßte, oder ihm wenigſtens ſo viel Hinderniffe im den Meg zu legen, daß er nicht im Stande wäre, den Ber nezianern Hülfe zu Teiften, denn diefe fanden bereits: im Felde, "hatten den Krieg gegen den Markgrafen angefangen, zuerſt fein Land durchſtreift, und dann Figarolo belagert, eine Feſtung, die für den Staat diefes Herrn fehr wichtig: war. Da alfo der König und die Florentiner befchloffen hatten, den Pabſt anzugreifen, fo ftreifte Alphons Herzog von Kalabrien bis gegen Nom, und that mit Hülfe der Colonna, die fih mit ihm:verbunden hatten, teil ſich die; Orſini an den Pabft anſchloſſen, dem Lande großen Schas den. Auf der andern "Seite griffen die. Florentiner mie Meffer Nikolaus Vitelli Citta di Caftello an, nahmen diefe Stadt ein, verjagten Meſſer Lorenz daraus, der im Namen des Pabftes den Befehl darin führte, und "machten Meſſer Nikolaus gleihfam zum Oberherrn derfelben. - Der Pabft befand fich alfo im der größtem Verlegenheit, denn Nom ward innerhalb von den Partheien zerruͤttet, und außerhalb von den’ Feinden angegriffen. Dennoch machte er, als ein muchvoller Mann, der entfchloffen war zu fliegen, nicht aber dem Feinde zu weichen, den erlauchten Robert von Rimino zu feinem Feldherrn; Tieß denfelben nad) Rom kommen, woſelbſt er alle feine Truppen "verfammelt: hatte; und ftellte ihm vor, ‚wie viel Ehre es ihm bringen würde, wenn, er; gegen. die Macht eines Königs die Kirche, aus, den Trübfalen errettete, in der. fie ſich ‚befände; wie nicht: er al⸗ —— 267 — fein, ſondern auch alle feine Nachfolger dieſe Verbindlichkeit Jahr gegen ihn haben wuͤrden, und wie nicht nur die Menſchen, 2488. fondern Gott jelbft ihm dafür erfenntlich fein wuͤrden. Herr Robert, nachdem er zuvor die Nenter des Pabſtes und alle feine Zurüftungen befichtigt hatte, ' rieth demfelben‘, » foviel Fußvolk zu errichten, als er. koͤnnte; und diefes ward mit großem: Eifer und: vieler Schnelligkeit ins Merk gerichtet. Der Herzog von Kalabrien war ſo nahe bei Nom, daß er täglich bis am die Thore der Stadt ſtreifte und plünderte; und diefer. Umftand machte das Roͤmiſche Volk ſo unwillig, daß viele ſich freiwillig anboten dem erlauchten Herrn Ro— bert bei der Vertheidigung der Stadt zu helfen, und alle diefe wurden von ihm mit Danf angenommen. Der Herz 309. entfernte fih, da er diefe Vorkehrungen merkte, ein wenig von der Stadt, in der Meinung, dab wenn er entz ferne waͤre, Herr Robert nicht den Muth haben: werde, ihn aufzuſuchen; theils auch erwartete er feinen Bruder Friedrich, der; ihm mit neuen Truppen von. feinem Water zugefandt wurde. Here Nobert, da er fih dem Herzoge an Neutern beinahe gleich, an Fußvolk aber überlegen: ſah, marfchirte in Schlachtordnung.von Nom’ aus und errichtete fein Lager zwei Meilen: vom Feinde, » Der Herzog. da er den Feind, gegen alle Erwartung fi auf dem Nacken fahe, ‚hielt es fuͤr unvermeidlich, entweder zu. kaͤmpfen, oder-als wäre er geſchlagen zu entfliehen. » Er beichloß aljo gleichſam gezwungen zu fihlagen, um nicht etwas zu begehen, das ei- nes: Königsfohnes : unwuͤrdig wäre; jeder alſo wandte fich gegen den Feind, nachdem er feine» Truppen ſo geordnet hatte, wie es damals gebräuchlich, war. und führten fie zur Schlacht ‚die bis an den Mittag! dauerte. Sn dieſem Ges fechte ward mit größerer Tapferfeit.gefochten, als in irgend einem andern , das ſeit funfzig Jahren in «Stalien: geliefert worden war; denn es kamen darin,ivon beiden Theilen zur —— 268 — Jahr ſammen genommen mehr als tauſend Menſchen um. Das 46· Ende deſſelben war fuͤr die Kirche glorreich, denn die Menge des Paͤbſtlichen Fußvolks war fuͤr die Herzogliche Reuterei ſo verderblich, daß dieſe genoͤthigt war, die Flucht zu ergreis fenz und ſogar wuͤrde der Herzog gefangen worden fein, wenn er nicht von den: vielem Türken gerettet worden wäre, die einen Theil der: zu Divanto gelandeten ausmachten und jegt unter ihm dienten.‘ Machdem der erlauchte Robert dies ſen Sieg davon getragen, fehrte er im Triumpf nad) Rom zurück, doch Eonnte er deffen nicht lange genießen, denn da er bei. der Laft jenes Tages fehr viel Waffer getrunfen hatte; fo befam er davon’ eineh Durchfall, der ihm’ in wenig Tar gen das Leben Eoftete: Seit Leichnam ward von. dem Pabfte mit allen : möglichen‘ Ehrenbezeugungen beſtattet. Nachdem der Pabſt alfo dieſen Sieg erfochten hatte, fandte er fogleich den Grafen gegen Eitta di Caftello, um diefen Drt wo mög: lich Meffer Lorenz wieder zu verfchaffen,: und auch um die Stadt Rimino' zu pruͤfen. Denn da nach: dem Tode: des erlauchten Robert deffen einziger Eleiner Sohn in der: Vers wahrung feiner Gemahlin’ zuräckgeblieben war, ſo hielt er es für leicht fich diefe Stadt! zuzueignen. Auch würde es ihm glücklich. gelungen ‚fein, wenn dieſe Dame nicht von den Floventinern vertheidige worden wäre, die fich ihm fo mächtig widerfezten, daß er weder — — noch ges gen Rimino das mindefte ausrichten fonnte. Mährend: diefe Dinge in Nomagna — in ren vor; gingen, hatten ndie: Venezianer Figarolo eingenommen, und waren. mit ihren Truppen , über den Po gegangen; dagegen war das Lager des Herzogs von Mailand: und des Mark: grafen von Ferrara : im’ Unordnung; denn Friedrich ‚Graf von Urbino war Erankogeworden, und hatte; ſich um: geheilt zu werden, nad) Bologna. tragen laſſen, »ftarb aber: dafelbft. Die: Angelegenheiten: »des Markgrafen gingen alſo widrig — 269 — und die Hoffnung der Veneziauer auf die Einnahme von Iaht Ferrara wuchs täglih. «Auf der andern Seite wandte der König und die Floventiner alle moͤgliche Muͤhe an, um den Pabſt zu ihrem Willen zu bewegen, und‘ da es ihnen durch die Gewalt der Waffen nicht gelungen war, ſo drohten fie ihm mie der Kirhenverfemmlung, die von dem Kaiſer in Bafel bereits angefagt worden: war, Mit Hülfe der Kai ferlichen Gefandteir, die fich in’ Rom’ befanden ; und der’ eis fen Kardiuaͤle, die den Frieden wünfchten , ward alſo der Pabſt bewogen und gezwungen, auf den Frieden und die Einigkeit von Stalien zu denken: Der Pabft aljo bequemte fi, theils aus Furcht, theils weil er einfah, daß die Größe der Venezianer der; Untergang der Kirche und Staliens. fei, ſich mit den Verbuͤndeten zu vereinigen, und ſandte feine Nunzien nach Neapel; hier ward ein Buͤndniß auf: fünf Jahre abgefchloffen, zwifchen dem: Pabſt, dem Könige, dem Herzog von Mailand, und den Florentinern; den Venezi⸗ anern aber ward Raum gelaffer, es ebenfalls anzunehmen. Nachdem dies gefhehen war, ließ der Pabft den Benezianern ſagen, fie möchten fich des Krieges gegen Ferrara enthalten, Diefe wollten ſich aber nicht dazu verſtehen, fondern ruͤſte⸗ ten. fich vielmehr mit noch größerer Macht zum: Kriege, und kamen, nachdem fie die Truppen des Herzogs und des Mark grafen bei Argenta geſchlagen hatten, ſchon fo nahe an Fer vava, daß ſie in dem Park des FERIEN —* —* geſchlagen hatten. Die Verbuͤndeten glaubten aiſe⸗ —* * — zu 1483. duͤrfen, dieſem Fuͤrſten kraͤftigen Beiſtand zu leiſten, und ließen den Herzog von Kalabrien mit ſeinen und *— lichen Truppen nach Fercara gehen.” Eben fo ſandten auch die Florentiner alle, ihre Truppen dahin; und um die Ein? theilung der Gefchäfte fiir diefen Krieg‘ beffer zu beforgen; veranftaltste der Bund eine. Bufammenkunft zu Eremona, Jahr mwobet ſich der Legat des Pabfies nebft dem Grafen Hiero: nuymus, der Herzog von, Kalabrien, Herr Ludwig, Lorenz von Medici, und viele andere Italieniſche Fuͤrſten einfanden, und woſelbſt unter dieſen Fuͤrſten alle Arbeiten des bevors ſtehenden Krieges: vertheilt wurden; Da fie saber der Meir nung waren, daß man. Ferrara nicht: beſſer Hülfe leiften koͤnne, als durch seine ſtarke Diverſion, ſo wünfchten fie, Herr Ludwig möchte) darin. einwilligen, daß man, um bie Benezianer anzugreifen, durd) das Herzogthum Mailand gins ge, Allein: dieſer Herr wollteres nicht zugeſtehen, indem: er bejorgte, er möchte fich einen Krieg auf den «Hals ziehen, den er nicht nach feiner Willtühr wieder würde endigen koͤn⸗— nen. Man beſchloß daher. mit allen Truppen: bei: Ferrara balt zu machen, und hier verſammelten fie viertaufend Reu⸗ ter und» achttaufend Mann Fußvolk, mit welchen fie den Venezianern entgegen gingen, die zweitauſend zwei hundert Deuter und fechstaufend Mann Fußvolks hatten. Die Ber: bündeten: hielten es für-das nothwendigfte, die Flotte anzus greifen, welche die Venezianer auf dem Po hatten: fie gin— gen alſo bei Bondeno auf diejelbe los und schlugen fie mit einem Verluſt von mehr ais zweihundert Schiffen, wobei Meſſer Anton Szuftiniano, der Proveditor der Flotte, zum Gefangenen gemacht ward. Die VBenezianer hatten, da fie ganz Italien gegen’ ſich verbindet ſahen, um fid größere Macher zu verfhaffen, den Herzog: delle Reno mit zweihun⸗ dert Reutern in Sold genommen. Diefen fandten fie nach der Niederlage’ ihrer ‚Flotte mit einem Theile ihres Heers aus, um die Feinde aufzuhalten; den Herrn Robert von St. Severino aber ließen ‘fie mit dem; Weberreft über die Adda gehen, und fih Mailand nähern, indem er den Nas men des Herzogs und feiner Mutter, Madonna Bona überalf ausrufen ließ; denn auf diefe Weile hoffte fie irgend. eine Veraͤnderung in Mailand hervorzubringen, weil fie meinten Here Ludwig und feine Regierung wärem in dieſer Stadt Jahr verhaßt;«, Diefer Angriff verurſachte im Anfang ‚großen ' Schrecken, und brachte die Stade in Waffens aber dennoch war: feine: Wirkung am Eude ganz anders ‚als die Venezi⸗ aner beabfichtet hatten; denn dasjenige, wozu Herr Ludwig vorher jeine Einwilligung, nicht hatte geben wollen, ‚das lieg er jezt um dieſer Beleidigung willen Sich gefallen. Man dieß alfo ‚den, Marägrafen von: Ferrara zur Bertheidigung feines Eigenthums mit viertaufend. Pferden uud zimeitaufend Mann zurück, und der, Herzog von Kalabrien ging mit zwölf taufend: Pferden: und fuͤnftauſend Mann in das Bergamas- kiſche von da ins Brescianiſche und dann ins Veroneſiſche und beraubte dieſe drei Staͤdte, ohne daß die Venezianer das geriugſte Mittel dagegen anwenden konnten, faſt ihres ganzen Gebiets, denn Herr Robert konnte mit feinen, Teupr pen. nur muͤhſam die. Städte: jelbft werten. Auf der andern Seite hatte der Markgraf von Ferrara auch ‚einen großen - Theil feines) Eigenthums wiedererobert, . denn der Herzog dello Reno, der ihm gegenuͤberſtand, konnte ſich ihm nicht widerſezen, da er nicht mehr als zweitauſend Mann: hatte; So kaͤmpften alſo die Verbuͤndeten dieſen ganzen Sommer des Jahrs 1483 hindurch gluͤcklich . —8R Als darauf der Fruͤhling des folgenden PR ae 1484. denn der Winter war ruhig voräbergegangen;, fo zogen die Heere wieder: ins Feld». Die Verbündeten hatten, „am: die Benezianer defto fchneller unterdrücken zir koͤnnen, ihr gams zes Heer vereinigt, und wäre der ‚Krieg jo wie im vorigen Sahre betrieden worden, : jo hätte man: den Venezianern leicht ihren. gauzen Staat in der Lombardei wegnehmen koͤn— nen; denn fie. waren auf fechetaufend Pferde und fünftaus fend. Mann zufammen geſchmolzen, und hatten dreizehntaus fend Pferde und fechstaufend Mann: gegen fih; denn der Herzog dello Reno war, nachdem fein Dienſtjahr abgelaufen — 7 — gahr war, nad) Haufe gegangen.’ Aber wie es immer zu gehen pflege, da wo viele Männer vonigleicher Macht zuſammen⸗ wirken, verſchafft ihre Uneinigkeit den Feinde den Sieg; nachdem Friedrih Gonzaga, Markgraf von: Mäntua gejtors ben war, der durch fein Anfehen das gegenfeitige Vertrauen zwiſchen dem Herzoge von Kalabrien, und dem Herru Lud⸗ wig erhielt, fingen’ zwifchen dieſen Mishelligkeitem zu entſte⸗ hen an, und aus den Mißhelligkeiten Eiferſucht. Johann Galeazzo, Herzog won Mailand, war nehmlich ſchon in dem Alter, daß er die Regierung ſeines Landes übernehmen konnte und da er die Tochter: des Herzogs von Kalabrien zur Frau hatte, ſo wuͤnſchte diefer, dag niht Herr Ludwig, fondern fein Schwiegerfohn dem Staat regieren folltei Ludwig alfo, der diefen Wunſch des Herzogs kannte, wollte ihm: die Ge legenheit zu deſſen Erfüllung entziehen, and. die Venezianer die Ludwigs Argwohn kannten, nahmen hiervon Gelege: heit, und dachten daducch ſo wie fie immer gethan hatten, mit Hülfe des: Friedens fiegen zu koͤnnen, da fie durch dei Krieg beſiegt worden waren; ſie unterhandelten. alſo im 'ges beim! den Vergleich. mit den Herrn Ludwig, und ſchloſſen ihm im Auguſt des Jahres 1484 ab. Da dieſes zur Kenn niß der andern Bundsgenoffen kam, ſo erregte es großes : Mipfallen, beſonders da fie fahen, daß dieſem Vergleich zur folge, die. den Venezianern weggenommenen Städte. ihnen zurückgegeben, uͤberdies noch Rovigo und das: Polefinifche, welches | fie dem Markgrafen von Ferrara weggenommen hatten, ihnen: überlaffen werden, und fie endlich auch alle die laͤſtigen Rechte wieder erhalten follten, welche fie von Alters her gegen diefe Stadt gehabt hatten... Alle waren der Meinung, fie hätten einen Krieg geführt, worauf fie viele Koſten verwandt, und; durch deffen Führung fie auch Ehre, durch deffen Endigung fie aber Schande davon getra— gen hätten; denn die eroberten Städte wären zurückgegeben, die verlornen aber nicht wiedererobert worden. Indeſſen Jahr waren die Verbündeten gensthigt, den Frieden anzunehmen, theils weil fie der Unfoften müde waren, theils auch meil fie nicht länger um des Verluftes und Ehrgeizes- anderer willen das ihrige aufs Spiel fezen wollten. Während die Angelegenheiten der Lombardei auf diefe Weiſe vor fih gingen, bedrängte der Pabft durch Meſſer Lorenz Eitta di Caftello, um Nikolaus Bitelli daraus zu vertreiben, den die Verbiindeten feinem Schickſale üderlaffen hatten, um den Pabft zu ihrem Willen zu bewegen. Bei dieſer Belagerung aber machten diejenigen, die in der Stadt von Nikolaus Parthei waren, einen Ausfall, griffen ihre Feinde an, und fehlugen fi. Der Pabft rief daher den Strafen Hieronymus aus der Lombardei zurück, und lieg ihn nah Rom Eommen, um feine Macht wieder berzuftellen und den Angriff zu erneuern. Hernach aber hielt er es für beffer, Meſſer Nikolaus duch den Frieden zu gewinnen, als ihn von neuem mit Krieg anzufallen; er verglich fich alfo mie ihm, und fuchte ihn auch mit feinem Gegner Mefler Lorenz auf die beſtmoͤglichſte Weife zu verföhnen, Hierzu vermochte ihn indeffen mehr die Beſorgniß vor neuen Unruhen, als die Liebe zum Frieden; weil er bemerk— te, daß zwifchen den Drfini und Colonna neue Bewegungen entfianden, Der König von Neapel hatte in dem Kriege zwischen ihm und dem Pabfte den Drfini die Grafſchaft Tagliacozzo genommen und fie den Colonna gegeben, die von feiner Parthei waren. Als darauf der Friede zwifchen dem Könige und dem Pabſt erfolge war, hatten die Drfint diefelbe den Verträgen zufolge zurücgefordert. Der Pabit hatte den Eolonnefen mehrmals anbefohlen, fie zuruͤckzuge⸗ ben; aber dieſe hatten ſich weder durch die Bitten der Du: fini, noch durch die Drohungen des Pabftes zur Zurückgabe bewegen laffen, fondern hatten vielmehr die Drfini noch Zweiter Theil, S 1484 Sahr von neuem durd Plünderungen und ähnliche Beleidigun: 2484. gen angegriffen. Der Pabft alfo, da er fie nicht vereinigen Eonnte, hatte alle feine Truppen. mit denen der Orſini ver einige, die Häufer der Colonna zu Kom geplündert, diejenl- gen, die fie vertheidigten, getödtee und gefangen genommen, und fie des größten Theils ihrer Schlöffer beraubt. Dieſe Unruhen hörten alfo nicht fowohl durch den Frieden, als durch die Bedrängniß der einen Parthei auf. Aber aud in Genua und in Toskana war es nicht ruhig; denn die Florentiner hielten den Grafen Anton von Marciano mit Truppen an den Gränzen von Serezana, und beläftigten, während der Krieg in der Lombardei fort dauerte, die Serezaner durch Streifereien und leichte Ge fechte. In Genua felbft ward Pietrino Fregofo, Doge die: fer Stadt, der auf den Erzbifhof Paul Fregofo zu viel Vertrauen fezte, mit feiner Gemahlin und feinen Söhnen von diefem gefangen genommen, der, fih darauf zum Heren der Stadt machte. Ferner hatte die VBenezianifche Flotte das Königreich angegriffen, Gallipoli eingenommen und bes drohte die übrigen in der Gegend liegenden Orte. Nach— dem aber der Frieden in der Lombardei erfolgt war, hörten alle Unruhen auf, außer in Toskana und in Rom; deun wenig Tage nach erklärtem Frieden farb der Pabft, ſei es nun, daß er fein natürliches Lebensziel erreicht hatte, ; oder dag der Frieden ihn, als einen Feind desjelben getddter, Diefer Pabft ließ aljo Stalien nun in Frieden, das er bei feinem Leben in beftändigem Kriege erhalten hatte. Durd) feinen Tod aber fam Rom fogleih in Waffen. Der Graf Hieronymus z0g fi mit feinen Truppen bei Seite in das Kaſtell; die Orſini fürchteten, daß die Eolonnefen die neuer⸗ lichen Beleidigungen zu rächen fuchen möchten; die Colon; nefen forderten ihre Häufer und Sclöffer zuräd; und daraus erfolgten In wenigen Tagen Ermordungen, Räuber velen und Mordbrennereien an vielen Orten der Stadt. Jahr Da aber die Kardinäle dem Grafen zuredeten, daß er das 2484. Kaſtell in die Hände des Kollegiums zurückgeben laſſen, mit feinen Truppen in feine Staaten gehen, und Rom von feis nen Waffen befreien möchte, fo geborchte er, um fich den künftigen Pabft günftig zu machen, und ging, nachdem er das Kaftell dem Kollegium zurückgegeben hatte, nach Imola. Da alſo die Kardinäle von diefer Furcht befreit, und die Daronen der Unterftüzung beraubt waren, die fie bei ihren Streitigkeiten von dem Grafen gehofft hatten, fo ging man an. die Ermwählung des neuen Pabftes, und nad) einigen Streitigkeiten ward Johann Baptift Cibo, Kardinal von Malfetta, ein Senuefer, erwählt, der ſich Innozentius VIII. nannte, und durch feine fanfte Gemüthsart, denn er war ein menfchenfreundlicher und ruhiger Mann, die Waffen zur Ruhe brachte, und Nom für diesmal den Frieden fchenfte. Die Floventiner Eonnten nach dem Frieden in der Lom— bardei nicht ruhig bleiben, denn es fchien ihnen eine ſchimpf— lihe und harte Sache, daß ein Privatedelmann fie des Ka: fiells von Serezana beraubt haben follte. Weil es nun zu den Friedensbedingungen gehörte, daß man nicht allein das Verlorene wiederfordern, fondern auch mit demjenigen, der die Zuruͤcknahme deſſelben binderte, Krieg führen Eonnte, fo fchieften fie fich fogleih mit Geld und Truppen zu diefer Unternehmung an. Auguftin Fregofo, der Serezana wegs genommen hatte, fehenfte alfo, da er mit feiner Privatmacht einen. folhen Krieg nicht beftehen zu können glaubte, dieſen Ort an ©. Georg. Weil wir aber S. Georg und die Senuefer vielmals erwähnen müflen, fo fiheint es mir nicht unfhiklih, die Einrichtung und Verfaſſung diefer Stadt, die eine der wichtigften von Italien ift, „darzuftellen. Als die Genuefer mit den Venezianern Frieden geſchloſſen hat: ©e — 0716 — Jahr ten, nach jenem höchft wichtigen Kriege, den fie vor vielen 2484. Sahren mit einander geführte hatten, Eonnte ihre Republit diejenigen Bürger nicht befriedigen, die große Summen Geldes dazu vorgefchoffen hatten; fie übertrug ihnen daher die Einnahme des Zollamtes, und fezte feft, daß jeder nach dem Berhältniß feines VBorfhuffes an der ganzen Summe diefer Einnahmen Theil nehmen follte fo lange bis fie von dem Gemeinweſen gaͤnzlich befriedige wären. Und damit fie fi) verfammeln fünnten, räumte fie ihnen auch den Pallaft. ein, der über dem Zollamte liegt. Diefe Gläubiger alfo richteten unter fich eine Verwaltung ein, indem fie einen Rath von hundert Männern aus ihrer Mitte errichteten, welche über die allgemeinen Angelegenheiten befchließen, und eine Obrigkeit von acht Männern, welche als das Haupt von allen diefe Befchläffe ausführen follte; alle ihre Vor—⸗ ſchuͤſſe theilten fie in Antheile, die fie Stellen (Actien) nannten, und diefen ganzen Körper nannten fie S. Georg. Nachdem fie nun diefe ihre Verwaltung eingerichtet hatten, fo fiel die Stadtgemeinde wieder in neue Bedürfniffe, daher fie fih um neue Unterftügung an S. Georg wandte, der, da er veich und wohl verwaltet war, ihr dienen konnte. Die Stadtgemeinde dagegen fing an, fo wie fie ihm zuerft das Zollamt übertragen hatte, ihm jezt zum Unterpfande für feine Gelder auch von ihren Ländereien abzutreten; umd diefe Sache, die aus den Bedürfniffen der Stadt und den Dienften ©. Georges entffanden ift, ift fo weit vorgeſchrit— ten, daß diefer den größten Theil aller zu dem Genuefifchen Gebiete gehörigen Länder und Städte unter feine Verwal—⸗ tung gebracht hat, die er regiert und befchüzt, und wohin er jährlich feine durch Hffentlihe Stimmenfammlung ges wählte Rektoren abfendet, ohne daß die Stadtgemeinde ſich im mindeften darum befümmert. Hieraus ift es entftanden, daß die Bürger jener Stadt ihre Liebe von der Regierung, als einem tprannifchen Wefen, abgewandt, und diefelde dem Jahr S. George, als einem wohl und gleihmäßig verwalteten Theile zugewandt haben; daher koͤmmt es auch, daß fo häufig und fo leicht Veränderungen in ber Regierung entftehen, und daß fie bald einem Bürger und bald einem Fremden gehorchen, denn nicht S. Georg, fondern der Staat vers ändert feine Negierung. Wenn aljo die Fregofi und die Adorni um die Herrſchaft ftreiten, fo haͤlt ſich der größte Theil der Bürger, weil blos um die Negierung der Stadt geftritten wird, bei Seite, und läßt diefe dem Sieger zur Beute; auch hat S. Georg dabei nichts weiter zu thun, als daß er, wenn einer die Regierung erlangt bat, denjelben die Beobachtung feiner Gejeze beſchwoͤren läßt; und diefe find auch bis auf diefe Zeiten noch nicht geftört worden, denn da ©. Georg Waffen, Geld und eine Regierung bat, fo kann man daran ohne Gefahr einer gewiffen und gefährs lihen Rebellion nichts ‘ändern. Ein wahrhaft feltenes und von den Philofophen in ihren vielen eingebildeten und wahr: haften Republiken noch niemals erfundenes Beifplel, daß man mitten In denfelben Kingmauern, unter denfelben Buͤr— gern, Freiheit und Tyrannei, gefezliches und regellofes Le— ben, Gerechtigkeit und Ausgelaffenheit ſieht; denn nur diefe Einrihtung allein erhält die Stadt reich an alten und ehrwärdigen Gebräuchen; und wenn es gefchehen follte, wie es denn mit der Zeit gewiß gefchehen wird, daß ©. Georg die ganze Stadt in Befig nähme, fo würde diefes eine Re— publik werden, merkfwärdiger, als die Venezianifche. Dieſem S. Georg alfo überließ Auguftin Fregoſo Se: vezana; und er nahm es gern an, übernahm die Vertheidi⸗ gung davon, fandte fogleih eine Flotte ins Meer und fchifte Truppen nach Pietrafanta, um alles Abzufchneiden, was etiva in das Lager der Florentiner, das ſchon nahe bei Serezana war, gehen wollte. Die Florentiner von der atts — 9 = Jahr dern Seite wünfhten Pietra Santa einzunehmen, als einen 5 Ort, der, wenn man ihn nicht befaß, den DBefiz von Sere— zana weniger nüzlid) machte, weil er zwifchen diefem Ort und Pifa liegt; allein fie Eonnten dasfelbe nicht billigerweife belagern, wenn fie von den Einwohnern oder der Befazung nicht an der Einnahme von Serezana gehindert wurden, Damit nun diefes gefhehen möchte, fandten fie von Pifa aus eine große Menge von Kriegsbedärfniffen und Lebens: mitteln nad) dem Lager, und fügten nur eine ſchwache Be: gleitung hinzu, damit diejenigen, die in Pietrafanta wären, wegen der ſchwachen Bewahung weniger fürchten und we; gen der ftarfen Beute mehr wünfchen follten, fie anzugreiz fen. Die Sache erfolgte nah ihrem Wunſch, denn da die Defazung von Pietrafanta fo große Beute vor ihren Augen ſah, nahm fie diefelbe weg. Dies gab den Florentinern eine rechtmäßige Urfah zum Angriff; fie gaben’ alfo Serezana für eine Zeit lang auf und fagerten fih vor Pietrafanta, weldes eine ftarke Befazung hatte und muthig vertheidige wurde. Die Florentiner, die ihre Artillerie in der Ebene aufgeftelle hatten, legten auch auf dem Berge eine Baſtei an, um die Stadt auch von diefer Seite bedvrängen zu koͤn— nen. Jakob uicciardini war Kommiffarius bei dieſem Heer, und während man bei Pietra Santa fämpfte, nahm und verbrannte die Genuefiiche Flotte das Fort von Vada, und feste Truppen ans Land, welche die umliegende Gegend durchftreiften und plünderten. Diefen ward mit Fußvolf und Neuterei Mefler Bongianni Gianfigliazzi entgegen ger fandt, der ihren Uebermuth zum Theil zügelte, daB fie nicht mehr mit folcher Frechheit umberftreiften, Allein die Flotte, welche fortfuhr, die Florentiner zu beläftigen, ging nach Li: vorno, und näherte fih mit Schiffbräden und anderen VBors richtungen dem neuen Thurme, den fie darauf mehrere Tage: mit ihrer Artillerie befchoß; da fie aber fah, daß diefes gar keine Wirkung. hervorbrachte, fegelte, fie mit Schimpf wies Jahr der ab. * 2484. Judeſſen ward die Belagerung von Pietra Santa nur träge fortgefeze, wodurch die Feinde Muth befamen, die Baſtei angriffen und ſie wegnahmen. Dies gab den feind— lichen Truppen ein ſolches Anſehen und floͤßte dem. Floren— tinifchen Heere fo große Furcht ein,, daß es fat von ſelbſt aus einander gegangen wäre; es 509 ſich aljo vier Meilen von der Stade zuruͤck, und die Befehlshaber waren ‚der Meinung, da man bereits im Dftober wäre, fo müfle man fih in die Minterquartiere ziehn und ſich die Eroberung bis auf die neue Jahrszeit vorbehalten. Als man dies zu Flos venz hörte, wurden die Häupter der Regierung höchft zornig darüber, und um dem Lager fogleich wieder fein Anfehn und feine Kraft zu geben, erwählten fie Anton Pucei und Bern: hard del Nero zu neuen Kommiffarien. Dieſe gingen mit einer großen Summe Geldes in das Lager, bezeugten den Häuptern den Unwillen der. Signoria, der Regierung und der ganzen Stadt, wenn fie nicht mit dem Heere an die Mauern zurückkehren würden; fiellten ihnen vor, wie groß ihre Schande fein würde, wenn folche Seldheren mit einem folhen Heer, ohne einen andern Gegner, als eine ganz Eleine Wache zu haben, nicht im Stande wären, einen fo unbedeutenden und fhwachen Drt einzunehmen. Sie ftells ten ihnen den Nuzen vor, den fie für jezt und in Zukunft von diefer Eroberung hoffen koͤnnten. Hierdurch entflamns ten fie alle Gemüther zur Nückehr an die Mauern, und ‚befchloffen vor allen Dingen die Baſtei zu erobern. Bei diefer Eroberung zeigte fih wie ſehr Freundlichkeit, Leut— ſeligkeit, gütiger Empfang und, Worte auf die Gemüther der Soldaten würfen, denn Anton Pucci, indem er diefen Soldaten ermunterte, jener Verſprechungen machte, einem, die Hand. reichte, den andern umarmte, bewirkte, daß Jahr 1484. fie mit ſolchem Ungeſtuͤm zum Angeiff singen, daß fie die Daftel in einem Augenblick wegnahmen. Doch geſchah die Eroberung auch nie ohne Verluſt; denn der Graf Anton von Marciano ward von einem Schuß getoͤdtet. Diefer Steg flößte denen in der Stadt fo großen Schrecken ein, daß fie von Uebergabe zu fprechen anfingen. Um alfo die Sahen mit noch größeren Anfehen abzufchliegen, befchloß Lorenz von Medici fich in das Lager zu begeben, und wenige Tage nad) feiner Ankunft ward das Kaftell übergeben. Es mar indeß fehon Winter geworden, und die Feldheren hiel— ten es aljo nicht für gut, mit dem Feldzuge noch meiter vorzuräden, fondern die neue Jahrszeit abzuwarten, befons ders da diefer Herbft mit feiner jchädlichen Luft das ganze Heer ungefund gemacht hatte, und viele von den Häuptern gefährlich Eranf waren. Won diefen wurden Anton Pucei und Meffer Bongiannt Gianfigliagzi nicht blos Frank, fons dern fie ftarben fogar zur Beträbniß des ganzen Heers, fo groß war die Gunft, die fih Anton Pucci durch feine bei Pietra Santa vollbrahten Thaten erworben hatte. Nach: dem die Florentiner Pietra Santa erobert hatten, fchickten die Lukkeſer Geſandte nah Florenz, um diefe Stadt zurüd zu fordern, als einen Dre, der vormals ihrer Republik ge: hört habe, indem fie anführten, in ihren Verträgen fei auch die Verpflichtung enthalten, daß alle die. Städte, die einer von dem andern erobern würde, ihrem erften Herrn zurück gegeben werden follten. Die Florentiner läugneten die Ber; träge nicht, antworteten aber, fie wäßten nit, ob fie in dem Frieden, der zwifchen ihnen und den Genuefern unters handelt würde, diefe Stadt würden zuräcdgeben muͤſſen, und fie Fönnten alfo vor diefem Friedensſchluß nichts dar— über befchließen; wenn fie diefelbe aber auch nicht zuräckzus geben brauchten, fo würden doch die Lukkeſer nothwendiger— weife darauf denken müffen, fie für die aufgewandten Koften — 281 — und für den Verluft, den fie durch fo vieler vortrefflichen eh Bürger Tod erlitten hätten, zu entfchädigen; wenn fie er fes thäten, ſo Eönnten fie leicht auf die Zurücdgabe hoffen. Der ganze Winter verging in Friedensunterhandlungen, die unter Vermittelung des Pabftes zu Kom betrieben wurden; da indeffen nichts zu Stande gekommen war, fo würden die Florentiner mit Anbruch des Frühlings Serezana ange griffen haben, wenn nicht eine Krankheit des Lorenz von Medici und der Krieg der- zwifchen dem Pabft und dem . Könige Ferdinand entftand, fie daran verhindert hätte. Lo: renz ward nehmlich nicht allein von der Gicht, welche er als eine erblihe Krankheit von feinem Vater befommen hatte, Sondern auch von überaus heftigen Schmerzen des Magens dermaßen angegriffen, daß er gendthigt war, zu feiner Heilung in die Bäder zu reifen. Eine wichtigere Urfach aber war der Krieg, deffen Ur: 1485. fprung folgender war. Die Stadt Aquila war dem König: veih Neapel auf eine folhe Weife unterworfen, daß fie faft ihrer Freiheit genoß. In derfelben hatte der Graf Monto: vio ſehr großes Anfehen. Der Herzog von Kalabrien ber fand fi mit feinen Neutern nahe am Tronto unter dem Vorwande, gewiffe Unruhen ftillen zu wollen, die in jenen Gegenden unter den Landbermohnern entflanden waren; da er num die Abficht hatte, Aquila gänzlich der Herrichaft des Königs zu unterwerfen, fo befchied er den Grafen von Montorio zu fih, als wollte er fich feiner in den Geſchaͤften bedienen, die er damals betrieb. Der Graf gehorchte ohne allen Argwohn, und fobald er bei dem Herzoge anfam, ward er von diefem gefangen genommen und nach Neapel gefandt. Sobald diefe Sache in Aquila befannt ward, ges vieth die ganze Stadt in Bewegung, das Volk griff zu den Waffen, Anton Eoncinello, Kommiffarius des Königs ward ermordet, und mit ihm einige Bürger, die man als Anhaͤn—⸗ Zahr ger des Hofes kannte. Und damit die Aquilaner jemand 1485. hätten, der fie bei ihrer Empörung unterftäzte, fo fteften fie .die Fahne der Kiche auf, und ſchickten Gefandte an den Pabſt, um die Stadt und fich felbft ihm zu unterwerfen, indem fie ihn baten, daß er fie als fein Eigenthum gegen die Königliche. Tyrannei unterftüzen möchte. Der Pabft übernahm ihre Vertheidigung mit Lebhaftigkeit, weil er den König aus perfönlihen und Staatsgründen haßte; und da der Herr Robert von St. Severino fich gerade in Feind: Schaft mit dem Meailändifchen Staate und ohne Sold ber fand, fo nahm er ihn zu feinem Feldheren an, und lieg ihn in der größten Eile nach Nom fommen; überdies trieb er auch alle Freunde und. Verwandte des Grafen von Montos rio eifrig. an, fich gegen den König aufzulehnen. Demzus _ foige ergriffen die Fürften von Altemura, von Salerno, und von Bifignano - die. Waffen gegen denfelben. Der König, da er fih von einem fo plözlihen Kriege angegriffen fah, bat die Florentiner und den Herzog von Mailand um Hülfe, Die Florentiner ftanden in Zweifel, was fie zu thun hätten, denn es Fam ihnen ſchwer vor, ihre eigene Unternehmungen um eines andern willen aufzugeben; und von neuem die Waffen gegen die Kirche zu ergreifen, fchien ihnen gefährlich. Da fie indeß im Bunde waren, fo zogen fie die Beobach— tung der Treue aller Rückfiht auf ihre Wohlfahrt. und Ge fahe vor, nahmen die Drfini in Sold und fandten überdies noch alle ihre Truppen unter dem Grafen: von Pitigliano gegen Kom dem Könige zu Hülfe. Der König bildete alfo zwei Lager; das eine unter dem Herzoge von Kalabrien fandte er gegen Rom, um fich, gemeinfchaftlih mit den Flo— tentinifhen Truppen. dem Pabftlihen Heere zu widerfezen; das andere ftellte er unter ‚feiner eigenen Führung den Ba— vonen entgegen; und ſowohl auf diefer wie anf jener Seite ward der Krieg mit abmwechfelndem Glück geführt. Endlich - — »85 — ward, da der Koͤuig überall die Oberhand behielt, im Au⸗ Jahr guſt des Jahrs 1486 unter DBermittelung der Sefandten "* des Königs von Spanien der Frieden gefchloffen. Der Pabſt willigte varin, weil er vom Gluͤcke mißhandelt wor; den war, und dasfelbe wicht mehr verfuchen wollte; und ale Mächte Sstaliens vereinigten fich in demielben, indem fie allein die Genuefer, als Rebellen gegen die Mailändifche Negierung und Räuber der Florentinifhen Städte, davon ausſchloſſen. Der Herr Robert von St. Severino, der im diefem Kriege dem Pabfte kein fehr treuer Freund, und feis nen Gegnern Eein jeher furchtbarer Feind gemwefen war, ging nach gefchloffenem Frieden, gleichfam wie vom’ Pabfte davons gejagt, von Rom ab; ward darauf von den Truppen ves Herzogs und der Florentiner verfolgt und da er ſich hinter Eejena von ihnen erreicht ſah, ergriff er die Flucht und ber gab fich mit ungefähr Hundert Neutern nach Ravenna; von feinen übrigen Truppen aber ward ein Theil von dem Herz zoge aufgenommen, und ein Theil von den Bauern unter: druͤckt. Der König ließ, nahdem ev Frieden gefchloffen und fih mit den Baronen verjöhne hatte, Sakob Coppola und Antonello d'Averſa mit feinen Söhnen binvichten, weil fie in dem Kriege feine Geheimniſſe dem Pabſt eröffnet hatten, Der Pabſt hatte durd die Erfahrung diefes Krieges erkannt, mit welcher Bereitwilligfeit und mit welchem Eifer die Florentiner ihre Freundfchaften beobachten; fo wie er fie alfo vorher, fowohl aus Liebe zu den Genuefern, als auch um der Hälfe willen, die fie dem Könige leifteten, gehaßt hatte, fo fing er jezt an, fie zu lieben, und ihren Geſand— ten größere Gunft zu erweifen als gewöhnlich, Diefe Mei: gung fuchte Lorenz, da er fie bemerkte, auf alle Weife zu erhöhen, denn er urtheilte, daß es ihm das hoͤchſte Anfehen geben würde, wenn er der Freundfchaft, die der König ger gen ihn hegte, auch noch die des Pabſtes hinzufügen Fönnte, ® — 284 — Jahr Der Pabft hatte einen Sohn, Nahmens Franz, und da er "wünfchte demfelben Staaten zu geben, und ihm zugleich Freunde zu verfhaffen, damit er fie nach feinem Tode auch erhalten könne, fo Eannte er in Stalien Eeinen, mit dem er Ihn ſicherer hätte verbinden Finnen, als mit Lorenz; und das her bewirkte ex bei.diefem, daß er ihm eine von feinen Töchs tern zur Frau gab, Nachdem fie diefe Berwandfchaft ger ftifcee, wünfchte der Pabft, daß die Genueſer dur einen Vergleich den Florentinern Serezana wiedergeben möchten, und ftellte ihnen vor’, mie fie dasjenige nicht behalten Fünns ten, was Auguftin verfauft habe, und daß auch Auguftin nicht an St. Georg Schenken Eönnte, was nicht fein wäre, Doch durch alles diefes gewann er nichts; vielmehr rüäfteren die Senuefer, während diefe Dinge in Rom unterhandele wurden, viele Kriegsichiffe aus, festen, ohne daß man in Florenz das mindefte davon vernahm, bdreitaufend Mann FZußvolf ans Land, und griffen das Fort von Serezanella, das oberhalb Serezana liegt, und den Florentinern gehörte, an; den Flecken der demfelben zur Seite liegt, plünderten. und verbrannten fie, brachten ihr Geſchuͤz nahe an das Fort und befämpften dasfelbe mit dem größten Eifer. Diefer Augriff war den Florentiner neu und unerwartet; fie vers fammelten aljo fogleich ihre Truppen unter Birgilius Orſino bei Pija, und beklagten ſich bei dem Pabſt, daß während er den Frieden unterhandelte, die Genuefer fie, mit Krieg über- zogen hätten. Sie fandten darauf Peter Eorfini nah Luffa um diefe Stadt in treuer Gefinnung zu erhalten; auch jands ten fie Paul Anton Soderini nach Venedig, um die Gefins nung diefer Republik zu erforfchen. Sie forderten Hülfer truppen vom Könige und vom Herrn Ludwig, befamen fie aber von keinem, denn der König fagte, er fürchte die Türr fiiche Flotte, und Herr Ludwig zögerte mit der Abſendung unter anderen Vorwaͤnden. So find die Florentiner in ih— 4 — iu — ven Kriegen faft immer allein, und finden niemals jemand, Jahr der fie mit gleicher Gefinnung unterſtuͤze, mit welcher fie den 1486, Anderen helfen. Aber auch diesmal waren fie nicht beſtuͤrzt, da fie ſich von den anderen verlaffen jahen, denn diefes war ihnen nicht neu; fie, errichteten. aljo ein großes Heer und fandten es unter Jakob Guicciardini und Peter Vettori ger gen den Feind; und diefe Feldherren nahmen ein Lager an dem Fluffe Magra. Unterdeffen ward Serezanello hart von den Feinden bedrängt, und fie befämpften es mit Minen und allen andern Mitteln: die Kommiffarien befchloffen alfo ihm zu Hälfe zu kommen, und die Feinde wichen auch der Schlacht nicht aus; da man nun handgemein ward, wurden die Genuefer gejchlagen und Meſſer Ludwig von Fieſco nebjt vielen anderen Häuptern des feindlichen Heeres geriethen in Sefangenfchaft. Diefer Sieg fezte die Serezaner nicht fo fehr in Beftürzung, daß fie auf Ergebung gedacht hätten, fondern fie rüfteten fih vielmehr hartnäckig zur Vertheidi⸗ gung, fo wie die Florentiniſchen Kommiſſarien zum Angriff; fo daß alfo die Stadt tapfer angegriffen und vertheidigt ward. Da fih nun die Belagerung in die Länge zog, fo fand Lorenz von Medici für gut, fih in’s Lager zu begeben, und durch feine Ankunft faßten unfere Soldaten Muth und die Serezaner verloren ihn; denn da fie die Beharrlichfeie der Florentiner beim Angriff und die Kälte der Genuefer bei ihrer Unterftäzung ſahen, fo gaben fie fich freiwillig und ohne weitere Bedingungen in Lorenzens Hände, und wurden auch, nachdem fie in die Gewalt der Floventiner gefommen waren, bis auf die wenigen Urheber des Aufruhrs, mit Nachficht behandelt. Während diefer Belagerung hatte Herr Ludwig feine Reuter nah Pontremoli gefandt, um den Schein zu haben, als fäme er uns zu Huͤlfe. Allein da er Berbindungen in Genua hatte, ‚fo erhob fich feine Parthei gegen diejenigen, welche die Negierung diefer Stade führten, 1487. — 286 w— Jahr und unterwarfen fie mit Hauife jener Truppen dem Herzoge 3487. yon Mailand. Zu diefer Zeit Hatten die Deutfchen einen Krieg gegen die Venezianer angefangen; und Boccolino von Oſimo in der Mark hatte in der Stadt Dfimo eine Empörung gegen den Pabft erregt, und‘ die Herrfchaft über diefelbe an ſich geriffen. Dieſer willigte nach mancherlei Vorfällen, überres der durch Lorenz von Medici, ein, diefe Stadt dem Pabft zurüczugeben, und kam nad, Florenz, wo er unter dem Schuz des Lorenz lange Zeit auf eine ehrenvolle Weiſe lebte. Als er aber hierauf nah Mailand ging, fand er dafeldft niche die nehmliche Treue, fondern ward von Herrn Ludwig umgebracht. Die Venezianer wurden von den Deutjchen angegriffen und nahe bei der Stadt Trient gefchlagen, 100% bei the Feldherr, Here Robert von Sanfeverino, ums Leben fam. Mach diefer Niederlage aber ſchloſſen die Venezianer nach dem gewöhnlichen Gange ihres Gluͤckes einen Vergleich mit den Deutfchen, nicht als Gefchlagene, fondern als Sie— ger, fo ehrenvoll war er für ihre Republik. Auch in Romagna entitanden zu diefer Zeit beträchtliche Unruhen. Franz von Orſo aus Furli war ein Mann von großem Anfehen in diefer Stadt, Diejer ward dem Gras fen Hieronymus verdächtig, jo daß der Graf ihm mehrmals drohte. Da alfo Franz in großer Furcht lebte, fo riethen ihm feine Freunde und Verwandte, jenem zuvorzufommen, und da er doch fürchtete, von ihm ermordet zu werden, lieber ihn umzubringen und durch den Tod des Andern fels ner eignen Gefahr zu entgehen. Da er aljo diefen Entſchluß gefaßt und fih die Unternehmung feft vorgenommen hatte, fo wählten fie den Tag des Marktes von Zurli zur Aus— führung; denn da an diefem Tage viele ihrer Freunde vom Lande herein famen, fo glaubten fie fih der Huͤlfe derfelben bedienen zu können, ohne fie elgends dazu Formen zu laflen.. 1488. — 287 — Es war im Monat Mat wo die meiften Staliener die Ges Jahr wohnheit haben, ihr Abendeffen bei Tage zu nehmen. Die *46 . Verſchworenen dachten aljo, daß die bequemfte Stunde, ihn zu ermorden, nach feinem Abendeffen fein werde, zu welcher Zeit feine Familie das ihrige einnahm und er aljo faft allein im Zimmer blieb. Nachdem fie alfo diefe Stunde. gewählt hatten, ging Franz in das Haus des: Grafen, ließ feine Begleiter auf den erfien Stufen, und als er zu dem Zim⸗ mer kam, worin der Graf war, ſagte er zu deſſen Kammers diener, er möchte ihm anzeigen, daß er ihn zu fprechen wuͤnſchte. Fran; ward hineingelaffen und da er jenen allein fand, fo’ brachte er ihn nach wenigen Worten. eines zum Schein erfundenen Gefprähs um’s Leben, und rief feine Degleiter, worauf fie den Kammerdiener gleichfalls umbrach- gen. Bon ungefähr Fam auch der Befehlshaber der Stadt, um mit dem Grafen zu.fprehen, und fobald er mit wenis gem Gefolge in den Saal trat, ward aud er von dem ı\ Mördern des Grafen getödter. Nach diefen Ermordungen erhoben fie einen großen Lärmen, warfen den Körper: des Grafen aus dem Fenfter, und brachten indem ſie Kirche und Freiheit riefen, das ganze Volk in. Waffen, denn der Geiz und die Graufamfeit des. Grafen waren demfeiben vers haßt; hierauf pländerten fie feine Häufer und nahmen die Gräfin Catharina und alle ihre Kinder gefangen. Nur die Seftung noch hätten fie nehmen mäffen, wenn dieje ihre Uns ternehmung ein glückliches Ende nehmen follte. Da aber der Befehlshaber derjelben fie nicht übergeben wollte, jo baten fie die Gräfin, daß fie denfelben dazu bewegen moͤch— te. Sie verfprah, es zu thun, wenn fie nur wollten fie hinein gehen laffen, und fagte ihnen, zum Pfande ihrer Treue möchten fie nur ihre Söhne zurücdbehalten. Die Verſchworenen maßen ihren Worten Glauben bei, und ev laubten ihr hinein zu gehen; fobald fie aber darinnen war, Zweiter Theil, T — 288 — * Jahr bedrohte ſie ſie mit dem Tode und mit aller Art von To— desqual zur Vergeltung fuͤr die Ermordung ihres Gemahls, und da jene drohten, ihre Kinder zu ermorden, ſo antwor⸗ tete ſie, ſie habe das Mittel bei ſich, um andere zu erzeu— gen. Die Verſchworenen wurden hierdurch beſtuͤrzt und da fie fahen, daß der Pabft ihnen nicht beiftand, und dag Herr Ludwig, der Oheim der Gräfin, ihr. Truppen zu Hülfe fand: te, fo nahmen fie alles, was fie von ihrem Vermoͤgen fort bringen Eonnten, und gingen nach Eitta di Caftello. Hier: auf nahm die Gräfin die Regierung wieder, und raͤchte den Tod ihres Gemahls durd alle erdenklihe Graufamfeiten. Die Zlorentiner nahmen auf die. Nachricht von dem Tode des Grafen, Gelegenheit davon, um das Fort von Pians caldoli wieder zu nehmen, weldes ihnen vormals von dem Grafen weggenommen worden war. Sie fandten alfo ihre. Truppen und nahmen das Fort ein, wobei Cieco, ein jehr berühmter Baumeifter, fein Leben verlor. | Zu diefem Aufruhr in Romagna fam noch ein —— in derſelben Provinz von nicht geringerer Bedeutung. Ga— leotto, Here von Faenza hatte die Tochter von Meſſer Jo— hann Bentivogli, Fürften von Bologna, zur Frau. Dieſe haßte ihren Gemahl, entweder aus Eiferfucht, oder weil fie fehleht von ihm behandelt ward, oder überhaupt aus Schlech- tigkeit des Charakters, und ging in dieſem Haſſe fo weit, : dag fie befchloß, ihm Regierung und Leben zu rauben. Sie gab alfo eine Krankheit vor, legte fih zu Bett, und traf. folhe Vorkehrungen, daß wenn Galeotto fie zu beſuchen fäme, er von ihren Vertrauten, die fie zu diefem Ende im Zimmer verftekt hatte, ermordet werden follte. Dieſen ih— ven Gedanken hatte fie auch ihrem Vater mitgetheilt, wel cher hoffte nach dem Tode feines Schwiegerjohnes Herr von Faenza zu werden. Sobald alfo die zu dem Morde be; ſtimmte Zeit gefommen war, Fam Galeotto nach feiner Ge: — 289 — wohnheit in das Zimmer ſeiner Gemahlin, und nachdem er Jahr einige Zeit mit ihr geſprochen hatte, kamen ſeine Mörder "DO aus den geheimen Drten des Zimmers, und ermordeten ihn, ohne daß er im Stande war fich zu woiderjezen. Gleich nach ‚feinem Tode entftand ein gewaltiger Lärm. Die Frau mit ihrem Eleinen Sohne, Aftorre genannt, floh in die Feſtung; das Volk ergriff die Waffen; Meffer Johann Ben: tivogli, und ein gewiffer Bergamino, ein Sälöner des Her: zogs von Mailand, die ſich vorher dazu geruͤſtet hatten, drangen mit vielen Bewaffneten in Faenza ein, woſelbſt fich auch Anton Boscoli als Florentinifcher Kommiffarius befand: Während fih nun in diefer Unruhe alle diefe Häupter vers fammelten und über die Regierung der Stadt fprachen, er⸗ griffen die Männer aus dem Thal von Lamona, die auf den Lärmen in Maffe herzugeeilt waren, gegen Mefler Johann und gegen Bergamino die Waffen, tödteten diefen, nahmen jenen gefangen, und lieferten, indem fie den Namen des Aſtorre und der Floventiner- ausriefen, die Stadt in die Hände ihres Kommiffarius, Da man diefen Vorfall in Florenz vernahm, fo mißfiel er allgemein; dennoch ließen fie Meſſer Johann und feine Tochter befreien, und übernahmen die Sorge für die Stadt und für Aftorre mit Bewilligung des ganzen Volks. Außer diefem fielen, nachdem die wich— tigeren Kriege zwifchen den mächtigen Fürften beendigt wa—⸗ ven, viele Jahre hindurch noch viele Unruhen in Romagna, in der Mark, und in Siena vor, die ich, weil fie von ger ringer Erheblichkeit waren, zn erzählen für überflüßig halte. Wahr ift es, daß die zu Siena vorgefalenen, nachdem der Herzog von Kalabrien nach) Beendigung: des Krieges vom Jahr 1478 von dort mweggegangen war, bäufiger waren; und nad) vielen Veränderungen, durch welche bald das Volk, bald der; Adel die herrſchende Parthei wurden, behielt end: lich der leztere die Oberhand. Lnter den Adlichen aber ge \ Sahr warnen Pandolfus und Jakob Petrucei das hoͤchſte An⸗ 2492. ſehen „ welche, der eine durch feine Klugheit, der andere durch feinen Muth gleichfam Fürften diefer Stadt wurden. Die Florentiner aber genoffen, nachdem der Krieg we: gen Serezana beendigt war, bis zu dem Jahr 1492, wo. Lorenz von Medici ftarb, eines ſehr glücklichen Zuftandes; denn Lorenz wandte, nachdem die Waffen in Itallen niederz gelegt waren,’ welches durch feine Klugheit und Macht ge: ſchah, feine Aufmerkfamfeit darauf, fi und feine Stadt groß zu machen, und verband mit feinem älteften Sohne Deter, Alphonfina, die Tochter des Nitters Orſino. Hier—⸗ auf erhob er feinen zweiten Sohn Johann zu der Kardinals- würde; welches um fo merfwürdiger war, da man bis’ da; hin noch Eein Beifpiel diefer Art erlebt hatte,- indem er in einem Alter von noch nicht dreizehn Jahren zu einem: fo hohen Range erhoben ward. Seinem dritten Sohne Zulian fonnte er, wegen deflen großer Sugend, und weil Lorenz zu Eurze Zeit lebte, Fein außerordentliches Gluͤck verfchaffen. Bon feinen Töchtern verband er. die eine mit Jakob Salviati, die andere mit Franz Eibo, die dritte mit Peter Ridolfi; die vierte, welche .er um fein Haus in Einigkeit zu erhalten, an Johann von: Medici verheirathet hatte, ſtarb. In feir nen übrigen Privatangelegenheiten war er, was die Handels: gefchäfte berriffe, ſehr unglücklich; denn durch die Unord: nung feiner Gefchäftsführer, die nicht als Privatperfonen, fondern als Fürften feine Gefchäfte verwalteten, ward an vielen Orten ein großer Theil feines Vermögens verfplittert; fo. daß er eingeftand, daß ſein Vaterland ihn mit einer gro- fen Summe Geldes unterftüzt habe. Um alfo ein folches Gluͤck nicht weiter zu verſuchen, fezte er die Faufmännifchen Gefchäfte bei Seite, und wandte ſich zu dem Beſiz von Grundſtuͤcken, als zu fiherern und weniger ‚wandelbaren Gluͤcksguͤtern. Er brachte daher Befizungen im Pratefir — 291 — ſchen, Piſaniſchen, und im Thal von Peſa an ſich, die in Jahr Ruͤckſicht des Ertrages, der Beſchaffenheit der Gebäude und 402· der Pracht, nicht bürgerlich, ſondern koͤniglich waren. Hier⸗ auf bemuͤhte er ſich, ſeine Stadt ſchoͤner und groͤßer zu machen. Deshalb legte er, weil darin viele Gegenden leer an Wohnungen waren, im derfelben neue Straßen an, die mit neuen Gebäuden augefüllt wurden, wodurd fie vers ſchoͤnert und vergrößert ward. Damit fie auch in ihrem Staate ruhiger und ficherer fei, und ihre Feinde von fich entferne bekämpfen und zuruͤckhalten koͤnne, befeftigte er nad) Bologna zu in der Mitte der Alpen die Feftung Firenzuola. Nach Siena zu machte er den Anfang Poggio Imperiale wieder herzuftellen und ſehr feft zu - machen. Nach Genua zu verfchloß er dem Feinde durch die Erwers bung von Pietra Santa und Serezana den Weg. Außer⸗ dem unterhielt er duch DBefoldungen und Unterſtuͤzungen feine Freunde die Baglioni in Perugia, die Vitelli in. Citta di Eaftello, und von Faenza hatte er die Regierung im feis nen Händen; alle diefe Dinge waren als feſte Barmauern feiner Stadt zu betrachten. Auch unterhielt er während diefer Sriedenszeiten fein Vaterland in fieten Luftbarfeiten, wo man denn häufig Lufigefehte und - Vorftellungen von den Handlungen und Triumphen der Alten ſah; und feine Abfiht war, die Stadt im Weberfluß, das Volk einig, und den Adel geehrt zu erhalten. Er liebte ganz außerordentlich einen jeden, der in irgend einer Kunft ſich auszeichnete, und begünftigte die Gelehrten, wovon Meffer Agnolo von Mans tepulciang, Meſſer Chriftoph Candint, und Meſſer Demes trius Greco ein wahrhaftes Zeugniß ablegen koͤnnen. Da: her fchlug der Graf Sohann von. Mivandola, ein beinah göttlicher Mann, mit Zuräcfezung aller übrigen Theile: von Europa, die er ,durchreift hatte, durch die Großmuth des Lorenz bewogen, feine Wohnung in Florenz auf. An der Zahr Baukunſt, Muſik und Dichtkunft fand er außerordentliches: 499. Ergözen. Viele poetifhe Kunſtwerke, theils von ihm erfunz dene, theils auch erflärte, find im Umlauf. Damit aud) die Storentinifhe Szugend fih mit dem Studium der Willens fchaften befchäftigen könne, eröffnete er in der Stadt Pifa eine Univerfität, wohin er die vortrefflichften Männer 309, die es damals in Stalten gab. Dem Bruder Marianus von Chinazano, vom Drden des heil. Auguftin, erbaute er, weil derfelbe ein vortrefflicher Prediger war, ein Klofter in der Nähe von Florenz. Er war von dem Glüf und von Gott fehe geliebt, denn alle feine Unternehmungen hatten ‚ein glüclihes Ende; und alle feine Feinde ein unglücliches. Außer den Pazzi wollte ihn auch Baptiſta Fresfobaldi in Carmine, und. Baldinotto von Piftoja auf feinem Landgute ermorden, und beide wurden, nebft den Mitwiffern ihrer Geheimniffe für ihr ſchaͤndlliches Vorhaben zur gerechten Strafe gezogen. Diefe feine Lebensmweife, diefe feine Klug: heit und fein Glück wurden von den Fürften, nicht allein von Stalien, fondern auch entfernter Länder gekannt und geſchaͤzt. Matthias, König von Ungarn, gab ihm mehrere DBeweife feiner Zuneigung. Der Sultan ſchickte ihm Ger fandte und Geſchenke. Der Großtürfe lieferte ihm Bern: hard Bandini, den Mörder feines Bruders in die Hände, . _ Alles dies bewirkte, daß er in Stalien außerordentlich ges fürchtet ward. Sein Anfehn ward durch feine Klugheit täglich vermehrt; denn in feinen Neden über alle Gegen⸗ frände war er beredfam und eindringend, in feinen Entichließuns gen weife, - in ihrer Ausführung rafh und muthig. Auch) fann man von ihm Eeine Lafter anführen, die feine großen Tugenden verdunfele Hätten, obfhon er in Angelegenheiten der Liebe fehr verwicele war, und an dem Umgange luftiger und beißend wiziger Männer viel Vergnügen fand, wie auch an Findifchen Spielen mehr, als für einen folchen Mann fih zu ſchicken ſchien; fo dag man ihn oft unter die Jahr Spiele feiner Söhne und Töchter fih mifhen fah: Wenn 2199 man ihn daher in feinem leichten und vergnügenden, und dann wieder in feinem ernſten Leben beobachtete, fah man in ihm zwei verfchiedene Perjonen, deren Bereinigung faft unmöglid ſchien. In der lezten Zeit feines Lebens war er fehr gequält von feiner Krankheit, die ihn außerordentlich befchwerte; er war nehmlic mit unerträglihen Magens fhmerzen behaftet, die ihn fo fehr marterten, daß er im April des Jahrs 1492, dem vier und vierzigften feines Les bens verfchied. Niemals ftarh nicht allein in Florenz, fon: dern in ganz Stalien ein Menjch mit dem Rufe fo großer Klugheit, /noch zu fo großer Betruͤbniß feines Vaterlandes. Und fo wie durch feinen Tod ſehr große Ummälzungen bes wirft werden follten, fo gab auch der Himmel fehr auffal (ende Zeichen davon. So ward unter andern der höchfte Gipfel der Kirche der heil. Neparata von einem Blizftrahl mit fo fürcdhterlihem Ungeſtuͤm getroffen, daß ein großer Theil diefer Zinne, zu allgemeinem Schreden und Wunder einftürzte. Alle feine Mitbürger und alle Fürften Staliens Elagten über feinen Tod, denn Feiner von ihnen unterließ durch feine Sefandte zu Florenz feine Trauer über diefen “wichtigen Fall zu bezeugen. Daß fie aber gerechte Urfach hatten ſich zu beflagen, bewies bald darauf der Erfolg; denn da Sstalien feines Raths beraubt war, Fonnten diejeniz gen, die er hinterließ, kein Mittel finden, die Ehrſucht des Ludwig Sforza, Vormunds des Herzogs von Mailand, zu ſaͤttigen oder zu zuͤgeln. Daher wurde gleich nach Lorenz Tode der verderbliche Samen ausgeſtreut, der bald nachher, da keiner lebte der ihn auszurotten gewußt haͤtte, Italien verheerte und noch verheert, Ende ER 9— Bin) ik * — — au: mia, a a ’ EN EEE em ———— aba usun, Eee ‚ripbı Di | Airkasen äup ‚li, ahgaupz be, Son. ton AR — F — —— zn — EM 3 ! — an RENT, PIE EL, % "an. a BGE, J i will Pant 38 — In; BIETE En Ma lm Bar. Il al ib He — F haste he}; ee: 238.0 # — — ART a —— is Kon Rund * aalün ad Fat —2 ding = H RE — a RR nad SUR, — — — ‚5 #1 + a ah — * — Pc alas, us og, ——— ‚Saar nal dan RR Ru J— — v %i ul BEE SUR, Aus ang ge suis Y ar 8 ; © Br: ‚Bellen — J noir — ‚sid ‚308 imayist, — Ay — —— — ws EN Abt a F * * N hr J 8 JJ uria Are. Aue ueR | . ud [1304 ad %% — NE 3; Be “ ai ORTE — ek eat ala) Mg | — 2,06; „ga ‚Kane dad, Arad, — ‚ende‘ ” Kir: — a — io‘ HARTE TH sach, ls — —— — ar m ne 9 J une * — —4 de \x D 4 Pen x v a 2; vi ag? 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